E_1928_Zeitung_Nr.003
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Wenn der Schweizer Automobilist eine<br />
Tour nach Südengland plant, so wird er sich<br />
in den meisten Fällen schon darüber erkundigt<br />
haben, worin die englische Verkehrsregelung<br />
von der unsrigen abweicht. Er wird<br />
wissen, dass er — im geraden Gegenteil zu<br />
allem, was er sich vorher angewöhnt hat —<br />
links ausweichen und rechts vorfahren muss;<br />
der Engländer wacht eifersüchtig über seine<br />
Unabhängigkeit und wenn auf dem Kontinent<br />
eine Verkehrsregel besteht, so ist das eher<br />
ein Grund für ihn, sich für das Gegenteil zu<br />
entscheiden. Der Schweizer Motorfaiirer wird<br />
ferner wissen, dass die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit<br />
20 Meilen (32 km) beträgt,<br />
dass sie aber nicht strikte durchgeführt wird,<br />
ausgenommen in dichtbevölkerten Bezirken,<br />
wo sie zuweilen bloss 10 Meilen beträgt, immer<br />
aber dem Fahrer auf deutlich sichtbare<br />
Weise angezeigt wird. Bekanntlich ist ferner<br />
die Strafbestimmung, die sich gegen das<br />
«driving to the danger of the public» (eine<br />
das Publikum gefährdende Art und Weise<br />
des Fahrens) richtet. Eine klare Definition<br />
dieses Deliktes ist noch nie gegeben worden<br />
und wird wohl keinem gelingen, aber im allgemeinen<br />
läuft ein einigermassen vernünftiger<br />
Fahrer keine Gefahr, mit diesem Paragraphen<br />
in Konflikt zu geraten.<br />
Hat jedoch der Fahrer nach Durchquerung<br />
Frankreichs vermutet, jenseits des Kanals<br />
ähnliche Strassenverhältnisse vorzufinden, so<br />
wird er drüben bald sehen, dass er sich<br />
gründlich getäuscht hat. Landet er in Folkestone<br />
oder Dover„ so wartet seiner anstatt<br />
der schnurgeraden und topfebenen Strassen<br />
Frankreichs ein Weg, der in steilen Windungen<br />
etwa 200 Meter ansteigt, auf der anderen<br />
Seite herunterführt und nachher von Neuem<br />
ansteigt. Wünscht er nach London zu gelangen,<br />
so wählt er besser nicht den direkten<br />
Weg, wenn er den richtigen Eindruck von<br />
dem schönen und abwechslungsreichen Ländschaftsbilde<br />
Südostenglands empfangen will.<br />
Er sollte statt dessen mindestens bis Hostings<br />
die Küstenroute nehmen, die ihn von den die<br />
Küste umsäumenden Höhen in die Ebene' von<br />
Romney Marsh führt. Es geht durch alte halbvergessene<br />
Dörfer und Städtchen, die noch<br />
von den fernen Tagen träumen, als der<br />
Schmuggel sie zu voller Blüte gebracht hatte.<br />
Steil erhebt sich auf einem Felsen über dem<br />
Marschland die alte Stadt Rye, gekrönt* von<br />
der mittelalterlichen Kirche und ihrem Turm<br />
von Ypres; sie war im 12. Jahrhundert erbaut<br />
worden, als das Meer noch die Klippe<br />
bespülte, auf welcher die Stadt steht. Dann<br />
gelangt der Fahrer nach Winchelsea, einst<br />
ein grosser Seehafen, heute ein einsamer, verlassener<br />
Ueberrest alten Glanzes. Fährt er<br />
durch das alte Strandtor ein, so wird seine<br />
Geschicklichkeit eine unerwartete Probe zu<br />
bestehen haben. Dann geht's wieder aufwärts<br />
über wellige Hügel, bis man bei Hastings wiederum<br />
zum Meeresniveau hinabsteigt. Jeder<br />
In der Kurve<br />
von Eva von Baudissm.<br />
(10. Fortsetzung<br />
Ihren Wagen hatte man glänzend geputzt,<br />
