E_1933_Zeitung_Nr.092
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N° 92 - <strong>1933</strong> m/ i v>!wuBTL-KE VÖD<br />
s<br />
Sportnachrichten<br />
Weltrekord in Montlhery!<br />
Wer glaubt, dass mit dem Nahen des Winters<br />
und der Beendigung der letzten Rennen<br />
auch alle Wagen ihre Ruhe finden, der irrt<br />
sich gewaltig. Wenn die werten Leser etwa<br />
die Bahnen von Montlhery in Frankreich, von<br />
Brooklands in England, die Rennstrecke von<br />
Tat in Ungarn und den Nürburgring in<br />
Deutschland sehen könnten, würden sie sich<br />
über das emsige Treiben, das überall trotz<br />
der vorgerückten Jahreszeit herrscht, nicht<br />
wenig wundern.<br />
Auf dem Nürburgring, dieser idealen Prüfungsstrecke,<br />
probieren Reifenfabriken ihre<br />
Fabrikate aus, und die neuen deutschen Rennwagen<br />
kommen dort zum erstenmal auf die<br />
Strasse. Auf den drei anderen Rennbahnen<br />
werden die hochrassigen Spezialwagen, die<br />
internationale und Weltrekorde aufzustellen<br />
haben, mit Liebe, Geduld und Gewissenhaftigkeit<br />
vorbereitet. Da kann der Rennfahrer den<br />
ohrenzerreissenden Lärm der Motoren wieder<br />
hören, und den ihm so liebgewordenen Geruch<br />
von Benzol und Rizinusöl einatmen. Im<br />
Winter, wenn die Fahrer nicht mehr durch<br />
ganz Europa von einem Rennen zum anderen<br />
gehetzt werden, wenn die kühle Luft die Hitze<br />
der Motoren besänftigt und den gefährlichen<br />
Verschleiss der Pneus vermindert, setzen immer<br />
die Rekordfahrten ein, welche die ganze<br />
Aufstellung der Rekordlisten umändern und<br />
immer wieder mit erstaunlichen Resultaten<br />
enden.<br />
Als ich mich nach Montlhery begab, um den<br />
Weltrekord des stehenden Kilometers anzugreifen,<br />
wollte ich mich auch an der stehenden<br />
Meile versuchen. Dies war mir aber aus<br />
technischen Gründen nicht möglich, da die<br />
französische Bahn keine genügend lange<br />
gerade Strecke aufweist, die den nötigen<br />
An- und Auslauf gestattet. Ich versuchte die<br />
Bahn gleich am Montag nach meinem Sieg in<br />
Gometz-le-Chätel und fuhr die vorgeschriebene<br />
Strecke ab, um über den eventuellen<br />
Ausgang meines Versuches im Klaren zu sein.<br />
Die ersten zwei Probefahrten versetzten mich<br />
in die Gewissheit, dass der Rekord zu schlagen<br />
sei. Meine Zeit war zuerst natürlich noch<br />
erheblich vom Weltrekord entfernt.<br />
Am Montagnachmittag, Dienstag und Mittwoch<br />
wurde am Wagen gearbeitet. Da das<br />
Wetter am Donnerstag windig, aber doch<br />
ganz annehmbar war, Hess ich die Bahn absperren<br />
— der Versuch konnte beginnen!<br />
Chronometreure und Kommissäre erschienen<br />
und nach einigen Runden auf der Bahn begannen<br />
die ersten Versuche auf der Strassenrundstrecke<br />
(circuit routier), wo der stehende<br />
Kilometer abgestoppt werden musste. Diese<br />
Strecke weist in der Mitte eine schwache<br />
Kurve auf, die bei der Geschwindigkeit nicht<br />
leicht zu nehmen ist. In der Tat wurden denn<br />
auch die früheren Weltrekorde nicht hier,<br />
sondern auf der Brooklandbahn aufgestellt.<br />
Die ersten Versuche schlugen fehl; zudem<br />
zeigten sich verschiedene Störungen am elektrischen<br />
