E_1929_Zeitung_Nr.096
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N°96<br />
II. Blatt<br />
BERN, 8. November <strong>1929</strong><br />
Automobil-Revue<br />
, N 96<br />
II. Blatt<br />
BERN, 8. November <strong>1929</strong><br />
Technische Rundschau<br />
Gibt es ein unparteiisches Ansaugrohr?<br />
Für den Durchschnittsautomobilisten stellt<br />
das Ansaugrohr einen herzlich einfachen Motorbestandteil<br />
dar. Er sieht in ihm nichts<br />
weiter als eine Leitung mit Abzweigungen,<br />
welche die einzelnen Zylinder mit dem Vergaser<br />
zu verbinden hat. Was weiter ist denn<br />
nötig, damit sich die Zylinder beim Saughub<br />
ihre Gasladung beschaffen können?<br />
Bis vor einigen Jahren war die Betrachtungsweise<br />
des Durchschnittsautomobilisten<br />
auch ungefähr die des Motorenkonstrukteurs.<br />
Seither, vor allem seit der Einführung des<br />
Sechszylindermotors, hat sich aber die Sachlage<br />
gründlich geändert. Immer deutlicher<br />
stellt sich heraus, dass das Ansaugrohr einen<br />
Charakter hat, und dass dieser Charakter jeweils<br />
das Verhalten des ganzen Motors diktatorisch<br />
beeinflusst.<br />
Mnn kann dabei unschwer zwischen<br />
schlecht und besser gearteten Ansaugrohrformen<br />
unterscheiden. Nur die wirklich gut<br />
geartete Form kennt man heute noch nicht.<br />
Unregelmässiger Lauf des Motors.<br />
Das ganze Ansaugrohr-Problem ist in dem<br />
Moment erstanden, als es nicht gelingen<br />
wollte, einen Sechszylindermotor zum regelmässigen<br />
Laufen zu bringen. Der Motor erfüllte<br />
wohl alle Bedingungen, die man sonst<br />
von ihm erwartet hatte; aber in dem einen<br />
8.) Einfaches Ansaugrohr eines Vierzylindermotors.<br />
Die Zahlen bezeichnen die Zylinder. Unten: Schema<br />
der Zündzeitfolge 1-2-4-3.<br />
Punkt, dem guten, regelmässigen Langsamgang,<br />
Hess er unerbittlich zu wünschen übrig.<br />
Eine fehlerhafte Vergasereinstellung, die beim<br />
Vierzylinder oft die Ursache eines « Galoppierens»<br />
oder sonstiger Unregelmässigkeiten<br />
im Lauf darstellt, kam offenbar nicht in<br />
Frage; denn alle diesbezüglichen Nachregelungen<br />
erwiesene sich als nutzlos.<br />
Die Nachforschungen nach weiteren Ursachen<br />
zeitigten dann die Erkenntnis, dass die<br />
Lauf-Unregelmässigkeiten immer genau periodisch<br />
auftraten, dass es also immer bestimmte<br />
Zylinder waren, die stärkere oder<br />
schwächere Arbeitsimpulse abgaben als der<br />
Durchschnitt. Die Verschiedenheit der Impulsstärke<br />
deutet auf Verschiedenheiten in<br />
den von den Zylindern aufgenommenen Gas-<br />
SIEH<br />
Der Doppclvergaser eines Achtzylindermotors.<br />
ladungen. Ein anormal schwacher Arbeitsimpuls<br />
zeigt an, dass der betreffende Zylinder<br />
entweder nur eine verminderte Gasladung erhalten<br />
hat, oder dass die an und für sich normale<br />
Gasladung infolge eines schlechten Mischungsverhältnisses<br />
schlecht brennbar ist,<br />
wenn nicht gar beide Anormalitäten gleichzeitig<br />
im Spiel sind.<br />
Wenn aber einzelne Zylinder — aus ihrem<br />
Verhalten zu schliessen — normale Ladungen<br />
erhalten, andere anormale, so kann man sich<br />
das nur durch die Annahme erklären, dass<br />
das Gasgemisch auf seinem Weg vom Vergaser<br />
zu den Zylindern Veränderungen erfährt,<br />
und zwar je nach der Lage des betreffenden<br />
Zylinders an Qualität und Quantität<br />
verschiedene Veränderungen.<br />
Quantitative Veränderung der Gasladung.<br />
In erster Linie vermutete man Quantitäts-<br />
Veränderungen. ' Als ausschlaggebend hielt<br />
man die ungleichen Abstände der einzelnen<br />
Zylinder vom Vergaser. Liegt ein Zylinder<br />
weit vom Vergaser entfernt, sagte man sich,<br />
