E_1928_Zeitung_Nr.064
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64<br />
II. Blatt<br />
BERN, 31. Juli <strong>1928</strong><br />
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Strassen-Schnellzngswagen.<br />
Kurz nach dem Weltkrieg tauchten, von<br />
Amerika importiert, die ersten Sechsradwagen<br />
in Europa auf, die sich allen anfänglichen<br />
Zweifeln zum Trotz in der Praxis<br />
durchaus bewährten und heute für besonders<br />
schwere und umfangreiche Lasten zum<br />
Transportmittel geworden sind. Zum Anstoss<br />
zur Einführung der auf den ersten Blick etwas<br />
absonderlichen Sechsradbauart gab die<br />
Tatsache, dass man mit zunehmender Vergrösserung<br />
und Gewichtsvermehrung der Lastwagen<br />
und Omnibusse verhältnismässig bald<br />
an dem Punkt anlangte, wo die Pressung<br />
zwischen Bereifung und Erdoberfläche den<br />
im Interesse der Strassenerhaltung gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Höchstwert erreichte bzw.<br />
überschritt. Die praktische Verfolgung der<br />
neuen Idee zeigte bald, dass sich auf diese<br />
Weise in der Tat eine ganze Anzahl Vorteile<br />
erreichen Hess.<br />
Der Sechsradwagen ist dem normalen<br />
Vierradwagen nicht nur in bezug auf den<br />
Bodendruck überlegen, sondern übertrifft ihn<br />
auch hinsichtlich Abfederung, Schleuderfreiheit<br />
und Bremsvermögen, besonders wenn<br />
man, wie es bei den meisten modernen Konstruktionen<br />
bereits der Fall ist, alle vier Hinterräder<br />
antreibt und bremst.<br />
Es ist deshalb kein Wunder, dass schon<br />
mehrfach der Versuch gemacht wurde, für<br />
extrem grosse und schwere Fahrzeuge die<br />
Radzahl noch weiter zu erhöhen, d. h. vom<br />
Sechsrad- zum Achtradwagen überzugehen,<br />
wodurch man sich im Prinzip dem Raupenfahrzeug<br />
nähert, ohne jedoch dessen Nachteile<br />
in Kauf nehmen zu müssen, die nun vor kurzem<br />
in Amerika auf dem Markt erschienen.<br />
Es handelt sich um riesige Ueberlandomnibusse,<br />
die rund 100 Passagiere mit einer<br />
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Stundengeschwindigkeit von mehr als 60 km<br />
zu befördern vermögen. Der Aufbau dieser<br />
Omnibussse gleicht ganz dem der Eisenbahnwagen.<br />
Das Fahrzeug ruht vorn und hinten auf<br />
zwei niedrigen Drehgestellen zu je vier Rädern.<br />
Die Lenkung erfolgt durch Einschwenken<br />
der Räder des vorderen Drehgestells,<br />
während sich die Räder des hinteren Drehgestells<br />
beim Einlaufen in die Kurve selbsttätig<br />
in die richtige Lage einstellen. Zum Antrieb<br />
dient ein wie üblich im Vorderteil des<br />
Wagens eingebauter Sechszylinder Benzinmotor<br />
von 110 PS, der mit einer Dynamomaschine<br />
direkt gekuppelt ist. Der erzeugte<br />
Strom dient zur Speisung von zwei in den<br />
beiden Drehgestellen federnd aufgehängten<br />
Elektromotoren, die ihrerseits über ein Zahnradvorgelege<br />
die Räder antreibea<br />
Diese Art des Antriebs besitzt den Vorzug,<br />
der ausserordentlich bequemen und feinfühligen<br />
Regulierbarkeit, ist jedoch anderseits<br />
sehr teuer und wegen der wiederholten<br />
Energieumwandlung mit erheblichen Kraftverlusten<br />
verbunden. Besondere Sorgfalt ist<br />
auf die Durchbildung der Bremsanlage verwandt<br />
worden, von deren einwandfreier<br />
Funktion die Betriebssicherheit eines derart<br />
schweren und schnellen Fahrzeugs natürlich<br />
in hohem Masse abhängig ist. Um die grösstmögliche<br />
Sicherheit zu erzielen, sind drei von<br />
einander vollständig unabhängige Bremsen<br />
vorgesehen. Erstens eine Handbremse, die<br />
jedoch mehr als Reserve für den äussersten<br />
Notfall gedacht ist, da die Kraft eines einzelnen<br />
Menschen zum genügend raschen und<br />
sicheren Bremsen dieses Omnibus-Ungetüms<br />
schwerlich ausreichen dürfte. Normalerweise<br />
erfolgt die Bremsung denn auch mit<br />
Hilfe einer Luftdruckbremse, die sich in ihrer<br />
Bauart eng an die bei Eisenbahnzügen üblichen<br />
Luftdruckbremsen anlehnt. Ausser der<br />
Luftdruckbremse ist für lange Gefällstrecken<br />
und dergl. noch eine vierstufige, elektrische<br />
Kurzschlussbremse vorgesehen, so dass nach<br />
menschlichem Ermessen alles für die Sicherheit<br />
der Insassen getan ist. %<br />
