Hinz&Kunzt 300 Februar 2018
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Das Hamburger<br />
Straßenmagazin<br />
Seit 1993<br />
N O <strong>300</strong><br />
Feb .18<br />
2,20 Euro<br />
Davon 1,10 Euro<br />
für unsere Verkäufer<br />
Stichwunden<br />
Ex-Gangmitglieder<br />
träumen von einem neuen<br />
Leben ohne Tattoos<br />
Cap San<br />
Diego:<br />
Der Käpt'n<br />
geht von Bord
Spezial<br />
<strong>2018</strong><br />
SONDERHEFT STADTOASEN<br />
Lust auf Grün!<br />
Geschichten und Tipps für Menschen mit und ohne Garten.<br />
Empfohlen von Hinz&Künztlern, Experten und Lesern<br />
Das Sonderheft zum Gärtnern, Basteln und Genießen<br />
Ab März beim Verkäufer Ihres Vertrauens!*<br />
* 6,80 Euro (davon 3,40 Euro für den Verkäufer/die Verkäuferin)
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Inhalt<br />
Jubiläum im Jubiläumsjahr<br />
Alle drei Herausgeber von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> auf einen Schlag<br />
zur <strong>300</strong>. Ausgabe: Projektgründer<br />
Stephan Reimers<br />
(rechts) mit Nachfolgerin<br />
Annegrethe Stoltenberg und<br />
„Amtsinhaber“ Dirk Ahrens.<br />
TITELBILD: STEVEN BURTON, MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON INSP.NGO/<br />
THE CURBSIDE CHRONICLE; FOTO OBEN: HENNING ALBERTI<br />
Jetzt haben wir sogar ein Jubiläum in unserem<br />
25. Jubiläumsjahr: Sie halten die <strong>300</strong>. Ausgabe in<br />
Händen! Wie immer sind wir hautnah dran: an Dominik,<br />
der vor zwei Jahren noch obdachlos war, sich<br />
dann ehrenamtlich für Flüchtlinge in den Messehallen<br />
engagiert hat. Inzwischen hat er eine Wohnung,<br />
arbeitet – und hat einen Bestseller geschrieben (S. 6).<br />
Hautnah dran sind wir auch an den Schicksalen<br />
der Menschen auf der Straße: an dem obdachlosen<br />
David, der 450 Euro Strafe zahlen soll (S. 16).<br />
Viel Haut zeigen die Protagonisten unserer Titelgeschichte:<br />
Tattoos machen Leute – das erleben<br />
Inhalt<br />
Stadtgespräch<br />
04 Gut&Schön<br />
06 Dominik Bloh hat ein Buch über sein<br />
Leben auf der Straße geschrieben<br />
12 Zahlen des Monats: Immer mehr<br />
Senioren brauchen „Alters-Hartz-IV“<br />
14 Honorargeneralkonsul Kirchhoff über<br />
rumänische Obdachlose<br />
16 Bettler soll 450 Euro Strafe zahlen<br />
18 Mittlerer Landweg: Deutschlands<br />
größte Flüchtlingsunterkunft lebt<br />
Hinz&Künztler Jörg:<br />
Auch Judith Rakers<br />
hat seine Petition<br />
zur Öffnung des<br />
Winternotprogramms<br />
unterschrieben.<br />
S. 17<br />
ehemalige Gangmitglieder aus Los Angeles (S. 32).<br />
Ihre Tattoos zeugen noch von ihrem alten, aggressiven<br />
Leben. Gerne würden sie die Vergangenheit<br />
hinter sich lassen und ohne diese „Stichwunden“<br />
neu beginnen – zumal ihre Tattoos anderen Menschen<br />
Angst machen. Das brachte den Fotografen<br />
Steven Burton auf die Idee, die Tattoos zumindest<br />
auf ihren Fotos zu beseitigen. Spannend, wie schutzlos<br />
und zart die ehemals wilden Kerle wirken. •<br />
Ihre Birgit Müller Chefredakteurin<br />
(Schreiben Sie uns doch an info@hinzundkunzt.de)<br />
Free Deniz! Die Journalistin Yasemin Ergin<br />
über ihren in Haft sitzenden Kollegen<br />
und Freund Deniz Yücel. S. 28<br />
24 Permakultur in Bahrenfeld – erster<br />
Blick in unser neues Sonderheft<br />
28 Freiheit für Deniz!<br />
Titelgeschichte<br />
32 Stichwunden: Ex-Gangmitglieder träumen<br />
von einem Leben ohne Tattoos<br />
Lebenslinien<br />
38 Ahoi, Käpt’n Jens Weber<br />
Freunde<br />
42 erban Popin hilft einem rumänischen<br />
Landsmann und Hinz&Künztler<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
46 Fasching: Da Vinci’s Mercato creativo<br />
48 Hommage: Fotograf Peter Dammann<br />
52 Tipps für den <strong>Februar</strong><br />
56 Comic mit Dodo Dronte<br />
58 Momentaufnahme<br />
Rubriken<br />
05, 31 Kolumnen<br />
17, 31 Meldungen<br />
44 Leserbriefe<br />
57 Rätsel, Impressum<br />
Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk
Ausstellung der Schlumper<br />
Kein kalter Kaffee<br />
Stillleben zeigen Gegenstände des Alltags – klingt langweilig,<br />
doch wenn Künstler wie die Schlumper sich an<br />
die Darstellung einer Kaffeekanne oder eines Blumentopfs<br />
machen, wird es bunt und fantasievoll. Seit 1980<br />
existiert die Ateliergemeinschaft von Künstlern mit<br />
unterschiedlichen Behinderungen in Hamburg. LEU<br />
•<br />
Ausstellung: Do, 8.2.–31.3., Galerie der Schlumper,<br />
Marktstr. 131, Eintritt frei
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Gut&Schön<br />
Crowdfunding<br />
Ausbildung für<br />
Wohnungslose<br />
Unternehmer Alex Stephany<br />
engagiert sich gegen Armut.<br />
FOTOS: FK20 (SEITE 4), JONAS FÜLLNER (OBEN), TIM TEGETMEYER (UNTEN LINKS)<br />
VIDEOSTILL: CLIPPER-FILM.COM; KOLUMNE: BEAM<br />
Solidarität<br />
Endlich ein Wohncontainer für Rolf<br />
Ein Jahr lang lebte Rolf (Mitte) nach dem Tod seiner<br />
Frau auf der Straße, weil er seine Miete nicht mehr<br />
zahlen konnte. Jetzt wurde an der Kirche in Lokstedt<br />
ein Wohncontainer für den 67-Jährigen aufgestellt –<br />
eine private Initiative um den ehemaligen<br />
Obdachlosen Max Bryan (links) sammelte dafür. LEU<br />
•<br />
Zehn Jahre Malteser-<br />
Medizin für Migranten<br />
Mehr als 2<strong>300</strong> Menschen aus 75<br />
Ländern haben hier schon Hilfe<br />
gefunden: Seit 2007 behandeln<br />
Mediziner der Malteser Migranten<br />
ehrenamtlich, kostenlos und<br />
anonym im Marienkrankenhaus.<br />
Darunter sind oft schwer Erkrankte,<br />
weil sie erst spät Hilfe suchen.<br />
Die Kosten der Behandlungen werden<br />
durch Spenden finanziert. LEU<br />
•<br />
Sprechstunde: Do, 16–20 Uhr,<br />
Marienkrankenhaus, Alfredstr. 9<br />
Was ist Zuhause?<br />
Für das neue Video „Zuhause“<br />
der Rostocker Band „Feine Sahne<br />
Fischfilet“ haben ihnen viele Menschen<br />
Einblick in ihr eigenes Zuhause<br />
gegeben und über ihre Wünsche<br />
gesprochen – ob im Bauwagen oder<br />
im Knast, abgebrannt oder zwangsgeräumt,<br />
in der Sozialwohnung<br />
oder in der Flüchtlingsunterkunft.<br />
„Zuhause ist da, wo man zur Ruhe<br />
kommt“, sagt eine Frau zwischen<br />
Umzugskartons (unten) – und<br />
spricht vielen aus der Seele. LEU<br />
•<br />
Was hilft dauerhaft gegen Obdachlosigkeit?<br />
Arbeit, meint<br />
der Brite Alex Stephany und<br />
gründete Beam, eine Crowdfunding-Plattform,<br />
über die<br />
Wohnungslose Geld für eine<br />
berufliche Weiterbildung<br />
sammeln. Voraussetzung, um<br />
„Mitglied“ zu werden (so heißen<br />
Obdachlose bei Beam):<br />
Sie müssen so stabil sein, dass<br />
sie arbeiten können. Viele<br />
kommen nach einer Zeit auf<br />
der Straße, Alkohol- oder<br />
Drogenproblemen gerade<br />
wieder auf die Beine. Arbeit<br />
ist der nächste Step in ein<br />
normales Leben.<br />
Gemeinsam mit einem<br />
Mentor feilen die Mitglieder<br />
an ihrer beruflichen Laufbahn<br />
und ihrer Spendenkampagne.<br />
Vielen fehlt auf dem Weg zum<br />
Job oder zur Ausbildung eine<br />
Qualifikation, zum Beispiel eine<br />
Sicher heitsschulung oder<br />
der Führer schein, anderen die<br />
Arbeitskleidung oder das Geld<br />
für die Kinderbetreuung.<br />
In ihrem Profil listen die Mitglieder<br />
genau auf, wofür sie<br />
die Spenden brauchen.<br />
Bisher waren alle zwölf<br />
Kampagnen auf Beam erfolgreich;<br />
zehn Mitglieder haben<br />
ihre Kurse begonnen. Das<br />
Geld bezahlt das Start-up<br />
nicht aus, sondern finanziert<br />
damit direkt die veranschlagten<br />
Posten. Bricht jemand ab,<br />
wird das übrige Geld unter<br />
den laufenden Kampagnen<br />
verteilt. HOT<br />
•<br />
Infos: www.wearebeam.org<br />
5
„Auf der Reeperbahn in<br />
St. Pauli bin ich schon mein<br />
halbes Leben unterwegs“,<br />
sagt Dominik.
Stadtgespräch<br />
UNTER<br />
PALMEN<br />
AUS<br />
STAHL<br />
Elf Jahre lang lebte Dominik in Hamburg<br />
auf der Straße. Als 2015 die Flüchtlinge<br />
kamen, packte er in der Kleiderkammer in<br />
den Messehallen tatkräftig mit an. Dass sich<br />
damit sein eigenes Leben komplett verändern<br />
würde, hätte der 29-Jährige nie gedacht.<br />
TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />
FOTOS: ANDREAS HORNOFF<br />
E<br />
s war der denkwürdige Sommer 2015: Hunderte<br />
von Flüchtlingen kamen täglich in der Stadt an,<br />
und Hunderte von Hamburgern engagierten<br />
sich, um sie willkommen zu heißen und ihnen<br />
zu helfen. 1000 Menschen aus Syrien, Irak und<br />
Afghanistan schliefen auf Pritschen in den Messehallen,wo<br />
auch Deutschlands größte Kleiderkammer entstand. Bei einer<br />
Reportage über die ehrenamtlichen Helfer lernten wir<br />
Dominik kennen. Der 29-Jährige war oft morgens einer der<br />
Ersten und abends einer der Letzten, der half. Vielleicht kein<br />
Wunder. Er war obdachlos und schlief oft auch auf einer<br />
Pritsche in der Halle. Aus der Kleiderkammer in den Messehallen<br />
ist inzwischen das Projekt Hanseatic Help geworden.<br />
7
Wenn Dominik mal Geld<br />
hatte, übernachtete er im<br />
kleinen Seemannshotel am<br />
Hans-Albers-Platz.
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Dass neben Geflüchteten auch Obdachlose versorgt werden,<br />
ist heute wie damals selbstverständlich. Für Dominik, der sich<br />
weiter in dem Projekt engagiert, war das eine Herzensangelegenheit.<br />
Sein eigenes Leben hat sich komplett geändert. Seit<br />
anderthalb Jahren hat er eine Wohnung – und Arbeit. Und<br />
vor allem: Er hat ein Buch über sein Leben auf der Straße<br />
geschrieben: „Unter Palmen aus Stahl“. Ein Leben, das er<br />
trotz aller Veränderungen noch immer in sich trägt.<br />
Als wir uns vor zwei Jahren kennenlernten, warst du obdachlos,<br />
jetzt hast du eine Wohnung. Wie geht’s dir da?<br />
DOMINIK BLOH: Die Straße bleibt im Kopf. Das ist auch das, was<br />
sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Und komm zu<br />
mir nach Hause: Der Kühlschrank ist nicht angeschlossen.<br />
Ich habe vorgestern zwei Gläser geschenkt bekommen, das<br />
heißt: Ich habe jetzt zwei Gläser, zwei Becher und drei Messer,<br />
einen tiefen und einen flachen Teller. Diese vermeintlich<br />
selbstverständlichen Sachen, die andere nebenbei bewältigen,<br />
die strengen mich wahnsinnig an.<br />
Fühlst du dich nicht viel sicherer?<br />
Doch, schon. Aber es fällt mir immer noch schwer zu realisieren,<br />
dass ich nicht mehr obdachlos bin. Heute Morgen klingelt<br />
es an der Tür, und ich ziehe mir erst mal die Decke über den<br />
Kopf und stelle mich tot. Und dann mache ich die Tür doch<br />
noch auf, und es ist mein Nachbar, der mir Schokolade vorbeigebracht<br />
hat. Das ist, was ich erlebe: Ich muss keine Angst<br />
mehr haben.<br />
Keine Angst mehr zu haben, ist das eine. Aber bestimmt ist es ja auch<br />
ein ganz anderes Körpergefühl.<br />
Der erste Unterschied ist: in Boxershorts schlafen. Auf der<br />
Straße kannst du ja nie die Klamotten ausziehen. Das kann<br />
man sich vielleicht nicht vorstellen: Du hast manchmal fünf<br />
Tage am Stück deine Klamotten an. Das Thema Hygiene ist<br />
eines der Schlüsselprobleme. Wenn du sauber bist, kannst du<br />
dich anderswo ganz anders aufhalten und verhalten. Deshalb<br />
will ich ja einen Duschbus für Obdachlose initiieren. Hygiene<br />
und das äußere Erscheinungsbild sind die ersten Unterscheidungsmerkmale.<br />
Dein Selbstbewusstsein geht verloren und<br />
dein Selbstwertgefühl hält dich unten. Es gibt nichts Schlimmeres,<br />
als sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen.<br />
Du redest mehr über Hygiene als über Kälte und Hunger –<br />
und unter beidem hast du ja auch gelitten.<br />
Diese mangelnde Hygiene tut am meisten weh. Die Kälte – es<br />
sieht keiner, wenn du frierst. Und Hunger sieht auch keiner,<br />
vielleicht, wenn du irgendwann total abgemagert bist. Das<br />
sind Sachen, da kämpfst du mit dir. Aber wenn du dreckig<br />
bist, sehen es alle drum herum, und dann kämpfst du nicht<br />
mehr mit dir allein, sondern bist immer deiner Außenwelt<br />
ausgesetzt. Und da kannst du richtig dran eingehen.<br />
Und wie ist es mit dem Schlafen selbst?<br />
Ich habe immer noch keinen richtigen Schlafrhythmus. Gemütlich<br />
kann ich es mir machen, aber wenn ich kurz vor dem<br />
Einschlafen bin, merke ich plötzlich, dass ich die Kapuze aufhabe.<br />
Die Kapuze war auf der Straße so wichtig: Das sind<br />
drei Wände mit einem Fenster nach draußen. Dann liegst du<br />
so da und guckst aus deinem Fenster. Aber obwohl ich jetzt<br />
meine eigenen vier Wände habe, ist die Kapuze nach wie vor<br />
mein Dach über dem Kopf.<br />
Du hast nicht nur eine Wohnung, du hast sogar Arbeit.<br />
Das stimmt. Ich habe bei Grone (Schule für Qualifikation und<br />
Integration; Anm. der Red.) angefangen. Ausgerechnet da! Ich saß<br />
dort früher selbst in Jobcenter-Maßnahmen. Das lief nie gut,<br />
und ich wurde rausgeschmissen, sanktioniert und landete<br />
wieder auf der Straße. Letztes Jahr habe ich mein erstes<br />
echtes Gehalt auf mein Konto überwiesen bekommen. Und<br />
ich guck auf den Kontoauszug und da steht dann Grone.<br />
Den Kontoauszug habe ich immer noch.<br />
„Die mangelnde Hygiene tut<br />
am meisten weh, wenn<br />
man auf der Straße lebt.“<br />
Ist es komisch, ausgerechnet da zu arbeiten, wo du mal<br />
rausgeflogen bist?<br />
Das ist schon komisch. Alles sieht gleich aus wie vor zwölf<br />
Jahren, der Flur hat den gleichen Geruch, aber jetzt bin ich<br />
im Lehrerzimmer und kopiere Unterrichtsmaterial. Ich habe<br />
schon oft gedacht: Wow!<br />
Was genau machst du denn?<br />
Ich kann mit jungen Menschen arbeiten, ihnen was mit auf<br />
den Weg geben. Viele finden neuen Mut, wenn sie sehen,<br />
dass einer, der früher mal auf ihrem Platz gesessen hat, was<br />
aus sich macht.<br />
Die Teilnehmer haben alle Schwierigkeiten im Leben …<br />
Das sind Jugendliche, wie ich einer war. Viele sind im betreuten<br />
Wohnen, manche sind Geflüchtete. Ich erzähle ihnen<br />
auch von mir. Ich finde das wichtig. Ich saß oft in Maßnahmen<br />
und hatte meistens keinen Bezug zu den Menschen da<br />
vorne, und deswegen war mir das so fremd. Und diese Schule<br />
ist einem schon unangenehm: Du bist da, weil es der letzte<br />
Halt vor dem Nichts ist. Es ist das letzte Netz.<br />
Würdest du gerne in dem Bereich bleiben?<br />
Es ist mein Traumberuf. Da kommen Jugendliche und sagen:<br />
9
Lebensstationen: Mit der U-Bahn war Dominik oft in der Stadt unterwegs, „von einem Platz zum Wärmen<br />
zum anderen“. Dazu gehörte auch der Burger King auf der Reeperbahn.<br />
„Der Kampf ist immer<br />
noch da: Vergangenheit<br />
gegen Gegenwart.“<br />
„Ich hab Sie kennengelernt, und seit zwei Wochen lerne ich<br />
jeden Tag, um die Maßnahme gut abzuschließen.“ Das, was<br />
ich mache, mache ich offensichtlich gut, und das überrascht<br />
mich. Und ich stehe jeden Morgen um 6.50 Uhr auf dem<br />
Bahnsteig und freu mich drauf. Und das hätte ich auch nicht<br />
gedacht, dass ich so konstant sein kann.<br />
Du hast ja noch zwei Jobs: den im Verlag bei Ankerherz mit<br />
deinem Blog „Ankerschmerz“ und einen auf der Baustelle.<br />
Ich habe drei Jobs, um mein Leben zu unterhalten – und ich<br />
hatte davor gar keinen. Und dann bin ich noch hier im<br />
Verein ehrenamtlich tätig. Hier sind nur gute Menschen um<br />
mich herum. Bei René, einem der Gründer von Hanseatic<br />
Help, arbeite ich auf der Baustelle. Damit bezahle ich meine<br />
Krankenversicherung. Mit dem, was ich für den Verlag<br />
mache, bezahle ich die Miete, und von dem Honorar von der<br />
Schule zahl ich meinen Lebensunterhalt.<br />
In den vergangenen Jahren ist ganz schön viel in deinem<br />
Leben passiert. Du warst Couchsurfer, hast draußen Platte gemacht,<br />
dann in den Messehallen übernachtet und in einer WG.<br />
Sogar in einem Bett mit einem Geflüchteten hast du geschlafen.<br />
Mein Bruder …<br />
Gibt es ihn noch in deinem Leben?<br />
Natürlich. Damals vor zwei Jahren saßen wir oben im Park<br />
über der Elbe und wussten nicht wohin. Dann sind wir zusammen<br />
in einer WG untergekommen – und vor Kurzem<br />
standen wir zusammen auf der Bühne vom Grünspan, er<br />
machte Musik und ich las aus meinem Buch. Das war ein<br />
schöner Moment. Aber wir haben uns auch schon damals vor<br />
zwei Jahren gesagt: Alles wird gut!<br />
Irgendwie wirkst viel du zufriedener und ruhiger als vor zwei Jahren …<br />
Früher wollte ich alles für mich. Ich wollte immer so ein<br />
Leben haben: Geld, Frauen und Party. Heute will ich nichts<br />
mehr für mich. Ich geh raus, guck Blumen an, die Natur, fass<br />
Baumrinde an. Das ist, was mich heute packt: das Leben.<br />
Wie soll es weitergehen? Was wünschst du dir?<br />
Dass mich meine Vergangenheit nicht immer wieder einholt.<br />
Auf der Baustelle nehm ich Zementsäcke und trage die von<br />
einer Palette hinten auf die nächste Palette vorne. Schwere<br />
10
Dominiks Blog<br />
„Ich wünsch mir doch<br />
nur, dazuzugehören“<br />
Säcke. So fühlt sich das auch im Leben an: Ich nehme immer<br />
den riesigen Zementsack von hinten und schleppe ihn nach<br />
vorne: Auf meinem Schreibtisch liegt eine Anklageschrift,<br />
auf dem Schreibtisch liegt ein Brief vom Gerichtsvollzieher.<br />
Es kommen gelbe Brief, lila Briefe, die Krankenversicherung<br />
will Geld, die GEZ … Das muss ich alles abarbeiten. Ich bin<br />
froh, dass es mich nicht umhaut, dass ich etwas unternehme.<br />
Der Kampf ist immer noch da: Vergangenheit gegen Gegenwart.<br />
Aber ich spüre: Türen gehen für mich auf. Ich möchte,<br />
dass auch Türen für andere aufgehen. •<br />
Graue Jogginghose schon seit Tagen. Nicht<br />
mal Socken in den Schuhen tragen. Barfuß<br />
durch die Gegend latschen. Ich stehe bei Penny<br />
in der Schlange. Die hellen Lichter verunsichern<br />
mich. Für 65 Cent besorge ich die<br />
günstigste Zahnbürste und die billigste Zahnpasta.<br />
Mein Zahn löst sich auf und fällt stückweise<br />
raus, während ich mit meiner Zunge<br />
die Löcher abtaste, als würden sie sich dadurch<br />
füllen. Ich bin ungeduscht. Meine<br />
