E_1933_Zeitung_Nr.003
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BP 5 - <strong>1933</strong><br />
Die Welterdölwirtschaft<br />
vor neuen Aufgaben»<br />
Das abgelaufene Wirtschaftsjahr war<br />
für die Welterdölindustrie von grosser Bedeutung.<br />
Will man sich die wichtigsten<br />
Vorgänge in der Petroleumwirtschaft während<br />
des Krisenjahres 1932 näherbringen,<br />
so ist es am besten, wenn man diese ereignisreiche<br />
Periode durch die internationalen<br />
Konferenzen absteckt. Im Mai tagte<br />
in New York die erste Petroleumkonferenz,<br />
gefolgt von solchen in den Monaten<br />
Juli, September und Dezember in Paris.<br />
Diese Besprechungen sind die Etappen,<br />
welche der Weltpetroleumindustrie die<br />
Zielrichtung für eine bessere Zukunft<br />
weisen sollen. Nur dann kann man die<br />
Zusammenkünfte und Beratungen der<br />
grossen anglo-amerikanischen Konzerne<br />
untereinander einerseits, mit den Rumänen<br />
und Bussen anderseits, erkennen,<br />
wenn man sich die Interessengegensätze<br />
und Wettbewerbskämpfe während den<br />
Vorjahren in ihrer ganzen Schärfe vergegenwärtigt.<br />
Das Jahr 1931 war mit einem trostlosen<br />
Ausblick zu Ende gegangen. Damals hatten<br />
die Preise auf dem Weltmarkt einen<br />
nie erlebten Tiefstand erreicht. Um die<br />
Produktion in den Vereinigten Staaten<br />
von Amerika nur einigermassen in geregelte<br />
Bahnen lenken zu können, bedürfte<br />
es militärischer Intervention. Dank obrigkeitlicher<br />
Massnahmen erfuhr die Förderung<br />
in den Feldern von Osttexas und<br />
Oklahama eine gewisse Einschränkung.<br />
Angesichts der grossen Vorräte und des<br />
einsetzenden Konsumrückganges reichte<br />
die Drosselungsaktion nicht aus, um eine<br />
Stabilisierung der Märkte zu erzielen. In<br />
Europa tobte sich die Schleuderkonkurrenz<br />
Sowjetrusslands und Rumäniens aus<br />
und verwandelte das Preisgebäude in den<br />
Ländern der alten Welt in einen Trümmerhaufen.<br />
Inmitten dieser trostlosen Situation<br />
musste bei den Führern der Petroleumindustrie<br />
die Erkenntnis reifen, dass man<br />
nur durch internationale Zusammeüarbeit<br />
wieder zu erträglichen Verhältnissen zurückkehren<br />
könne, und dass ein Kampf<br />
aller gegen alle auch den Untergang der<br />
finanziell bestgefügtesten Petroleummacht<br />
nach sich ziehen müsste. Schon im Herbst<br />
1931 hatte Ingenieur Kessler, Direktor der<br />
Royal-Dutch-Shell, seinen bekannten Restriktionsplan<br />
entwickelt. Seine Durchführung<br />
scheiterte aber an der Antitrustgesetzgebung<br />
der Vereinigten Staaten. Im<br />
Frühjahr 1932 unterbreitete Kessler eine<br />
verbesserte Auflage seines Projektes, wobei<br />
auch Russland in die Restriktionspläne<br />
miteinbezogen wurde. Bei dem damaligen<br />
Zustand der Erdölmärkte Hess<br />
aber auch der neue Plan sich nicht verwirklichen.<br />
Trotzdem sind ohne Zweifel<br />
,Ton ihm starke, psychologische Wirkungen<br />
ausgegangen. Wenn schon kurze Zeit<br />
darauf im Mai 1932, auf Anregung der<br />
Standard Oil Comp. of New York und der<br />
Vacuum Oil Comp. die Konferenz der<br />
Grossproduzenten mit den Sowjetrussen in<br />
New York zustande kam, so hatten nicht<br />
zuletzt die Ideen Kesslers den Boden für<br />
dies« wichtige Aussprache vorbereitet.<br />
Es war verständlich, dass die Konferenz<br />
Yon New York ohne sichtbares Resultat<br />
