E_1928_Zeitung_Nr.106
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NM08<br />
ff. Blatt<br />
BERN, 21. Dezember <strong>1928</strong><br />
II. Blatt<br />
BERN, 21. Dezember 192S<br />
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist nun das<br />
Problem der Benzin-Luft-Gasmischbüdung<br />
beim Autömobi'motor auf dem gleichen Punkt<br />
stehen geblieben. Als einzige Entwicklung<br />
sind'Vereinfachungen und Detailverbesserungen<br />
zu konstatieren. Zu einer annähernd<br />
vollkommenen Lösung ist man aber damit<br />
nicht gelangt. Die heutigen Vergaser arbeiten<br />
immer noch mehr oder weniger unwirtschaftlich<br />
und sind hauptsächlich noch allzusehr<br />
von den äusseren atmosphärischen<br />
Einflüssen abhängig. Da der Vergaser<br />
gleichsam den Magen eines Automobilmotors<br />
darstellt, voii dessen besserer oder schlechterer<br />
Verdauung die Leistungsfähigkeit des<br />
Motors abhängt, darf dieser Zustand nicht<br />
einfach als unabänderlich hingenommen<br />
werden.<br />
V" r * *<br />
Theorie und Praxis<br />
Die Vergasung im Benzintank.<br />
Es hat nun den Anschein, dass die amerikanische<br />
Stewart-Warner-Gesellschaft ein<br />
Vergasersystem erfunden hat. das einen<br />
Wendepunkt in der ganzen bisherigen Entwicklung<br />
darstellt. Die Vergasung erfolgt<br />
bei diesem System in zwei voneinander<br />
scharf getrennten Stufen. Zuerst wird ein<br />
sehr benzinreiches, unbrennbares Benzin-<br />
Luftgemisch, eine Art Benzinschaum, gebildet,<br />
das an sich aber schon sehr homogen<br />
ist. Das dann zur Bildung eines explosiblen<br />
Gemisches noch nötige Luftquantum wird<br />
dem Gemisch der ersten Stufe erst zuletzt<br />
zugegeben. - ' •- -•• - - - -<br />
Das benzinreiche Gemisch wird im Benzinbehälter,<br />
der hinten am Wagen angeordnet<br />
sein kann, hergestellt. Ein vom Motor<br />
kommendes, ungefähr 2 cm dickes Rohr ist<br />
dazu U-förmig durch den Benzinbehälter hindurchgeführt.<br />
An der tiefsten Stelle des U<br />
befindet sich eine kalibrierte Oeffnung, die<br />
die Rolle der Düse spielt. Durch diese Oeffnung<br />
tritt das Benzin in das Rohr ein und<br />
vermischt sich mit der am offenen Ende des<br />
Rohres einströmenden Luft. Das Gemisch<br />
wird durch den Motor nach vorn gesogen.<br />
Dort, wo das Rohr in den Ansaugstutzen<br />
des Motors mündet, wird die notwendige<br />
Menge Zusatzluft beigemischt, und zwar<br />
wird das Einströmen der Zusatzluft durch<br />
ein federbelastetes Ventil geregelt.<br />
Man hat damit drei Möglichkeiten, um die wird.<br />
__ Schematische Darstellung des neuen Gemisch-<br />
" *"^ bildungs-Systems. A = Ansaugstutzen , V =<br />
i Verbindungsrohr zum hinten am Wagen an-<br />
•*•} geordneten Benzinbehälter; L = Primärluft-<br />
I einlasu, offenes Ende des U-Rohres. mit kalibrierter<br />
Düse versehen; ZL = Zusatzlufteinlass<br />
mit federbtia stetem Ventil zur<br />
! Reglung; S = Schwimmer mit Kegelventil,<br />
der den Benzinstand in dem das U-Rohr<br />
umhüllenden Behälter immer gleich hoch<br />
hält; G = Gemkchbildungskammer; D =<br />
Drosselklappe.<br />
Gemischbildung zu beeinflussen: Man kann<br />
die Feder des Zusatzluftventils in ihrer<br />
Stärke verändern; man kann die Benzindiise<br />
im U-Rohr grösser oder kleiner wählen, und<br />
man kann schliessüch durch Einsetzen einer<br />
entsprechenden Düse am offenen Ende des<br />
U-Rohres die erste Vergasungsstufe mit mehr<br />
oder weniger Luft vor sich gehen lassen.<br />
Durch diese drei Einstellmöglichkeiten ist<br />
schon eine sehr feine, dem Motor gut angepasste<br />
Gemischbildung möglich. Begünstigt<br />
wird die Wirkungsweise des Systems aber<br />
noch dadurch, dass die Benzindämpfe in der<br />
langen Leitung zum Motor mit sehr grossen<br />
Flächen in Berührung kommen und deshalb<br />
noch feiner verteilt werden. Schliesslich bewirkt<br />
ein um das Rohr gelegter, vom Auspuff<br />
gespeister Wärmemantel ein Verdampfen<br />
etwaiger gröberer Benzintröpfchen.<br />
