E_1929_Zeitung_Nr.111
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AUTOMOBIL-REVUE<br />
<strong>1929</strong> — N» Hl<br />
Prosit Neujahr!<br />
Pfefferkuchen .<br />
Haselnüsse.<br />
Geschenklein suchen,<br />
Verlegene Kasse.<br />
Da bimmelt es.<br />
Prosit Neujahr!<br />
Wie wimmelt esl<br />
Selbst graues Hacn-<br />
Macht heut in Ausgelassenheit<br />
Und auch in Angetrunkenheit.<br />
Man schüttelt unbekümmert weiter,<br />
Fühlt sich als zeitgemässen Streiter,<br />
Und fängt das Neue ungestört ...<br />
Gleich frech und gleich verhühnert an.<br />
Wie man im Alten aufgehört.<br />
•.. Jochen.<br />
Was bringt 1930?<br />
Paris hat immer berühmte Hellseherinnen<br />
gehabt, die der neugierigen Welt prophezeiten,<br />
wie es um* die .Zukunft bestellt sein<br />
würde, und an deren Weissagekunst die<br />
Menschheit glaubte, auch wenn sich die Prophetinnen<br />
noch so oft geirrt hatten. Vor einem<br />
'Jahrhundert war es Madame Lenormand, die<br />
mit Karten arbeitete, dann kam Madame de<br />
iThebe an die Reihe, die schon etwas fortschrittlicher<br />
war und Geister beschwor, und<br />
heute ist es Madame Fraya, die vom Spiritismus<br />
nicht viel wissen will und sich lieber an<br />
die Sterne hält... auf ihre Weise!<br />
So erfahren wir denn von ihr, dass das Jahr<br />
1930 unter dem Zeichen von Saturn und Merkur<br />
stehen wird. Saturn bedeutet Enthaltsamkeit,<br />
Merkur Aktivität. Aber mit der Aktivität<br />
des Merkur scheint es nicht weit her<br />
zu sein. Denn Madame Thebe verrät uns,<br />
dass im nächsten Jahr überall ein wirtschaft-<br />
Lasst ans Silvestern!<br />
Von Füpschen.<br />
Einmal ist es Ostern im Jahre and einmal<br />
Silvester.<br />
Der letzte Zettel auf dem Kalender gut als<br />
besonderer Tag. Wenn um Zwölf» die<br />
Glocken das alte Jahr ausläuten, sieht man<br />
auf die verflossenen 365 Tage (366 bei einem<br />
Schaltjahr) und zählt die schwarzen von den<br />
weissen, spricht vom Glück in der Familie<br />
(« Wenn wir ja nur alle gesund sind *) und<br />
von den bösen Zeiten im Geschäft. (Hat überhaupt<br />
schon jemand am Jahresende nicht von<br />
schlechten Geschäften gesprochen?). Es gibt<br />
auch Gemüter, die, wenn obgenannte Glocken<br />
läuten, vor den Spiegel treten und ihre mattglänzende<br />
Hochebene betrachten und ihren<br />
Haaren und mit ihnen entschwundener Jugend<br />
nachtrauern. In stillen Häusern herrscht<br />
oft der Brauch, Blei zu giessen oder — was<br />
von vernünftiger Abfindung mit sich und der<br />
Welt zeugt — nach der Abendzeitung ins Bett<br />
zu gehen and Glocken und Blei zu verschlafen.<br />
Wer eingesehen hat, dass der Kalender<br />
wieder einmal von vorne beginnen mass, weil<br />
es nicht jedermanns Sache ist, die Tage endlos<br />
weiterzuzählen, und wer weiss, dass schon<br />
seine Urgrosseltern am Silvesterabend über<br />
die miesen Zeiten geschumpfen haben und dass<br />
es auch die Generationen der Zukunft nicht<br />
anders halten werden, wer das alles einsieht<br />
und weiss, schimpft über schlechtes Bier und<br />
schlechte Zigarren, aber nicht über schlechte<br />
licher Rückschlag eintreten werde, eine Weisheit,<br />
die man eigentlich nicht erst aus den<br />
Sternen zu lesen braucht Dasselbe kann<br />
man auch von dem Satz sagen, dass «Geld in<br />
jedermanns Denken die erste Stelle einnehmen<br />
wird». Dafür aber wird das neue Jahr<br />
ganz besonders die «geistige Entwicklung<br />
Zeiten. Denn gutes Bier and gute Zigarren<br />
gibt es and darum hat man auch sein totes<br />
Recht darauf.<br />
Für kluge Leute ist der Silvester ein Tag<br />
