E_1933_Zeitung_Nr.090
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N° 90 - <strong>1933</strong> ÄUTOMOBIL-REVüE<br />
Sportnachrichten<br />
Die Gestaltung<br />
der nächstjährigen Saison.<br />
Kaum ein Tag vergeht, der nicht, von neuen<br />
überraschenden Rennfahrerplänen meldet.<br />
Noch kein Jahr interessierte man sich so für<br />
die kommende Saison, wie in diesem Herbst.<br />
Ueppiger als je blühen die Gerüchte, die von<br />
ganz phantastischen Projekten der Fahrer<br />
wissen wollen. Kaum eine Nachricht ist in<br />
der letzten Zeit aufgetaucht, die nicht ebenso<br />
prompt wieder dementiert worden ist. Indirekt<br />
ist diese ganze aufgeregte Geschäftigkeit<br />
und dieses Hin- und Herraten ein<br />
Zeichen für die Bedeutung der kommenden<br />
Saison, in der mit ganz neuen Waffen gekämpft<br />
wird.<br />
Um so erfreulicher ist es für den Sportchronisten,<br />
nach unzähligen Vermutungen<br />
wieder einmal von Tatsachen sprechen zu<br />
können. Wie wir vernehmen, ist Ende letzter<br />
Woche zwischen Varzi und Enzo Ferrari<br />
dem Leiter der «Scuderia Ferrari», der definitive<br />
Vertrag abgesclossen worden, der<br />
Varzi für das ganze nächste Jahr in die<br />
Dienste des italienischen Rennstalles stellt.<br />
Für die Eingeweihten ist dieser Uebertritt<br />
Varzis von Bugatti zu Ferrari keine Ueberraschung<br />
mehr. Schon gegen Ende der Saison<br />
<strong>1933</strong> versuchte man mehr als einmal<br />
Varzi mit einem Alfa Romeo-Monoposto der<br />
«Scuderia Ferrari» starten zu lassen. Ettore<br />
Buigatti, in dessen Diensten damals Varzi<br />
noch stand, nahm es aber mit den vertraglichen<br />
Bestimungen sehr genau und Hess keinen<br />
probeweisen Start von Varzi auf fremden<br />
Maschinen zu. Beim Training zum Grossen<br />
Preis von Italien weilte Varzi ebenfalls<br />
in Monza und dort versuchte er erstmals einen<br />
Alfa Romeo-Monoposto. Seit anfang<br />
September <strong>1933</strong> stand er bereits mit Ferrari<br />
in Unterhandlungen, die nun zum guten Abschluss<br />
gekommen sind. Varzi ist bis jetzt<br />
^r einzige, mit dem Ferrari einen Vertrag<br />
^geschlossen hat. Welche anderen Fahrer<br />
er für 1934 sonst noch anwerben wird, steht<br />
durchaus offen. Es wird jedoch versichert,<br />
dass die Scuderia Ferrari 1934 stärker als<br />
je in den Kampf eingreifen werde. Die voraussichtlichen<br />
weiteren Mitglieder des Rennstalles<br />
dürften Fagioli, Brivio. Siena, Comotti<br />
und Trossi sein. Bekanntlich verfügt die Scuderia<br />
über die sechs Alfa Romeo-Monoposto,<br />
die letztes Jahr zu sagenhaften Erfolgen kamen.<br />
Der italienische Rennstalleiter wird<br />
1934 an 48 Rennen vertreten sein. Varzi ist<br />
zum Führer der Equipe ernannt worden, die<br />
auch 1934 wieder sehr gefährlich werden<br />
dürfte.<br />
In Italien nimmt man den verlorenen Sohn,<br />
den man vor drei Jahren mit sehr gemischten<br />
Gefühlen nach Frankreich ziehen Hess,<br />
mit offenen Armen auf. Das Können Varzis<br />
ist zu gross, als dass man daran gedacht<br />
>ätte, dem Abtrünnigen, über den man sei-<br />
?*-:rzeit sehr erbost war, die Heimkehr schwer<br />
zu machen. Im Gegenteil: die italienische<br />
Presse bewillkommt Varzi aufs herzlichste<br />
und sieht in seinem Eintritt bei Ferrari eine<br />
neue Stärkung der italienischen Position im<br />
Automobilsport. Als Grund des Austrittes<br />
von Varzi aus der Bugatti-Equipe wird in erster<br />
Linie die Tatsache angegeben, dass<br />
Varzi als Italiener die Farben eines französischen<br />
Hauses verteidigen musste. Seine<br />
ständige Gegnerschaft gegen seine eigenen<br />
Landsleute machte ihm schliesslich das längere<br />