Chronometrierapparat. Als Weltrekord<br />
gilt die Durchschnittszeit von Hinund<br />
Rückfahrt, wobei beide Fahrten aufeinanderfolgen<br />
müssen. Der alte Rekord stand<br />
auf 25,745 Sekunden, ich fuhr einmal 25,380,<br />
doch bei der Rückfahrt, die sehr rasch war,<br />
versagte wieder die Stoppuhr. Schliesslich<br />
gab ich etwas entmutigt den Versuch auf,<br />
und zum Trost ging man zum Mittagessen.<br />
Die Chronometreure holten mich dann zurück<br />
und behaupteten, die Uhr sei nun in Ordnung.<br />
Es stimmte! Auch der Wind hatte sich gelegt<br />
und nun folgten kurz nacheinander etwa ein<br />
Dutzend sehr rascher Fahrten, mehr als die<br />
Hälfte davon in Weltrekordzeit. Man hielt<br />
mich an und riet mir, aufzuhören, da der<br />
Weltrekord geschlagen sei; die Zeit hätte ich<br />
jedoch noch leicht verbessern können.<br />
Der älteste Rekord der Weltrekordliste,<br />
von Parry Thomas aufgestellt, der 1 X A Jahre<br />
lang den zahlreichen Angriffen, die gegen ihn<br />
geführt wurden, leicht standgehalten hat, ist<br />
nun gefallen. Der Rekord ist einerseits dem<br />
Maseratiwagen zu verdanken, der sich erneut<br />
als ein Wagen mit enormem Anzugsvermögen<br />
gezeigt hat, und anderseits der akkuraten,<br />
zielbewussten Vorbereitung. Vom langen,<br />
mühsamen Suchen der richtigen Pneudimensionen,<br />
der richtigen Pneutype, die den Start<br />
mit guter Greifbarkeit erleichtern soll, ohne<br />
jedoch im geringsten die Endgeschwindigkeit<br />
zu beeinträchtigen, bis wir schliesslich unsere<br />
Pneus selbst zurechtschnitten, will ich gar<br />
nicht reden: nur das Resultat zählt.<br />
Doch wisst Ihr, was mich am meisten freut<br />
dabei? Dass vor ein paar Tagen der englische<br />
Rekordfahrer Cobb mit einer speziell konstruierten<br />
Rekordmaschine von mehr als 500<br />
PS den Rekord zu brechen versucht hat: er<br />
hat wohl die alte Bestleistung von Parry Thomas<br />
erreicht- aber meinen letzten Rekord, der<br />
mit einer nur halb so starken Maschine aufgestellt<br />
wurde, konnte er nicht schlagen.<br />
Von Hans Rüesch.<br />
Soviel ich weiss, ist mein Rekord der erste<br />
Automobilweltrekord, der an die Schweiz<br />
fällt, und ich hoffe nicht der letzte!<br />
Die Pläne von Rüesch.<br />
Mit der Aufstellung des neuen Weltrekords<br />
für den stehenden Kilometer hat Rüesch dem<br />
schweizerischen Autosport eine hohe Ehre erworben.<br />
Mit einem Schlage hat sich unser<br />
Land durch diese Leistung die Aufmerksamkeit<br />
internationaler Sportkreise gesichert.<br />
Das zeigte sich in den Veröffentlichungen des<br />
Bildes von Rüesch und Artikeln über den<br />
neuen Weltrekord in vielen ausländischen<br />
Blättern. Hans Rüesch, der gegenwärtig in<br />
Monte Carlo weilt, hat uns telephonisch über<br />
seine weiteren Absichten orientiert. Sein Maseratiwagen<br />
befindet sich gegenwärtig in den<br />
Werkstätten in Bologna, wo er einer sorgfältigen<br />
Ueberholung unterzogen wird. Rüesch<br />
wird 'darauf mit der gleichen Maschine auch<br />
einen Angriff gegen den Weltrekord über die<br />
Meile mit stehendem Start unternehmen, den<br />
bekanntlich der Engländer John Cobb auf<br />
einem Napier-Railton vor wenigen Tagen mit<br />