Haut ist trocken und beginnt zu jucken, manche<br />
Stellen kratze ich blutig. Das geht einfach,<br />
mit viel zu langen Fingernägeln, unter<br />
denen dicker schwarzer Dreck lagert. Meine<br />
Locken verstecke ich unter einer dreckigen<br />
Chicago-Bulls-Cap. Die Straße hinterlässt<br />
Spuren. Ich fühle mich nicht wohl und schäme<br />
mich für mein Aussehen.<br />
Die Kapuze auf dem Kopf bringt Schutz.<br />
Zweifel sind selbstzerstörerisch und mein<br />
Selbstwertgefühl geht kaputt. Ich traue mir<br />
nichts zu. Wie im Spiegelkabinett steh ich mir<br />
selber im Weg. Ich spüre die Blicke, bis sie<br />
mich gar nicht mehr wahrnehmen.<br />
Ich vereinsame inmitten all dieser Menschen,<br />
dabei wünsche ich mir doch nur dazuzugehören.<br />
Da draußen erfriert man schnell,<br />
wenn man den Glauben verliert.<br />
Ich stehe jetzt an der Kasse. Die Münzen<br />
sind schon vorgezählt. Ich bezahle und verschwinde<br />
in die Dunkelheit.<br />
Jetzt muss ich einen Ort finden, wo ich<br />
mich waschen kann. •<br />
Kontakt: birgit.mueller@hinzundkunzt.de<br />
Dominik lesen oder treffen<br />
Unter Palmen aus Stahl – Die Geschichte eines Straßenjungen,<br />
von Dominik Bloh, Ankerherz Verlag, 20 Euro<br />
Wer mehr über Dominik lesen will:<br />
blog.ankerherz.de/blog/ankerschmerz-zweifel<br />
(einen Eintrag daraus siehe Kasten rechts)<br />
Am Sonntag, 18.2., liest Dominik Bloh im Kukuun,<br />
Spielbudenplatz 21, aus seiner Biografie. Außerdem stellt<br />
Susanne Groth den Bildband „Abseits – Vom Leben am<br />
Rande der Gesellschaft“ vor. Einlass 19 Uhr, 5 Euro (nur AK)<br />
Bei Hanseatic Help begann Dominiks neues Leben.<br />
11
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Zahlen des Monats<br />
Wenn die Rente nicht reicht<br />
Immer mehr<br />
Senioren brauchen<br />
„Alters-Hartz-IV“<br />
24.836<br />
Hamburger waren Ende 2016 auf Grundsicherung im Alter<br />
(„Alters-Hartz-IV“) angewiesen, weil ihre Rente zum Leben nicht ausreicht<br />
(neuere Zahlen liegen nicht vor, die Red.). Das entspricht einem Anteil von<br />
7,3 Prozent aller über 65-Jährigen, so das Statistikamt Nord.<br />
Im Bundesdurchschnitt liegt die Quote bei 3,1 Prozent.<br />
Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der betroffenen Rentner<br />
in Hamburg damit um 62,5 Prozent erhöht. Die Sozialbehörde verweist zur<br />
Erklärung auf „höhere Lebenshaltungskosten, insbesondere höhere<br />
Mietkosten in Großstädten“. Verantwortlich seien aber auch<br />
„geringe Arbeitseinkünfte oder durch Arbeitslosigkeit/Familienzeit<br />
unterbrochene Erwerbsbiografien“.<br />
Gewerkschafter fordern eine Stärkung der gesetzlichen Rente,<br />
mehr betriebliche Altersvorsorge und tariflich bezahlte, sichere Arbeit statt<br />
prekärer Beschäftigung. „Wer 45 Jahre bei einem Arbeitgeber ausschließlich<br />
im Minijob arbeitet, erwirbt einen Rentenanspruch von nur 164 Euro“,<br />
rechnet der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beispielhaft vor.<br />
Ändern künftige Bundesregierungen nicht die gesetzlichen Vorgaben,<br />
wird das Rentenniveau in Deutschland bis 2030 auf 43 Prozent des<br />
Durchschnittseinkommens sinken – 1980 lag der Wert noch bei 57,6 Prozent.<br />
Laut aktuellem DGB-Rentenreport liegt die Durchschnittsrente in<br />
Hamburg aktuell bei 1118 Euro für Männer und 710 Euro für Frauen. •<br />
TEXT: ULRICH JONAS<br />
ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />
Mehr Infos im Internet unter www.huklink.de/rentenreport<br />
13
Der Unternehmensberater Klaus Rainer Kirchhoff<br />
ist rumänischer Honorar generalkonsul für<br />
Norddeutschland mit Sitz in Hamburg.<br />
Er kümmert sich unter anderem um die Vernetzung<br />
der Wirtschaft und um Probleme der Rumänen hier.<br />
„Ein fragwürdiges<br />
Verfahren“<br />
Viele der Hamburger Obdachlosen stammen aus Rumänien.<br />
Die Stadt will sie loswerden. Wir wollten vom rumänischen<br />
Honorargeneralkonsul Klaus Rainer Kirchhoff wissen, was er davon hält.<br />
TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />
FOTOS: DMITIRJ LELTSCHUK<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Viele rumänische und<br />
bulgarische Obdachlose dürfen nicht mehr ins<br />
Winternotprogramm und schlafen deswegen<br />
auf der Straße. Das ist lebensbedrohlich!<br />
Wie finden Sie das?<br />
KLAUS RAINER KIRCHHOFF: Ich kenne das Vorgehen.<br />
Dahinter steckt offensichtlich<br />
das Bemühen der Stadt, Sozialmissbrauch<br />
zu vermeiden. Wer hier einen<br />
Job hat und nicht in Not ist, der soll<br />
nicht die Notunterkünfte besetzen, die<br />
für die da sind, die es wirklich nötig haben.<br />
Aber das Verfahren ist fragwürdig.<br />
Ein Kriterium ist beispielsweise: Wer einen<br />
Wohnsitz in Rumänien hat, soll zurückgehen<br />
und hat keinen Anspruch<br />
auf einen Platz in der Notunterkunft.<br />
Das ist natürlich Unfug. Die Menschen<br />
kommen ja hierher, weil sie in Rumänien<br />
nicht überleben können. Sie sind<br />
dann natürlich hier hilfsbedürftig und<br />
in einer Notsituation.<br />
Die Menschen werden gedrängt, nach<br />
Rumänien zurückzufahren. Die Behörde<br />
nennt das Perspektivberatung …<br />
14<br />
Ich bin selbst Unternehmensberater –<br />
und ich verstehe unter Beratung etwas<br />
anderes. Jemandem zu helfen, der hier<br />
keine Chance hat, der letztendlich auf<br />
der Straße landet, dabei zu unterstützen,<br />
den Weg zurückzufinden, ist nicht<br />
verkehrt oder unmenschlich.<br />
Die Frage ist aber, wie das gehandhabt<br />
wird. Man kann nicht einfach jemanden<br />
überzeugen: Fahr doch mal<br />
zurück! Dann kommt er auf dem Bahnhof<br />
in Bukarest an – und was ist da?<br />
Gar nichts.
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Was kann man tun, damit sich Hamburg<br />
fair verhält und nicht ausgerechnet<br />
das Winternotprogramm als Hebel dient,<br />
um Menschen auszusortieren?<br />
Man muss zur Ehrenrettung sagen:<br />
Hamburg ist sicher im Vergleich zu anderen<br />
größeren Städten in Deutschland<br />
schon sehr engagiert und teilweise<br />
vorbildlich.<br />
Aber die neue Politik, speziell Rumänen<br />
und Bulgaren herauszufischen,<br />
die ist auch unter dem Gesichtspunkt<br />
der Gleichbehandlung fragwürdig.<br />
Schließlich haben wir die Arbeitnehmerfreizügigkeit.<br />
Die Menschen haben<br />
das Recht zu kommen.<br />
Gibt es denn so viele arme Zuwanderer aus<br />
Rumänien?<br />
Zahlenmäßig nicht. Im Gegenteil. Die<br />
ganze Diskussion ist ein Stück weit unberechtigt.<br />
Deutschland und Hamburg<br />
profitieren extrem von der Freizügigkeit.<br />
Und der größte Teil der Rumänen<br />
zahlt Sozialabgaben in die Kassen ein.<br />
Nur ein geringer Teil der Rumänen bekommt<br />
Sozialleistungen, wenige sind<br />
die klassischen Hartz-IV-Empfänger.<br />
„Schmarotzer<br />
habe ich nicht<br />
kennengelernt.“<br />
Die meisten Rumänen, die hier obdachlos<br />
sind und die wir kennen, haben ja sowieso<br />
kein Anrecht auf Sozialleistungen, es sei<br />
denn, sie haben gearbeitet.<br />
Ich kenne so viele Rumänen hier! Fast<br />
nur solche, die zum Arbeiten hierherkommen.<br />
Die meisten sind bereit, dafür<br />
Höllenjobs zu machen und unter den<br />
ärmsten Bedingungen zu leben.<br />
Schmarotzer habe ich in meiner<br />
sechsjährigen Laufbahn als Konsul<br />
nicht ken nengelernt.<br />
Ein Problem ist ja, dass der rumänische<br />
Staat bislang Menschen in Not nicht<br />
hinreichend unterstützt hat. Gibt es Grund<br />
zur Hoffnung, dass sich das ändert?<br />
Rumänien zeigt ein zwiegespaltenes<br />
Gesicht. Es ist derzeit wieder das Land<br />
mit der höchsten Wachstumsrate in Europa.<br />
Das war Rumänien schon mal bis<br />
zur Finanzkrise 2008. In der Zwischenzeit<br />
sind Zehntausende ausgewandert.<br />
Und wer bleibt zurück? Die Alten und<br />
die Schwachen. Das kann so nicht<br />
weitergehen.<br />
Zehntausende sind aus Rumänien<br />
abgewandert, gut Ausgebildete wie Arme.<br />
Klaus Rainer Kirchhoff würde gerne diesen<br />
Braindrain beenden: „Ich möchte nicht auf<br />
einer Insel der Glückseligen leben, wenn<br />
um mich herum Europa verkommt.“<br />
Immerhin hat die Regierung erkannt,<br />
dass sie den Sozialstaat stärken muss.<br />
Deutschland ist ja auch wegen seines<br />
Sozialstaates groß geworden, nicht etwa<br />
trotz des Sozialstaates. Wir müssen mit<br />
Ländern wie Rumänien und Bulgarien<br />
Geduld haben. Aber ich bin hoffnungsvoll,<br />
dass sich etwas tut.<br />
Auch für die Armen?<br />
Viele Rumänen, die in Hamburg auf<br />
der Straße landen, kommen aus ländlichen<br />
Regionen in Rumänien – mit hoher<br />
Arbeitslosigkeit und wenig Perspektive.<br />
Wir haben andere Regionen, wo<br />
Arbeitskräfte gesucht werden. Mittlerweile<br />
gibt es von der rumänischen Regierung<br />
ein Programm, Leute aus unterentwickelten<br />
Regionen in Regionen<br />
überzusiedeln, wo Arbeitskräfte gesucht<br />
werden. Es wird aber noch einige Zeit<br />
dauern, bis das greift.<br />
Haben Sie noch andere Ideen, was man tun<br />
könnte, um den Menschen zu helfen?<br />
Deutschland und Rumänien müssten<br />
stärker zusammenarbeiten. Man könnte<br />
eine Akademie gründen, auf der man<br />
junge Leute dort und hier ausbildet. Damit<br />
sie in Deutschland und Rumänien<br />
arbeiten können. Beispielsweise in der<br />
Pflege. Es muss sich einfach etwas ändern,<br />
damit der Braindrain nicht anhält.<br />
Ich möchte nicht auf der Insel der<br />
Glückseligen hier in Deutschland leben,<br />
wenn um mich herum Europa verkommt.<br />
Und wenn sich die Verhältnisse<br />
in Rumänien ändern, gehen auch viele<br />
in ihre Heimat zurück. •<br />
Kontakt: birgit.mueller@hinzundkunzt.de<br />
Klaus Rainer Kirchhoff, Behördenvertreter<br />
und Experten diskutieren<br />
am 6. <strong>Februar</strong> ab 17.30 Uhr in<br />
der Reihe „Hamburg! Gerechte Stadt“<br />
über Armut und Arbeitnehmer -<br />
f rei zügigkeit in der EU.<br />
Ort: Haus der kirchlichen Dienste,<br />
Danziger Straße 64. Eintritt frei.
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>300</strong>/FEBRUAR <strong>2018</strong><br />
Zelte, Verschläge, Plastikplanen, sogar ein<br />
kleiner Teppich: So versuchten 28 Obdachlose,<br />
sich auf dem Bahngrundstück einzurichten.<br />
Bettler soll 450 Euro<br />
Strafe zahlen<br />
Weil sie auf einem Grundstück der Deutschen Bahn ein<br />
Lager errichtet hatten, sollen 28 Obdachlose nun Strafen bezahlen.<br />
Die Bahn stellte Anzeige wegen Hausfriedensbruch.<br />
TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />
FOTOS: BENJAMIN LAUFER, DMITRIJ LELTSCHUK<br />
Für David war das eine teure<br />
Nacht. Ein Freund habe ihn im<br />
vergangenen Mai mit in das Lager<br />
an der Amsinckstraße genommen, wo<br />
zu diesem Zeitpunkt schon seit Monaten<br />
etwa 30 Obdachlose in Zelten und<br />
Hütten gelebt hatten, sagt er im Gespräch<br />
mit Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Am frühen<br />
Morgen kamen dann Mitarbeiter der<br />
Bahn, der das Grundstück an der Gleisanlage<br />
gehört, und räumten das Lager<br />
mit Unterstützung der Polizei. „Ich<br />
wusste gar nicht, was das Ganze soll“,<br />
sagt David. Danach habe er sich einen<br />
anderen Schlafplatz in Hamburg gesucht<br />
und nicht mehr an den Vorfall<br />
gedacht.<br />
Bis zum vergangenen November,<br />
als ihn ein Brief eines Hamburger<br />
Amtsgerichts erreicht. Der Brief war an<br />
seine Frau in Rumänien gegangen.<br />
Weil David nicht lesen kann, versteht er<br />
nicht, was drin steht. Er glaubt, es gehe<br />
um Schwarzfahren und will die Rechnung<br />
bei der S-Bahn begleichen. Erst<br />
die Mitarbeiter dort machen ihm klar,<br />
dass er einen Strafbefehl wegen Hausfriedensbruch<br />
bekommen hat. 450 Euro<br />
soll er bezahlen, 30 Tagessätze.<br />
Die Bahn leugnet zunächst,<br />
Strafanzeigen gestellt zu haben<br />
Die Deutsche Bahn bestreitet zunächst<br />
auf Anfrage von Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Strafanzeigen<br />
gegen die Obdachlosen gestellt<br />
zu haben.<br />
Erst Staatsanwaltschaft und Bundespolizei<br />
klären auf: Doch, die Bahn<br />
hat am 9. August gegen 28 Obdachlose<br />
Strafanzeigen gestellt. Auf erneute<br />
Nachfrage räumt das auch ihr Sprecher<br />
Egbert Meyer-Lovis ein. „Es gab im<br />
Vorwege mehrmals schriftliche Auffor-<br />
derungen – in verschiedenen Sprachen<br />
– das Gelände zu räumen“, rechtfertigt<br />
er das Vorgehen. Von den Aufforderungen<br />
habe er nichts gewusst, bekräftigt<br />
David, schließlich habe er nur eine<br />
Nacht auf dem Bahngelände geschlafen.<br />
Trotzdem soll er nun eine Strafe<br />
bezahlen.<br />
30 Tagessätze à 15 Euro<br />
für einen Bettler<br />
Das Gericht hat einen Tagessatz von 15<br />
Euro zur Bemessung der Strafe angesetzt.<br />
Für einen Bettler ganz schön viel,<br />
findet auch Davids Rechtsanwältin, die<br />
nun gegen den Strafbefehl vorgeht. Wie<br />
genau der Richter auf die Höhe des Tagessatzes<br />
kam, ohne mit David über seine<br />
Situation zu sprechen, lässt sich nicht<br />
mehr rekonstruieren.<br />
Doch ein Gerichtssprecher sagt,<br />
dass etwa bei Sozialhilfeempfängern<br />
häufig Tagessätze zwischen 5 und 12<br />
Euro verhängt werden, also deutlich<br />
weniger als bei David. „Die Einkünfte<br />
aus der Bettelei werden auch berücksichtigt“,<br />
erklärt Nana Frombach, Sprecherin<br />
der Staatsanwaltschaft. Im Zweifelsfall<br />
würden die geschätzt. „Wir<br />
wissen, dass sie teilweise erhebliche Einkünfte<br />
haben.“<br />
David kann das nicht nachvollziehen.<br />
Von seinen geringen Einkünften<br />
durch Betteln und dem Verkauf der<br />
Zeitung Straßenjournal müsse er seine<br />
Frau und seine beiden Kinder in Rumänien<br />
ernähren, sagt er. „Wie soll ich das<br />
bezahlen?“ •<br />
Kontakt: benjamin.laufer@hinzundkunzt.de<br />
16
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Meldungen (1)<br />
Politik & Soziales<br />
Online-Petition von Hinz&Künztler Jörg Petersen<br />
Judith Rakers hat unterschrieben<br />
Die Online-Petition von Hinz&Künztler Jörg Petersen geht in die letzte Runde.<br />
Unter www.change.org/winternotprogramm appelliert der ehemalige Obdachlose<br />
an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), das Winternotprogramm auch tagsüber<br />
zu öffnen. Außerdem, so Jörg, sollen alle Obdachlosen dort schlafen dürfen, auch<br />
die aus Osteuropa. Inzwischen haben mehr als 80.000 Menschen unterschrieben.<br />
Unter anderem Moderatorin und Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Botschafterin Judith Rakers. Auf<br />
Facebook postete sie: „Wenn auch ihr dafür seid, dass wohnungslose Menschen<br />
zumindest im Winter auch tagsüber im Notprogramm bleiben können, dann<br />
unterschreibt gerne diese Petition. Ich hab’s getan.“ Jörg Petersen übergibt die<br />
Unterschriften am 7. <strong>Februar</strong> um 12 Uhr im Hamburger Rathaus. Mal sehen,<br />
ob sich der Bürgermeister erweichen lässt. BIM<br />
•<br />
Strategie gegen Obdachlosigkeit<br />
Mehr Sozialwohnungen,<br />
weniger Zwangsräumungen<br />
Mit einer gemeinsamen Strategie<br />
wollen Senat, Bezirke, Wohnungslosenhilfe<br />
und Hilfsorganisationen die<br />
steigende Wohnungslosigkeit in<br />
Berlin bekämpfen. Dazu sollen etwa<br />
mehr Sozialwohnungen gebaut und<br />
Flüchtlingsunterkünfte umgenutzt<br />
werden. Familien und Senioren sollen<br />
nicht mehr zwangsgeräumt werden.<br />
In Berlin leben etwa 6000 Menschen<br />
auf der Straße. SIM<br />
•<br />
Bundespräsident in Hamburg<br />
Steinmeier zu Gast im Herz As<br />
Während seiner erstenVisite in Hamburg<br />
besuchte Bundespräsident<br />
Frank-Walter Steinmeier zusammen<br />
mit seiner Frau Elke Büdenbender im<br />
Januar die Tagesaufenthaltsstätte<br />
Herz As. Dort suchte das Paar das<br />
Gespräch mit Obdachlosen und<br />
Mitarbeitern und war sichtlich an der<br />
Situation der Wohnungslosen in<br />
Hamburg interessiert. Ulrich Hermannes,<br />
Leiter der Unterkunft, überreichte<br />
dem Präsidenten anschließend<br />
ein Positionspapier, in dem die<br />
Diakonie-Einrichtung vor allem eine<br />
bessere Ausstattung der Hilfssysteme<br />
für Obdachlose einfordert. JOF<br />
•<br />
Gewalt gegen Obdachlose<br />
17 Tote, 141 Verletzte<br />
Mindestens 17 Obdachlose starben<br />
vergangenes Jahr bundesweit nach gewalttätigen<br />
Übergriffen, 141 wurden<br />
durch solche verletzt. Die Dunkelziffer<br />
ist vermutlich noch viel höher.<br />
Das geht aus der aktuellen Statistik<br />
der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe hervor. Zuletzt<br />
hatte in Hamburg im Januar ein<br />
Unbekannter einen schlafenden Obdachlosen<br />
(58) an der U-Bahn-Station<br />
Burgstraße durch mehrere Tritte<br />
gegen den Kopf verletzt. Die Polizei<br />
suchte nach Zeugen, die Fahndung<br />
nach dem Täter verlief bis Redaktionsschluss<br />
jedoch ergebnislos. SIM<br />
•<br />
Wohnungslose<br />
1200 neue Unterkunftsplätze<br />
Von 1500 geplanten Unterkunftsplätzen<br />
für Wohnungslose hat Hamburg<br />
im vergangenen Jahr nur 1200<br />
geschaffen. Im Dezember lebten 4505<br />
Wohnungslose in den öffentlichen<br />
Unterkünften. Weitere <strong>300</strong> Plätze<br />
sollen nun im ersten Halbjahr <strong>2018</strong><br />
eröffnet werden. Insgesamt sollen<br />
in diesem Jahr 20 Unterkünfte für<br />
Flüchtlinge und Wohnungslose errichtet<br />
oder erweitert werden. BELA<br />
•<br />
Mehr Infos und Nachrichten unter:<br />
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ökologische Energietechnik<br />
Für mehr soziale Wärme<br />
und eine klimaschonende<br />
Strom- und Wärmeversorgung.<br />
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Unser Rat zählt.<br />
Beim Strohhause 20<br />
mieterverein-hamburg.de<br />
im Deutschen Mieterbund<br />
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Jetzt<br />
Mitglied<br />
werden<br />
20097 Hamburg
Das alte und das neue<br />
Billwerder treffen am Mittleren<br />
Landweg aufeinander:<br />
links die Kleingartenkolonie,<br />
rechts die Flüchtlingsunterkunft<br />
mit 750 Wohnungen.
