E_1933_Zeitung_Nr.090
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6 ÄUTÖMDBIL-KEVUE <strong>1933</strong> - N° 90<br />
Luftfahrt<br />
Die Anwendung des Blindlandeverfahrens<br />
in Europa.<br />
Von Ing. Robert Gsell,<br />
Sektionschef im Eidg. Luftamt, Bern.<br />
In diesem Winter wird erstmalig der Flughafen<br />
Zürich-Dübendorf an den internationalen<br />
Winter-Luftverkehr angeschlossen. — Die<br />
ausserordentlich schwierigen Wetter- und Lageverhältnisse<br />
von Dübendorf haben die Bereitstellung<br />
besonderer neuer Blindlande-Einrichtungen<br />
bedingt. Der technische Leiter des<br />
Eidg. Luftamtes, Ingenieur Robert Gsell, der<br />
internationalen Ruf geniesst, gibt über das<br />
Blindlandeverfahren im allgemeinen, besonders<br />
aber über die neue Apparatur des Flughafens<br />
Dübendorf, nachfolgende Erklärungen.<br />
Die Red.<br />
Die allgemeine Anwendung der Blindfluggeräte<br />
hat die Entwicklung des europäischen<br />
Luftverkehrs in aussserordentlicher Weise gefördert.<br />
In der Anfangszeit der praktischen<br />
Verwendung wurde der Blindflug nur ausnahmsweise<br />
durchgeführt, um sich aus einer<br />
misslichen Lage zu ziehen. Mit zunehmender<br />
Blindflugerfahrung schritten die Verkehrspiloten<br />
immer mehr zur planmässigen Anwendung<br />
des Blindfluges, so dass dieser heute<br />
zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist<br />
und, mit seiner Hilfe die Verkehrsflüge trotz<br />
vernebelter Strecke durchgeführt werden.<br />
Nur der Nebel auf den anzufliegenden Flugplätzen<br />
bildet noch ein Hindernis.<br />
Die «innere Navigation», d. h. die Wahrung<br />
der Fluglage trotz fehlender Sicht, ist heute<br />
dank Blindfluggerät und Blindflugerfahrung<br />
gesichert; verbesserungsbedürftig sind die<br />
Blindfluggeräte nur noch in bezug auf Vereisungsmöglichkeiten.<br />
Ein weiterer Schritt<br />
zum planmässigen Blindflug ist die inzwischen<br />
an mehreren Stellen erfolgreich durchgeführte<br />
Konstruktion des automatischen Pi- i<br />
loten, des «Robot», welcher den Piloten von<br />
der Stabilisierung entlastet und für die Aufgaben<br />
der reinen Steuerung des räumlichen<br />
Kurses und der «äusseren Navigation» frei<br />
macht.<br />
Die «äussere Navigation» umfasst die Bestimmung<br />
und Steuerung des zu fliegenden<br />
Kurses, ein dreidimensionales Problem, falls<br />
Hindernisse in den Nebel hineinragen. Für<br />
den Flug auf der Strecke handelt es sich<br />
darum, sofort Höhen aufzusuchen, in welchen<br />
Kollisionen mit Hindernissen nicht zu befürchten<br />
sind und in denen infolgedessen<br />
zweidimensional gesteuert werden kann, wotmser<br />
Bild bestätigt in eindrucksvoller Weise, -wie «schön» eine technisch vollendete Lösung immer anmutet, selbst wenn es sich um eine Kriegsmaschine<br />
handelt, wie im vorliegenden Fall mit dem «Martin B-10 Bomber>, einem neuen amerikanischen Flugzeug, das 322 km/St. Maximalgeschwindigkeit<br />
erreicht.<br />
(Interavia)<br />
bei die Navigation durch die bekannten Verfahren<br />
der Radiopeilung gesichert ist (in<br />
Europa vorwiegend nach dem Fremdpeüsystem,<br />
auf Fernflügen mit Hilfe der Eigenpeilung<br />
und in den Vereinigten Staaten von<br />
Amerika meist durch den Flug von Funkbake<br />
zu Funkbake). Diese Art des planmässigen<br />
Fluges ohne Sicht kann überall da als sicher<br />
angesehen werden, wo das Peilverfahren<br />
durchorganisiert ist und Flugzeuge verwendet<br />
werden, bei denen ein unbeabsichtigtes<br />
Heruntermüssen wegen Motorpanne praktisch<br />
ausgeschlossen ist — also bei mehrmotorigen<br />
Flugzeugen mit genügender Gipfelhöhe bei<br />
Panne eines Motors.<br />
Ungünstiger liegen die Verhältnisse, falls<br />
der anzufliegende Platz vernebelt ist oder<br />
eine ganz tiefliegende Wolkendecke aufweist;<br />
hier wird das Problem der äusseren Navigation<br />
wieder dreidimensional, falls die<br />
Hindernisse in die Wolken hinauf ragen; die<br />
üblichen Verfahren der Funkpeilung sichern<br />
aber nur in zweidimensionalem Sinne.<br />