dem Durchschnitt von 164,9 km/St, neu aufstellte.<br />
Rüesch hatte, wie aus seinen Ausführungen<br />
hervorgeht, bei seinem Rekordversuch in<br />
Montlhery kein geringes Missgeschick. Die<br />
offiziellen Chronometrierapparate arbeiteten<br />
nur sehr unvollkommen und zwangen den<br />
Schweizer zu zahlreichen Versuchen, bis endlich<br />
die richtige Zeit aufgenommen werden<br />
konnte. Nach jedem Starte versagten die<br />
Apparate und stellten damit die Nerven des<br />
Schweizers auf eine harte Probe. Die<br />
französische Sportpresse ist mit Recht über<br />
derartige Mängel erbost und wirft sich zum<br />
Verteidiger von Rüesch auf, der nur durch<br />
Ausdauer endlich das Glück hatte, bei regelrecht<br />
funktionierenden Chronometrierapparaten<br />
fahren zu können. Man muss sich wahrhaft<br />
die Frage stellen, ob die teuer gemietete<br />
Chronometrage für die Fahrer, oder ob<br />
etwa der Rennfahrer für die Apparate da ist.<br />
Wenn Rüesch nach einem in Wirklichkeit<br />
gelungenen ersten Rekordversuch unter Umständen<br />
Maschinendefekt zu verzeichnen ge-<br />
Der 500 PS Uapier-RailtoiwWagen 6et Engländers Cobb schlug rar wmigen Tagen mit dem Mittel<br />
von 164,9 km/St den Weltrekord über die •tehende Meile.<br />
habt hätte, wäre wegen der Mangelhaftigkeit<br />
der Uhren die Notierung der Bestzeit<br />
unterblieben. Die Rennfahrer haben das gute<br />
Recht, eine tadellos arbeitende Chronometrage<br />
zu verlangen, damit nicht die ganze<br />
lange Vorbereitung wegen einem solchen<br />
Detail wieder entwertet wird. Es wird<br />
Sache der Internationalen Sportkommission<br />
sein, in dieser Angelegenheit zum Rechten zu<br />
sehen.<br />
bo.<br />
Die Pläne Maseratis. Die italienische Firma<br />
Maserati wird das nächste Jahr wieder<br />
sehr aktiv sein. Der Konstrukteur Maserati<br />
weilte vor einigen Tagen in Paris, um mit<br />
verschiedenen französischen Fahrern in Unterhandlungen<br />
zu treten. Bei dieser Gelegenheit<br />
sind sowohl über die Pläne des italieni-<br />
inerva<br />
baut seit über 30 Jahren<br />
Qualitäts-Wagen, deren Robustheit,<br />
Widerstandsfähigkeit,<br />
Zuverlässigkeit und<br />
Dauerhaftigkeit sprichwörtlich<br />
und weltbekannt sind.<br />
WAS SCHWEIZERISCHE BESITZER SCHREIBEN:<br />
„Ich fahre immer noch einen MINERVA, Modell<br />
1922. Der Wagen hat mich immer befriedigt, da<br />
die Reparaturen sehr minim sind." G. J. F. inD.<br />
„Ich bin mit meinem 6-Zyl. -MINERVA-Wagen<br />
sehr zufrieden; seit 7 Jahren hat er nie<br />
Schwierigkeiten verursacht. Wenn ich wieder<br />
einen Wagen anschaffe, so wird es wieder ein<br />
MINERVA sein." • J. R. in A.<br />
Ich fahre seit 1924 stets MINERVA und bin<br />
mit dem Wagen ausgezeichnet zufrieden. Bei<br />
meinen vielen grossen Auslandfahrten hatte<br />
ich nie eine Störung." Dr. H. S. in B.<br />
„Mein Wagen läuft schon seit 1912. Er sollte<br />
nur wieder neu sein. Wünschte mir kein anderes<br />
Modell." A. H. in W.<br />
Originale stehen zur Verfügung der Interessenten.<br />
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, --'• 4<br />
sehen Hauses wie verschiedener Rennfahrer<br />
wieder interessante Details bekannt geworden,<br />