Neues Deutschland<br />
in Billwerder<br />
Am Mittleren Landweg steht Deutschlands größte Flüchtlingsunterkunft<br />
mit 2500 Bewohnern. Damit es trotz der recht isolierten Lage klappt mit der<br />
Integra tion, zeigen viele Beteiligte vor Ort großes Engagement.<br />
TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />
FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK
Endlich eine eigene Wohnung!<br />
Für Narin Rasoul und ihre<br />
Tochter Shaveen sind die<br />
zwei Zimmer im dritten<br />
Stock des Neubaus am Mittleren Landweg<br />
eine kleine Oase. Zweieinhalb Jahre<br />
nach ihrer Flucht aus Syrien, die mit<br />
einem langen Fußmarsch bis in die<br />
Türkei begann, können sie im beigen<br />
Klinkerbau in Billwerder endlich zur<br />
Ruhe kommen. „Alles gut hier“, sagt<br />
die 49-jährige Narin, die schon ganz ordentlich<br />
Deutsch spricht, sichtlich zufrieden<br />
und reicht selbstgebackenen Baklava<br />
zum Kaffee. Auf die Frage, was<br />
sie sich wünscht, sagt sie: „Ich möchte<br />
Kontakt machen mit Deutschen, weil<br />
ich gut Deutsch lernen will.“ Ihr Problem:<br />
In der direkten Nachbarschaft<br />
gibt es keine Deutschen.<br />
Die Menschen, mit denen sich die<br />
Rasouls den Hausflur teilen, kommen<br />
aus Afghanistan, dem Irak und Syrien.<br />
In den neu gebauten Nachbarhäusern<br />
leben 2425 Bewohner, allesamt Geflüchtete<br />
mit Bleibeperspektive. Die<br />
Einrichtung am Gleisdreieck ist mit ihren<br />
750 Wohnungen die größte Flüchtlingsunterkunft,<br />
die es in Deutschland<br />
gibt. Für die Bewohner bedeutet der<br />
Umzug hierhin erst mal einen echten<br />
Fortschritt: Sie leben nun nicht mehr in<br />
Gemeinschaftsunterkünften, Wohncontainern<br />
oder gar Baumärkten, sondern<br />
Shaveen Rasoul (12, rechts) spricht bereits fließend Deutsch und<br />
hat gute Chancen, bald aufs Gymnasium zu gehen. „Später will ich mal<br />
studieren“, sagt die Zwölfjährige. Mutter Narin ist sichtlich stolz.<br />
in richtigen Wohnungen. Auf dem Papier<br />
gehören die allerdings noch zu einer<br />
öffentlichen Unterkunft. Der Betreiber<br />
fördern&wohnen (f&w) möchte<br />
die Bewohner hier „auf ein dauerhaftes<br />
Mietverhältnis vorbereiten“.<br />
Erst mal leben sie nun aber relativ<br />
isoliert. Direkt neben der Unterkunft<br />
stehen die Lauben von Kleingärtnern,<br />
dahinter am Mittleren Landweg leben<br />
nur etwa 650 alteingesessene Hamburger.<br />
Auch zufällige Begegnungen mit<br />
deutschen Nachbarn im Supermarkt<br />
finden nicht statt, denn einen Supermarkt<br />
gibt es nicht – zu wenige Anwohner,<br />
um den wirtschaftlich betreiben<br />
zu können, heißt es. Immerhin: Die<br />
S-Bahn-Station ist direkt um die Ecke.<br />
Narin Rasoul fährt zum Einkaufen mit<br />
der Bahn nach Bergedorf oder in die<br />
Innenstadt, das dauert jeweils nur ein<br />
paar Minuten.<br />
Sie muss aber längst nicht für alle<br />
Aktivitäten S-Bahn fahren, denn in der<br />
Unterkunft geben sich eine Menge<br />
Leute Mühe, für die Bewohner Angebote<br />
zu schaffen. Immer montags besucht<br />
Rasoul hier einen Deutschkurs<br />
für Frauen, den Ehrenamtliche im<br />
Haus 12 organisieren. Dort gibt es ei-<br />
20
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
nen Gemeinschaftsraum für Angebote<br />
wie dieses. Es gibt dort auch einen Kinderclub<br />
und eine Hebammensprechstunde.<br />
Und die Verbraucherzentrale<br />
bietet Informationsveranstaltungen an,<br />
zu Strom anbietern zum Beispiel.<br />
Nicht ohne Stolz zeigen Birgit Haustein<br />
und Rüdiger Gollhardt den Gemeinschaftsraum.<br />
Sie ist beim Bezirk<br />
Bergedorf verantwortlich für das Quartier,<br />
er leitet die Unterkunft beim Betreiber<br />
fördern&wohnen. Bei unserem<br />
Besuch im Herbst führen sie über das<br />
„Wir denken ganz<br />
Bergedorf mit.“<br />
BIRGIT HAUSTEIN, BEZIRKSAMT<br />
Gelände. Hier der Waschsalon, dort das<br />
Café und zwischen den Häusern immer<br />
wieder kleine Spielplätze. „Es macht<br />
Spaß, hier zu arbeiten und den Leuten<br />
beim Einchecken zuzugucken“, sagt<br />
der 41-Jährige Gollhardt, der sich früher<br />
viele Jahre im Pik As um Obdachlose<br />
gekümmert hat.<br />
Als im Dezember 2016 die ersten<br />
Bewohner in die Häuser 2a und 2b einzogen,<br />
war das hier noch eine Großbaustelle.<br />
Inzwischen hat man den Eindruck,<br />
dass viele schon in ihrem neuen<br />
Zuhause angekommen sind. Das<br />
stimmt die Macher merklich froh. „Wir<br />
hatten vor diesem Standort besonderen<br />
Respekt“, sagt Birgit Haustein, die das<br />
Fachamt Sozialraummanagement im<br />
Bezirksamt Bergedorf leitet.<br />
Wohl auch deswegen hat der Bezirk<br />
einiges in Gang gesetzt, um die Integration<br />
der neuen Bewohner in den Stadtteil<br />
voranzubringen. Das „sozialintegrative<br />
Konzept“ für das neue<br />
Wohngebiet umfasst 73 Seiten. Darin<br />
wird „eine gesunde Mischung aus sozialen<br />
Angeboten vor Ort sowie in den angrenzenden<br />
Quartieren“ empfohlen.<br />
Freizeit-, Bildungs- und Begegnungsangebote<br />
sollen dazu beitragen, dass bei<br />
den Bewohnern eine lokale Identität<br />
und ein Gefühl des Ankommens entsteht.<br />
Kulturangebote am Gleisdreieck<br />
sollen auch auswärtige Besucher anziehen<br />
und den Austausch untereinander<br />
befördern. „Wir denken ganz Bergedorf<br />
mit“, sagt Haustein.<br />
Der dringend benötigte Wohnraum<br />
für Flüchtlinge wurde im Eilverfahren<br />
errichtet. Manch ein Nachbar<br />
fühlte sich davon überfahren, einige<br />
gründeten sogar eine Bürgerinitiative<br />
und machten gegen die Unterkunft<br />
mobil. Birgit Haustein versucht, alle<br />
mit ins Boot zu holen. „Die Anwohner<br />
müssen auch das Gefühl haben, dass<br />
nicht nur die Herausforderung kommt,<br />
sondern auch etwas für sie getan wird“,<br />
sagt sie und berichtet vom geplanten<br />
Ausbau der Sportanlage und der Aufwertung<br />
des Kulturheims Kuller am<br />
Mittleren Landweg. Beides wird finanziert<br />
mit Geldern vom Senat, denn das<br />
Quartier wird seit einem Jahr im Rahmenprogramm<br />
„Integrierte Stadtentwicklung“<br />
gefördert. Insgesamt 3,5<br />
Millionen Euro sind in diesem Topf.<br />
„Auch die Menschen, die hier schon<br />
immer wohnen, profitieren davon“,<br />
sagt Haustein.<br />
Sportanlage hin, Kulturheim her:<br />
Das überzeugt nicht alle. Manche im<br />
Rüdiger Gollhardt, Birgit Haustein und<br />
Martina Stahl (oben) geben sich Mühe,<br />
die Flüchtlinge zu integrieren. Nach<br />
Ansicht der Bürgerinitiative (rechts)<br />
reicht das allerdings nicht aus.<br />
Unten: Protest am Kleingartenverein.<br />
21
Stadtteil betrachten die Integration der<br />
Flüchtlinge hier sogar bereits als gescheitert.<br />
„Für uns steht jetzt schon fest,<br />
dass das nicht klappt“, sagt Michael<br />
Rumpenhorst von der Bürgerinitiative<br />
„Integration: Ja! Ghetto: Nein!“, die<br />
den Bau der Unterkunft erst ganz verhindern<br />
wollte. Die Stadt kümmere sich<br />
zu wenig um die Integration der Bewohner.<br />
Als Teil des Dachverbandes<br />
„Hamburg für gute Integration“ haben<br />
die Anwohner erreicht, dass ans Gleisdreieck<br />
nicht wie ursprünglich geplant<br />
3400 Geflüchtete einziehen, sondern<br />
„nur“ 2500. Nun pochen sie darauf,<br />
dass wie mit dem Senat vereinbart<br />
Flüchtlinge aus- und andere Bewohner<br />
einziehen, um die Nachbarschaft zu<br />
durchmischen. Dass die Verwaltung das<br />
einhält, bezweifelt die BI allerdings. In<br />
markigen Worten: „Bis zum bitteren<br />
Ende werden wir hier kämpfen“, sagt<br />
der 65-Jährige Peter Quaddel. f&w beschwichtigt:<br />
Voraussichtlich ab Herbst<br />
<strong>2018</strong> sollen die ersten Wohnungen am<br />
Gleisdreieck für Wohnungssuchende<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Vor dem zweiten Haus auf der Zufahrtsstraße<br />
in die Unterkunft steht ein<br />
Streifenwagen der Hamburger Polizei.<br />
Doch einen aktuellen Einsatz gibt es<br />
nicht. Die Polizei hat hier in einem<br />
Büroraum eine eigene Dependance –<br />
ein Zugeständnis, das der Senat den<br />
Umweltpädagoge Volker Hallay zeigt den Kindern im Begegnungscafé,<br />
was ein Hirsch ist (oben). Bild unten (von links): Alexandra Stobrawa-Roberts<br />
und Martina Stahl wollen Alt- und Neubewohner zusammenbringen.<br />
Bürgerinitiativen gegenüber gemacht<br />
hat. Anfangs haben der Stadtteilpolizist<br />
Andreas Thumann oder einer seiner<br />
Kollegen hier jeden Tag eine Sprechstunde<br />
abgehalten. Sein Nachfolger<br />
Oliver Wiebcke kommt nur noch drei<br />
Mal in der Woche. Lageanpassung:<br />
„Der Normalfall ist, dass man hier sitzt<br />
und nichts zu tun hat“, sagt Thumann,<br />
der inzwischen in Pension ist.<br />
Die Befürchtungen und Ängste,<br />
dass mit den Flüchtlingen die Kriminalität<br />
Einzug ins Quartier halte, hätten<br />
sich nicht bestätigt. „Manche hatten die<br />
Erwartung, dass hier jede Nacht eingebrochen<br />
wird“, sagt Wiebcke. So kam es<br />
nicht. Genaue Zahlen zu Straftaten hat<br />
die Polizei zwar nicht. Aber: „Es ist hier<br />
genauso auffällig oder unauffällig, wie<br />
in anderen Stadtteilen auch“, sagt Polizist<br />
Wiebcke aus Erfahrung.<br />
In anderen Unterkünften sei das<br />
durchaus anders, erinnert er sich. Geringste<br />
Anlässe hätten dort mitunter zu<br />
Massenschlägereien unter den Bewohnern<br />
geführt, die die Polizei dann beendete.<br />
In Containerdörfern herrsche<br />
„insgesamt eine andere Anspannung“,<br />
sagt Wiebcke. Er hat auch eine Theorie,<br />
warum es am Gleisdreieck ruhiger zu-<br />
22
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
„Die Menschen<br />
möchten<br />
dazugehören.“<br />
ALEXANDRA STOBRAWA-ROBERTS<br />
geht: Hier hätten die Bewohner Privatsphäre.<br />
„Es steht und fällt vieles damit,<br />
dass sie eine Wohnung beziehen und<br />
sich zurückziehen können“, sagt er.<br />
Bleibt der fehlende Kontakt zwischen<br />
Alt- und Neubewohnern. Den zu<br />
organisieren ist der Job der Quartiersmanager<br />
Patrick Giese und Martina<br />
Stahl von der Lawaetz-Stiftung, die der<br />
Bezirk Bergedorf engagiert hat. Seit<br />
vergangenem Juli rufen sie ein Mal im<br />
Monat einen Stadtteilbeirat zusammen,<br />
um aktuelle Themen des Quartiers zu<br />
besprechen. Und um Geld zu vergeben:<br />
Ein Verfügungsfonds erhält jährlich<br />
15.000 Euro, über deren Verteilung<br />
entscheidet der Beirat. Davon sind 2017<br />
etwa ein Sommerferienprogramm und<br />
ein Herbstfest finanziert worden.<br />
15 Einrichtungen senden gewählte<br />
Vertreter, zum Beispiel der Sportverein,<br />
die Kirchengemeinde und die Kleingartenvereine.<br />
Auch Bewohner des<br />
Quartiers sind vertreten: jeweils sieben<br />
alte und neue. „Es geht darum, die Altbewohner<br />
und die Neubewohner zusammenzuführen<br />
und zu gucken, was<br />
man daraus machen kann“, sagt Martina<br />
Stahl. Offenbar ein erfolgreiches<br />
Modell, wie sie bestätigt: „Es ist eine<br />
Auch im Begegnungscafé<br />
sind<br />
die Geflüchteten<br />
weitgehend<br />
unter sich,<br />
nur wenige<br />
Nachbarn finden<br />
den Weg ins<br />
Sportheim. Aber<br />
vielleicht ändert<br />
sich das noch.<br />
23<br />
Oliver Wiebcke<br />
(rechts) soll am<br />
Gleisdreieck für<br />
Ordnung sorgen –<br />
hat aber meistens<br />
nichts zu tun.<br />
Links im Bild:<br />
sein Vorgänger<br />
Andreas Thumann.<br />
sehr, sehr gute Zusammenarbeit.“ Und<br />
das trotz der Sprachbarrieren im Beirat.<br />
Denn auch dafür gebe es Lösungen:<br />
„Teilweise wird gegenseitig übersetzt,<br />
teilweise gibt es Dolmetscher, teilweise<br />
sprechen wir in der jeweiligen Muttersprache“,<br />
berichtet Stahl.<br />
Beim Versuch, alte und neue Anwohner<br />
zusammenzuführen, ist aber<br />
noch deutlich Luft nach oben. Denn<br />
viele Altbewohner interessieren sich offenbar<br />
nicht für den Stadtteilbeirat und<br />
andere Möglichkeiten des Zusammentreffens.<br />
Dabei gibt es davon am Mittleren<br />
Landweg eine ganze Menge.<br />
Zum Beispiel das Patenschaftsprojekt<br />
des Bergedorfer Vereins für Völkerverständigung.<br />
Die Paten sollen gemeinsam<br />
ihre Freizeit gestalten, dabei<br />
Deutsch sprechen und so die Sprachkenntnisse<br />
der Geflüchteten verbessern.<br />
Und bei denen mangelt es nicht an Interesse,<br />
im Gegenteil. Allerdings: Auf<br />
35 interessierte Flüchtlinge kommt im<br />
Bezirk nur ein einziges Patenschaftsangebot.<br />
Von 2425 Bewohnern am Gleisdreieck<br />
haben deshalb bislang nur acht<br />
eine solche Patenschaft.<br />
Auch das Begegnungscafé im<br />
Sportheim des Eisenbahner Turn- und<br />
Sportvereins am Mittleren Landweg<br />
könnte eine Kontaktbörse sein. Beim<br />
Café im Januar ist der Raum gerammelt<br />
voll, 50 Menschen haben sich versammelt.<br />
Es gibt Kaffee und Gebäck,<br />
ein Umweltpädagoge bringt den Kindern<br />
die hiesige Tierwelt näher. „Unser<br />
Ziel ist, die Nachbarschaft mehr zu vermischen“,<br />
sagt Alexandra Stobrawa-<br />
Roberts vom Verein für Völkerverständigung,<br />
der das Café veranstaltet. So<br />
richtig klappt das allerdings nicht, denn<br />
die meisten deutschen Gäste sind an<br />
diesem Abend Helfer aus der weiteren<br />
Umgebung. Direkte Nachbarn sucht<br />
man vergeblich. Dabei würden Narin<br />
Rasoul und die Flüchtlinge hier diese so<br />
gerne kennenlernen: „Die Menschen<br />
möchten dazugehören“, sagt die<br />
43-jährige Stobrawa-Roberts. „Man<br />
muss ihnen nur die Chance geben.“ •<br />
Kontakt: benjamin.laufer@hinzundkunzt.de
Der Garten Eden gedeiht<br />
in Bahrenfeld: Im Luthergarten<br />
setzt Rico Horn<br />
auf Permakultur.<br />
Hier knallt’s<br />
in allen Ecken“<br />
Essbare Landschaften auf dauerhaft fruchtbaren Böden, das ist<br />
das Versprechen der Permakultur. Im Bahrenfelder Luthergarten erprobt<br />
eine Gruppe ehrenamtlicher Gärtner die Anbaumethode. Dort zeigt sich:<br />
Auf einem lebendigen Boden gedeiht eine reiche Ernte.<br />
TEXT: THERESA HORBACH<br />
FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE
Lust auf Grün!<br />
Herrlicher Spielplatz: Rico Horn, Partnerin<br />
Celine Müller-Berg und Sohn Ruben<br />
Milan toben sich im Gewächshaus aus.<br />
Wir pflanzen hier nicht“,<br />
sagt Georg Friedrich<br />
Horn, genannt Rico,<br />
zur Begrüßung im<br />
Bahrenfelder Luthergarten. Schwer zu<br />
glauben, immerhin bietet sich ein Anblick,<br />
