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E_1931_Zeitung_Nr.079

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N° 79 - <strong>1931</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />

Luftfakvt<br />

Ein Pionier des Segelfluges.<br />

Wir sehen am Beispiel der zurückliegenden<br />

Jahrzehnte und Jahrhunderte, wie oft<br />

sich zu allen Zeiten geradezu mit Naturgesetzlichkeit<br />

der Vorgang wiederholt hat,<br />

dass die Besten unter den schöpferischen<br />

Geistern dieser Erde nicht von ihren Mitmenschen,<br />

sondern erst von ihrer Nachwelt<br />

den Dank für das ernteten, was sie mit ihrem<br />

Wirken der Menscheit geschenkt hatten.<br />

Mit diesem Gefühl einer noch nicht beglichenen<br />

Schuld erinnern wir uns an Otto<br />

Lilienthal, den genialen Vorkämpfer für den<br />

Gedanken des Segelfluges. Am 10. August<br />

jährte sich zum fünfunddreissigstenmal der<br />

Tag, an dem er sein Leben einer Idee zum<br />

Opfer brachte, deren Grosse damals nur<br />

ganz wenige seiner Zeitgenossen zu würdigen<br />

wussten.<br />

Heute wissen wir, wie unerhört fruchtbar<br />

diese Idee war, und wir bewundern diePlanmässigkeit,<br />

mit der ihr Schöpfer seinem<br />

hochgesteckten Ziele zustrebte von jenen<br />

Tagen an, in denen er, noch ein Knabe, auf<br />

dem Boden des elterlichen Hauses in Anklam<br />

sein erstes Flugzeug gemeinsam mit seinem<br />

Bruder zusammenbaute. Kein Flugzeug allerdings<br />

in unserem Sinne; es war vielmehr<br />

nur ein Flügel, den Lilienthal zu handhaben<br />

gedachte wie der Vogel sein Gefieder. Denn<br />

der Vogelflug war sein Vorbild und er ist es<br />

in allen Entwicklungsstufen seiner Lebensarbeit<br />

geblieben. Tief durchdrungen von dem<br />

Wunder dieser einzigartigen, bisher von keiner<br />

Technik erreichten Kräfteökonomie, widmete<br />

Lilienthal Jahre hindurch sein ganzes<br />

Studium dem Ergründen ihrer Bedingungen,<br />

bis seine Vorstellung von ihnen soweit in<br />

ihm gereift war, dass er sie in seinem Werk<br />

«Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst<br />

> niederlegen konnte. Die Abhandlung<br />

sollte entscheidende Bedeutung erlangen für<br />

den späteren Ausbau des Flugwesens; denn<br />

wenn diese sich auch zunächst in vielfach<br />

anderen als den von Lilienthal vorgezeichneten<br />

Bahnen vollzog, so hat sie doch überaus<br />

wichtige Ansatzpunkte für eine wissenschaftliche<br />

Aerodynamik geschaffen; die Untersuchungen<br />

des Kräftespieles an den Tragflächen<br />

und der Einflüsse des Profils sind<br />

auch für den Motorflug richtungweisend geworden.<br />

Es ist wenig bekannt, dass Lilientha] selbst<br />

den Gleitflug nur als Vorstufe des Motorfluges<br />

betrachtete. Allerdings war sein Ziel niemals<br />

das Propellerflugzeug, sondern der<br />