bleiben musste, doch brachte sie erstmals<br />
die noch vor kurzem erbittert sich bekämpfenden<br />
Gegner an den Verhandlungstisch.<br />
Wie erinnerlich, hatten die<br />
sowjetrussischen Delegierten Forderungen<br />
gestellt, welche die Gegenseite unmöglich<br />
erfüllen konnten. Aber auch insofern<br />
brachte diese Konferenz 1 einen bedeutenden<br />
Fortschritt, als sie die Grenzen und<br />
die schwachen Stellen der russischen<br />
Oelexpansion deutlich hervortreten liess.<br />
Als besonderes Aktivum der internationalen<br />
Erdölwirtschaft brachte sie die Einigung<br />
der grossen amerikanischen und<br />
englisch-niederländischen Erdölkonzerne<br />
über die grundsätzlichen Fragen kooperativen<br />
Vorgehens im Kampfe gegen die<br />
Unterhöhlung des Welterdölmarktes. Leitender<br />
Grundsatz war die Eindämmung<br />
der Produktion durch freiwillige Drosselungsmassnahmen<br />
und rationellere Bohrund<br />
Fördertätigkeit mit der Zielsetzung<br />
einer besseren Anpassung der Ausbeute<br />
an den Konsum.<br />
Was in den Verhandlungen mit den<br />
Russen in New York nicht gelingen<br />
wollte, führte in den verschiedenen Pariser<br />
Besprechungen mit den rumänischen<br />
Petroleumdelegierten zum Erfolg. Bekanntlich<br />
wurde die rumänische Ausfuhr<br />
auf die Basis der Exporte in der Zeit von<br />
Mitte 1931 bis Mitte 1932 kontingentiert<br />
und dementsprechend für dieses Land eine<br />
Tagesausbeute von 18,500 t Rohöl festgesetzt.<br />
Die am 1. Januar <strong>1933</strong> in Kraft getretenen<br />
Abmachungen haben vorerst für<br />
eine Anlaufzeit von 3 Monaten Gültigkeit.<br />
Schon heute wird jedoch damit gerechnet,<br />
dass sie über diese Frist hinaus verlängert<br />
werden, sind doch die führenden Grosskonzerne<br />
in Rumänien massgebend finanziell<br />
interessiert. Die nächste, nicht minder<br />
schwierige Aufgabe dürfte darin bestehen,<br />
anch mit Sowjetrussland auf dem<br />
Gebiete der Erdölpolitik zu einer Einigung<br />
zu gelangen. Bereits lässt die in den<br />
letzten Monaten mehrfach bekundete Bereitschaft<br />
der Russen darauf schliessen,<br />
dass man in Moskau nicht abgeneigt ist,<br />
durch Zusammenarbeit mit den andern<br />
Oelgruppen den selbstzerfleischenden<br />
Preiskämpfen ein Ende zu machen.<br />
Eine gewisse Stütze finden diese freundlicheren<br />
Perspektiven für eine Verständigung<br />
unter den Grossinteressenten der internationalen<br />
Erdölwirtschaft auch in der<br />
statistischen Verfassung der Oelmärkte.<br />
Die Welterdölproduktion hat, vorläufigen<br />
Berechnungen zufolge, im abgelaufenen<br />
Jahre einen Rückgang von 1369 Mill. Fass<br />
auf 1300 Mill. Fass (186 Mill. t) erfahren.<br />
Somit wurden im abgelaufenen Jahre ungefähr<br />
70 Mill. t Erdöl weniger gefördert.<br />
Von kleineren Ausmassen abgesehen, haben<br />
im letzten Jahre alle wichtigen Förderländer<br />
die Rohölproduktion weiter gedrosselt.<br />
Erstmalig in der Nachkriegsperiode<br />
hat sich auch die sowjetrussische<br />
Petroleumproduktion dieser Entwicklung<br />
angeschlossen, und nur Rumänien, das im<br />
ersten Semester, 1932 seine Förderquantitäten<br />
mit Erfolg eingeschränkt hatte,<br />
wird durch den plötzlichen Wiederanstieg<br />
der Produktion in der zweiten Jahreshälfte<br />
ein Plus gegenüber 1931 aufweisen.<br />
Die Verkehrsschrumpfung auf der ganzen<br />
Erde macht es verständlich, dass mit<br />