der an Üppigkeit kaum zu überbieten<br />
ist. Die rote Bete ist fast so groß<br />
wie ein Kürbis, der Mangold so lang<br />
wie ein Arm und die Chilis sind unter<br />
dem Gewicht ihrer eigenen Früchte eingeknickt.<br />
Oder wie Horn es ausdrückt:<br />
„Hier knallt’s in allen Ecken.“<br />
Der 57-Jährige hat sich der Permakultur<br />
verschrieben. Den ersten Kurs<br />
hat er in den 1990ern auf den Kanarischen<br />
Inseln gemacht, wo er aufgewachsen<br />
ist. Im Jahr 2000 zog er nach<br />
Hamburg, von dort waren seine Eltern<br />
ausgewandert. Mittlerweile begleitet<br />
Horn ehrenamtlich zwölf Permakulturprojekte.<br />
Hauptberuflich betreut er für<br />
den Verein Rückenwind Jugendliche,<br />
die straffällig geworden sind. Den Luthergarten<br />
hat er vor drei Jahren mit<br />
aufgebaut, als die Luthergemeinde das<br />
Gelände in Bahrenfeld pachtete.<br />
25
Pflanzenkohle, in einer<br />
Feuerschale selbst hergestellt,<br />
ist Grundlage für Ricos<br />
Spezialdünger.<br />
Wenn der drahtige Mann sagt, dass hier<br />
nicht gepflanzt wird, dann stimmt das<br />
so natürlich nicht. Gemeinsam mit dem<br />
17-köpfigen harten Kern des Gemeinschaftsgartens<br />
hat Horn die Pflanzen<br />
ausgesät, aufgezogen und in die Erde<br />
gebracht.<br />
Doch die Ernte ist eher ein positiver<br />
Nebeneffekt. Der Fokus des Gartens<br />
liegt auf der Erde, in der die Pflanzen<br />
gedeihen. Denn weltweit ist es um unseren<br />
Boden nicht gut bestellt. Monokulturen,<br />
Pestizide und schwere Maschinen<br />
setzen ihm zu. Der organische<br />
Anteil, zu dem Humus und Bodenlebewesen<br />
gehören, sinkt. Unsere Böden<br />
verlieren an Lebendigkeit und werden<br />
unfruchtbar. Eine Zeitlang lässt sich das<br />
mit Kunstdünger auffangen, doch der<br />
ist nicht endlos verfügbar. Noch dazu<br />
lässt sein massiver Einsatz den Boden<br />
weiter verarmen.<br />
„Wir lutschen die Natur aus wie ein<br />
Bonbon und spucken sie weg, wenn wir<br />
kein Interesse mehr haben!“, ärgert sich<br />
26<br />
Horn. Permakultur soll dieser Entwicklung<br />
etwas entgegensetzen. In den<br />
1970er-Jahren von den Australiern Bill<br />
Mollison und David Holmgren entworfen,<br />
will sie essbare Landschaften auf<br />
”<br />
Wir lutschen<br />
die Natur aus wie<br />
ein Bonbon.“<br />
Rico Horn<br />
fruchtbaren Böden schaffen – und zwar<br />
dauerhaft. Dazu haben die Australier<br />
drei ethische und zwölf gestalterische<br />
Grundsätze entwickelt, die von der Natur<br />
inspiriert sind. Mit ihrer Hilfe lassen<br />
sich Gärten ähnlich wie natürliche<br />
Ökosysteme anlegen. Hauptziel ist es,<br />
den Boden wieder lebendig zu machen<br />
und zu halten.<br />
Im Luthergarten zeigt Horn, wie<br />
das funktioniert. „Terra Preta“ heißt
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Lust auf Grün!<br />
Auch wenn die Erde noch so wertvoll<br />
ist: Bevor man die Möhren<br />
essen kann, wäscht Rico sie ab.<br />
das Zauberwort, schwarze Erde. Sie besteht<br />
aus Pflanzenkohle, die Horn in einer<br />
speziellen Feuerschale selbst herstellt,<br />
vermischt mit organischen<br />
Abfällen wie Kompost oder Pferdemist.<br />
Horn bringt sie auf die Beete auf und<br />
bedeckt sie dort mit einer dicken Strohschicht,<br />
damit die Bodenlebewesen es<br />
warm, dunkel und feucht haben. Dann<br />
geht es ihnen am besten, und sie setzen<br />
den organischen Abfall in Nährstoffe<br />
um, die dem Boden dank der Kohle<br />
lange erhalten bleiben.<br />
Zur Erde im Luthergarten hegt<br />
Horn eine geradezu liebevolle Beziehung:<br />
„Ich weiß jede Hand Humus zu<br />
schätzen!“ Mit Blick auf die voll behangenen<br />
Paprika fügt er hinzu: „Das alles<br />
hier haben nicht wir gemacht, sondern<br />
andere Lebewesen wie Regenwürmer,<br />
Bakterien, Pilze und Algen. Wir haben<br />
nur die Weichen gestellt.“<br />
Permakultur, da ist Horn sich sicher,<br />
eignet sich nicht nur für Gärten,<br />
sondern auch für die Landwirtschaft.<br />
Die Bewegung ist insbesondere in Südamerika<br />
und dem englischsprachigen<br />
Raum groß, doch auch in Hamburg<br />
scheint sie zu wachsen. Neben Horns<br />
Projekten gibt es zum Beispiel einen<br />
”<br />
Mit Permakultur<br />
kann man die ganze<br />
Welt ernähren.“<br />
Edouard van Diem<br />
Permagarten im Altonaer Volkspark<br />
und auch das Selbstversorgerprojekt<br />
Minitopia in Wilhelmsburg hat sich der<br />
Methode verschrieben.<br />
Am Hamburger Permakultur-<br />
Campus kann man Kurse zum Thema<br />
belegen und sich zum Permakultur-<br />
Designer ausbilden lassen. Campus-<br />
Leiter Edouard van Diem, der auch<br />
den Garten im Altonaer Volkspark<br />
betreut, arbeitet zudem in verschiedenen<br />
Projekten in Afrika. Er kann aus eigener<br />
Erfahrung bestätigen, dass sich<br />
dort mit den Methoden der Permakultur<br />
erodierte Böden wieder fruchtbar<br />
machen und Erträge steigern lassen.<br />
Van Diem ist mit Horn einer Meinung:<br />
Mit Permakultur könne man im<br />
Prinzip die ganze Welt ernähren. Einzige<br />
Bedingung: „Mehr Menschen müssen<br />
Lust haben, in der Landwirtschaft<br />
zu arbeiten.“ •<br />
Kontakt: redaktion@hinzundkunzt.de<br />
Mehr Infos unter<br />
www.permakultur-campus.de und<br />
www.umweltgestaltung.org<br />
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Das Leben<br />
steckt voller<br />
Fragen.<br />
27<br />
Wie können wir Ihnen helfen?
Freiheit für Deniz!<br />
Seit einem Jahr sitzt Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der Zeitung<br />
„Die Welt“, ohne Anklageschrift in einem türkischen Hochsicherheitsgefängnis.<br />
Ihm werden Terrorpropaganda und Volksverhetzung<br />
vorgeworfen. Die Journalistin und Autorin Yasemin Ergin ist mit dem<br />
44-Jährigen befreundet. Ihre persönlichen Gedanken zu Deniz’ Haft<br />
hat sie für Hinz&<strong>Kunzt</strong> aufgeschrieben.<br />
FOTOS: THOMAS ERTMER (OBEN),<br />
ACTION PRESS/HARTMUT MÜLLER-STAUFFENBERG, DENIZ YÜCEL (S. 30)<br />
28
Stadtgespräch<br />
Deniz Yücel hat die deutsche und die<br />
türkische Staatsbürgerschaft.<br />
Als Türkei-Korrespondent war er ein gern<br />
gesehener Gast in deutschen Talkshows.<br />
An einem Abend Ende Juli 2016 saßen Deniz<br />
und ich zusammen in seiner Istanbuler Wohnung.<br />
Wir tippten eifrig Texte in unsere Computer<br />
und unterhielten uns nebenbei. Es waren<br />
hektische Zeiten. Der Putschversuch lag<br />
nur zwei Wochen zurück und die „Säuberungsaktionen“, mit<br />
denen das Erdo an-Regime auf den versuchten Staatsstreich<br />
reagierte, waren in vollem Gange. Tausende Staatsbeamte<br />
und Oppositionelle waren entlassen oder verhaftet worden.<br />
Ein paar Tage zuvor war der Ausnahmezustand in Kraft getreten,<br />
der es Erdo an noch einfacher machen sollte, Kritiker<br />
hinter Gitter zu bringen. Es sah nicht gut aus für die Türkei.<br />
Deniz war dennoch optimistisch und ich ließ mich von<br />
ihm anstecken. Wir sprachen darüber, wie sich die in den Tagen<br />
nach dem Putschversuch so gedrückte Stimmung langsam<br />
wieder zu normalisieren schien, wie schwer die Menschen<br />
in der Türkei sich einschüchtern ließen und dass<br />
vielleicht ja doch nicht alles den Bach runtergehen würde.<br />
Kurz darauf schrieb Deniz einen Text dazu für seine Zeitung.<br />
Er plädierte gegen zu viel Schwarzmalerei und argumentierte<br />
mit Hinweis auf Erdo ans Pragmatismus und die Ausdauer<br />
des säkular-urbanen Milieus, dass vielleicht ja doch alles gut<br />
oder zumindest nicht schlechter werden würde. Viele Leser<br />
kritisierten, dass so viel Optimismus in so schweren Zeiten<br />
fehl am Platz sei.<br />
Seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Dilek habe<br />
ihm damals vorgeworfen, die Dinge zu rosig zu sehen, weil er<br />
so in sie verliebt sei, sagte Deniz in einem taz-Interview, das er<br />
im vergangenen November aus dem Gefängnis gab.<br />
Über den Ernst der Lage war Deniz sich aber selbstverständlich<br />
bewusst. Neben ein, zwei vorsichtig optimistischen<br />
Kommentaren erschienen von ihm in jenen Monaten ja auch<br />
unzählige brisante, gewissenhaft recherchierte, beunruhigende<br />
Artikel über die Entwicklungen im Land. Er schrieb über<br />
die nicht enden wollende Verhaftungswelle gegen Oppositionelle<br />
und Journalisten, über den immer wieder aufflammenden<br />
Terror, über die zunehmend totalitären Tendenzen des<br />
Erdo an-Regimes. Er verlor dabei bloß nicht den Blick dafür,<br />
29
Ein Foto aus unbeschwerten<br />
Tagen:<br />
Der Korrespondent in<br />
Istanbul gemeinsam<br />
mit Autorin Yasemin<br />
Ergin im Juni 2016. Ein<br />
halbes Jahr später verhaftete<br />
ihn die Polizei.<br />
Seit gut einem<br />
Jahr sitzt<br />
Deniz in einer<br />
Einzelzelle.<br />
was er an seinem Berichtsland so sehr liebte. Wenn<br />
die Menschen, die für eine freiere Türkei kämpften, trotz aller<br />
Widerstände Mut und Hoffnung nicht verloren, dann wollte<br />
er das auch nicht tun.<br />
Der Regierung war er zu jener Zeit schon längst ein<br />
Dorn im Auge. Versuche, ihn einzuschüchtern, hatte es schon<br />
mehrfach gegeben, aber daran die Türkei zu verlassen, dachte<br />
Deniz nicht. Er glaubte, als deutscher Korrespondent trotz<br />
allem weniger zu riskieren als seine türkischen Kollegen.<br />
Wie schwer der Schock ihn und seine Familie getroffen<br />
haben muss, als er am 27. <strong>Februar</strong> 2017 nach zwei Wochen<br />
in Polizeigewahrsam inhaftiert wurde, das kann ich nur erahnen.<br />
Ich selbst weiß noch genau, wo ich war und was ich tat,<br />
als ich von seiner Verhaftung<br />
erfuhr. Diese Bestürzung<br />
hält unvermindert<br />
an, hinzu kommt<br />
täglich neue Fassungslosigkeit.<br />
Darüber, dass er<br />
noch immer ohne Anklageschrift<br />
in Haft ist, dass<br />
die Klagen beim türkischen<br />
Verfassungsgericht<br />
und beim Europäischen<br />
Gerichtshof für Menschenrechte bisher keine Wirkung hatten<br />
und vor allem darüber, dass die deutsche Regierung nur<br />
so wenig für ihn ausrichten kann oder will.<br />
Seit gut einem Jahr sitzt Deniz nun im Hochsicherheitsgefängnis<br />
Silivri in einer Einzelzelle, bis vor Kurzem noch<br />
komplett isoliert von seinen Mithäftlingen. Sich vorzustellen,<br />
wie es Deniz, einem der gesprächigsten, geselligsten Menschen,<br />
die ich kenne, in dieser Situation geht, das tut weh.<br />
Dass er dennoch seinen Humor und seinen Mut bewahrt<br />
zu haben scheint, gibt Hoffnung. Seine Frau Dilek erzählt,<br />
dass er bei ihren wöchentlichen Besuchen oft lache, dass er<br />
guter Dinge sei, weil er wisse, dass er in seinem Job, den er<br />
über alles liebe, alles richtig gemacht habe. Auch in seinen<br />
Briefen und Artikeln, die über seine Anwälte gelegentlich<br />
den Weg nach draußen finden,<br />
klingt Deniz fast so wie immer.<br />
Welche langfristigen Folgen<br />
die Haft auf ihn haben werde, das<br />
könne er nicht einschätzen, sagte er selbst in seinem ersten<br />
Interview aus dem Gefängnis.<br />
Klar ist, dass die Haft nicht nur sein Leben verändert<br />
hat, sondern auch das seiner Angehörigen. Seine Schwester<br />
Ilkay und seine Ehefrau Dilek stehen seit seiner Verhaftung<br />
in der Öffentlichkeit und engagieren sich unermüdlich für<br />
seine Freilassung. Sie sind wie viele seiner Freunde und Kollegen<br />
zu Aktivisten für die Pressefreiheit geworden. Unzählige<br />
Soliveranstaltungen hat der Freundeskreis #FreeDeniz<br />
(siehe Infokasten) im vergangenen Jahr organisiert, immer<br />
neue Aktionen sind in Planung. Dass dieses Engagement ihn<br />
erreicht und ihm Mut macht, ist das Wichtigste daran. Nebenbei<br />
hilft es aber auch gegen die eigene Hilflosigkeit, das<br />
kann ich aus eigener Erfahrung sagen.<br />
Damals im Sommer 2016, knapp zwei Wochen, nachdem<br />
der eingangs erwähnte optimistische Lagebericht von<br />
ihm erschien, gönnte Deniz sich übrigens eine kleine Auszeit<br />
und flog mit Dilek an die Westküste der Türkei. Statt Kommentaren<br />
zur politischen Situation in der Türkei postete er<br />
ein paar Fotos von aufblasbaren Flamingos auf der Ägäis<br />
und von Bootstouren. Deniz liebt das Meer, nach dem seine<br />
Eltern ihn benannt haben. Ich hoffe jeden Tag, dass er es<br />
bald wiedersieht. •<br />
Kontakt: redaktion@hinzundkunzt.de<br />
Wer Deniz Yücel schreiben will:<br />
Gefängnisadresse: lker Deniz Yücel, 9 Numaralı Kapalı Ceza<br />
nfaz Kurumu A11-81 Silivri/Türkei. Da Mitteilungen auf Türkisch<br />
bessere Chancen haben, bei ihm anzukommen, hat „Die Welt“<br />
einen Übersetzungs service eingerichtet. Mail an<br />
schreibdeniz@weltn24.de. Dort wird der Brief übersetzt und zu<br />
Deniz geschickt. Infos dazu unter www.huklink.de/deniz<br />
Infos über Deniz: www.facebook.com/FreundeskreisFreeDeniz<br />
Auch wer Ideen für Veranstaltungen hat, kann sich dort melden.<br />
Mitte <strong>Februar</strong> erscheint das Buch von Deniz Yücel „Wir sind<br />
ja nicht zum Spaß hier. Reportagen, Satiren und andere<br />
Gebrauchstexte“ , Doris Akrap (Hrsg.), 224 Seiten, 16 Euro<br />
30
Stadtgespräch<br />
Meldungen (2)<br />
Politik & Soziales<br />
Hauptbahnhof<br />
Bahnhofsmission zieht um<br />
Die Bahnhofsmission muss voraussichtlich im Frühjahr ihren<br />
Standort räumen und vorübergehend in Container ziehen. Perspektivisch<br />
erhält sie neue Räume in einem Neubau, der auf der<br />
Überdeckelung zwischen Wandelhalle und Ernst-Merck-Brücke<br />
entsteht. Darauf verständigten sich Bahn und Stadt. Der Umbau<br />
am Hauptbahnhof wird nötig, weil das Fahrgastaufkommen<br />
steigt. In der neuen Bahnhofsmission soll es zusätzlich<br />
Duschen für obdachlose Gäste geben, sagt Ulrich Hermannes<br />
vom Trägerverein Hoffnungsorte Hamburg. JOF<br />
•<br />
Jobcenter<br />
Zahl der Sanktionen steigt an<br />
Die Zahl der gegen Hartz-IV-Empfänger verhängten Sanktionen<br />
stieg im September 2017 dramatisch an. Das geht aus<br />
neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor. 91.590<br />
Strafen wurden ausgesprochen, ein Plus von 30 Prozent<br />
gegenüber August. Die Behörde begründet den Anstieg mit<br />
saisonalen Schwankungen. Kritik kommt vom Paritätischen<br />
Wohlfahrtsverband: „Menschen, die ohnehin am Existenzminimum<br />
leben, werden noch weiter in die Not gedrängt“,<br />
sagte Geschäftsführer Ulrich Schneider. Deswegen fordert<br />
er eine generelle Abschaffung der Strafen. UJO<br />
•<br />