wie jeder andere, mit dem einzigen Unterschiede<br />
allerdings, dass sozusagen niemand<br />
ins Bett will, und da höhere Nachtstunden<br />
selbst in den stillsten Menschen Lärm zu entfachen<br />
pflegen, gehen auch die klugen Menschen<br />
am Silvester nicht ins Bett, woraus der<br />
grosse Absatz an Alkohol erklärlich ist. Die<br />
Amerikaner und Franzosen haben uns gelehrt,<br />
ddss die Silvesternacht sehr lustig sein kann.<br />
Schleppenkleider aus weissem Samt, frisch<br />
onduliertes Haar, Puder und schöne Zähne,<br />
kleine spitze Schuhe, Smoking und Chrysantheme,<br />
blankes Parkett, Saxophon und mattes<br />
Licht, kalte Platte und Champagner, Par-'<br />
iüm und Rauch... mit sotanen Kleinigkeiten<br />
werden gedankenlose Stunden gestartet.<br />
Den 1. Januar verbringt man dann mit<br />
einem Kopfe von gesteigerten Dimensionen in<br />
seinem stillen Kämmerlein. Alle Daseinsfreude<br />
ist dort, wo das Geld geblieben ist.<br />
Man steht am sieben Uhr abends auf, isst den<br />
obligaten Hering and fühlt, wenn man die<br />
Zehen in den Pantoffeln räkelt, dass man<br />
eigentlich ein ganz häuslicher Mensch sei.<br />
Und währenddem der Tee durch den bitteren<br />
Mund rinnt, beteuert man sich, dass es eben<br />
nur einmal im Jahr Silvester sei und dies<br />
Gott sei Dank.<br />
Ergo: Las st uns Silvestern!<br />
einer schönen, von Initiative überströmenden<br />
Jugend fördern».<br />
Schön ist es nicht, wenn Madame Fraya<br />
dann prophezeit, dass Unruhe, Nervosität<br />
und Hast die schon ohnehin unser Leben weit<br />
über das erträgliche Mass beherrschen, noch<br />
weiter zunehmen werden. Der « Kontakt mit<br />
dem ans umringenden Leben wird sehr er*<br />
mQdend sein, so dass unser Innenleben Jede<br />
Möglichkeit zum Nachdenken tmd Träume*<br />
verliert».<br />
Natürlich ist anch von der Liebe die Rede,<br />
weil das die Menschen immer besonders interessiert<br />
Es wird, meint Madame Fraya,<br />
sehr viel und sehr schnell geheiratet werden,<br />
aber das schnelle Heiraten sei keine Bürgschaft<br />
für die Dauerhaftigkeit der Ehe. Zarte<br />
Gefühle könnten überhaupt in einer Zeit, wo<br />
die geschäftlichen Sorgen alles beherrschen,<br />
nicht aufkommen. Dagegen würde die « physische<br />
Liebe» sich um so «stärker, elementarer,<br />
fieberhafter > äussern.<br />
Ein gemütliches Jahr wird 1930 also jedenfalls<br />
nicht werden.<br />
War etwa <strong>1929</strong> ein :« gemütliches > Jahr?<br />
Ein Cocktail 1930<br />
gefällig ?<br />
Ich wünsche: dass mir das nette Jahr an<br />
der Himmelsbar einen Cocktail mixen lässt,<br />
zu dem ich das Wunschrezept (genau nach<br />
Mass) gern angeben will. Es ist etwas anspruchsvoll,<br />
kompliziert und daher vielleicht<br />
kostspielig; ich bin aber überzeugt, dass den<br />
Prominenten der Menschheitsgeschichte noch<br />
vieL viel kostspieligere (auf Kosten der anderen!)<br />
kredenzt wurden. Aber ich lasse unter<br />
Umständen gegebenermassen vielleicht eventuell<br />
mit mir noch handeln, falls es sich aus<br />
lebensrätselhaften Gründen kausaler und<br />
transzendentaler Zusammenhänge wirklich<br />
1930 noch nicht gleich sofort auf der Stelle<br />
ermöglichen Hesse. Ich habe 34 Jahre gewartet,<br />
warum nicht noch ein Jährchen. Aber<br />
wenn — — — bitte sehr... ich verspreche,<br />
ganz langsam zu trinken, zu nippen... mit<br />
Verstand und Gefühl... und garantiere (Referenzen<br />
stehen zur Verfügung), dass ich<br />
sehr vid vertrage.<br />
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«Man» fülle den Shaker mft 3em Eis<br />
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