sie selbst trug ein Stadtkleid. Sie wollte<br />
Eindruck machen auf beide Männer, die sie<br />
sehen würde. Zuerst fuhr sie nach Schwabing<br />
hinaus. War Alois in vernünftiger, zugänglicher<br />
Stimmung, so wollte sie ihn um<br />
seinen Rat befragen, aber es musste eben<br />
von der Macht der Stunde abhängen. Sie<br />
hatte ein feines Gefühl dafür, was man einem<br />
Menschen zutrauen durfte und was nicht gelegen<br />
schien.<br />
•Sie glitt in den Garten vor die Treppe:<br />
Niemand kam! Sie hupte energisch — wahrscheinlich<br />
war der Herr ausgegangen und<br />
der Diener faulenzte. Oben öffnete sich ein<br />
Fenster: « Wer ist da? »<br />
« Kannst du nicht sehen? » fragte sie keck<br />
zurück und winkte mit der Hand. Unbehilflich<br />
verbeugte er sich — es sah direkt<br />
komisch aus — und dann machte er ein- oder<br />
zweimal den Mund auf und zu, bis er herausbrachte:<br />
«Willst du nach oben kommen?»<br />
« Ja, da du mir nicht vor Freuden aus dem<br />
Fenster entgegenstürzt,» erwiderte sie etwas<br />
höhnisch. Merkwürdig, noch immer niemand,<br />
der sie empfing oder die Türen für sie<br />
Süden^lsond<br />
Weg, den der Fahrer von diesem Punkte<br />
aus einschlägt, wird interessante und wechselvolle<br />
Szenerien bieten.<br />
Wählt der Fahrer dagegen die Ueberfahrt<br />
Dieppe-Newhaven, so wird es ihm nicht leicht<br />
werden, seinen Weg aus der englischen Hafenstadt<br />
zu finden. Die Hauptstrasse biegt<br />
plötzlich scharf ab und steigt in der etwas<br />
trostlosen und langgezogenen Stadt steil an.<br />
Der kürzeste Weg nach London ist die ziemlich<br />
flache Strasse, welche dem Flusstal entlang<br />
zu der historischen kleinen Stadt Lewcs<br />
führt, wo das Schloss William von Warennes<br />
steht und wo 1254 das Volk unter Simon<br />
von Montfort einen Sieg über Heinrich 111.<br />
errang und damit die absolutistische Königsmacht<br />
brach. Nach einer Reihe von scharten<br />
Windungen und engen Gassen geht es wieder<br />
durch eine gute breite Strasse aufwärts zu einer<br />
der reizvollsten Gegenden von ganz England.<br />
Von Newhaven aus kann man auch die<br />
Küste entlang über viele Steigungen und Gegensteigungen<br />
nach Brighton fahren, wo<br />
man auf die neu ausgebaute Strasse nach<br />
London, wohl die beste Motorstrasse des<br />
Landes, gelangt.<br />
Man wird die Gegend, welche Route man<br />
auch wählen wird, malerisch, interessant und<br />
abwechslungsreich finden, während die zahlreichen<br />
Steigungen, Gefälle und Windungen<br />
der Strassen die ständige Aufmerksamkeit<br />
des Fahrers und die häufige Betätigung der<br />
Bremse und des Gaspedals verlangen. Gewiss<br />
wird der Tourist auch den beiden englischen<br />
Automobilclubs, dem Royal Automobile<br />
Club (R. A. C.) und der Automobile Association<br />
(A. A.) seine Dankbarkeit nicht versagen,<br />
deren uniformierte Angestellte an den<br />
meisten gefährlichen und verkehrsreichen<br />
Strassenkreuzungen postiert sind, um den<br />
Verkehr zu regeln und dem Motorfahrer<br />
Hilfsdienste zu leisten. Ihre Gegenwart gibt<br />
das Gefühl der Sicherheit und sie sind stets<br />
bereit, über den Zustand der Strassen, den<br />
zu wählenden Weg und dergl. Auskunft zu<br />
geben. Sie leisten auch bereitwillig Hilfe durch<br />
Ausführung kleiner Reparaturen, Flicken von<br />