Mieterverein zu Hamburg<br />
Wem gehört die Stadt?<br />
Das Recherchezentrum<br />
correctiv.org will mit einer<br />
Bürgerbefragung windigen<br />
Geschäftsleuten auf die<br />
Spur kommen. In Kooperation<br />
mit dem Abendblatt<br />
und dem Mieterverein zu<br />
Hamburg wollen die Reporter<br />
herausfinden, wem<br />
welche Immobilien gehören.<br />
„Wir Journalisten können<br />
dann weiter recherchieren<br />
und Licht in den intransparenten<br />
Immobilienmarkt<br />
bringen“, so Justus von Daniels<br />
von correctiv.org. JOF<br />
•<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.huklink.de/correctiv<br />
City-Hof<br />
Abriss steht kurz bevor<br />
Ende 2017 hat der Senat<br />
das Genehmigungsverfahren<br />
für den City-Hof an sich<br />
gezogen. Nach NDR-Informationen<br />
soll der Abriss in<br />
diesem Sommer beginnen.<br />
Kritik an den Plänen übt<br />
weiterhin die Initiative City-<br />
Hof e.V. Statt ursprünglich<br />
200 seien jetzt nur noch 140<br />
Wohnungen vorgesehen.<br />
Der Hotelbereich wiederum<br />
werde um 20 zusätzliche<br />
Zimmer erweitert. JOF<br />
•<br />
Mehr Infos und Nachrichten<br />
unter: www.hinzundkunzt.de<br />
Vier Fragen an: Hussam Al Zaher<br />
Hussam Al Zaher,<br />
29, kommt aus Syrien<br />
und ist Journalist.<br />
„Wir sind alle<br />
Menschen“<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Hussam,<br />
du bist als Chefredakteur des<br />
Flüchtling-Magazins vor einem<br />
Jahr mit der Idee angetreten,<br />
dass sich Deutsche<br />
und Geflüchtete besser kennenlernen<br />
sollen. Wie nah seid<br />
ihr diesem Ziel heute?<br />
HUSSAM AL ZAHER: Ja, zuerst<br />
wollten wir unsere Geschichten<br />
aufschreiben<br />
und dadurch ins Gespräch<br />
mit Deutschen kommen. Aber ich bin jetzt seit<br />
drei Jahren hier und fühle mich gar nicht mehr<br />
nur als Flüchtling. Ich habe die deutsche Kultur<br />
kennengelernt, viele deutsche Freunde gefunden.<br />
Die Frage „Woher kommst du?“ ist nicht<br />
mehr so wichtig wie die Frage „Wie können wir<br />
miteinander leben?“. Unabhängig von Nationalität<br />
oder Religion. Wir sind alle Menschen.<br />
Was war euer größter Erfolg im vergangenen Jahr?<br />
Das Magazin hat schon einen guten Bekanntheitsgrad<br />
erreicht. Wir haben fast 12.000 Follower<br />
bei Facebook. Im Team arbeiten zwölf<br />
Leute, vier Deutsche, vier Geflüchtete, vier<br />
Menschen mit Migrationshintergrund – alle<br />
ehrenamtlich. Was sich aber als Herausforderung<br />
gezeigt hat, ist unser Name: Viele glauben,<br />
es geht bei uns nur um Flüchtlinge. Es<br />
geht uns aber um den Kulturaustausch.<br />
Deine Heimat Damaskus duftet nach Jasmin, hast<br />
du in einem Text geschrieben. Wie duftet Hamburg?<br />
Ich mag diesen Duft, der nach dem Regen in<br />
der Luft liegt (lacht).<br />
Wie soll es im zweiten Jahr weitergehen?<br />
Wir wollen noch mehr Menschen erreichen.<br />
Anfangs haben wir einen Artikel pro Woche<br />
veröffentlicht, jetzt stellen wir jeden Tag einen<br />
Text online. Viele Menschen haben uns geschrieben,<br />
dass sie das Projekt gut finden. Aber,<br />
wie gesagt, es geht uns vor allem um ein<br />
Mitein ander der Kulturen. Das ist auch die<br />
Frage, die wir an die deutsche Gesellschaft stellen<br />
wollen: Warum bleiben wir Flüchtlinge<br />
und auch Fremde, obwohl wir schon länger<br />
hier sind? Warum können wir nicht den nächsten<br />
Schritt gehen? SIM<br />
•<br />
Mehr Infos: www.fluechtling-magazin.de<br />
Geburtstagsparty: So, 25.2., 11 Uhr, leetHub,<br />
Bernstorffstraße 118, Eintritt frei.<br />
31
Mario Lundes<br />
„Die Leute auf der Straße starren<br />
mich an. Ich bin ein guter Mensch,<br />
weißt du, ich habe ein gutes Herz.<br />
Menschen, die mich nicht kennen,<br />
denken vielleicht, ich rauche<br />
Drogen, habe ein Gewehr oder<br />
dass ich gewalttätig bin.<br />
Aber ich bin nicht mehr so. Ich habe<br />
das alles hinter mir gelassen.“
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Titelgeschichte<br />
„Ich bedaure<br />
diesen Mist“<br />
Fotograf Steven Burton verbrachte mehr als <strong>300</strong> Stunden damit, die Tattoos<br />
von ehemaligen Bandenmitgliedern aus Los Angeles am Computer zu entfernen.<br />
So will er ihnen helfen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.<br />
TEXT: JIM DOWNEY, ANNETTE WOYWODE<br />
Dennis Zamaran<br />
„Mein Vater hatte nichts mit Gangs zu tun, aber er war in Kartelle verstrickt, den mexikanischen Kartellen.<br />
Das heißt, er hat Drogen verkauft und gekokst. Wenn er da war, war er der beste Vater. Aber er war immer im Gefängnis.<br />
Er wurde wegen einem Mädchen umgebracht. Sie haben ihm in den Kopf geschossen,<br />
ihn in einen Müllbeutel getan, dann in einen Schlafsack und ihn dann irgendwo in der heißen Wüste gelassen.<br />
Es ist verrückt, weil mein Vater hasste Tattoos mit einer Leidenschaft. Wenn er mich jetzt sehen könnte und wie ich<br />
aussehe, wäre er sicher verletzt. Wenn ich im Bus sitze, möchte sich niemand neben mich setzen. Sie stehen lieber.<br />
Hier (Foto ohne Tattoos) gibt es mir das Gefühl, als ob ich ein gewöhnlicher Zuschauer wäre, ein normaler Mensch. Und hier<br />
(Foto mit Tattoos) erinnert es mich an die ganze Scheiße, die ich erlebt habe. Ich weiß nicht. Ich bedaure diesen Mist.<br />
Ich bedaure die Tätowierungen, ich bedaure alles. Ich habe mich verändert. Ich versuche jetzt, Jemand zu sein.“<br />
33
David Williams<br />
„Ich liebe es, meinen Jungen zu sehen. Meinen fünf Jahre alten Jungen. Ich liebe ihn<br />
über alles und würde alles für ihn tun. Er stolpert schon jetzt über meine Tattoos. Er fragt mich,<br />
warum ich Hörner habe. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Ich weiß nicht, was ich einem<br />
Fünfjährigen sagen soll, verstehst du? Manchmal denke ich mir, wenn ich nicht da bin,<br />
wird er nicht so wie ich. Er würde niemals so wie ich sein, weil er mich nicht so sehen würde.<br />
Und dann wiederum denke ich, ein Kind braucht seinen Vater.<br />
Ich sah meinen Vater überall mit Tattoos, und er sah groß und böse aus. Ich sah ihn<br />
mit Waffen und anderen Dingen herumrennen. Ich hatte das Gefühl, dass ich so wie<br />
er sein musste, weil er mein Vater ist, verstehst du? Er wollte nicht, dass ich so aussehe,<br />
aber er nahm immer Drogen, also konnte er mich nicht davon abhalten.“<br />
David Williams hat einen<br />
kleinen Sohn. Irgendwann<br />
fragte der Junge seinen Vater:<br />
„Papa, warum hast du<br />
Hörner?“ Dass der Kleine an seinem<br />
Vater vor allem die Hörner wahrnahm,<br />
war ein Schock für Williams. Einst gehörte<br />
er in Los Angeles, USA, einer kriminellen<br />
Bande an. Als Zeichen der<br />
Zugehörigkeit und auch später im<br />
Knast ließ er sich tätowieren. Nicht nur<br />
am Körper, an Armen und Beinen,<br />
auch am Kopf und im Gesicht. Dabei<br />
ging es nicht um ästhetische Bilder, sondern<br />
meist um Zahlencodes oder<br />
Schriftzüge, den Namen der Gang, darum,<br />
böse auszusehen. Seitdem sind<br />
Hörner auf Williams Stirn gemalt. Und<br />
obwohl Williams seine kriminelle Vergangenheit<br />
längst hinter sich gelassen<br />
hat, steht sie ihm noch auf die Haut geschrieben.<br />
Sichtbar für alle – für die<br />
Menschen auf der Straße, die gesamte<br />
Gesellschaft – und für seinen Sohn.<br />
Seine Geschichte hat David Williams<br />
dem Fotografen Steven Burton<br />
erzählt. Für die Fotoserie „Skin Deep –<br />
Looking beyond the tattoos“ hatte der<br />
das Ex-Gangmitglied fotografiert. Am<br />
Computer entfernte er die Tattoos anschließend<br />
mit digitaler Bildbearbeitung.<br />
Dann zeigte Steven Burton dem Aussteiger<br />
beide Bilder und interviewte ihn vor<br />
laufender Kamera.<br />
34<br />
Auf die Haut<br />
graviert:<br />
die kriminelle<br />
Vergangenheit<br />
So wie mit Williams arbeitete Steven<br />
Burton mit insgesamt 27 früheren<br />
Gangmitgliedern zusammen. Kennengelernt<br />
hatte er sie über „Homeboy<br />
Industries“. Die Organisation bietet<br />
ehemaligen Bandenmitgliedern und<br />
Ex-Häftlingen im Großraum von Los<br />
Angeles Konfliktmanagement, Berufs-
Marcos Luna<br />
„Ich weiß nicht, wie die Menschen<br />
über diese zwei Individuen<br />
urteilen würden.<br />
Beides sind menschliche Wesen.<br />
Ein Mensch. Ich bin so<br />
wie du, ey!“
Samuel Gonzalez<br />
„Ich glaube, meine Oma würde<br />
ausflippen. (Anm. der Red.: … wenn<br />
sie das Bild ohne Tätowierungen<br />
sehen würde.) Als sie mich das erste<br />
Mal mit Tätowierungen sah,<br />
musste sie weinen. Sie kennt<br />
sich nicht wirklich aus mit Gangs<br />
und solchen Sachen.“
Erin<br />
„Lass mich eines klarstellen: Ich versuche schon, mich zu ändern. Aber ich werde auch<br />
später mit den Jungs von der Gang losziehen und es ein wenig krachen lassen.<br />
Bier trinken, dummes Zeug reden, eines Tages verschwinden. Wer weiß das schon?<br />
Kann sein, ich bin am Quatschen, die Bullen kreuzen auf, ich gehe für die Gang in den<br />
Knast. Oder einer schießt aus einem Auto und ich werde getroffen. Alles kann passieren.<br />
Es fällt mir so schwer, mich von diesem Leben zu lösen. Das ist hart, echt hart, weißt du!“<br />
Die meisten hatten<br />
sich seit Jahrzehnten<br />
nicht ohne<br />
Tattoos gesehen.<br />
ausbildungen oder sogar Tattoo-Entfernungen<br />
an, um ihnen eine Wiedereingliederung<br />
in die Gesellschaft zu<br />
ermöglichen. Burtons Plan: den Menschen<br />
hinter seinen Tattoos zu zeigen<br />
und so Vorurteile denen gegenüber<br />
abzubauen, die wegen ihres Aussehens<br />
„von der Gesellschaft zu schnell dämonisiert“<br />
werden, so Burton.<br />
Rund <strong>300</strong> Stunden lang bearbeitete<br />
der Fotograf die Porträts. Und immer,<br />
wenn er den Aussteigern das Ergebnis<br />
zeigte, erlebte er hoch emotionale<br />
Momente. Denn die meisten seiner<br />
Modelle hatten sich seit Jahrzehnten<br />
nicht mehr ohne Tattoos gesehen. Beim<br />
Betrachten der Bilder fingen sie an zu<br />
erzählen, manchmal gaben sie schockierende<br />
Details über Missbrauch, Gewalt<br />
und Abhängigkeit von Drogen preis.<br />
Und sie sprachen über die Ablehnung,<br />
die sie von der Gesellschaft erfahren.<br />
„Ich bedaure diesen Mist. Ich bedaure<br />
die Tätowierungen, ich bedaure alles.<br />
Ich habe mich verändert“, erzählt zum<br />
Beispiel Dennis Zamaran (unser Titelbild).<br />
Aber: „Wenn ich im Bus sitze,<br />
möchte sich niemand neben mich setzen.<br />
Sie stehen lieber. Wenn mir eine alte<br />
Dame begegnet, hält sie krampfhaft<br />
ihr Portemonnaie fest.“ So ist den Ex-<br />
Bandenmitgliedern ihre Vergangenheit<br />
ins Gesicht graviert. Die Fotoserie Skin<br />
Deep radiert sie aus. •<br />
Kontakt: annette.woywode@hinzundkunzt.de<br />
Mehr Infos über Steven Burton<br />
und „Skin Deep – Looking beyond<br />
the tattoos“ unter<br />
www.stevenburtonphotography.com<br />
Im Oktober vergangenen Jahres ist zur<br />
Fotoserie der gleichnamige Hardcover-<br />
Bildband auf Englisch erschienen –<br />
zu bestellen über die Homepage des<br />
Fotografen.<br />
Mit freundlicher Genehmigung von<br />
INSP.ngo / The Curbside Chronicle<br />
37<br />
stilbruch.de
Kapitän Jens Weber<br />
hat bei strahlendem<br />
Sonnenschein gut lachen.<br />
Etwas trauriger wird der<br />
Abschied von „seinem“<br />
Schiff ausfallen, sagt er.
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Lebenslinien<br />
„So ein Schiff<br />
hat eine Seele“<br />
Der Kapitän der Cap San Diego geht von Bord. Jens Weber blickt auf 13 abwechslungsreiche<br />
Jahre an Bord des Museumsschiffs zurück. Mit allen Höhen und Tiefen.<br />
TEXT: SIMONE DECKNER<br />
FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK<br />
Neulich hat doch tatsächlich jemand die alte Kapitänsuniform<br />
aus der Ausstellung geklaut. Tragen<br />
wird der Dieb sie aber kaum können, vermutet<br />
Jens Weber. „Die gehörte mal einem sehr<br />
dicken Kapitän“, sagte er und lächelt. Der 60-Jährige hat sich<br />
trotzdem über den Dieb geärgert. Es war<br />
fast so, als hätte jemand bei ihm privat<br />
eingebrochen. „Für Seeleute ist so ein<br />
Schiff nicht in erster Linie ein Arbeitsplatz,<br />
es ist wie ein Zuhause“, sagt Weber.<br />
13 Jahre lang war die Cap San Diego<br />
das Zuhause des Mannes, der mit seinem<br />
grauen Vollbart und den blitzenden<br />
Augen aussieht wie ein Kapitän aus dem<br />
Bilderbuch. Weber heuerte 2005 als Geschäftsführer<br />
auf der Cap San Diego an.<br />
Zu der Zeit präsentierte sich der einstige „Schwan des Südatlantik“<br />
recht glanzlos: „Als ich kam, war sie ziemlich abgerockt“,<br />
erinnert sich Weber. 1961 als Stückgutfrachter gebaut,<br />
transportierte das Schiff lose Waren wie Kaffee, aber auch<br />
schon mal lebende Kühe auf der Route Hamburg–Südamerika.<br />
1986 sollte es verschrottet werden, doch die Stadt<br />
griff ein. Seither liegt die Cap die meiste Zeit im Hafen als<br />
„Als ich kam,<br />
war sie ziemlich<br />
abgerockt.“<br />
JENS WEBER<br />
39<br />
Museumsschiff. Webers erste Ausfahrt war dann auch recht<br />
kurz. Zwei Schlepper zogen den Frachter zu Blohm+Voss.<br />
Mehr als 600 Reparaturen waren nötig, um das Schiff mit<br />
dem rot-weißen Bug wieder flottzumachen – und 2,25 Millionen<br />
Euro. Seit 1989 ist die Cap San Diego im Besitz der<br />
Stiftung Hamburger Admiralität, aber<br />
um die teuren Wartungsarbeiten zu bezahlen,<br />
sind Spenden und viele Besucher<br />
nötig, die für Umsatz sorgen.<br />
Der gelernte Diplom-Wirtschaftsingenieur<br />
für Seeverkehr tüftelte anfangs<br />
mit seiner Frau an einem 10-Punkte-Programm,<br />
um die Cap San Diego auf lange<br />
Sicht in ruhiges Fahrwasser zu bringen.<br />
Sie wollten den Hotelbetrieb und die<br />
Gastronomie ausbauen, Events veranstalten,<br />
aber vor allem: regelmäßig auslaufen! „Das ist wirklich<br />
immer der spannendste Moment, wenn dieses Schiff in<br />
Fahrt geht“, sagt Weber und seine Augen blitzen noch etwas<br />
mehr. Heute verlässt die Cap San Diego rund zehn Mal im<br />
Jahr ihren Liegeplatz an der Überseebrücke.<br />
In den 1970er-Jahren fuhr Weber mehr um die Welt: erst<br />
als Ladungsoffizier, dann als Kapitän. „Gerade in den ersten
Was Jens Weber macht, wenn er nicht mehr Kapitän der Cap San Diego ist? Jedenfalls noch nicht in den Ruhestand gehen.<br />
„Ich habe mir 100 Tage Nichtstun verordnet, dann überlege ich, was als Nächstes kommen könnte“, sagt der 60-Jährige.