der niedrigeren Produktion allerdings<br />
auch ein ständig sich verringernder Verbrauch<br />
einhergeht. Abgesehen von den<br />
verschiedenen Kriseneinflüssen ist diese<br />
Verbrauchs - Schrumpfung mehrheitlich<br />
durch die enorme Besteuerung des Automobilverkehrs<br />
verursachte Die fiskalischen<br />
Belastungen der Mineralöle, in erster<br />
Linie des Benzins als hauptsächlichster<br />
Automobiltriebstoff, haben sich in<br />
den letzten Jahren zu einer schweren Gefahr<br />
für die gedeihliche Entwicklung der<br />
Erdölindustrie ausgewachsen. Um so bedrohlicher<br />
sind diese' Belastungen in ihren<br />
Auswirkungen, als die durch Zölle und<br />
sonstige Abgaben gesteigerten Preise in<br />
den Verbraucherländern das Entstehen<br />
von autarkischen «Ersatzindustrien» begünstigt.<br />
Die Produkte dieser Industriezweige<br />
müssen das natürliche Absatzgebiet<br />
der Erdölproduktion noch mehr einengen<br />
und die Rückkehr zu erträglichen<br />
Verhältnissen auf den Erdölmärkten weiterhin<br />
erschweren.<br />
Da und dort zeigen sich, wie oben bereits<br />
erwähnt, schmale Silberstreifen, die<br />
der Petroleumindustrie zu Beginn des<br />
Jahres <strong>1933</strong> den Weg für ihren Aufbau<br />
weisen können. Sie dürfen aber nicht<br />
über die schweren Wetterwolken hinwegtäuschen,<br />
die noch immer den Horizont<br />
der internationalen Erdölwirtschaft bedecken.<br />
Gewaltige Anstrengungen wird<br />
es noch kosten, ehe es der Petroleumindustrie<br />
gelingt, aus der Gefahrzone herauszukommen<br />
und denjenigen Punkt zu erreichen,<br />
an dem eine jahrelange Verlustwirtschaft<br />
liquidiert und eine Periode der<br />
gebesserten Rentabilität beginnen kann.<br />
Wy.<br />
Der englische Automobil-Aussenhandel beeinflusst<br />
nach wie vor die Handelsbilanz in<br />
günstigem Sinne. Der Exportüberschuss betrug<br />
im Monat November 570 000 Pfd. In den<br />
ersten elf Monaten des Jahres wurden für<br />
4,05 Mill. Pfd. mehr Motorfahrzeuge und Zubehöre<br />
in das Ausland geliefert, als aus fremden<br />
Ländern nach England importiert werden<br />
konnten. Dieses günstige Resultat war<br />
möglich, weil der Import um weitere 416 000<br />
Pfund gedrosselt wurde. Innerhalb des vergangenen<br />
Jahres haben sich nicht unwesentliche<br />
Verschiebungen im britischen Exportmarkt<br />
ergeben. Irland trat als Absätzgebiet<br />
sehr stark zurück und der-Wert des englischen<br />
Exportes nach dort sank um mehr als<br />
eine Viertelmillion Pfund. Dagegen belebte<br />
sich das Geschäft nach Südafrika, Britischindien<br />
und Australien in ganz beträchtlichem<br />
Masse. Auch nach dem europäischen Kontinent<br />
konnten für über 600 000 Pfd. mehr<br />
Personenwagen geliefert werden. z.<br />
Die amerikanische Automobilproduktion<br />
bezifferte sich im Monat November, nach<br />
einer vorläufigen Zusammenstellung der<br />
Nationalen Automobilhandelskammer, auf<br />
61 216 Fahrzeuge. Damit bleibt die Fabrikation<br />
zwar noch 12,8 Prozent unter derjenigen<br />
des gleichen Monats im Vorjahr. Sie<br />
weist aber gegenüber dem Monat Oktober<br />
1932 einen Vorsprung von 18 Prozent auf.<br />
Von Januar bis und mit November wird die<br />
nordamerikanische Produktion mit 1,23 Millionen<br />
Fahrzeugen angegeben, womit sie um<br />
43,6 Prozent unter dem Ergebnis »des Vorjahres<br />
zurückbleibt. z.<br />
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