so besteht die Möglichkeit, dass ein anderer,<br />
b) Gleichartiges Ansaugrohr bei einem Sechszylindermotor.<br />
Der Vergaser ist ebenfalls in der Mitte<br />
angeschlossen. S = Zone geringer GasKesclrwindigkeit.<br />
Unten: Schema der Zündzeitfolge, aus dem<br />
das häufige Pendeln der Gas-Säule ersichtlich ist.<br />
weiter vorn am gleichen Ansaugrohr angeschlossener<br />
Zylinder ihm das Gas zum Teil<br />
vorwegnimmt.<br />
Um diese Störungsmöglichkeit auszuschliessen,<br />
schuf man Saugrohrformen, 'die<br />
für jeden Zylinder die gleiche Ansauglänge<br />
ergaben. Einzelne Konstrukteure versahen<br />
dazu jeden Zylinder mit einer gesonderten,<br />
direkt vom Vergaser ausgehenden Leitung.<br />
Andere erzielten dieselbe Gleichmässigkeit<br />
der Gasweglängen durch geeignete Rohrverzweigungen.<br />
Trotzdem Hess der Lauf des<br />
Motors noch zu wünschen übrig. Man sah<br />
sich deshalb gezwungen, auch die qualitativ<br />
gleichmässige Beschaffenheit des Gasgemisches<br />
zu prüfen.<br />
Qualitative Zusammensetzung des Gemisches.<br />
Hier endlich fand man nun den grössten<br />
Hasen im Pfeffer liegen. Es stellte sich heraus,<br />
dass selbst mit den sonst günstigsten<br />
Ansaugrohrformen eine qualitativ gleichmässige<br />
Gasführung nicht möglich war. Während<br />
im einen Rohr oder in der einen Abzweigung<br />
das vom Vergaser gelieferte Gemisch durchaus<br />
unverändert blieb, stellte sich im andern<br />
Rohr oder der andern Abzweigung unfehlbar<br />
starke Benzinkondensation ein, die wieder<br />
ganz unberechenbare Folgen hatte. Einzelne<br />
Zylinder erhielten dann ein richtiges Gemisch,<br />
andere aber ein zu benzirtarmes und dritte ein<br />
zuebenzinreiches Gemisch.<br />
Die Vergasereinstellung musste so getroffen<br />
werden, dass auch die am schwächsten<br />
mit Brennstoff versorgten Zylinder noch arbeitsfähig<br />
blieben. Die gleiche Einstellung<br />
ergab dann aber für die normal versorgten<br />
Zylinder eine Uebersättigung und für die<br />
schon übersättigten Zylinder direkt eine<br />
Ueberschwemmung. Der Benzinverbrauch<br />
des Motors wurde anormal hoch.<br />
Die Strömungsverschiedenheiten.<br />
Die weitere Forschung bezweckte nun die<br />
Feststellung der Ursachen für die Veränderungen<br />
der Gemischzusammensetzung in den<br />
Leitungszweigen. Man baute Fenster und Beleuchtungsvorrichtungen<br />
in die Leitungen ein<br />
und untersuchte zunächst, an welchen Stellen<br />
Kondensation von Benzindämpfen eintritt. Als<br />
solche Stellen erwiesen sich dabei die Rohrquerschnitte<br />
mit den kleinsten Strömungsgeschwindigkeiten.<br />
Man mag die Saugleitung ausführen, wie<br />
man will, kann aber trotzdem nicht vermeiden,<br />
dass die Strömungsgeschwindigkeiten<br />
der Gase Veränderungen erleiden. Sind sämtliche<br />
Zylinder an einem einzigen Vergaser an-<<br />
geschlossen, so reissen sie die Gassäule be-j<br />
ständig hin und her, je nachdem bald hier,<br />
bald dort ein Ansaugen stattfindet. Das Pendeln<br />
der Gassäule tritt bei jeder Form der<br />
Saugleitung ein. Vor jedem Richtungswechsel<br />
steht aber die Gassäule einen Moment lans<br />
still. In diesem. Moment beträgt ihre Strömungsgeschwindigkeit<br />
ein Minimum und der<br />
Anlass zur Kondensation von Benzin ist gegeben.<br />
c) Niederschlagsbildung gegenüber dem Vergaser«<br />
anschluss.<br />
Beiin Vierzylindermotor treten in Anbe«<br />
tracht der Zündreihenfolge der Zylinder verdie<br />
Zylinder durch ein Rohr nach Schema a<br />
hältnismässig wenig Pendelungen auf. Sind<br />
verbunden, in dessen mittlerem Teil der Vergaser<br />
angeschlossen ist, und wirken die Zylinder<br />
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