Lebenslinien<br />
HINZ&KUNZT<br />
KICKERTURNIER <strong>2018</strong><br />
zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
„Früher war ich eine Art<br />
Hafen-Sheriff, das war nicht<br />
so meine Welt.“ JENS WEBER<br />
Jahren lernt man, selbstständig zu denken, Entscheidungen<br />
zu fällen und dazu zu stehen“, sagt er. 18 Jahre lang war er<br />
Abfertigungsleiter im Hafen, später sorgte er als Sicherheitsoffizier<br />
dafür, dass Anti-Terror-Maßnahmen eingehalten<br />
werden. „Ich war so eine Art Hafen-Sheriff“, sagt er. Nach<br />
den Anschlägen von 9/11 auf das World Trade Center in<br />
New York wurden international die Sicherheitsmaßnahmen<br />
verschärft, die Häfen regelrecht abgeschottet. „Überzogen“<br />
findet Weber das heute. Schon damals sei er nicht mehr mit<br />
dem Herzen dabei gewesen. „Das war nicht meine Welt.“<br />
Seine Welt: Das war die Cap San Diego. Wenn das Schiff<br />
ein Mensch wäre, dann wäre sie „eine starke Frau“, sagt<br />
Weber. „So ein Schiff ist ja nicht nur aus Stahl. So ein Schiff<br />
hat eine Seele“, sagt er. Wer etwa einmal im Indischen Ozean<br />
bei hohem Wellengang in Gefahr geraten sei und erlebt habe,<br />
wie die gesamte Crew die Ladung und das Schiff sicher in den<br />
Hafen gebracht habe, der betrete ein Schiff stets respektvoll.<br />
Unvergessen auch der Tag, als ein Mann an Deck der<br />
Cap San Diego eine Wespe verschluckte, die ihn in den Hals<br />
stach. „Er war zu allem Überfluss dagegen allergisch, alles<br />
schwoll an. Unsere Erste-Hilfe-Kräfte haben ihn intubiert,<br />
damit er Luft bekommt“, so Weber. 14 Tage später sei der<br />
Mann mit einem riesigen Blumenstrauß vorbeigekommen<br />
und habe sich für seine Lebensrettung bedankt.<br />
Wenn der Kapitän am 14. <strong>Februar</strong> von Bord geht, wird<br />
er es mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun.<br />
Vor allem seine Crew aus 21 Festangestellten und rund 50<br />
Ehrenamtlichen wird ihm fehlen. „Geh gut mit den Ehrenamtlichen<br />
um! Sie sind unser Potenzial“, will er seiner Nachfolgerin<br />
Ann-Kathrin Cornelius raten. Aber er ist ja nicht aus<br />
der Welt. „Einmal Kapitän, immer Kapitän“, sagt er. Falls<br />
ihn doch die Sehnsucht überfällt, gibt es eine naheliegende<br />
Lösung: die Kapitäns-Kabine des Bord-Hotels. Ab 115 Euro<br />
pro Nacht kann sich Weber wieder wie zu Hause fühlen. •<br />
Kontakt: simone.deckner@hinzundkunzt.de<br />
am 17.02.<strong>2018</strong> ab 11 Uhr<br />
im Ballsaal des FC St. Pauli<br />
Mit freundlicher Unterstützung von:<br />
Wie klingt<br />
„Fairness“?<br />
8. Schülerwettbewerb<br />
von Hinz&<strong>Kunzt</strong> und AUDIYOU<br />
JETZT ANMELDEN!<br />
Auch bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> soll das Runde ins Eckige.<br />
Wenn Sie beim großen Kickerturnier mitmachen wollen,<br />
dann melden Sie sich jetzt schnell an unter:<br />
www.hinzundkunzt-kickerturnier.de<br />
Voraussetzungen: Spielfreude und gute Laune – mitmachen<br />
kann jeder. Bringen Sie Ihre Freunde und Familie mit<br />
zu einem ganz besonderen Spieltag beim FC St. Pauli.<br />
„Wie gemein, das ist unfair!“<br />
Denkt ihr das auch manchmal?<br />
Denn manchmal erleben wir, dass andere<br />
Menschen – oder wir selbst – unfair<br />
behandelt werden. Was machen wir dann?<br />
Was habt ihr zu diesem Thema zu erzählen?<br />
Macht aus euren Ideen und Erfahrungen<br />
einen Song, eine Reportage, ein Hörspiel,<br />
ein Interview … Hauptsache, es ist hörbar.<br />
Technische und inhaltliche Hilfe geben wir gern.<br />
Aus allen Einsendungen wählt eine Experten-Jury<br />
ihre Favoriten und stellt diese bei<br />
einer Preisverleihung im Sommer <strong>2018</strong> vor.<br />
Alle Teilnehmer werden dazu rechtzeitig eingeladen.<br />
Und außerdem gibt es hochwertige<br />
technische Geräte, Bücher und CDs zu gewinnen.<br />
Infos zu Fahrten, Übernachtungen und Veranstaltungen<br />
unter www.capsandiego.de<br />
41<br />
Einsendeschluss:<br />
Montag, 11. Juni <strong>2018</strong><br />
Mehr Informationen, Teilnahmebedingungen<br />
und das Anmeldeformular gibt es unter<br />
hinzundkunzt@audiyou.de oder bei<br />
Stephanie Landa, AUDIYOU: 040/46 0715 38,<br />
www.audiyou.de
Freunde<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>300</strong>/FEBRUAR <strong>2018</strong><br />
Als Zehnjähriger kam erban Popin<br />
aus dem Banat nach Deutschland.<br />
Seine Eltern sprachen von Anfang<br />
an deutsch mit ihm, das habe ihm<br />
sehr geholfen, sagt er.<br />
Hilfe für einen Landsmann<br />
Eine zufällige Begegnung auf der Straße hat das Leben zweier Männer verändert, die<br />
nur eine gemeinsame Sprache verbindet. Das schwere Schicksal des Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufers<br />
Constantin hat Serban Popin so berührt, dass er nun Unterstützung für ihn organisiert.<br />
TEXT: MISHA LEUSCHEN<br />
FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Mit erban Popin ist man schnell per<br />
Du. Zum Treffen in Ottensen kommt<br />
er mit dem Fahrrad angeflitzt, dick eingepackt<br />
in eine warme Jacke. Unter der<br />
Kapuze blitzen wache blaue Augen,<br />
der Händedruck ist fest. Dabei hat er<br />
kurz vor dem Gespräch noch ein bisschen<br />
kalte Füße gekriegt – so viel Aufmerksamkeit<br />
für seine Person ist dem<br />
37-Jährigen nicht ganz geheuer.<br />
Da hilft es schon, dass es dabei vor<br />
allem um sein Engagement für einen<br />
Hinz&Künztler geht. Seit einiger Zeit<br />
sammelt er Geld für Verkäufer Constantin<br />
und hofft nun auf mehr Unterstützung<br />
für den Rumänen.<br />
Auch erban kommt aus Rumänien<br />
– doch damit enden die Gemeinsamkeiten<br />
der beiden Männer eigentlich<br />
schon. erban lebt in Deutschland, seit<br />
seine Eltern 1990 aus dem Banat hierher<br />
auswanderten. Da war er zehn Jahre<br />
alt. Zuerst hat er mit Hinz&Künztler<br />
Constantin deshalb auch nur deutsch<br />
geredet. Irgendwann sprach er den Verkäufer<br />
aber doch auf Rumänisch an, das<br />
baute eine Brücke zwischen den beiden.<br />
Constantin (siehe Momentaufnahme, H&K<br />
Nr. 295) berichtete mehr und mehr von<br />
seinem schwierigen Leben. Als Steinmetz<br />
hatte der heute 60-Jährige gut verdient.<br />
Als das nicht mehr lief, ging der<br />
fünffache Familienvater zum Arbeiten<br />
nach Italien und hoffte auf bessere<br />
Zeiten. Doch seine Frau trennte sich,<br />
seine Kinder verstießen ihn. Constantin<br />
Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk<br />
42
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
kam nach Deutschland, wurde bei Jobs<br />
auf dem Bau mehrfach um seinen Lohn<br />
betrogen und landete vor vier Jahren in<br />
Hamburg auf der Straße.<br />
Für Constantin ist Deutschland<br />
fremd geblieben – die Sprache, das System,<br />
in dem er sich nicht auskennt. Für<br />
erban ist Deutschland Heimat. „Für<br />
mich war es sehr wichtig, dass wir zu<br />
Hause nur deutsch gesprochen haben,<br />
so bin ich viel leichter reingekommen“,<br />
erzählt er. erban machte Abitur und<br />
studierte BWL. Rumänisch spricht er<br />
„noch ganz okay“, was vor allem an der<br />
Oma liegt, die in Rumänien lebt.<br />
Seinen ersten Job bekam er in Oldenburg.<br />
2008 beschloss er, den Master<br />
an der FH in Wedel zu machen. Zwei<br />
Jahre setzte er dafür aus und lebte deutlich<br />
bescheidener. „Man braucht nicht<br />
viel“, hat er in der Zeit begriffen. „Mir<br />
ist bewusst geworden, wie gut es uns<br />
geht – und wie schnell das kippen kann.“<br />
An Constantin schätzt erban<br />
„seine Bescheidenheit und seine<br />
Ehrlichkeit“, sagt er. Auch deshalb hat<br />
er vor Weihnachten eine Aktion zusammen<br />
mit dem Café „elbdeli“ in Constantins<br />
Nachbarschaft gestartet. 665<br />
Euro sind dabei zusammengekommen.<br />
Exakt dieselbe Summe, die zuvor ein<br />
Spendenlauf zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Freunde<br />
Hinz&Künztler Constantin (oben)<br />
hat seine Augen-OP hinter sich.<br />
erban Popin will ihn weiter unterstützen.<br />
in seiner Firma, dem Medizintechnikhersteller<br />
Smith & Nephew, eingebracht<br />
hatte. „Verrückt, oder?“<br />
erban Popin hilft Constantin, der<br />
eine Augenoperation benötigte, aber<br />
keine Krankenversicherung hat. Er<br />
möchte, dass der Verkäufer unterstützt<br />
wird, solange er sich von der OP erholen<br />
muss und nicht genug arbeiten kann.<br />
Doch die beiden Rumänen haben<br />
noch mehr vor. Eine Festanstellung würde<br />
Constantins Probleme lösen, dann<br />
wäre er krankenversichert – eine Wohnung<br />
hat er schon. Und anpacken kann<br />
er, da ist sich erban sicher. „Constantin<br />
ist ein Kämpfer.“ •<br />
JA,<br />
ICH WERDE<br />
MITGLIED<br />
IM HINZ&KUNZT-<br />
FREUNDESKREIS.<br />
Damit unterstütze ich die<br />
Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Meine Jahresspende beträgt:<br />
60 Euro (Mindestbeitrag für<br />
Schüler/Studenten/Senioren)<br />
100 Euro<br />
Euro<br />
Datum; Unterschrift<br />
Ich möchte eine Bestätigung<br />
für meine Jahresspende erhalten.<br />
(Sie wird im <strong>Februar</strong> des Folgejahres zugeschickt.)<br />
Meine Adresse:<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Nr.<br />
PLZ, Ort<br />
Telefon<br />
E-Mail<br />
Beruf<br />
Geburtsjahr<br />
Dankeschön<br />
Einzugsermächtigung:<br />
Ich erteile eine Ermächtigung zum<br />
Bankeinzug meiner Jahresspende.<br />
Wir danken allen, die im Januar<br />
an uns gespendet haben, sowie allen<br />
Mitgliedern im Freundeskreis von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> für die<br />
Unterstützung unserer Arbeit!<br />
DANKESCHÖN EBENFALLS AN:<br />
• IPHH • wk it services<br />
• Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />
• Hamburger Tafel • Axel Ruepp Rätselservice<br />
• Hamburger Kunsthalle<br />
• www.bildarchiv-hamburg.de<br />
• Initiative Elbstrand-Retten • Jo Klockgether<br />
• der Band Maruco für ihr<br />
Benefizkonzert im MarX<br />
NEUE FREUNDE:<br />
• Martina Baranowsky • Marek Brewitz<br />
• Benjamin Bunzel • Annett D'Amico<br />
43<br />
• Hella Dorando-Marsch<br />
• Panos Drossinakis<br />
• Jens Fenger • Judith Fleischmann<br />
• Andreas Frost • Michael Glatz<br />
• Oliver Görnandt-Schade<br />
• Michael Gottschling • Petra Heber<br />
• Waltraut Heinrici • Anna-Theresa Heuer<br />
• Imke Heye • Michael Horbach<br />
• Sara Jötten • Armin Kaup<br />
• Armita Kazemi • Robert Kittl<br />
• Rahel Klemperer-Konerding<br />
• Sebastian Knoll<br />
• Astrid König<br />
• Ines und Lars Sethmacher<br />
• Helmuth Sommer • Ava Stähler<br />
• Florian Teichmann • Jannes Vahl<br />
• Susanne Vahldiek • Dagmar von Ehren<br />
• Douglas von Rittberg<br />
• Beate Wiedemann • Michael Zimball<br />
Ich zahle: halbjährlich jährlich<br />
IBAN<br />
BIC<br />
Bankinstitut<br />
Wir versichern, dass Ihre Angaben nur für interne<br />
Zwecke bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> verwendet werden. Ihre<br />
Mitgliedschaft im Freundeskreis ist jederzeit kündbar.<br />
Bitte Coupon ausschneiden und senden an:<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Freundeskreis<br />
Altstädter Twiete 1-5, 20095 Hamburg<br />
Oder online im Freundeskreis anmelden unter<br />
www.hinzundkunzt.de/freundeskreis<br />
HK <strong>300</strong>
Buh&Beifall<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>300</strong>/FEBRUAR <strong>2018</strong><br />
Was unsere Leser meinen<br />
„Die Menschen sind jeden Cent wert!“<br />
Rauf mit den Steuern für Reiche<br />
H&K 299, Millionär Michael Horbach<br />
Der Meinung von Michael Horbach<br />
kann ich mich uneingeschränkt<br />
anschließen. Ich stelle mir schon lange<br />
die Frage, warum die Politik die vielen<br />
Signale der Reichen bezüglich Erhöhung<br />
der Steuern nicht aufgreift.<br />
Wenn sich die Schere zwischen Arm<br />
und Reich nicht verkleinert, wird es zu<br />
Unruhen kommen und den Zulauf<br />
zu rechten Parteien weiter verstärken.<br />
HANS CARSTENSEN<br />
Forderung unterstützen<br />
H&K 299, Jörgs Online-Petition zum Winternotprogramm,<br />
siehe auch Seite 17<br />
Ich kann die Forderung nur unterstützen,<br />
dass alle, auch Osteuropäer,<br />
einen Winternotplatz erhalten.<br />
EVA KLINGELHOEFFER-MICHALSKI<br />
Wieso muss ich als Hamburger<br />
Bürgerin eine Petition unterschreiben,<br />
damit eine Selbstverständlichkeit vom<br />
Senat umgesetzt wird?<br />
ALEXANDRA RICHTER<br />
Angemessene Unterkunft<br />
H&K Online, Platte in Wandsbek geräumt<br />
Warum bietet Hamburg nicht<br />
allen Obdach losen eine angemessene<br />
Unterkunft? Jeder dieser Menschen<br />
sollte jeden Cent wert sein! ULRICH DINGER<br />
Auf den Punkt bringen<br />
H&K allgemein<br />
Sie haben ein sehr gutes Team,<br />
das die Dinge auf den Punkt bringt.<br />
ANNE MAHNKE<br />
Leserbriefe geben die Meinung des<br />
Verfassers wieder, nicht die der Redaktion.<br />
Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />
Wir trauern um<br />
Bernhard Schmidt<br />
20. März 1957 – 4. Oktober 2017<br />
Bernhard war Verkäufer der ersten Stunde. Jetzt<br />
erfuhren wir, dass er im Krankenhaus gestorben ist.<br />
Die Verkäufer und das Team von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Wir trauern um<br />
Dariusz Wieckowski<br />
6. Oktober 1967 – Sommer 2017<br />
Dariusz hatte seinen Stammplatz vor Aldi in Groß<br />
Flottbek. Er ist in seiner Heimat Polen verstorben.<br />
Die Verkäufer und das Team von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Wir trauern um<br />
Petra Trimborn<br />
25. November 1966 – 2. Dezember 2017<br />
Petra hat uns als freiwillige Helferin unterstützt.<br />
Sie verstarb nach schwerer Krankheit im Hospiz.<br />
Die Verkäufer und das Team von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
DER ETWAS<br />
ANDERE STADTRUNDGANG<br />
MIT CHRIS UND HARALD<br />
Hamburg hat viele Seiten – wir zeigen eine, die in keinem<br />
Reiseführer steht. Unsere Stadtführer zeigen Anlaufstellen<br />
für Obdachlose in der Hamburger Innenstadt. Die beiden<br />
Hinz&Künztler kennen das Leben auf der Straße aus eigener<br />
Erfahrung und geben bei der zweistündigen Tour authentische<br />
Einblicke in den Alltag von Wohnungslosen.<br />
Anmeldung: bequem online unter<br />
www.hinzundkunzt.de oder<br />
Telefon: 040/32 10 83 11<br />
Kostenbeitrag: 10/5 Euro<br />
Nächste Termine:<br />
11.2. und 25.2., 15 Uhr<br />
mit Abschiedshaus
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Rückblick: Peter Dammann fotografi erte in den 1990er-Jahren Straßenkinder in St. Petersburg (S. 48).<br />
Einblick: Die Kunststudenten der HFBK zeigen bei ihrer Jahresausstellung ihr Können (S. 52).<br />
Ausblick: Hinz&Künztler Gheorghe vermisst seine Heimat Rumänien – und sucht nach einem Job (S. 58).<br />
Als Löwe zum Fasching gehen? Als Tiger?<br />
Es soll auch in Hamburg Menschen geben,<br />
die sich gerne erst verkleiden, um dann zu feiern.<br />
Die dazu passenden Kostüme, Masken oder Bärte<br />
finden sie im „Da Vinci’s Mercato creativo“ (S.46).<br />
FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK
Rheinische Frohnatur:<br />
Nicht nur Jecke finden<br />
bei Götz Vincentz alles,<br />
was das Herz begehrt.<br />
Wie auf Omas<br />
Dachboden<br />
Wer sich neu erfinden möchte,<br />
ist im Da Vinci’s Mercato creativo genau richtig.<br />
TEXT: ULRICH JONAS; FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK<br />
Annett Eckmann hat einen<br />
Spezialauftrag: „Ich brauche<br />
was für die Zwanzigerjahre“,<br />
sagt die Mutter einer<br />
19-Jährigen und lässt die Hand durch<br />
die Kleiderständer wandern. Ihre Tochter<br />
ist auf eine Verkleidungsparty eingeladen,<br />
nun fehlen noch die passenden<br />
Utensilien. Für Heike Passarge, Inhaberin<br />
des „Da Vinci’s Mercato creativo“,<br />
und ihren Mann Götz Vincentz eine<br />
leichte Übung. „Schwarzes Kleid,<br />
Stirnband, Perlenkette, Zigarettenspitze“,<br />
zählt die 59-Jährige auf und<br />
zaubert die passenden Stücke aus dem<br />
Fundus hervor, der den kleinen Laden an<br />
46<br />
der Gärtnerstraße bis unter die Decke<br />
füllt. „Fehlt noch was?“<br />
Ob Sträflingskostüm oder Perücke,<br />
Teufelsmaske oder Zylinder, Juckpulver<br />
oder Schminke: Im Mercato creativo<br />
gibt es nahezu alles, was Freunde von<br />
Karneval, Halloween und Co. glücklich<br />
macht. „Wir verkaufen Sachen, die sonst
keiner in Deutschland hat“, sagt Götz<br />
Vincentz stolz. Das kam so: Früher haben<br />
seine Frau und er Spiele erfunden<br />
und waren regelmäßig bei Fachmessen<br />
zu Gast. „Dort haben wir Importeure<br />
aus Belgien und Holland kennengelernt,<br />
bei denen wir bis heute einkaufen.<br />
Deshalb brauchen wir den Großhandel<br />
nicht.“<br />
Götz Vincentz ist 86. Doch wenn<br />
der gebürtige Rheinländer aus seinem<br />
Leben erzählt, wirkt er mindestens 20<br />
Jahre jünger. Kabarett hat er gemacht<br />
und Filme, Tische gebaut und Stühle.<br />
„Reicht das?“, fragt seine Frau und<br />
lacht. Lange Zeit haben die beiden um<br />
die Ecke ein Café betrieben. „Einmal im<br />
Jahr haben wir dort Motto-Partys veranstaltet<br />
– da gab es den Begriff noch gar<br />
nicht!“, sagt Vincentz. Irgendwann fragten<br />
immer mehr Gäste, woher sie die<br />
passende Verkleidung bekommen könnten:<br />
Die Idee des Mercato creativo war<br />
geboren.<br />
Reich werden die beiden auch nach<br />
13 Jahren nicht. „Das ist Nebenerwerb“,<br />
sagt Vincentz, der meist hinter dem Tresen<br />
steht. Seine Frau arbeitet noch als<br />
Alleinbuchhalterin mehrerer GmbHs.<br />
Der Laden sei Leidenschaft, sagt die gelernte<br />
Steuerfachgehilfin: „Wir freuen<br />
uns, wenn die Kunden Spaß haben.<br />
Dann haben wir auch Spaß.“<br />
Bei Annett Eckmann geht das Konzept<br />
sichtlich auf: „Das ist hier wie auf<br />
Omas Dachboden, wenn die Koffer aufgehen“,<br />
schwärmt die Kundin. Die Verkleidung<br />
für die Tochter scheint perfekt,<br />
eine Frage hat sie noch: „Was für einen<br />
Bart trug man in den Zwanzigern?“ –<br />
47<br />
Im Mercato creativo gibt es viel<br />
Schräges und Schönes, was<br />
in Deutschland sonst niemand<br />
anbietet. Mut zur Farbe ist hilfreich.<br />
„Das kommt darauf an“, sagt Heike<br />
Passarge. „Als Frau vielleicht eher einen<br />
dünnen Casanova-Bart?“ Annett Eckmann<br />
gefällt der Vorschlag, zumal sie<br />
weiß: „Einen Bart zu Hause zu haben<br />
schadet nie.“ •<br />
Kontakt: ulrich.jonas@hinzundkunzt.de<br />
Da Vinci’s Mercato creativo,<br />
Gärtnerstraße 28, Di–Fr, 12–18.30 Uhr,<br />
Sa, 11–16 Uhr,<br />
www.davinci-spiele.de
Russlands<br />
junge Seelen<br />
Peter Dammann fotografi erte<br />
in den 1990er-Jahren in St. Petersburg,<br />
damals auch für Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Nun zeigt eine Ausstellung im Jenisch Haus<br />
die besten Bilder des 2015 verstorbenen<br />
Hamburgers aus dieser Zeit.<br />
TEXT: FRANK KEIL
Nach dem Zusammenbruch der<br />
Sowjetunion irrten Zehntausende von<br />
Kindern und Jugendlichen durchs<br />
Land. Schuri hat Unterschlupf im<br />
Kinderasyl „Blaue Krähe“ gefunden.<br />
1994 löste die Polizei die Schutz stelle<br />
auf – die Stadt machte sich hübsch<br />
für internationale Sportspiele.