Wie zu erwarten war, hat das neue System<br />
bei den praktischen Versuchen ausgezeichnete<br />
Resultate ergeben. Verglichen mit<br />
verschiedenen normalen Vergasern zeigte es<br />
durchwegs Benzinersparnisse oder Leistungssteigerungen.<br />
Ein weiterer grosser Vorteil des Systems<br />
geht ganz nebenbei: Derjenige, dass die Anwendung<br />
eines Benzinförderers überflüssig<br />
Damit fallen die nicht allzuseltenen<br />
Störungen, denen die Förderapparate unterworfen<br />
waren, ebenfalls dahin.<br />
Da die Stewart-Warner-Gesellschaft selbst<br />
eine der grössten Fabrikantinnen von Vakuumförderern<br />
ist, kann angenommen werden,<br />
dass sie die Vor- und Nachteile des<br />
neuen Gemischbildungssystems genau unter<br />
die Lupe genommen hat. bevor sie sich zu<br />
seiner Bekanntgabe entschloss, denn das neue<br />
System bedeutet ja den Untergang eines ihrer<br />
früheren Fabrikationszweige.<br />
Der Einbau des neuen Gemischbildungssvstems<br />
kommt vorläufig nur für Fabriken in<br />
Frage. Es ist aber nicht zu bezweifeln,<br />
dass in den nächsten Jahren diese und jene<br />
Automobilmarke damit herauskommen wird.<br />
ma.<br />
Personenautomobil und Dieselmotor.<br />
Man kann schon jetzt mit Bestimmtheit da-<br />
| mit rechnen, dass der gegenwärtige Vergasermotor<br />
in den nächsten Jahren dem<br />
kompressorlosen Dieselmotor, wie er sich<br />
schon jetzt beim Lastwagen mit grossom Erfolg<br />
einführt, wird Platz machen müssen.<br />
Abgesehen von seiner ausserordentlichen<br />
Sparsamkeit, die die Brennstoffkosten um<br />
mindestens % herunterdrückt, bietet der<br />
kompressorlöse Dieselmotor~"atreirdon Vof-<br />
teil grösserer Einfachheit und höherer<br />
Elastizität. Vergaser und Zündung fallen<br />
-weg. An ihre Stelle tritt die zwangsläufig<br />
angetriebene Einspritzpumpe, an der höchstens<br />
von Zeit zu Zeit die Filter gereinigt<br />
werden müssen. Das Gewicht des kompressorlosen<br />
Dieselmotors ist heute allerdings<br />
noch wesentlich höher als das des Vergasermotors.<br />
Mit der Zeit wird es sich aber ganz<br />
bestimmt auf ein erträgliches Mass herunterdrücken<br />
lassen, wiegt doch z. B. der<br />
letzte Junkers-Zweitakt-Fahrzeug-Dieselmotor<br />
nur noch 7—8 kg pro PS.<br />
Ein neuer Zweitakt-<br />
Zweizylinder-Dieselmotor.<br />
Di© früheren Versuche, schwere Brennstoffe<br />
in den üblichen Vergasermaschinen anzuwenden,<br />
müssen nach dem heutigen Stande<br />
als überwunden gelten. Heute stehen für die<br />
Durchbildung schneilaufender Maschinen mit<br />
innerer Gemischbildung andere Wege offen.<br />
Maschinen mit Glühkopfzündung kommen<br />
dabei für diese Zwecke weniger in Frage,<br />
weil sie die notwendigen hohen Drehzahlen<br />
nicht zulassen und die Verbrennung vom<br />
Wärmezustand des Glühkopfes so stark abhängt,<br />
dass die Anpassung der Leistung an<br />
den wechselnden Fahrbetrieb zu grosse<br />
Schwierigkeiten macht.<br />
Aber auch von den Oelmaschinen ohne eigentliche<br />
Hilfszündung sind die Maschinen<br />
mit Lufteinspritzung für die Zwecke des Motorwagens<br />
wegen der Beeinträchtigung des<br />
Wirkunggrades durch den Arbeitsverlust des<br />
Kompressors und wegen der Wirkung der<br />
entspannten eingespritzten Einspritzluft- auf<br />
den Verbrennungsvorgang so gut wie vollständig<br />
auszuschalten. Unter den kompressorlosen<br />
Dieselmaschinen ist die Masehirs<br />
mit Strahlzerstäubung als Schnelläufenci©<br />
Fahrzeugmaschine schon besser geeignet, weil<br />
der Verbrennungsvorgang im Gegensatz zu<br />
den Maschinen mit Vorkammer-Einspritzu-g<br />
übersichtlicher und leichter zu beherrschen<br />
ist. Allerdings kann man hier auch der Ansicht<br />
sein, dass sich gerade das Vorkammerverfahren<br />
für hohe Drehzahlen besser durchbilden<br />
lassen müsste, weil bei diesem Verfahren<br />
der Vorgang des ZeFsfäübens und des<br />
Bekanntmachung an die Automobilisten!<br />
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