die im übrigen zu früheren Meldungen<br />
erneut im Widerspruch stehen und beweisen,<br />
wie vorsichtig man alle Gerüchte über Rennfahrerprojekte<br />
aufzunehmen hat.<br />
Bis zum Augenblick hat Maserati mit Fagioli<br />
und Taruffi für das nächste Jahr definitive<br />
Verträge abgeschlossen. Der italienische<br />
Konstrukteur sicherte sich damit zwei<br />
Piloten von anerkanntem Rufe, die 1934 für<br />
seine Farben Ehre einlegen werden. In Frankreich<br />
unterhandelte Maserati, wie man hört,<br />
auch mit Chiron und dem jungen Nordafrikaner<br />
Moll. Mit beiden Fahrern ist noch<br />
nichts Definitives vereinbart worden, doch<br />
sollen mit grosser Wahrscheinlichkeit die<br />
beiden Piloten bei Maserati eintreten. Wir<br />
veröffentlichen diese Meldung mit allem Vorbehalt,<br />
da, wie man weiss, anderseits Chiron<br />
als Fahrer des Delage-Rennwagens vorgesehen<br />
war. Wie schon erwähnt, werden<br />
Braillard nnd Benoit Falchetto für ihre unter<br />
dem Namen von Mme Braillard gebildete<br />
Equipe zwei neue Maserati-Wagen erhalten.<br />
Auch Etancelin, der hervorragende französische<br />
Pilot, wird 1934 auf Maserati zu<br />
sehen sein.<br />
Maserati wird 1934 offiziell zum erstenmal<br />
beim Grossen Preis von Monaco antreten.<br />
Die italienische Mannschaft wird alle offiziellen<br />
Grossen Preise Europas bestreiten,<br />
daneben auch noch die Coppa Acerbo, das<br />
Masaryk-Rundstreckenrennen und die Rennen<br />
von Tripolis, Monza und auf der Avus. Die<br />
bereits bestehenden Rennwagen werden auf<br />
die kommende Rennformel hin umgebaut.<br />
Im übrigen will Maserati einen neuen 3-Liter-<br />
Motor bauen, mit dem er im nächsten Juli<br />
herauszukommen plant.<br />
bo.<br />
Neue Rekorde in Montlhery. Nachdem der<br />
bekannte französische Rennfahrer Pierre<br />
Veyron schon vor einigen Tagen mehrere<br />
internationale Bestzeiten der Klasse 1500 cem<br />
geschlagen hatte, unternahm er Ende der<br />
letzten Woche einen erfolgreichen neuen Rekordversuch.<br />
Es gelang ihm, mit einem Bugatti<br />
1500 com den internationalen Rekord<br />
über 200 Meilen zu schlagen. Veyron fuhr<br />
die Strecke in 1 Std. 43 Min. 0 Sek. 77/100<br />
(Stundenmittel 187,4 km/St.). mb.<br />
Danerprüfungsfahrt eines Saurer-Dleselwagens.<br />
Wie wir seinerzeit berichtet haben,<br />
wird gegenwärtig in Frankreich eine interessante<br />
Dauerprüfungsfahrt eines Saurer-<br />
Dieselwagens durchgeführt. Bis zum Augenblick<br />
hat dieser Lastwagen, der jeden Tag<br />
eine bestimmte Etappe erledigt, auf seiner<br />
ununterbrochenen Fahrt 40,000 km zurückgelegt.<br />
Dabei hielt der Wagen meist ein<br />
Stundenmittel von 52 km/St. Die Fahrt wird<br />
noch bis zu Ende dieses Jahres fortgesetzt.<br />
Der Grosse Preis von Monaco, der bekanntlich<br />
seit einem Jahre zu den offiziellen<br />
Grossen Preisen gehört, wird nächstes Jahr<br />
nach der neuen Rennformel ausgetragen<br />
werden. Die Bestimmungen, nach der die<br />
Strecke 500 km lang sein muss. wird allerdings<br />
nicht zur Anwendung kommen. Der<br />
Grosse Preis von Monaco führt auch 1934<br />
wieder über 100 Runden der 3,18 km langen<br />
Rundstrecke, demnach über 318 km. x.<br />
mm