Wie es Sergej wohl geht?<br />
Haben sich seine Träume<br />
erfüllt? Ist er noch<br />
Soldat oder hat er ins<br />
zivile Leben gefunden? Sergej Kamynin<br />
ist gerade mal elf Jahre alt, als ihn<br />
Peter Dammann 1996 trifft. Sergejs<br />
Mutter ist alleinerziehend, sie bringt ihr<br />
Kind in die Kadettenschule auf der<br />
Festungsinsel Kronstadt, die in der<br />
Bucht von St. Petersburg liegt. Während<br />
die Familien der Offiziere ihre Söhne<br />
Auf dem Petershof am Stadtrand<br />
verwahrte man bis zu 1000 Menschen<br />
mit Behinderungen. Swetja und Lena auf<br />
einem Spaziergang durchs Gelände.<br />
auf die benachbarte Militärhochschule<br />
schicken, ist die Kadettenschule für verwaiste<br />
Jungen und solche aus prekären<br />
Familien gedacht. Damit sie eine Zukunft<br />
haben und nicht auf der Straße<br />
landen. Aber auch, damit es der russischen<br />
Kriegsmarine nicht an einfachen<br />
Diensträngen mangelt. Der Preis ist<br />
hoch: Sechs Jahre dauert die Schule,<br />
dann geht es fünf Jahre als Kadett zur<br />
Ausbildung auf See. Erst nach weiteren<br />
elf Jahren als Marinesoldat darf man<br />
die Armee verlassen.<br />
Viele Briefe muss Dammann damals<br />
schreiben, bis man ihn die Kinder,<br />
die Soldaten werden sollen, fotografieren<br />
lässt. Bis er sie porträtiert, wie sie<br />
kindlich stolz in ihren Paradeuniformen<br />
stecken und noch nichts von dem<br />
Drill wissen, der auf sie wartet. Und<br />
nun lächelt der Sergej von damals von<br />
dem Plakat herunter, das für die Ausstellung<br />
der Bilder des 2015 überraschend<br />
verstorbenen Fotografen wirbt:<br />
im Jenisch Haus im Jenischpark, anlässlich<br />
des 60. Jubiläums der Städtepartnerschaft<br />
zwischen St. Petersburg und<br />
Hamburg.<br />
Dammann ist seinerzeit nicht nur in<br />
Kronstadt vor Ort. Er fotografiert die<br />
Straßenkinder rund um die St. Petersburger<br />
Bahnhöfe, wie sie betteln, klauen<br />
und sich nachts in Kellern und auf<br />
Dachböden verkriechen; wie sie Benzin<br />
und Klebstoff schnüffeln. Er ist dabei,<br />
wenn sie von der Miliz aufgegriffen werden,<br />
die ein Kindergefängnis unterhält,<br />
so hilflos sind die Behörden. Seine Fotos<br />
erscheinen damals auch in Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Und er entdeckt schließlich eine<br />
zweite Gruppe, die gleichfalls verloren<br />
scheint: behinderte Menschen, Kinder<br />
wie Erwachsene, die in streng abgeschotteten<br />
Heimen im Umland von St.<br />
Petersburg nur notdürftig verwahrt<br />
werden und keinerlei Förderung erhalten.<br />
Er zeigt auch, wie sich ihr Leben<br />
ändert, als westliche Hilfsorganisationen<br />
auf sie aufmerksam werden, als sie<br />
Hilfe schicken und bei den ört lichen<br />
Behörden ganz langsam ein Umdenken<br />
im Umgang mit behinderten Menschen<br />
einsetzt.<br />
In den 2000er-Jahren kehrt Dammann<br />
nach St. Petersburg zurück. Nun<br />
fotografiert er Kinder, die es unter<br />
Tausenden von Bewerbern an das<br />
50
51<br />
Maria (links) spielt für<br />
eine bessere Zukunft:<br />
Sie gilt als beste<br />
Geigenschülerin auf<br />
dem St. Petersburger<br />
Konservatorium.<br />
Ob Sergej (S. 50<br />
oben) die harte<br />
Ausbildung durchhält?<br />
Seine Mutter<br />
schickte den<br />
Elfjährigen auf die<br />
Kadettenschule.<br />
Aufgegriffenen<br />
Straßenkindern<br />
wurden die Haare<br />
geschoren, damit<br />
sie jederzeit zu<br />
erkennen waren.<br />
Rimski-Korsakow-<br />
Konservatorium und<br />
an die Waganowa-Ballettakademie<br />
geschafft<br />
haben und die voller<br />
eiserner Disziplin auf<br />
eine Karriere als Musiker<br />
oder Tänzerin hin<br />
arbeiten.<br />
Dass er den Menschen<br />
dabei auf unnachahmliche<br />
Weise<br />
nahekommt, frei von Pathos und Voyeurismus,<br />
dürfte an seinem Lebensweg gelegen<br />
haben: Dammann, Jahrgang<br />
1950, wächst in Hamburg auf, er studiert<br />
zunächst Sozialpädagogik, arbeitet<br />
dann als Pädagoge, bis es ihn immer<br />
stärker zur Fotografie und schließlich<br />
zur Kunsthochschule am Lerchenfeld<br />
zieht. „Er hat parallel als Streetworker<br />
gearbeitet, um so sein Studium zu finanzieren“,<br />
erzählt Margot Klingsporn von<br />
der Agentur Focus, die die Werke des<br />
Fotografen vertreibt und die Ausstellung<br />
mit organisiert hat.<br />
„Die Qualität und die Thematik<br />
seiner Bilder beeindrucken noch immer“,<br />
sagt Klingsporn. Und hat deswegen<br />
weitere Pläne: Sie hat bei der Stadt<br />
Hamburg nach Geldern angefragt, damit<br />
die Ausstellung demnächst auch in<br />
St. Petersburg gezeigt werden kann.<br />
Und wenn es klappt, wird sie vor Ort<br />
auch schauen, was aus den Hilfseinrichtungen<br />
geworden ist, die Dammann damals<br />
mit seinen Fotos unterstützte. •<br />
Kontakt: frank.keil@hinzundkunzt.de<br />
Überleben in Schwarz-Weiß:<br />
„Hinter dem Palast steht noch ein<br />
Haus – Fotografien aus St. Petersburg“,<br />
Jenisch Haus, Baron-Voght-Str. 50;<br />
noch bis 22. April, Öffnungszeiten:<br />
Mo–So, 10–18 Uhr, Di geschlossen.<br />
Die Fotobücher von Peter Dammann<br />
sind derzeit nur antiquarisch erhältlich.<br />
<br />
GALANTIS<br />
<br />
THE HIGH KINGS<br />
<br />
MAX RAABE &<br />
PALAST ORCHESTER<br />
<br />
TYGA<br />
<br />
ALICE MERTON<br />
<br />
SON LUX<br />
<br />
PARTYNEXTDOOR<br />
<br />
MARCUS & MARTINUS<br />
<br />
LORD OF THE DANCE<br />
<br />
AT THE DRIVE IN<br />
<br />
CHRIS ROBINSON<br />
BROTHERHOOD<br />
<br />
JASON DERULO<br />
<br />
THE SCRIPT<br />
<br />
JESSIE WARE<br />
<br />
CALEXICO<br />
<br />
FIRST AID KIT<br />
<br />
THE BLUES BROTHERS<br />
<br />
FEVER RAY<br />
<br />
D'ANGELO<br />
<br />
VANCE JOY<br />
<br />
CARLA BRUNI<br />
<br />
GIANNA NANNINI<br />
<br />
FELIX JAEHN<br />
<br />
THE BASEBALLS<br />
<br />
ANASTACIA<br />
<br />
LUDOVICO EINAUDI<br />
<br />
HOLLYWOOD VAMPIRES<br />
<br />
<br />
NENA<br />
<br />
MELODY GARDOT<br />
<br />
REA GARVEY<br />
TICKETS: KJ.DE
Kult<br />
Tipps für den<br />
<strong>Februar</strong>: subjektiv<br />
und einladend<br />
Kult<br />
Tipps für<br />
Dezember: subjektiv<br />
und einladend<br />
Ausstellung<br />
HFBK zeigt Künstler aller Klassen<br />
52<br />
Kunst macht Arbeit – und Flecken: Die Werkschau<br />
der HFBK-Studierenden hat es in sich.<br />
Um Kunst einen weiten Bogen machen?<br />
Im vergangenen Jahr war das bei<br />
der Jahresausstellung der Hochschule<br />
für bildende Künste keine schlechte<br />
Idee. Caspar Wülfing und Patrick Will<br />
stellten da ihre Farbe spuckenden Spülmaschinen<br />
aus – und die waren in Betrieb,<br />
gesteuert über eine Zeitschaltuhr.<br />
Auch diesmal dürfen Besucher sich auf<br />
experimentelle Installationen und mehr<br />
gefasst machen. Die Jahresausstellung<br />
zeigt Werke aus allen Sparten und Semestern.<br />
Dazu sind auch Arbeiten aus<br />
dem Programm zu sehen, das geflüchtete<br />
Kunstschaffende auf die Aufnahmeprüfung<br />
vorbereitet. Einige haben es<br />
schon geschafft und stellen nun zusammen<br />
mit ihren Kommilitonen aus. •<br />
HFBK, Lerchenfeld 2 + Finkenau 42,<br />
9.–11.2., 14–20 Uhr (Eröffnung Do, 8.2.,<br />
19 Uhr), Eintritt frei, www.hfbk-hamburg.de
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
FOTOS: TIM ALBRECHT, ALEXANDRA POLINA, ROBERT VELLEKOOP<br />
Ausstellung<br />
Ausgezeichnete junge Fotografie<br />
Ausstellung<br />
Starke Atmosphäre mit einfachen Mitteln<br />
Schlichte Formen, wenig Farbe und<br />
etwas Licht: Der Maler Robert Vellekoop<br />
schafft es, mit minimalistischen<br />
Mitteln großen Eindruck zu machen.<br />
Auf den ersten Blick wirken seine<br />
Bilder reduziert wie Piktogramme,<br />
nach längerem Hinsehen tun sich<br />
Landschaften auf – mit vereinzelten<br />
Leuchttafeln oder Straßenlaternen,<br />
die sich tapfer glimmend in düsterer<br />
Umgebung behaupten. Der Künstler<br />
schafft das mit einer besonderen Technik:<br />
Er arbeitet auf alten Tischplatten,<br />
die er in mehreren Schichten lackiert,<br />
schleift und lasiert. Seine Ausstellung<br />
„Paintings“ ist in der City zu sehen. •<br />
Evelyn Drewes Galerie, Burchardstraße 14,<br />
Vernissage Do, 1.2., 19 Uhr,<br />
ab Fr, 2.2., Di–Fr, 14–18 Uhr, Eintritt frei,<br />
www.evelyndrewes.de<br />
Brandgefährlich?<br />
Fotografin<br />
Alexandra Polina<br />
macht Vorurteile<br />
zum Thema.<br />
Wer gehört zu uns, wer ist fremd? Meist liegt der Unterschied allein im Auge des<br />
Betrachters. Und oft liegt der Betrachter falsch, weil er nur das Äußere gelten<br />
lässt. Die Künstlerin Alexandra Polina spiegelt das Bild, das wir uns von<br />
vermeintlich Fremden machen: Ihre Fotoreihe „Masks, Myths and Subjects“<br />
stellt (Vor-)Urteile der Betrachter dar und zeigt, wie sie sich für die Betroffenen<br />
anfühlen. Die Deichtorhallen präsentieren die Bilder beim Fotowettbewerb<br />
„Gute Aussichten – Junge deutsche Fotografie“, der die besten Nachwuchsfotografen<br />
des Landes kürt. Die Ausstellung umfasst Arbeiten der acht<br />
Preisträger, die sich alle mit dem Thema Imagination beschäftigt haben. •<br />
Deichtorhallen, Deichtorstraße 1–2, ab Do, 15.2., Di–So, 11–18 Uhr, Eintritt 10/6 Euro<br />
(unter 18 Jahren frei), www.deichtorhallen.de<br />
Aus alten Tischplatten erschafft Robert<br />
Vellekoop abstrakte Landschaftsbilder.<br />
Kinder<br />
Piraten auf der Spur<br />
Harr harr! Seeräubergeschichten hat<br />
Hamburg einige zu bieten. Wahrheit<br />
oder Seemannsgarn? Zeit, die Augenklappe<br />
zu lüften und Piratenlegenden<br />
genauer anzugucken. Das Hamburg-<br />
Museum widmet Störtebeker und<br />
Kollegen einen Familientag. •<br />
Museum für Hamburgische Geschichte,<br />
Holstenwall 24, So, 11.2., 13 Uhr,<br />
Eintritt 9,50/6 Euro (unter 18 Jahren frei)<br />
www.hamburgmuseum.de<br />
Film<br />
Alltag in der Jugendpsychiatrie<br />
Psychiatrie klingt für viele unheimlich.<br />
Den Ängsten setzt die Doku<br />
„Wie die anderen“ Bilder aus dem<br />
Alltag einer Jugendpsychiatrie<br />
entgegen – taktvoll und sensibel.<br />
Das B-Movie zeigt sie in einer Reihe<br />
über psychische Erkrankungen. •<br />
B-Movie, Brigittenstraße 5, Do, 8.2.,<br />
21 Uhr, weitere Termine: 15.2. + 24.2.,<br />
Eintritt 3,50–7 Euro, www.b-movie.de<br />
Debatte<br />
Warum wir Klischees brauchen<br />
Schubladendenken? Geht gar nicht!<br />
Trotzdem tun wir es alle, sagt die<br />
Vorurteilsforscherin Juliane Degner.<br />
Warum wir Vorurteile brauchen und<br />
wie sie entstehen, diskutiert sie mit<br />
dem Psychologen Holger Geißler und<br />
Jan Schipmann, Redakteur der You-<br />
Tube-Serie „Frag ein Klischee“. •<br />
Körberforum, Kehrwieder 12,<br />
Mo, 12.2., 19 Uhr, Eintritt frei,<br />
Anmeldung: www.koerber-stiftung.de<br />
Vortrag<br />
Sind wir fremdgesteuert?<br />
Algorithmen nehmen uns Entscheidungen<br />
ab. Aber wie bewerten<br />
sie, was gut für uns sein soll? Und<br />
kontrollieren wir das noch oder<br />
kontrollieren sie uns? Antworten<br />
gibt Professorin Katharina Anna<br />
Zweig von Algorithm Watch. •<br />
Planetarium, Linnéring 1, Do, 15.2.,<br />
19 Uhr, Eintritt 11/7 Euro,<br />
www.planetarium-hamburg.de<br />
53
Konzert<br />
Rapper MHD bringt Afro Trap nach Hamburg<br />
Wer „Afro Trap“ in die Suchmaschine<br />
eingibt, stößt auf seinen Namen:<br />
Der französische Rapper MHD gilt<br />
als Inbegriff des neuen Hip-Hop-Stils<br />
aus frankofonem Trap und afrikanischen<br />
Beats. Mit seiner Musik hat<br />
Mohamed Sylla den Nerv einer<br />
Generation getroffen, in den Banlieues<br />
von Paris gilt sie einer afro-französischen<br />
Jugend als Soundtrack ihres<br />
Lebens zwischen zwei Kulturen.<br />
Entsprechend steil startete der Einwanderersohn<br />
guineisch-senegalesischer<br />
Herkunft durch: Sein erstes Video, ein<br />
Freestyle-Rap, geht viral – und fünf<br />
Monate später steht er vor 10.000<br />
begeisterten Fans auf der Bühne.<br />
Damit hat sich der Job als Pizzabote<br />
54<br />
Wenn MHD loslegt, kocht die Tanzfläche<br />
über: Afro Trap lässt niemanden kalt.<br />
erledigt: MHDs Afro-Trap-Clips<br />
werden millionenfach geklickt,<br />
sein Debütalbum erreichte Doppel-<br />
Platin-Status. Jetzt kommt er nach<br />
Hamburg. •<br />
Fabrik, Barnerstraße 36,<br />
Di, 20.2., Einlass 19 Uhr,<br />
Eintritt 27,10 Euro (VVK)<br />
www.fabrik.de
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Kinofilm des Monats<br />
Geld für Leid<br />
FOTOS: ELISA PARRON, NIKLAS SCHENCK, PRIVAT<br />
Lesung<br />
Folk mit heiklem Unterton<br />
Schon mal was von Turbofolk gehört?<br />
Der Name klingt, als sei die Musik<br />
kaum zu überhören – und im Jugoslawien<br />
der 90er-Jahre war das auch so.<br />
Überall schallte die mit Beats und<br />
Keyboard aufgemotzte Folkmusik aus<br />
den Lautsprechern. Warum wir bei<br />
dem Thema auch heute noch aufhorchen<br />
sollten, erklärt Autorin Sonja<br />
Vogel. Denn in der Balkankrise bot<br />
Turbofolk ein gewaltiges Identifikationspotenzial,<br />
als glitzernde Traumwelt<br />
und als Verstärker für radikalen<br />
Nationalismus und Abgrenzung.<br />
Vogels Buch „Turbofolk – Soundtrack<br />
zum Zerfall Jugoslawiens“ zeichnet<br />
den Trend nach und zeigt auch neue<br />
Tendenzen. Im Polittbüro liest die<br />
Autorin daraus vor, dazu gibt’s Musik<br />
und jugoslawische Spezialitäten. •<br />
Polittbüro, Steindamm 45,<br />
So, 18.2., 20 Uhr, Eintritt 5 Euro,<br />
www.polittbuero.de<br />
Kabul 2014: Attentate<br />
erschüttern die Stadt, aber ihre<br />
Bewohner geben nicht auf.<br />
Film<br />
„True Warriors“ trotzen dem Terror<br />
Eine Schauspielgruppe in Afghanistan inszeniert ein Theaterstück, um ein<br />
Zeichen zu setzen gegen Selbstmordattentate. Dann ist die Premiere, mehr als<br />
<strong>300</strong> Leute sitzen in den Publikumsreihen, das Stück beginnt – und hinten im<br />
Saal zündet ein Jugendlicher seinen Sprengstoffgürtel. Der Dokumentarfilm<br />
„True Warriors“ von Ronja von Wurmb-Seibel und Niklas Schenk erzählt die<br />
Geschichte der Schauspieler nach dem Attentat: Der Schock sitzt tief, weiter auf<br />
der Bühne zu stehen scheint undenkbar. Einige flüchten aus ihrer Heimat.<br />
Doch ein Teil der Gruppe bleibt – fest entschlossen, die Angst zu besiegen. •<br />
Lichtmess-Kino, Gaußstraße 25, Do, 22.2., 20 Uhr, Eintritt 4–5 Euro,<br />
www.lichtmess-kino.de<br />
Vortrag<br />
Insektensterben stoppen<br />
Die Sache mit den Bienchen und<br />
Blümchen wird zum Problem:<br />
Die Zahl der Fluginsekten nimmt<br />
dramatisch ab, Vögel finden immer<br />
weniger zu fressen, Pflanzen werden<br />
nicht mehr bestäubt. Das muss nicht<br />
so bleiben. Die Gartenarchitektin<br />
Monika Brunstering erklärt in einem<br />
Vortrag bei der Gesellschaft zur<br />
Förderung der Gartenkultur, welche<br />
Gegenmaßnahmen bereits laufen,<br />
was noch geplant ist und was jeder<br />
im eigenen Garten oder auf dem<br />
Balkon tun kann, um dem Insektensterben<br />
entgegenzuwirken. •<br />
Stavenhagenhaus, Frustbergstraße 4,<br />
Di, 20.2., 19.30 Uhr, Eintritt 5 Euro,<br />
www.gartengesellschaft.de<br />
Über März-Veranstaltungstipps freut<br />
sich Annabel Trautwein bis zum<br />
10. Feb ruar: redaktion@hinzundkunzt.de<br />
5400 Euro. So viel ist eine kaputte<br />
Schulter wert. Und<br />
zwar meine. Nach einem<br />
Sportunfall hat mich die<br />
Versicherung vermessen. Mit<br />
Winkelmaß und Taschenrechner.<br />
Exceltabellen lügen<br />
nie. Und sie sagte: 5400 Euro.<br />
Ist das okay? Keine Ahnung!<br />
Leid lässt sich schwer mit<br />
Geld kompensieren.<br />
Wie man es trotzdem<br />
versuchen kann, beweist der<br />
US-amerikanische Anwalt<br />
und Mediator Ken Feinberg.<br />
Der gilt als der Gottkönig<br />
aller Entschädigungsspezialisten,<br />
seit er vor Jahrzehnten<br />
die Vergleichssummen für<br />
jene Soldaten verhandelte,<br />
die durch das Entlaubungsmittel<br />
Agent Orange schwer<br />
krank geworden waren. Der<br />
Dokumentarfilm „Playing<br />
God“ blickt nun hinter die<br />
Kulissen seiner Arbeit und<br />
stellt die Frage nach Gerechtigkeit.<br />
Kann es die geben,<br />
wenn Leid nach einer mathematischen<br />