Pneus, Auswechseln von Reifen usw. Wie der<br />
öffnete. Sie musste eine Weile klingeln, ehe<br />
die Köchin aus der Unterwelt auftauchte und<br />
meinte, der Diener sei wohl schon wieder<br />
fortgeschickt, der Herr Doktor habe es so<br />
eilig.<br />
Nun, mit ihrer Begrüssung nicht! Er kam<br />
ihr nicht 'mal entgegen. Sie hörte ihn eilig<br />
sprechen. Als sie dann sein Zimmer betrat,<br />
hing er gerade den Hörer an und nun lief er<br />
wirklich auf sie zu, zog ihre Hand an die<br />
Lippen und sagte: «Verzeih! Aber ich wollte<br />
eben noch 'mal — trotzdem ich schon wieder<br />
hingeschickt habe — sie sind ja von einer<br />
Lässigkeit auf diesen Konsulaten —».<br />
Sie konstatierte, dass er prachtvolles<br />
« Schriftdeutsch» sprach, also etwas Wichtiges<br />
verhandelte, das ihm auch jetzt noch<br />
die Zunge festhielt und dass er immer noch<br />
verzweifelt auf den Apparat blickte, als erhoffe<br />
er eine baldige Erlösung von dort. Ihre<br />
Anwesenheit schien ihn dagegen wenig zu erstaunen.<br />
Er nahm sie sehr gelassen hin.<br />
« Was ist denn los? » fragte sie, « Dein<br />
Hauswesen scheint ja Kopf zu stehen —<br />
um diese Zeit, wo Besuche kommen könnten,<br />
kein Diener zum Oeffnen, deine Köchin<br />
ganz aufgeregt, so dass sie sofort ein Gespräch<br />
anfängt. »<br />
Er überhörte ihren spöttischen Ton. Er<br />
überlegte eine kleine Weile, dann sah er sie<br />
an und sagte: «Die Sache ist die: ich reise<br />
noch heute ab nach Italien.»<br />
«Ist das etwas so Ungeheuerliches? Du<br />
lieber Gott — der Zug nach dem Süden. Ich<br />
kann ihn zwar jetzt nicht begreifen.»<br />
« Wenn aber, » stiess er aus, « und es ist<br />
Verfasser selber erfahren hat, entgeht es sogar<br />
der Wachsamkeit eines solchen «Scout»<br />
nicht, wenn eine Büchse Wagenlack auf dem<br />
Trittbrett liegen geblieben ist!<br />
Auf einen Punkt muss nachdrücklich hingewiesen<br />
werden: man darf vom Clubbeamten<br />
wie vom Einwohner überhaupt nicht erwarten,<br />
dass er eine andere Sprache als seine<br />
eigene spricht und darum tut der Schweizer<br />
Automobilist gut, vor der Abfahrt seine englischen<br />
Sprachkenntnisse etwas aufzufrischen.<br />
Die Strassen der Gegend sind gewöhnlich<br />
mit Wegweisern wohlversehen, aus denen<br />
Richtung, Distanzen und Ortsnamen ersehen<br />
werden können. In den grösseren<br />
Städten wird man freilich von den Wegweisern<br />
etwas im Stich gelassen, dafür geben<br />
aber die diensttuenden Polizisten dem Motorfahrer<br />
willig jede gewünschte Auskunft. W.<br />
Eva auf der Strasse — Eva am<br />
Volant.<br />
Wie beneidenswert sind doch jene Männer,<br />
die das Auge für die Tausend und Abertausend<br />
süssen Schwächen besitzen, die eine<br />
Frau so geheimnisvoll und begehrenswert<br />
machen! Jene Männer, die aus dem Klang<br />
eines aus tiefster Ueberzeugung kommenden<br />
«Neins» das jubelnde «Ja» herausfühlen.<br />
Je ergriffener die Frau von einer Ueberraschung,<br />
dem Zauber der Erwartung, eines<br />
heisserwarteten Ereignisses ist, desto mehr<br />
versucht sie mit dem Gedanken zu kokettieren,<br />
wie pikant eine in letzter Minute erfolgte<br />
Absage wirken müsste. Das ist weiblicher<br />
Urinstinkt.<br />
Wer würde wohl daran zweifeln, dass sich<br />
die Launen und Schwächen einer mondänen<br />
