Tanzschule Ring 3 - Tanzen - Das Magazin Augabe 4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Er ist heute einer der bekanntesten<br />
Tänze der Welt und das<br />
filmische Klischee für erotische<br />
Tanzszenen schlechthin.<br />
Seit dem Jahr 2009 gehört der<br />
Tango sogar zum immateriellen Kulturerbe<br />
der UNESCO. Doch bis dahin war es<br />
ein langer Weg.<br />
Die Geschichte begann im Jahr 1870. Einwanderer<br />
aus allen Ecken der Welt kamen nach Argentinien,<br />
um vom reichen Salz- und Zuckerhandel<br />
zu profitieren und sich so ein besseres Leben aufzubauen.<br />
Jede Nationalität brachte ihre eigene<br />
Musik-Kultur mit ein. So dauerte es nicht lange<br />
bis sich der kreolische Candombe, die kubanische<br />
Habanera und die mitteleuropäische Polka<br />
miteinander vermischten. Mit den traditionellen<br />
»Payadas«-Gesängen der Gauchos wurde der<br />
Tango kreiert. Diese Musik war der Ausdruck des<br />
Leids und der Not, dem viele Einwanderer nun<br />
gegenüberstanden, als der Traum vom erfolgreichen<br />
Leben in den Küstenstädten platzte. So<br />
waren gerade die Hafenviertel von Buenos Aires<br />
oder Montevideo von Armut, Kleinkriminalität<br />
und Prostitution geprägt. Einige Einwanderer<br />
konnten durch die neue Tangomusik genügend<br />
Geld verdienen, um ihre Familien zu ernähren.<br />
Manchen gelang sogar der große Durchbruch.<br />
Heute noch tanzen wir auf »El Choclo«, einen<br />
Tango von Angel Gregorio, dem Sohn eines<br />
europäischen Einwanderers.<br />
Doch die argentinische Oberschicht betrachtete<br />
den Tango, aufgrund seiner Herkunft und seiner<br />
sehr engen, intimen Tanzhaltung, als verkommen<br />
und minderwertig. Papst Pius V. verbot seinen<br />
Gläubigen sogar den Tango, da er ihn als<br />
sündhaft ansah. Dies sollte aber nicht so bleiben!<br />
Casimiro Aín begab sich nach Rom, um vor<br />
seiner Heiligkeit zu tanzen und ihn so zur Rücknahme<br />
des Dekrets zu bewegen - mit Erfolg.<br />
Dem Tango stand nun nichts mehr im Wege und<br />
er konnte sich in Europa verbreiten. Besonders<br />
in Paris fand er bei den jungen Leuten als Modetanz<br />
großen Anklang. Die Stadt der Liebe galt<br />
schon damals als weltweites modisches Vorbild<br />
und Zentrum der Eleganz. So wuchs auch seine<br />
Beliebtheit bei der Oberschicht in Buenos Aires<br />
und der Tango wurde salonfähig.<br />
Jedoch stieß der Tango, mit seiner engen Umarmung,<br />
nicht überall auf Fürsprecher: Die<br />
prüde, ältere Gesellschaftsschicht Europas<br />
befand ihn immer noch als zu anstößig. Britische<br />
Tänzer nahmen sich daraufhin dem<br />
Tango an und veränderten ihn zu einem<br />
strukturierten und »braven« Gesellschaftstanz.<br />
Diese choreografierte Form blieb<br />
bis heute fast unverändert. Seit 1963 ist<br />
diese Form Teil des Welttanzprogramms,<br />
das für viele <strong>Tanzschule</strong>n als Richtlinie<br />
für die Unterrichtsinhalte dient.<br />
In den vergangenen Jahrzehnten erfreut<br />
sich der Tango Argentino wieder<br />
größerer Beliebtheit. Immer<br />
mehr begeisterte Anhänger in Europa<br />
möchten den Tango wieder in seiner ursprünglichen<br />
Form tanzen. Zu verdanken ist dies<br />
hauptsächlich Astor Piazzolla, einem argentinischen<br />
Musiker. Durch die Verwendung zeitgenössische<br />
Instrumente und Rhythmen in seinen<br />
Stücken, gilt er als Begründer des Tango Nuevo.<br />
Der Tango ist mittlerweile, weit über Buenos<br />
Aires hinaus, eine eigene Tanzweltsprache mit<br />
aktiven Tanzszenen in vielen Großstädten und<br />
ist zu recht Weltkulturerbe.<br />
Kristina Sczesny<br />
34 <strong>Tanzen</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> - Ausgabe 1/2018