Gibt es Automobile ohne Vergaser? Wie<br />
aus Amerika berichtet wird, bringt eine<br />
New-Yorker Firma demnächst eine, für die<br />
Entwicklung des Automobil- und Flugmotorbaus<br />
bedeutungsvolle Neuerung auf den<br />
Markt. Es handelt sich um ein neues System<br />
der Vergasung und Brennstoffzufuhr zum<br />
Motor, das den Vergaser überflüssig macht.<br />
Bei diesem System tritt durch den Auspuff<br />
erwärmte Luft in einem Schlangenrohr in<br />
den Benzintank und treibt das Benzin durch<br />
eine Rohrleitung zum Motor. Der durch die<br />
Wärme der Luft und die Betätigung des<br />
Schlangenrohres zum Teil bereits vergaste<br />
Triebstoff wird an einer vom Auspuff des<br />
Motors geheizten Stelle der Rohrleitung vollkommen<br />
vergast. Das so erhaltene Gas passiert<br />
dann eine Luftdüse, die durch Zusatz<br />
kalter Luft die erforderliche Brennstoffmischung<br />
erzeugt. Eine besondere Vorrichtung<br />
an der Luftdüse reguliert automatisch<br />
den Mischungsprozess. Die Herstellerin, die<br />
im Bau von Automobilzubehör eine führende<br />
Stellung einnimmt, hat seit zehn Jahren bereits<br />
an der Vervollkommnung dieses Systems<br />
gearbeitet. Die nächste Zeit wird beweisen,<br />
ob sich diese Erfindung bewährt und<br />
von ausschlaggebender Bedeutung für den<br />
Automobilmotor ist.<br />
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Lackierte Karosserie und doch Weymann. seitlichen Längsrahmen. Auf alle Fälle ko-<br />
eine gelegentliche Beule im Kopf oder<br />
Die Weymann-Karosserie bedingt die Ver-stewendung<br />
eines nachgiebigen Materials, also Zylinderhut eines ungeschickten oder unachtsamen<br />
Passagiers weniger als ein noch<br />
Leder oder Kunstleder, als Aussenbelag der<br />
Karosserie. Manchem Geschmack entspricht so vereinfachtes Klappdach.<br />
jedoch die rauhe Oberfläche dieser Materialien<br />
nicht. Die Betreffenden zogen daher eine Idee aufbewahren, wenn die geschlossenen<br />
Auf spätere Zeiten Hesse sich jedoch die<br />
starre Karosserie in Kutschenlack oder Duco Karosserien, wie bisher, (fortfahren, immer<br />
vor, insbesondere seitdem Amerika fast niedriger zu werden.<br />
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durchwegs die hochglanzlackierten Stahlblechkarosserien<br />
verwendet.<br />
Nun erscheint ein neues Kunstleder auf<br />
dem Markt mit einer derart glatten Oberfläche,<br />
dass eine damit bespannte Weymannkarosserie<br />
von einer lackierten starren Karosserie<br />
nicht zu unterscheiden ist. Diese<br />
Ausführung des Oberbaues wird neuerlich<br />
viele Freunde erhalten, und die Ansicht der<br />
führenden englischen und französischen Karossiers,<br />
wonach die Tage der starren, damit<br />
auch der Stahlblechkarosserie für Klassewagen,<br />
gezählt seien, scheint wieder eher<br />
berechtigt zu sein.<br />
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II. Blatt<br />
BERN, 31. Juli <strong>1928</strong><br />
Die neueste Karosserieform, die jedoch<br />
vorläufig nur auf dem Papier besteht, ist<br />
unten in der Skizze wiedergegeben. Der<br />
Erfinder will mit seinen seitlich aufklappbaren<br />
Dachteilen den Passagieren das Einsteigen<br />
erleichtern. Die Klappen sind durch Gelenke<br />
und Stangen mit den Türen gelenkig<br />
verbunden, so dass sie sich beim Oeffnen der<br />
Türen von selbst heben.<br />
Leider aber dürfte die praktische Durch«<br />
führbarkeit dieser Idee auf einige Schwierigkeiten<br />
stossen. Die Steifheit der Karosserie,<br />
von der die Geräuschlosigkeit abhängig ist,<br />
gestattet z. B. kein Weglassen der obern<br />
Vergaserdüsen aus Kohle. Neuestens machte<br />
eine französische Firma Versuche, die Vergaserdüsen<br />
aus Kohle herzustellen. Die guten<br />
Erfolge bestimmten sie, die Erzeugung aufzunehmen.<br />
Es werden bereits verschiedene Typen<br />
hergestellt, welche sich zum Austausch<br />
der bisher üblichen Bronzedüsen einer Reihe<br />
'bekannter Vergaser eignen. Da Kohle allein<br />
leicht brechen und das Gewinde zum Einschrauben<br />
der Düse schon bei der Fabrikation<br />
Schwierigkeiten bereiten würde, so ist<br />
die Kohle in einer dünnen Metallhülse eingebettet,<br />
welche äusserlich der alten Düse in<br />
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