Frau in der Mode erschöpften? Oder am<br />
Volant — mitten im Strassengewühl? Nun,<br />
das wäre ja ganz neu, nicht wahr, zumindestens<br />
was das Auto betrifft! Bitte keine Indiskretionen,<br />
denn die Frau ist auch — raffiniert!<br />
Hören wir, was einer, der in solchen<br />
Dingen Bescheid weiss, in der B. Z. am Mittag<br />
zu berichten weiss:<br />
Das Bein oder das Gesicht...?<br />
Die Frauen sehen in diesem Jahre auf der<br />
Strasse ganz verändert aus. Das liegt an der<br />
auffallenden Tatsache, dass man zwischen<br />
Körper und Hut etwas Neues entdeckt: das<br />
Gesicht.<br />
In den letzten Jahren galt es als höchster<br />
Chic, dieses nebensächliche anatomische Detail<br />
zu verdecken. Man sah Nasenspitze und<br />
Kinn, über alles übrige konnte der Filzhut<br />
nicht tief genug heruntergezogen werden.<br />
In dieser Saison sieht man Wangen, Augen,<br />
Augenbrauen. Sehr winzige, lustige<br />
Käßpchen stellen den Hut dar, sie werden<br />
leicht nach hinten aufgesetzt und zeigen verblüffend<br />
deutlich sämtliche Gesichtszüge<br />
ihrer Trägerin. Es scheint sich eine grosse<br />
Wandlung vorzubereiten.<br />
Die Frau soll nicht mehr nur aus Beinen<br />
bestehen. Zur Abwechslung will man das<br />
Gesicht wieder lancieren. Es gehört ja<br />
schliesslich auch irgendwie dazu — und nun<br />
wird bald eine neue Schicht Schönheitspreise<br />
bekommen und Modeköniginnen liefern.<br />
Der Kampf: hie Bein, hie Gesicht ist noch<br />
nicht entschieden, beide Partien werden erbittert<br />
um den Sieg kämpfen. Aber an der<br />
Tatsache ist nicht zu rütteln — man trägt<br />
wieder Gesicht.<br />
Und der feminile Schnupfen ...<br />
Die Mode hat mit der Erkältung ein Abkommen<br />
getroffen: jede Saison überlässt sie<br />
ihr ein anderes Gebiet.<br />
Bisher ging auch alles nach Wunsch und<br />
der Schnupfen stellte sich entweder durch<br />
den entblössten Hals oder durch die frieren-<br />
durchaus nicht freiwillig — ich — äh —• ich<br />
verfolge jemand — ich habe einen furchtbaren<br />
Acrgcr —».<br />
« Ich auch,» schob sie ein, aber es interessierte<br />
ihn gar nicht.<br />
Er trat an seinen Schreibtisch zurück, in<br />
der Hoffnung wohl, das Telephon eher zum<br />
Anläuten zu bewegen.<br />
« Das wird dir nicht viel nützen,» meinte<br />
sie. » Inzwischen könntest du mir immerhin<br />
einen Stuhl anbieten oder eine Zigarette. »<br />
Er beeilte sich, alles nachzuholen, aber<br />
mehr aus Pflicht, denn aus Herzensfreude,<br />
wie sie merkte.<br />
« Willst du mir nicht sagen, was eigentlich<br />
los ist? »<br />
« Das ist etwas schwierig, » meinte er und<br />
schwieg wieder. Plötzlich hob er den Blick<br />
und stiess aufgeregt und voll Schadenfreude<br />
aus: « Uebrigens ist es ja dein eigener Mann.<br />
Ich meine dein gewesener, der mir diesen<br />
Streich gespielt hat — », sie horchte erstaunt<br />
auf — « und, » fuhr ihr Zukünftiger nach einigem<br />
Nachdenken fort: « Ist es nicht am Ende,<br />
weil ich dich ihm fortgenommen habe —».<br />
«Bitte, keine Verwechslungen,» unterbrach<br />
sie ihn hart. «Du hast mit meiner<br />
Scheidung auch nicht das Geringste zu tun.<br />
Ich habe dich erst kennen gelernt, als ich<br />
schon von Hans fort war. »<br />
« Ja, wenn auch, Kind — ».<br />
«Nein, nicht wenn auch! Bring' mich gefälligst<br />