Mit Hilfe der normalen Funkpeilung —<br />
auch bei deren organisatorisch vollkommenster<br />
Ausnützung, wie z. B. dem «zz-Verfahren» —,<br />
kann ein Flugzeug gefahrlos aus dem Blindflug<br />
(oder Flug über den Wolken) zur Bodensicht<br />
heruntergepeilt werden, falls keine<br />
Höhenhindernisse in derjenigen Nähe des<br />
Flugplatzes in den Nebel hinaufragen, in<br />
welche das Flugzeug infolge der Peilungenauigkeiten<br />
gelangen könnte. Für Flugplätze<br />
in der Ebene gestatten demnach die<br />
normalen Peilverfahren die Landung bis zu<br />
ca. 50 m Wolkenhöhe; für Flugplätze in hügeliger<br />
Gegend richtet sich die Mindestwolkenhöhe<br />
nach der nächsten Umgebung und der<br />
möglichen hindernislosen Anflugstrecke, für<br />
die ca. 30 km zu rechnen sind — Basel z. B.<br />
erlaubt 100 m Mindestwolkenhöhe (dank der<br />
Rheinebene), Zürich und Genf verlangen<br />
200 m, wobei die Verhältnisse für Genf einfacher<br />
liegen (Herunterpeilen auf den See).<br />
Für niedrigere Wolkenhöhen oder bei Bodennebel<br />
besteht vorderhand keine Landungsmöglichkeit,<br />
worunter die Regelmässigkeit<br />
des Luftverkehrs in der ungünstigen Jahreszeit<br />
leidet; auch ein Herunterpeilen bei der<br />
minimalen Wolkenhöhe wird an den Piloten<br />
und Funker derartige Anforderungen stellen,<br />
dass er das Peilverfahren zwecks Herauskommen<br />
aus einer misslichen Lage verwendet,<br />
seine planmässige Benützung aber auf<br />
grössere Wolkenhöhen beschränkt.<br />
Abgesehen davon, dass die normalen Peilverfahren<br />
dem Flugzeug nur den horizontalen<br />
Weg weisen können, haben sie auch den<br />
Nachteil des Zeitverlustes zwischen Messung<br />
und Uebermittlung des Ergebnisses; jede Sekunde<br />
Verzögerung lässt aber das Flugzeug<br />
ca. 50 m auf seinem möglicherweise falschen<br />
Wege fortschreiten<br />
Es ist also naheliegend, diesen Zeitverlust<br />
dadurch auszuschalten, dass im Flugzeug<br />
selbst gemessen wird (Eigerapeilung), aber<br />
auch eine Messung verlangt die zeitraubende<br />
navigatorische Auswertung ihres Ergebnisses.<br />
Die Technik hat infolgedessen eine bessere<br />
Lösung gefunden : die « Funkbake ><br />
zeichnet den Flugkurs radioelektrisch in den<br />
Aether, so dass das Flugzeug dem Strahl nur<br />
zu folgen braucht.<br />
Derartige Verfahren sind mehrfach entwickelt<br />
worden: praktisch haben sie sich besonders<br />
in den U.S.A. eingeführt, und zuerst<br />
hauptsächlich für die Fernnavigation, unter<br />
Verwendung des akustischen Systems. Der<br />
Pilot hört z. B. auf dem richtigen Kurs einen<br />
Dauerstrich, rechts davon n, links a oder<br />
einen andern, im Morsealphabet komplementären,<br />
Buchstaben — auf dem Kurs hört man<br />
Dauerstrich, da die Zeichen der einen Seite<br />
in die Pausen der andern Seite fallen, bei<br />
gleicher Lautstärke.<br />
(Schluss folgt.)<br />
-itav-<br />
Die Zukunft des Dieselmotors im Flugverkehr.<br />
Der deutsche Flugzeug- und Motorenkonstrukteur<br />
Junkers ist der Ansicht, dass<br />
dem Leichtgewicht-Dieselmotor hauptsächlich<br />
noch als Antriebsquelle für Flugzeuge<br />
eine grosse Zukunft bevorsteht. Wie wir<br />
berichteten, hat unlängst die Deutsche Luft-<br />
Hansa wieder einige weitere Flugzeuge mit<br />
Junkers-Jumo-Dieselmotoren ausrüsten lassen.<br />
Als einen der Hauptvorteile des Dieselmotors<br />
als Flugzeugmotor betrachtet man neben<br />
der verminderten Brandgefahr die Möglichkeit<br />
der Vergrösserune der Nutzlast.<br />
Nach Angaben von Junkers wurden beim<br />
Junkers-Grossflugzeug G-38 durch den Ersatz<br />
der Benzinmotoren durch Dieselmotoren<br />
720 kg Triebwerkgewicht eingespart,<br />
wovon rund 400 kg auf die Kühlanlage und<br />
280 kg auf den Motor entfallen. Da der Dieselmotor<br />
aber auch 33 % weniger Brennstoff<br />
verbraucht und infolgedessen weniger Brennstoff<br />
mitgeführt zu werden braucht, ergab<br />
sich schon für 1600 km Flugstrecke ein Gewinn<br />
an Nutzlast von 1215 kg, oder von rund<br />
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