Verbleiben bei Bugatti zur Unmöglichkeit.<br />
Es sei nicht verschwiegen, dass der aktive<br />
und trotz seines eher kalt scheinenden<br />
Wesens sehr impulsive Varzi die verschiedenen<br />
Misserfolge, die er in den letzten<br />
Jahren bei europäischen Rennen erlebt hat,<br />
nicht ohne weiteres verschmerzte und nun<br />
sein Heil anderswo sucht.<br />
Die wildesten Gerüchte betreffen immer<br />
noch Tazio Nuvolari, dessen Anhänger scheinbar<br />
mehr wissen als Nuvolari selbst. Jedenfalls<br />
sind schon eine ganze Reihe von Versionen<br />
bekannt geworden, die immer wieder<br />
nach einiger Zeit sich als falsch erweisen.<br />
Kaum war Nuvolaris Plan, 1934 als Einzelfahrer<br />
mit Unterstützung von Alfa Romeo zu<br />
fahren, bekannt geworden, als man wieder<br />
das gerade Gegenteil erfuhr. Wie nämlich<br />
vor allem französische <strong>Zeitung</strong>en berichten,<br />
werde Nuvolari die fünf internationalen Grossen<br />
Preise von Deutschland, Belgien, Italien,<br />
Frankreich und Monaco als Bugatti-Fahrer<br />
bestreiten. An den übrigen Rennen der Saison<br />
soll Nuvolari nach dieser Version als Einzelfahrer<br />
teilnehmen, ausgenommen die Tourist<br />
Trophy in Irland, an der er wieder mit<br />
einem M. G. starten werde. Wir veröffentlichen<br />
diese Meldungen mit allem Vorbehalt,<br />
da noch keine offizielle Bestätigung vorliegt.<br />
Es kann aber damit gerechnet werden, dass<br />
sich das ganze hartnäckige Gerücht neuerdings<br />
als falsch erweist, doch dann dürfte<br />
man endlich an die Adresse jener unverantwortlichen<br />
Stellen, die stets derartige Falschmeldungen<br />
in die Welt setzen, das dringende<br />
Ersuchen richten, in Zukunft mit dem Herumbieten<br />
von solchen Gerüchten etwas vorsichtiger<br />
zu sein.<br />
Ganz im Ungewissen sind bis zum Augenblicke<br />
noch jene paar Piloten, die im nächsten<br />
Jahre als Einzelfahrer auf Alfa Romeo-<br />
Monoposto fahren möchten. Wir haben bereits<br />
vor kurzer Zeit darauf hingewiesen,<br />
dass Alfa Romeo bis jetzt keinerlei Angaben<br />
über die genauen Lieferfristen der Monoposti<br />
machen konnte, sodass die Fahrer nooh keine<br />
Ahnung haben, ob sie wirklich die ganze Saison<br />
aiuf einem neuen Alfa Romeo bestreiten<br />
können. Das Pariser «Auto» hat sich zum<br />
Wortführer dieser Piloten gemacht und forderte<br />
schon wiederholt Klarheit gegenüber<br />
den Fahrern, damit diese die Situation klar<br />
übersehen können. Alfa Romeo bestätigte<br />
wohl die Konstruktion einiger Monoposto-<br />
Wagen, doch nahm die Firma noch keine definitiven<br />
Bestellungen entgegen. Einerseits<br />
wünschen die in Betracht kommenden Fahrer<br />
natürlich sehr stark, in den Besitz eines<br />
Monopostos der Mailänder Firma zu kommen,<br />
und anderseits befinden sie sich wegen<br />
der Unkenntnis der Auslieferungsmöglichkeit<br />
in böser Verlegenheit. Da man fürchtet, diese<br />
Piloten werden unter Umständen einen Teil<br />
der Saison versäumen, hat man in Frankreich<br />
die erwähnten Angriffe gegen die Mailänder<br />
Firma unternommen.<br />
FÜR JEDES<br />
AUTO DEN<br />
GEEIGNETEN<br />
PNEU<br />
Für die Mille Miglia, die im nächsten April<br />
bereits zum achtenmal stattfinden wird,<br />
macht sich schon wieder grosses Interesse<br />
bemerkbar. Bekanntlich beteiligten sich an<br />
dem letzten italienischen Rennen auch englische<br />
Fahrer auf englischen Maschinen. Sie<br />
schnitten ganz überraschend gut ab und machten<br />
damit die Mille Miglia in England ausserordentlich<br />
populär. Schon jetzt ist die Beteiligung<br />
von vier englischen Marken an dem<br />