nicht in Beziehung zu irgend etwas,<br />
das Hans dir angetan haben soll.» Sie war<br />
aufgesprungen und blickte ihn kampfbereit<br />
an.<br />
Hufilep<br />
Iddii<br />
ercilbend<br />
Auch cm Beitrag zum Saiety First-Problem:<br />
Der erste Rasierversuch! (London Opinion)<br />
den Füsse ein. Diesmal sieht's fast aus, als<br />
könnte die obligate Erkältung nirgends<br />
durchschlüpfen.<br />
Die Frauen sind in ihrer Strassenausrüstung<br />
von geradezu unweiblicher Zweckmässig'keit.<br />
Ausser dem hohen Pelzkragen<br />
umschliesst ein enggewickeltes Tuch den<br />
Hals. Der knapp anliegende Mantel lässt<br />
keinen Luftzug durch. Na, und die Füsse!<br />
Der Pelzschuh hat gesiegt und man erblickt<br />
ihn jetzt oft in einer Ausführung, die<br />
dem strengsten sibirischen Winter Rechnung<br />
trägt. Der hohe Stulpenstiefel hat sich ebenfalls<br />
durchgesetzt. Anfangs wirkte er operettenhaft,<br />
man dachte dabei immer an den<br />
Czardas, einer temperamentvollen Fürstin,<br />
die sich beim Erntefest unter das sonntägliche<br />
Bauernvolk mischt.<br />
Es wird in Pelzschuhen und Ueberschuhen<br />
regste- Phantasie entfaltet. Je plumper, desto<br />
höher der Chic. Es soll wie eine Maskerade<br />
aussehen — durch die übertrieben wuchtige<br />
Form stellt man sich dann das darin versteckte<br />
Füsschen um so kleiner vor.<br />
Man trifft oft Frauen, deren Ausrüstung<br />
haargenau an die eines Lappländers beim<br />
Waliischfang erinnert. Sie gehen aber nur<br />
bis ins Kadewe, um rosa Wäscheband zu<br />
kaufen.<br />
Ein Glück, dass zwischen dem kurzen<br />
Mantel und dem hohen Pelzstiefel ein Stück<br />
Bein freibleibt, das vom hauchdünnen Seidenstrumpf<br />
kaum bedeckt ist. Dort schleicht<br />
sich dann der Schnupfen ein...<br />
« Man hat nur immer gleich das Gefühl von<br />
einem Zusammenhang,» beruhigte er sie und<br />
stellte trauernd bei sich fest, dass sie noch<br />
viel temperamentvoller sei, als er gefürchtet<br />
hatte.<br />
Aus seinen Ueberlcgungen riss ihn Gertruds<br />
energische Forderung, ihr nach all diesen<br />
versteckten Anspielungen endlich die<br />
Wahrheit zu sagen.<br />
Da war sein Aerger wieder in der Oberhand:<br />
denn dass Marie ihn freiwillig verlassen<br />
habe, ihn, bei dem sie es so gut hatte,<br />
wie sie in rührender, ihm immer wieder<br />
schmeichelnder Offenheit versicherte, das<br />
glaubte er nicht! Dieser Mann hatte seine<br />
Gastfreundschaft einfach ausgenützt und sie<br />
überredet, denn die Sache musste ja schon<br />
eingefädelt gewesen sein. Siehe Maries plötzliches<br />
Bedürfnis nach einer Ausrüstung zum<br />
Autofahren — und die hatte er auch noch anschaffen<br />
müssen. Einfach toll! Es war sicher<br />
eine Art von Suggestion, mit der jetzt<br />
so viel Unfug getrieben wurde, wie stets,<br />
wenn eine wissenschaftliche Sache in die<br />
Hände von blutigen Dilettanten, von Laien<br />
und Idioten geriet —.<br />
« Und was hat dieser Idiot denn nun eigentlich<br />
getan, um es kurz zu machen — », fragte<br />
Gertrud belustigt.<br />
«Du bist ja vernünftig, Gertrud —».<br />
« Weshalb soll ich so vernünftig sein? Ich<br />
habe dir schon ein paarmal versichert, dass<br />
es dafür durchaus eine Grenze gäbe, denn es<br />
soll ja doch nur heissen, dass ich mir viel<br />
gefallen lassen soll.»