Formel kompensiert<br />
wird? Ken Feinberg taucht in<br />
die Einzelschicksale ab, stellt<br />
sich der Trauer und Wut der<br />
Hinterbliebenen und trifft<br />
doch Kopfentscheidungen.<br />
Der Zuschauer pendelt<br />
zwischen moralischer Abscheu<br />
über einen kalten Zyniker<br />
und Bewunderung für<br />
den charismatischen und<br />
feinsinnigen Anwalt Feinberg.<br />
Dabei berührt die Emotionalität<br />
der Hinterbliebenden.<br />
Was bleibt ist die Einsicht<br />
in die Notwendigkeit<br />
von Feinbergs Arbeit und<br />
Resignation: Einer muss es ja<br />
machen. Und ein toller Film,<br />
der am 8.2. startet. •<br />
André Schmidt<br />
geht seit<br />
Jahren für uns<br />
ins Kino. Er<br />
arbeitet in der<br />
PR-Branche.<br />
55
<strong>Kunzt</strong>&Comic<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>300</strong>/FEBRUAR <strong>2018</strong><br />
56
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Rätsel<br />
ILLUSTRATION (BLEISTIFT IM IMPRESSUM): BERND MÖLCK-TASSEL<br />
völlig<br />
ausgeschlossen<br />
Währungseinheit<br />
in<br />
Russland<br />
Altarnische<br />
zuströmendes<br />
Gewässer<br />
Zahlwort<br />
Art,<br />
Gattung<br />
(franz.)<br />
Fall,<br />
Vorkommnis<br />
brit. Rundfunkgesellsch.<br />
(Abk.)<br />
Bestandteil<br />
vieler<br />
Flussnamen<br />
Meerkatzenart<br />
Nadelbaum<br />
Trinkgelage<br />
8<br />
4<br />
9<br />
7<br />
1<br />
1<br />
6<br />
5<br />
9<br />
2<br />
3<br />
Tischlermaterial<br />
2<br />
4<br />
5<br />
9<br />
Laubbaum<br />
Hauptstadt<br />
in<br />
Europa<br />
3<br />
5<br />
6<br />
9<br />
3<br />
9<br />
Getreidekornschalen<br />
9<br />
3<br />
5<br />
8<br />
7<br />
2<br />
1<br />
4<br />
7<br />
Inselbewohner<br />
Nordwestamerikas<br />
altgriechischer<br />
Hauptstamm<br />
1<br />
3<br />
2<br />
9<br />
5<br />
2<br />
2<br />
1<br />
Bürgschaftsgegenstand<br />
Name<br />
Jesu im<br />
Islam<br />
nur<br />
geistig<br />
vorhanden<br />
Jugendsprache:<br />
überprüfen<br />
Mahlzeit<br />
schweizerisch:<br />
Gebirgsweide<br />
Schicksal<br />
Fluss<br />
durch<br />
Magdeburg<br />
Heiligenbild<br />
der Ostkirche<br />
Maß in<br />
der Fernmeldetechnik<br />
organ.<br />
Katalysator<br />
Gleichklang<br />
im<br />
kraterförmige<br />
Senke,<br />
Gedicht Kratersee<br />
Speisenzutat<br />
freie<br />
Zeit, Untätigkeit<br />
Tanzfigur<br />
der<br />
Quadrille<br />
Stadt<br />
in Nordfrankreich<br />
europ.<br />
Fußballverband<br />
(Abk.)<br />
Kurzform<br />
von:<br />
Juliane<br />
Symbol<br />
für Parapsychologisches<br />
Wüste<br />
in Iran<br />
gefältelter<br />
Kleiderbesatz<br />
südamerikanische<br />
Grassteppe<br />
Ringelkrebs<br />
Stadt und<br />
Fluss in<br />
Böhmen<br />
Minengut<br />
Lösungen an: Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />
per Fax an 040 32 10 83 50 oder per E-Mail an info@hinzundkunzt.de.<br />
Einsendeschluss: 27. <strong>Februar</strong> <strong>2018</strong>. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Wer die korrekte Lösung für eines der beiden Rätsel einsendet,<br />
kann zwei Karten für die Hamburger Kunsthalle gewinnen oder eines<br />
von drei Exemplaren „Unter Palmen aus Stahl – Die Geschichte eines<br />
Straßenjungen“ von Dominik Bloh (Ankerherz Verlag). Siehe Seite 6.<br />
Das Januar-Lösungswort beim Kreuzworträtsel lautete: Einzelbett.<br />
Die Sudoku-Zahlenreihe war: 572 639 184.<br />
6<br />
3<br />
9<br />
7<br />
2<br />
1<br />
2<br />
3<br />
7<br />
8<br />
5<br />
10<br />
7<br />
8<br />
6<br />
9<br />
1<br />
3<br />
10<br />
8<br />
5<br />
AR1115-1118_1<br />
Füllen Sie das Gitter so<br />
aus, dass die Zahlen von<br />
1 bis 9 nur je einmal in<br />
jeder Reihe, in jeder<br />
Spalte und in jedem<br />
Neun-Kästchen-Block<br />
vorkommen.<br />
Als Lösung schicken<br />
Sie uns bitte die<br />
unterste, farbig gerahmte<br />
Zahlenreihe.<br />
Impressum<br />
Redaktion und Verlag<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH<br />
Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg<br />
Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 32 10 83 50<br />
Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01<br />
E-Mail info@hinzundkunzt.de, www.hinzundkunzt.de<br />
Herausgeber<br />
Landespastor Dirk Ahrens, Diakonisches Werk Hamburg<br />
Externer Beirat<br />
Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW-Hamburg),<br />
Mathias Bach (Kaufmann), Dr. Marius Hoßbach (Rechtsanwalt),<br />
Rüdiger Knott (ehem. NDR 90,3-Programmchef),<br />
Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),<br />
Thomas Magold (BMW-Niederlassungsleiter i.R.),<br />
Beate Behn (Lawaetz-Service GmbH), Karin Schmalriede (Lawaetz-Stiftung),<br />
Dr. Bernd-Georg Spies (Russell Reynolds),<br />
Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)<br />
Geschäftsführung Dr. Jens Ade<br />
Redaktion Birgit Müller (bim; v.i.S.d.P.),<br />
Annette Woywode (abi; Stellv., CvD),<br />
Mitarbeit Simone Deckner (sim), Jonas Füllner (jof),<br />
Theresa Horbach (hot), Ulrich Jonas (ujo), Frank Keil (fk),<br />
Benjamin Laufer (bela), Misha Leuschen (leu),<br />
Annabel Trautwein (atw), Uta Sternsdorff und Kerstin Weber<br />
Redaktionsassistenz Sonja Conrad, Dina Fedossova<br />
Online-Redaktion Simone Deckner, Jonas Füllner, Benjamin Laufer<br />
Artdirektion grafikdeerns.de<br />
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Frank Nawatzki, Elena Pacuraru, Reiner Rümke, Cristina Stanculescu,<br />
Marcel Stein, Cornelia Tanase, Silvia Zahn<br />
Rechnungswesen/Systemadministration Frank Belchhaus<br />
Spendenmarketing Gabriele Koch<br />
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Das Stadtrundgang-Team Stephan Karrenbauer (Leitung),<br />
Chris Schlapp, Harald Buchinger<br />
Das BrotRetter-Team Stephan Karrenbauer (Leitung), Stefan Calin,<br />
Adam Csizmadia, Gogan Dorel, Alexa Ionut, Ionel Lupu<br />
Das Team von Spende Dein Pfand am Airport Hamburg<br />
Stephan Karrenbauer (Leitung), Uwe Tröger, Jonas Gengnagel,<br />
Klaus Petersdorfer, Herbert Kosecki<br />
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Produktion Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />
Druck A. Beig Druckerei und Verlag,<br />
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und Papierverarbeitungsgesellschaft mbH<br />
Spendenkonto Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
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Die Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den aktuellen<br />
Freistellungsbescheid des Finanzamts Hamburg-Nord, Steuernummer<br />
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Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist als<br />
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beim Amtsgericht Hamburg HRB 59669 eingetragen. Wir bestätigen,<br />
dass wir Spenden nur für die Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong> einsetzen.<br />
Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.<br />
Beachten Sie unsere Datenschutzerklärung, abrufbar auf www.hinzundkunzt.de.<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist ein unabhängiges soziales Projekt, das obdachlosen und<br />
ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />
Das Magazin wird von Journalisten geschrieben, Wohnungslose und<br />
ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter<br />
unterstützen die Verkäufer.<br />
Das Projekt versteht sich als Lobby für Arme.<br />
Gesellschafter<br />
Durchschnittliche monatliche<br />
Druckauflage 4. Quartal 2017:<br />
86.666 Exemplare<br />
57
Momentaufnahme<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>300</strong>/FEBRUAR <strong>2018</strong><br />
Seine Wohnung ist winzig,<br />
völlig überteuert – aber er<br />
hat eine. Helfen würde<br />
Gheorghe eine Anstellung<br />
als Lagerarbeiter oder als<br />
Reinigungskraft.<br />
„Ich vermisse<br />
meine Heimat“<br />
Gheorghe (31) verkauft Hinz&<strong>Kunzt</strong> vor Edeka in Schwarzenbek.<br />
TEXT: JONAS FÜLLNER<br />
FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Gheorghe könnte zufrieden sein. Er ist<br />
glücklich in seiner Beziehung. Seinen<br />
beiden Kindern geht es gut. Und nach<br />
schwierigem Start hat er für seine Familie<br />
inzwischen eine Wohnung gefunden.<br />
Die ist winzig, aber das notwendige Geld<br />
für Miete und den Alltag verdient sich<br />
der 31-Jährige mit dem Verkauf von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>. „Aber ich vermisse meine<br />
Heimat“, sagt der gebürtige Rumäne.<br />
Doch eine Rückkehr in sein Land ist<br />
für Gheorghe derzeit nicht möglich. Er<br />
hat dort keine Aussicht auf Arbeit. Es<br />
gibt noch nicht mal Gelegenheitsjobs<br />
und somit keine Perspektive für ihn und<br />
seine Familie. In Hamburg hingegen<br />
konnte Gheorghe am Anfang zumindest<br />
Flaschen sammeln; er hofft, dass er<br />
irgendwo eine Anstellung als Reinigungskraft<br />
oder Lagerarbeiter erhält.<br />
Gefunden hat er bisher solch einen<br />
Job nicht. Dafür wurde er Hinz&<strong>Kunzt</strong>-<br />
Verkäufer, als er vor sieben Jahren erst<br />
einmal allein nach Hamburg kam. Damals<br />
gab es so gut wie keine rumänischen<br />
Zeitungsverkäufer. „Ich bin Nummer<br />
2“, sagt Gheorghe nicht ohne Stolz.<br />
Anfänglich schlief er bei Bekannten<br />
oder mietete sich teuer in Hostels ein.<br />
Seine Frau zog nach, ihre heute neunjährige<br />
Tochter Rebecka blieb damals in<br />
Rumänien bei der Großmutter. Erst vor<br />
vier Jahren änderte sich die Situation, als<br />
die Eltern ihre erste Wohnung fanden.<br />
Als sie Rebecka abholten, war es der bis<br />
heute letzte Besuch in der Heimat.<br />
Direkt in der Nachbarschaft besucht<br />
Rebecka seitdem die Grundschule. Sie<br />
spricht inzwischen fließend deutsch und<br />
kann bei komplizierten Fragen für ihren<br />
Vater übersetzen. Aber auch sie vermisst<br />
ihr altes Zuhause. „Alle meine<br />
Freunde sind dort“, sagt sie.<br />
Die Wohnung in Hamburg findet sie<br />
„doof“. Dabei ist es ein wunderschöner<br />
Altbau. Von außen. Drinnen bröckelt<br />
der Putz von den Wänden. Die Fenster<br />
klemmen. Die Heizung ist außer Betrieb.<br />
Damit die Familie und besonders<br />
sein kleiner Sohn nicht frieren, hat er<br />
auf eigene Kosten eine Elektroheizung<br />
angeschafft. Die frisst Unmengen an<br />
Strom. Ihm ist es egal. Er zahlt pauschal<br />
500 Euro. Für ein Zimmer. Küche und<br />
Bad teilt sich die Familie mit weiteren<br />
Rumänen. Es sind Zustände wie in der<br />
Seehafenstraße. Im Oktober vergangenen<br />
Jahres hatte Hinz&<strong>Kunzt</strong> über die<br />
ausbeuterischen Verhältnisse in dem<br />
Wohnhaus in Heimfeld berichtet.<br />
Gheorghe hat mit den gleichen Problemen<br />
zu kämpfen: Überbelegung,<br />
überhöhte Miete, mangelhafte Instandhaltung<br />
und leider auch eine Kakerlaken-Plage.<br />
Als Mopo, Hinz&<strong>Kunzt</strong> und<br />
andere darüber berichteten, keimte bei<br />
Gheorghe die Hoffnung auf Verbesserung<br />
auf. Doch der Vermieter kümmert<br />
sich weiterhin nicht um sein Haus. Und<br />
als Rumäne wiederum hat Gheorghe<br />
keine Chance auf dem Wohnungsmarkt.<br />
„Tochter ist traurig“, sagt Gheorghe in<br />
gebrochenem Deutsch. „Aber wie soll<br />
ich Wohnung finden?“<br />
Wenn er schon keine Wohnung findet,<br />
warum mindert er dann nicht wenigstens<br />
seine Miete, könnte man sich<br />
fragen. Aber der junge Rumäne hat<br />
Angst, seine Wohnung zu verlieren. Deswegen<br />
hat Gheorghe Anfang Januar wie<br />
immer pünktlich seine Miete bezahlt.<br />
Bar. Ohne Beleg. Hauptsache, es gibt<br />
keine Probleme, denn für die Familie ist<br />
Obdachlosigkeit die größte Gefahr. •<br />
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KUNZT-<br />
KOLLEKTION<br />
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Ausland auf Anfrage. Versand ab 100 Euro Warenwert kostenlos.<br />
1. „Gegens Abstempeln“<br />
Zehn selbstklebende 70-Cent-Briefmarken mit<br />
Porträts von Hinz&Künztlern im A5-Heftchen.<br />
Konzeption: Agentur Lukas Lindemann Rosinski.<br />
Preis: 12 Euro<br />
4.<br />
2. „Macht auch wach!“<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Kaffeemischung,<br />
100% Arabica gemahlen, 250-g-Beutel<br />
oder Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Espresso, italienische<br />
Mischung, kräftiger Geschmack,<br />
ungemahlen, 250-g-Beutel, exklusiv von der<br />
Kaffeerösterei Burg aus Hamburg.<br />
Preis: jeweils 5,95 Euro<br />
5.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
3. Frühstücksbrettchen<br />
Exklusiv für Hinz&<strong>Kunzt</strong> aus der<br />
Serie „Schöne Aussichten“, Pension<br />
für Produkte Hamburg.<br />
Design: Wolfgang Vogler,<br />
Material: Esche geölt (aus heimischen Wäldern),<br />
lasergraviert. Jedes Brett ist ein Unikat,<br />
in Deutschland gefertigt.<br />
Preis: 15,90 Euro<br />
4. Mütze „Kopf hoch!“<br />
Farbe: anthrazit<br />
hergestellt in Norddeutschland,<br />
100 % Merinowolle.<br />
Preis: 19,90 Euro<br />
5. „Heiße Hilfe“<br />
Bio-Rotbuschtee, aromatisiert mit<br />
Kakao-Orangen-Note. Zutaten: Rotbuschtee<br />
(k. b. A.), Kakaoschalen, Zimt, Orangenschalen,<br />
natürliches Orangenaroma<br />
mit anderen natürlichen Aromen.<br />
Dose, 75 g, abgefüllt<br />
von Dethlefsen&Balk, Hamburg.<br />
Preis: 7,50 Euro<br />
6. Tasse „Fischkopp“<br />
Sonderedition für Hinz&<strong>Kunzt</strong> von der<br />
Hamburger Firma AHOI MARIE.<br />
Qualitätsporzellan von Kahla aus Thüringen.<br />
Design: Jan-Hendrik Holst.<br />
Keramischer Siebdruck.<br />
Maße: D: 9 cm, H: 9 cm,<br />
Mikrowellen- und spülmaschinentauglich.<br />
Preis: 13,90 Euro<br />
6.<br />
7.<br />
7. „Ein mittelschönes Leben“<br />
Eine Geschichte für Kinder<br />
über Obdachlosigkeit von Kirsten Boie,<br />
illustriert von Jutta Bauer.<br />
Preis: 4,80 Euro
<strong>Februar</strong> <strong>2018</strong><br />
Altersforscher &<br />
Brückenbauer<br />
und andere Menschen, die Hamburger bewegen<br />
Mo 19.02 | 19.00 Uhr | Diskussion<br />
Weg damit! Wie wir Vorurteile überwinden Unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger. Ist ein<br />
vorurteilsfreies Miteinander überhaupt möglich? Wie es gelingt, mit Klischees zu brechen, zeigen die<br />
Verlegerin Inci Bürhaniye, der Moderator Yared Dibaba und der Diversity-Trainer Jürgen Schlicher.<br />
Es moderiert Ulrike Heckmann, NDR Info. In Kooperation mit NDR Info.<br />
Di 20.02. | 19.00 Uhr | Gespräch<br />
Forscher fragen: Geheimnis des Alterns Wir altern alle unterschiedlich. Einige erkranken an<br />
Alz heimer oder Demenz, andere bleiben bis ins hohe Alter kerngesund. Welche Gene Einfluss auf<br />
unsere Lebensdauer haben und was uns Experimente mit Taufliegen über das Altern des Menschen<br />
verraten, erläutert Altersforscher Björn Schumacher im Gespräch mit Johannes Büchs, ARD.<br />
Mi 21.02. | 19.00 Uhr | Diskussion<br />
Mitbestimmung made in Hamburg Bürgerbeteiligung wird in Hamburg groß geschrieben. Wird<br />
damit bessere Politik gemacht? Über die Bindung der Politik an den direkten Bürgerwillen diskutiert<br />
Peter Ulrich Meyer, Hamburger Abendblatt, mit dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anjes Tjarks,<br />
Manfred Brandt von Mehr Demokratie e. V. und der Politikwissenschaftlerin Annette Elisabeth Töller.<br />
Di 27.02. | 19.00 Uhr | Gespräch<br />
Fremde Freunde Die Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen ist geprägt von Ambivalenz.<br />
Wie steht es um Deutsche und Russen heute, in Zeiten politischer Konfrontation? Ein Gespräch<br />
mit der Autorin Katja Gloger, dem russischen Historiker Gasan Gusejnov und dem Leiter der Stasi-<br />
Unter lagen-Behörde Roland Jahn. Moderiert von Gabriele Woidelko, Körber-Stiftung.<br />
Stand: 01/<strong>2018</strong>, Änderungen vorbehalten. groothuis.de Fotos: Carolin Weinkopf, Michael Wodak, Grüne Bürgerschaftsfraktion/Jasper Ehrich, Hans-Jürgen Burkard<br />
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich: www.koerberforum.de<br />
KörberForum | Kehrwieder 12 | 20457 Hamburg | U Baumwall<br />
Telefon 040 · 80 81 92 - 0 | E-Mail info@koerberforum.de<br />
Veranstalter ist die gemeinnützige Körber-Stiftung.