Rennen von Brescia sichergestellt. M.G. wird,<br />
wie in diesem Jahre, mit den siegreichen<br />
1100-ccm-Maschinen aufrücken, die den Fahrern<br />
Lord Howe, Hamilton und Hüll anvertraut<br />
werden. Weiterhin werden an der Mille<br />
Miglia voraussichtlich auch Frazer Nash,<br />
Riley und Aston-Martin zu sehen sein, Chef<br />
der Riley-Equipe wird Eyston sein und Führer<br />
der Aston^Martin-Mannschaft Penn Hughes<br />
und der Italiener Bertelli. Ueber die<br />
Zusammensetzung der Frazer Nash-Equipe<br />
weiss man noch nichts Genaues. Alle drei<br />
Marken werden in der Klasse 1500 ccm starten.<br />
In Italien ruft man angesichts einer solchen<br />
starken englischen Beteiligung zur Vorsicht<br />
auf, um sich triebt das Primat entreissen<br />
zu lassen.<br />
bo.<br />
Ein grosser Schweizer Erfolg.<br />
Der Zürcher Riiesch schlägt den Weltrekord<br />
des Kilometers mit stehendem Start.<br />
Zu den vielversprechendsten Anwärtern<br />
auf zukünftige Meisterehren gehört auch der<br />
junge Zürcher Rüesch, der seit noch nicht<br />
allzulanger Zeit sich im In- und Auslande an<br />
Rennen versucht hat. Noch dürfte sein Abschneiden<br />
bei den letzten Mille Miglia in Erinnerung<br />
sein, wo Rüesch gegen stärkste<br />
italienische Konkurrenz auf den 6. Platz des<br />
Gesamtklassements kam. Von jenem Augenblick<br />
an richtete man sein besonderes Augenmerk<br />
auf diesen Jungen Fahrer, der auch<br />
während des ganzen Jahres den in ihn gesetzten<br />
Hoffnungen immer wieder entsprach<br />
uind 1 mehrmals mit erstaunlich guten Leistungen<br />
aufwartete.<br />
Mit freudiger Ueberraschung vernahm<br />
man in der Schweiz zu Beginn der letzten<br />
Woche vom neuen Erfolg des Zürchers beim<br />
bekannten französischen Bergrennen Gometz-Le<br />
Chätel, wo es Rüesch gelang, gegen<br />
eine teilweise erstklassige Konkurrenz auf<br />
seinem Maserati 2800 ccm die beste Zeit des<br />
Tages aufzustellen. Wir erwähnten in unserem<br />
Bericht über dieses Rennen die Absicht<br />
des jungen Zürchers, in Montlhery demnächst<br />
Angriffe gegen den Weltrekord des<br />
stehenden Kilometers zu unternehmen.<br />
Nur wenige Tage hat es gedauert, und<br />
schon lag in unsern Händen ein Telegramm<br />
aus Paris, das den Erfolg des Rekordversuchs<br />
meldete. Rüesch startete am Donnerstag<br />
früh in Montlhery mit seinem Maserati<br />
2800 ccm, dessen Leistungsfähigkeit der<br />
Zürcher rasch erkannt hat. Er legte den Kilometer<br />
in 25 Sek. 29/100 zurück und erreichte<br />
damit den ganz erstaunlichen Stundendurchschnitt<br />
von 142,349 km/St. Mit dieser neuen<br />
Weltbestzeit aller Kategorien des Kilometers<br />
mit stehendem Start erkämpfte sich Rüesch<br />
einen ausserordentlichen Erfolg, der für die<br />
Zukunft das Beste erhoffen lässt. Für die<br />
Grosse der Leistung spricht die Tatsache,<br />
dass der Rekord 7 Jahre lang ungeschlagen<br />
blieb. Der in der Zwischenzeit gestorbene<br />
Parry Thomas stellte am 26. Mai 1926 auf<br />
Thomas-Spezial den Weltrekord über den<br />
Kilometer mit stehendem Start mit 25 Sek.<br />
74/100 (Stundenmittel 139,860 km/St, auf),<br />
und dieser Rekord blieb bis zum letzten Donnerstag<br />
ungeschlagen. Erst einem Schweizer<br />
blieb es vorbehalten, eine noch bessere Leistunp-<br />
aufzustellen und damit hat der schwei-<br />
A CHAQUE<br />
VOITURE<br />
SON PNEU<br />
Der junge Zürcher Fahrer Hans Rüesch.<br />
zerische Automobilsport im Auslande einen<br />
Sieg errungen, der nicht zu gering eingeschätzt<br />
werden darf.<br />
Neue Rekorde In Montlhery. Der französische<br />
Rennfahrer Pierre Veyron erzielte<br />
auf einem Bugatti 1500 ccm auf der Montlherybahn<br />