Schwingenflieger, der sich in seiner Arbeitsweise<br />

wieder dem Vogel, dem vollendeten<br />

Beherrscher des Luftmeeres, anpassen sollte.<br />

Ein Kohlensäuremotor war die Antriebsquelle<br />

und seine Kolbenstösse hatten den<br />

mechanischen Flügelschlag auszulösen. Tatsächlich<br />

glückte dieser Versuch, und Lilienthal<br />

schöpfte aus seinem Gelingen den Mut,<br />

den eingeschlagenen Weg mit einem verbesserten<br />

Apparat weiterzuverfolgen. Da ereilte<br />

ihn noch vor dessen Vollendung der tragische<br />

Fliegertod.<br />

Waren es auch nicht viele, denen damals<br />

bewusst wurde, welche Hoffnungen mit Lilienthal<br />

zu Grabe getragen waren, so hat<br />

die Vorsehung doch immerhin dafür gesorgt,<br />

dass diese wenigen seine Ideen nicht nur<br />

würdigten, sondern auch weiterführten. Die<br />

Brüder Wright haben stets anerkannt, dass<br />

sie Lilienthal die Anregung zu ihrem Flugzeug<br />

verdankten, in Amerika war es Chanutte,<br />

in Frankreich Ferber, in England Pilcher,<br />

in Wien Ettrich, die sein Erbe antraten<br />

und damit zu Vorkämpfern des Gleit- wie<br />

des Motorfluges wurden. Lange Zeit schien<br />

dann das Propellerflugzeug die Lösung des<br />

Problems zu verkörpern, bis plötzlich nach<br />

Kriegsende mit unerhörter Begeisterung die<br />

akademische Jugend in Deutschland, die<br />

Entwicklung scheinbar zurückschraubend,<br />

unmittelbar dort anknüpfte, wo Lilienthals<br />

Bahn abbrach. Eine grossangelegte Segelflugbewegung<br />

entstand. Die Rhön und die<br />

kurische Nehrung wurden die Mittelpunkte,<br />

an denen sich eine neue Fliegergeneration<br />

sammelte. Waren es 1927 noch 1000, so waren<br />

es 1930 bereits 7000, die sich der Kunst<br />

des motorlosen Fluges verschrieben hatten.<br />

Zu welcher Vollendung sie sie geführt haben,<br />

wissen wir. Ein Streckenflug: von mehr<br />

als 250 Kilometer Länge, eine Flugzeit von<br />

14 Stunden, ein Höhenrekord von 2600 Meter<br />

und eine grosse Zahl von Zielflügen, von<br />

denen unter anderm die Ueberquerung des<br />

Kanals noch in frischer Erinnerung ist, kennzeichnen<br />

einige der Gipfelleistungen die sich<br />

an die Namen Schulz, Grönhoff, Fuchs, Hirth<br />

und nicht zuletzt an den des hervorragenden<br />

österreichischen Segelfliegers Kronfeld knüpfen.<br />

Unter ihrer Führung ist der Segelflug<br />

unter Wolken und vor Kaltluftfronten erschlossen<br />

und seine Methodik überhaupt auf<br />

neue Grundlagen gestellt worden. Die Frage<br />

nach seinem praktischen Wert aber hat längst<br />

ihre Antwort gefunden, seit die moderne<br />

An der Spitze<br />

der Qualitäts-Automobile stehen heute noch die<br />

dazu so aussergewöhnllch vorteilhaft Im Preis,<br />

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Aerodynamik und die Meteorologie dem Segelflug<br />

