Starnberger Bote 14 Steuer & Recht Steuerliche Hinweise und Tipps: 1. Onlinehandel Das Mehrwertsteuersystem soll, laut einer Pressemitteilung vom 5.12.2<strong>01</strong>7 der Europäischen Kommission, schrittweise bis 2021 vereinfacht werden. So soll sich die Mehrwertsteuer für Kleinstunternehmer bei grenzüberschreitender Verkäufe in andere EU-Mitgliedstaaten im Wert von weniger als 10.000.- € pro Jahr nach den Vorschriften des Landes richten , in dem sie ihren Sitz haben. Für kleine und mittlere Unternehmen sollen hingegen vereinfachte Regeln für grenzüberschreitende Verkäufe im Wert von bis zu 100.000.- € pro Jahr gelten. Alle Unternehmer, die ihre Ware online verkaufen, können dann ihre Mehrwertsteuer-pflichten über ein einheitliches Onlineportal erledigen. Eine Registrierung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ist dann nicht mehr nötig. In diesem Zusammenhang sind die Onlinemarktplätze verpflichtet, dass die Mehrwertsteuer,die für die Verkäufe von Drittlandsunternehmen an EU-Verbraucher anfällt, abgeführt wird. 2. Erhöhter Einkommensteuersatz bei steuerfreien Insolvenzgeld. Nachdem auch größere Unternehmen , wie z.B. die Fluggesellschaft Air Berlin im Jahr 2<strong>01</strong>7 in Insolvenz ging, rückt die Frage nach der Besteuerung von Insolvenzgeld immer mehr in den Fokus. Generell gilt hierzu: − Insolvenzgeld wird von der Agentur für Arbeit rückwirkend für die letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Arbeitnehmer bezahlt, sobald eine Insolvenzbescheinigung vom Arbeitgeber vorgelegt wird und die Gehälter nicht mehr bezahlt wurden. − Die Höhe der Geldleistung entspricht in der Regel dem üblichen monatlichen Nettogehalt einschließlich Zulagen, Provisionen etc. − Für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer übernimmt die Agentur für Arbeit die Beiträge zur Kranken-, Renten-, und Pflegeversicherung. Für privat versicherte Arbeitnehmer werden die Zuschüsse des Arbeitgebers zur Kranken-,Renten- und Pflegeversicherung als Insolvenzgeld bezahlt. Die Versicherungsbeiträge müssen dann vom Arbeitnehmer an seine Versicherung weitergeleitet werden. Das bezogene Insolvenzgeld ist zwar steuerfrei, es unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt.Das heißt, das Insolvenzgeld erhöht den Einkommensteuersatz auf das übrige steuerpflichtige Einkommen, wodurch eventuell Einkommensteuer nachzuzahlen ist. Insolvenzgelder werden von der Agentur für Arbeit direkt an das Finanzamt gemeldet, so dass die Daten dort für die Einkommensteuerveranlagung schon bereit stehen. Wer also Insolvenzgeld von mehr als 410.- € erhält, ist verpflichtet eine Einkommensteuererklärung abzugeben. 3. Steuerliche Berücksichtigung von Kindern in Ausbildung Wenn der Nachwuchs studiert oder eine Ausbildung absolviert, übernehmen Eltern oft die Kosten für die Wohnmiete, Lernmaterialien und Verpflegung. Eine Berücksichtigung erfolgt unter dem Gesichtspunkt , ob für das Kind noch ein Anspruch auf Kindergeld besteht oder nicht. − ein Ausbildungsfreibetrag von 924.- € besteht für Kinder regelmäßig unter dem 25. Lebensjahr als außergewöhnliche Belastung.Voraussetzung für diesen Freibetrag ist, dass das Kind volljährig ist, nachweislich eine Berufsausbildung oder Studium absolviert und außerhalb des elterlichen Haushalts wohnt. − Einen Abzug von Unterhaltszahlungen (maximal 8.820.- € zuzüglich etwaiger übernommener Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträge) haben die Eltern, wenn sie keinen Anspruch mehr haben auf Kindergeld (z.B. weil über 25 Jahre). Voraussetzungen hierfür sind, dass das Kind auch bedürftig ist, also kein eigenes Vermögen über 15.500.- €, ausgenommen eine selbstgenutzte angemessene Eigentumswohnung. Hat das Kind mehr als 624.- € im Jahr eigenes Einkommen, so ist der übersteigende Betrag vom absetzbaren Betrag abzuziehen. 