folgende internationale Rekorde :<br />
500 km; 2 Std. 55 Min. 44 Sek. 59/100 (Std.-Mittel<br />
175,702 km/St.)<br />
3 Stunden: 527 km 045 (Std.-Mittel 175,685 km/<br />
St.).<br />
500 Meilen: 4 Std. 31 Min. 39 Sek. 83/100 (Std.-<br />
Mittel 173,349 km/St.).<br />
1000 km: 5 Std. 46 Min. 30 Sek. 29/100 (Std.-Mittel<br />
173,158 km/St.).<br />
6 Stunden: 1038 km 217 (Std.-Mittel 173,036 km/<br />
St.).<br />
X<br />
Rekordleistungen mit einem Diesel-Rennwagen.<br />
In Nr. 88 der « A.-R. » haben wir<br />
zwei interessante Aufnahmen des neuen<br />
Dieselrennwagens des Engländers Eyston<br />
veröffentlicht, der sich schon mehrmals mit<br />
bemerkenswerten Versuchen von Neukonstruktionen<br />
hervorgetan hat. Vor wenigen<br />
Tagen unternahm nun Eyston auf der Brooklandsbahn<br />
Rekordversuche mit seinem Dieselrennwagen;<br />
dabei erzielte er über eine<br />
Meile mit fliegendem Start das Stundenmittel<br />
von 164,12 km/St. Mit dieser Zeit stellt<br />
er einen neuen Geschwindigkeitsrekord für<br />
Dieselmotorfahrzeuge auf. Die bisher höchste<br />
Schnelligkeit mit solchen Maschinen verzeichnete<br />
der Amerikaner Cumminges mit<br />
162,1 km/St.<br />
Nochmals Monza. In unseren seinerzeitigen<br />
Kommentaren zu den schweren Unfällen<br />
vom 10. September in Monza betonten wir,<br />
dass auch die Fahrer im Gegensatz zu den<br />
Organisatoren zu einem grossen Teil den<br />
berüchtigten Oelflecken die Schuld zumassen.<br />
Eine neue Bestätigung dieser Feststellung<br />
finden wir im englischen « Motor », der<br />
kürzlich die Erinnerungen Lord Howes an<br />
die Rennsaison <strong>1933</strong> veröffentlichte. Der berühmte<br />
englische Fahrer kommt dabei auch<br />
auf den Grossen Preis von Monza zu sprechen,<br />
an dem er sich auch <strong>1933</strong> beteiligte.<br />
Howe erzählt, wie Whitney Straight nach<br />
dem ersten Vorlauf zu ihm gekommen sei<br />
und ihn auf grosse Oelflecken aufmerksam<br />
gemacht hätte, die sich an der Nordkurve<br />
der Bahn befanden. Whitney Straight warnte<br />
Howe ausdrücklich vor dieser Stelle, auch<br />
andere Fahrer hätten ihm davon erzählt.<br />
Nach der Version Howes, der gewiss ein<br />
guter Kenner des Autosportes ist, gerieten<br />
Campari und Borzacchini wegen der von Oel<br />
stark glitschig gewordenen Kurve über -die<br />
Bahn hinaus, desgleichen auch Graf Czaikowsky<br />
im Finale. Lord Howe enthält sich<br />
jedes weiteren Kommentars und '.weist nur<br />
auf die Notwendigkeit des Schutzhelms hin,<br />
der nach seiner Auffassung zum mindestens<br />
Czaikowsky das Leben gerettet hätte.<br />
Wir finden die Version, wie sie Lord Howe<br />
gibt, von grosser Wichtigkeit, da dieser Fahrer<br />
unbedingt die notwendigen Kenntnisse<br />
hat, um zu wissen, was er sagt. Seine Darlegungen<br />
stehen in krassem Widerspruch zu<br />
den Entschuldigungen der Organisatoren, die<br />
sich durch unmöglich aufgemachte Communiques<br />
wohl reinzuwaschen versuchen, ,sich<br />
in Wirklichkeit aber umso stärker belasten.<br />
bo.<br />
Kein Grosser Wfnterpreis von Schweden.<br />
Seit zwei Jahren fanden bekanntlich in<br />
Schweden Rennen um den Grossen Winterpreis<br />
statt, die auch bei kontinentalen Fahrern<br />
Interesse fanden. Wie man jedoch vernimmt,<br />
soll das Rennen im nächsten Jahre<br />
">icht mehr ausgetragen werden, und zwar<br />
ils Folge der verschiedenen Unfälle, die sich<br />
in der letzten Zeit in Schweden ereignet haben.<br />
Es ist möglich, dass der Automobilclub<br />
von Schweden an Stelle des Rennens um<br />
den Grossen Winterpreis eine grössere Veranstaltung<br />
für Serienwaren durchführt, x.