eine Fülle wertvollster Erkenntnisse<br />

verdanken und sowohl der Bau wie die navigatorische<br />

Beherrschung auch der Motorflugzeuge<br />

von der Wissenschaft des Segelfluges<br />

her entscheidende Förderung erhielt.<br />

Die Haut des Fliegers. Die wissenschaftliche<br />

Experimentaizergliederung der Hautsinne<br />

hat drei Sinnesapparate aufgezeigt, den<br />

Druck-, Schmerz- und Temperatursinn, deren<br />

Empfänger mosaikartig die Körperoberfläche<br />

des Menschen besetzen. Während die Bedeutung<br />

des Temperatur- und Schmerzsinnes<br />

für das Fliegen nicht über diejenige beim<br />

Bodenmenschen hinausgeht, spielt der Drucksirin<br />

der Haut, der Tastsinn im engern Sinne,<br />

beim Fliegen eine bisher nicht genügend beachtete<br />

Rolle als Lieferant von Empfindungsmaterial<br />

für die Orientierung im Luftraum.<br />

Die spezifischen Nerven dieses Sinnesorganes<br />

sind auf der behaarten Haut feine, die<br />

Haarwurzeln kranzartig umspinnende Nervengeflechte<br />

und an den Tastflächen die sogenannten<br />

Meissnerschen Tastkörperchen.<br />

Pro Quadratzentimeter hat der Mensch etwa<br />

20—30 solcher Nervenendigungen. das ergibt<br />

für die ganze Körperoberfläche rund eine halbe<br />

Million. Gemäss den Forschungsergebnissen<br />

des Würzburger Physiologen von Frey<br />

und seiner Schule reagiert das Sinnesorgan<br />

auf Deformierungen der Haut mit Druckund<br />

Zugempfindungen oder Belastungs- und<br />

Entlastungsempfindungen'. Sehr wichtig ist,<br />

dass bei konstantem Druck die Empfindung<br />

verblasst.<br />

Beim Fliegen werden diese Effekte (Belastungen,<br />

Entlastungen und TangentiaJverschiebungen<br />

der Haut) hervorgerufen durch<br />

die positive und negative progressiv und<br />

Winkelbeschleunigungen. Die hieraus sich<br />

ergebenden Empfindungen unterstützen im<br />

weiten Masse die Wahrnehmungen von Seiten<br />

des Gleichgewichtsapparates. Beispiele<br />

aus dem Krieg, wo man bei ausgezeichneten<br />

Kampffliegern einen pathologischen Gleichgewichtsapparat<br />

feststellte, legen es nahe,<br />

dass ein anderes Sinnesorgan diesen in der<br />

Bewegungswahrnehmung bis zu einem gewissen<br />

Grade ersetzen kann, und hierfür<br />

kommt der Drucksihn in Frage. Bis zu welcher<br />

Feinheit seine Empfindlichkeit sich entwickeln<br />

kann, zeigt der FaD der taubstummen<br />

Helen Keller. Auch die feinen Vibrationen<br />

der Maschine werden durch den Drucksinn<br />

wahrgenommen, so dass er neben dem<br />

Gehörsinn als sinnesphysiologischer Wächter<br />

des Motors angesehen werden kann. Auch<br />

bei den Vögeln dürften die Drucksinnesnerven<br />

der Haut einen wesentlichen Bestandteil<br />

der anatomischen Unterlage des sogenannten<br />

« Flugsinnes » darstellen. Ihre Schwungfedern<br />

sind gleichzeitig Spürfedern. Ein Segelflieger<br />

mit gelähmten Hautnerven ist nicht<br />

denkbar. Man prüfte auch die Empfindlichkeit<br />

des Drucksinnes gegen Sauerstoffmangel<br />

und fand eine Abstumpfung desselben<br />

bei einem Sauerstoffdruck, wie er in einer<br />

Höhe von etwa 8000 Metern herrscht Aucl»<br />

übermässige Kälte vermindert seine Schärfe,<br />

Die Bedeutung des Drucksinnes beim Fliegen,<br />

der Wert der von ihm vermittelten Empfindungen,<br />

den die Flieger übrigens schon<br />

lange, wie aus dem Sprachschatze der Flieger<br />

hervorgeht, erfahrungsgemäss richtig erkannt<br />

haben, sind nicht hoch genug zu veranschlagen.<br />

Von diesem Gesichtspunkt aus<br />

erhält auch die Vergurtung des Fliegers beim<br />

Kunstflug eine besondere sinnesphysiologische<br />

Note.<br />

Der Linienverkehr auf dem Plugplatz Bern, im<br />

Sommer <strong>1931</strong> nahm der Linienverkehr auf de»<br />

Flugplatz Bern-Belpmoos, dein jüngsten der schweizerischen<br />

Zollflugpiütze, folgende günstige Entwicklung:<br />

Monat Flug- Passa- Post Fracht un-d,<br />

kurse giere Gepäck<br />

Mai 203 247 1138.5 kg 2552,4 kg<br />

Juni 205 312 1166,5 k« 3009,0 kg<br />

Juli 201 355 1108,6 kg 3446,4 kg<br />

August 200 503 1009,3 kjf 4290,4 kg<br />

Auf die Zahl der Flugkurse umgerechnet, isl<br />

gegenüber der entsprechenden Epoche des Vorjahres<br />

eine Zunahme des Passagierverkehrs von zirka<br />

15% und des Frachtverkehrs von zirka 20% eu<br />

verzeichnen.<br />

Ein Segelfliegerlager bei Rigglsberg. Sie Segelfliegergruppe<br />

des Berner Aeroclubs, die während<br />

des vergangenen Sommers jeweils ihre Uebungen<br />

Samstags und Sonntags auf dem Betpmoos durchführte,<br />

bezieht am Freitag für zehn Tage ein Lager<br />

(Fortsetzung siehe Seite 11)<br />

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Die Schweiz. Zollflugplätze I. Klasse Im Monat<br />

August <strong>1931</strong>. Die Schweiz. Zollflugplätze I. Klasse<br />

wiesen im Monat August <strong>1931</strong> folgende Frequenz-<br />

Ziffern auf:<br />

Basel- Zürich- Genf-<br />

Birsfelden Oübendorf Cointrir<br />

Flüge auf Linien 590 544 416<br />

Zahlende Linienpassagiere<br />

1.379 1.479 709<br />

Post in kg 22.684

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