4. Immobilienverkauf des Privatvermögens Gewinne aus dem Immobilienverkauf des Privatvermögens müssen als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuert werden, wenn zwischen Kauf und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre liegen, ausgenommen die Immobilie wurde ausschließlich selbst genutzt. Für die Ausnahme- regelung sind die Voraussetzungen, dass der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist oder eine solche Nutzung zumindest im Jahr der Veräußerung und in den beiden Vorjahren vorlag. Der BFH hat mit seinem Urteil vom 27.6.2<strong>01</strong>7 -IX R 37/16 diese Voraussetzungen auch auf Zweitwohnungen und auf selbstgenutzte Ferienwohnungen ausgedehnt.Anders liegt der Fall, wenn die Ferienwohnung oder Wohnung fremdvermietet wird (z.B. airbnb). PROTECTA Steuerberatungs GmbH, Dr. jur. Roland Rehm, Wittelsbacherstr. 20 82319 Starnberg, www.protecta.org VOB: Risiko einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik (Az.: VII ZR 65/14) Vergütungsanpassungen für Zusatzleistungen bringen Stress am Bau. Besonders, wenn ein „Festpreis“ vereinbart wurde. Der basiert auf der Annahme, dass der Auftraggeber (AG), eine „Ware“ erwirbt. Kommen Auftragnehmer (AN) im Rahmen der Akquisition dieser Vorstellung gerne und zu oft entgegen, droht die Erkenntnis, dass Bauen ein Prozess ist und teuer werden kann. Legt bei Neubauten (wenn „agiert“ wird) ein Bauherr mit Zusatzwünschen nach, ist das evtl. durch Verzicht, oder Planänderung in den Griff zu bekommen. Viel weniger gelingt das beim sog. „Bauen im Bestand“. Nach dem Öffnen der „Wundertüte“ muss nämlich fast immer „reagiert“ werden. Die Notwendigkeit weiterzumachen hat dann Vorrang vor dem Verzicht. Groß ist das Lamento des AG, weil u.U. bei der Finanzierung nachgebessert werden muss. Noch größer, wenn ein Richter entscheidet, dass Mehrkosten auf Grund von Mehrleistungen der Handwerker oder des Architekten „hinnehmbar“ sind: sie erhöhen fast immer den Wert eines Gebäudes. Niemand muss also Leistungen ohne angemessene Vergütung erbringen. Der erwähnte „Festpreis“ ist nur dann einer, wenn er gehalten wurde und dann „feste“ gefeiert werden kann! Was aber passiert, wenn im Entstehungsprozess eines Gebäudes oder während eines Umbaus die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) geändert werden? Grundlage dieser „allgemein, aber nicht ausnahmslos anerkannten Regeln“ ist, eine hundert Jahre alte Entscheidung des Reichsgerichts in Strafsachen. Die verschreckt bis heute Juristen als Nicht-Techniker und Techniker als Nicht-Juristen. Als Tatbestandsmerkmal tauchen die a.a.d.R.d.T. im § 319 StGB (Baugefährdung) auf und bedürfen als „unbestimmter Rechtsbegriff“ der Auslegung im Einzelfall. Ein relativ neues Urteil ist für AG und AN, für Architekten und alle sonstigen Vermittler zwischen den Bau-Fronten bedeutsam. Es erging in Abweichung mehrerer Entscheidungen des 7. Zivilsenats des BGH aus den Jahren 2000 bis 2008, bei dem der Streitpunkt ein Auftrag war, zur Errichtung dreier Pultdachhallen zum Festpreis (!) von 770.000 € netto. Hier die leicht verständlichen Leitsätze: 1. Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B 2006 grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme. 2. a) In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. b) Der Auftraggeber hat sodann im Regelfall zwei Optionen: Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) verlangen. Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen. 3. Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VOB/B (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers muss der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will. Link: https://tinyurl.com/y85xb2k9 Peter Riemann, Dipl.Ing./M.Arch (USA) Consulting und Mediation – Sachverständigenbüro Altostrasse 16, 82319 Starnberg info@riemann-architekten.de
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