E_1933_Zeitung_Nr.092
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N°92 — <strong>1933</strong> AU I OMOBIL-REVUft<br />
Die Haftpflicht<br />
des Strasseneigentümers.<br />
(Aus dem Bundesgericht.)<br />
Int August und September 1929 hatten<br />
Arbeiten der Telephonverwaltung auf der<br />
Strasse III. Klasse Collex—Bellevue die Anlage<br />
eines Grabens nötig gemacht, der sich<br />
nahe dem rechten Strassenrand in der Längsrichtung<br />
der Strasse hinzog; die Ausbesserung<br />
einer Wasserleitung erforderte einen<br />
zweiten Graben, der sich mit dem ersten<br />
kreuzte, also die Strasse querte, dabei aber<br />
nur IM min die Strasse hineinragte und auf<br />
der linken Seite 3,4 m der Strassenbreite frei<br />
Hess. Nach Beendigung der Arbeiten wurden<br />
die beiden Gräben wieder zugefüllt, Hessen<br />
aber eine Senkung zurück, die im Frühjahr<br />
1930 noch 3 bis 4 cm tief war. Am Nachmittag<br />
des 2. April 1930 fuhr ein Motorradfahrer<br />
die Strasse hinab, wurde dabei mit<br />
seinem Rad nach rechts abgelenkt und so<br />
unglücklich gegen einen Telephonmast geschleudert,<br />
dass er tot auf dem Platze blieb.<br />
Die Witwe und der Sohn des Getöteten<br />
klagten gegen den Kanton Genf, den Eigentümer<br />
der Strasse, auf 31656 Fr. Schadenersatz<br />
und Genugtuung, gestützt auf Art. 58<br />
Abs. 1 des Obligationenrechtes: «Der Eigentümer<br />
eines Gebäudes oder eines andern<br />
Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den<br />
diese infolge von fehlerhafter Anlage oder<br />
Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung<br />
verursachen.» Die bundesgerichtliche<br />
Rechtsprechung hat nämlich entschieden,<br />
dass auch die öffentliche Strasse ein Werk<br />
im Sinne dieser Gesetzesbestimmung sei, also<br />
ein Kanton oder eine Gemeinde als deren<br />
Eigentümer für die Folgen von Unfällen haftbar<br />
gemacht werden können, die durch<br />
Mängel der Strasse verursacht worden sind.<br />
Einen derartigen Mangel erblickten die Kläger<br />
in der durch die Grabung verursachten<br />
Senkung, und sie wiesen darauf hin, dass die<br />
betreffende Stelle nach einer kantonalen Vorschrift<br />
hätte gewalzt werden sollen, bis das<br />
Strassenniveau wieder hergestellt war. Vor<br />
den kantonalen Instannzen wurde festgestellt,<br />
dass die Grabungen von dem damit beauftragten<br />
Unternehmer kunstgerecht ausgeführt<br />
worden waren und dass man auch die Stelle<br />
nach dem Ausfüllen ausgebessert und gewalzt<br />
hatte, eine weitere Ausbesserung aber während<br />
der Wintermonate nicht möglich gewesen<br />
war. An Hand dieser Feststellungen<br />
wiesen beide Instanzen die Klage ab.<br />
Durch Urteil vom 25. Oktober hat das<br />
Bundesgericht die Klage endgültig abgelehnt.'<br />
Haftet auch das Gemeinwesen als Werkeigentümer<br />
für die in seinem Eigentum<br />
stehenden Strassen, so wird doch diese Haftung<br />
nach zwei Richtungen begrenzt. Nicht<br />
jeder Mangel der Strasse, der zu einem Unfall<br />
führt, ist ein Werkmangel im Sinne von<br />
Art 58 O. R., sondern es muss sich um<br />
Mängel handeln, die ohne unverhältnismässig<br />
grosse Kosten hätten vermieden oder behoben<br />
werden können. Ferner richten sich die an<br />
den Zustand einer Strasse zu stellenden Anforderungen<br />
nach ihrem Zweck, und es können<br />
daher an einen Lokalweg in dieser Hinsicht<br />
nicht dieselben Ansprüche gestellt werden<br />
wie an eine Durchgangsstrasse I. Ranges.<br />
Wurden im vorliegenden Fall die Grabungen<br />
richtig ausgeführt und nachher die betreffende<br />
Strassenstelle nachgesehen und gewalzt,<br />
so hat der Kanton damit seine Pflicht<br />
getan; ob die einschlägigen kantonalen Vorschriften<br />
befolgt wurden, hat das Bundesgericht<br />
nicht zu untersuchen. Der Fahrer<br />
muss mit der Möglichkeit rechnen, dass die<br />
Spuren solcher unvermeidlicher Arbeiten,<br />
namentlich auf einer Lokalstrasse, noch längere<br />
Zeit zurückbleiben und sich in seiner<br />
Fahrweise danach einrichten. Da der Quergraben<br />
den grösseren Teil der Strassenbreite<br />
unberührt gelassen hatte, wäre es leicht gewesen,<br />
die Senkung durch vorübergehendes<br />
Ausbiegen nach links zu vermeiden, was der<br />
ortskundige Motorradfahrer wissen musste.<br />
Es kann auch vom Gemeinwesen nicht verlangt<br />
werden, dass jede solche Stelle abgesperrt<br />
oder durch Warnungstafeln kenntlich<br />
gemacht wird.<br />
Wp.<br />
;«fa«>:<br />
Zur Regelung der Arbeitszelt im gewerbstnässigen<br />
Gütertransport. Wie seinerzeit gemeldet,<br />
trat am 31. Juli eine Expertenkonferenz,<br />
gebildet aus Vertretern der eidgenössischen<br />
Behörden, der Verkehrsorganisationen<br />
und wirtschaftlichen Spitzenverbände zusammen,<br />
um den vom eidg. Justiz- und Polizeidepartement<br />
ausgearbeiteten Vorentwurf zu<br />
einer Verordnung über die Arbeits- und<br />
Ruhezeit der berufstätigen Motorfahrzeugführer<br />
zu beraten. Da sich damals eine allzu<br />
starke Opposition gegen verschiedene wichtige<br />
Bestimmungen des Vorentwurfes geltend<br />
machte, musste von einer artikelweisen<br />
Beratung des Entwurfes abgesehen werden.<br />
Es wurde eine aus sieben Mitgliedern bestehende<br />
Spezialkommission bestellt und beauftragt,<br />
einen Gegenentwurf auszuarbeiten,<br />
der im Laufe des Monats Oktober Behörden<br />
tmd Verbänden zur Kenntnis gebracht werden<br />
sollte.<br />
Wie wir erfahren, Rest dieser Gegenvorschlag<br />
nunmehr TOT. Er nimmt in seinen Bestimmungen<br />
weitgehend Rücksicht auf die<br />
besondern wirtschaftlichen Verhältnisse in<br />
den rerschiedenen Industriezweigen, welche<br />
durch die Vollziehungsverordnung erfasst<br />
werden. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement<br />
beabsichtigt nun, die Expertenkonferenz<br />
auf Mittwoch den IS. November neuerdings<br />
einzuberufen. Wie aus offiziellen Kreisen<br />
verlautet, wird aber anlässlich der nächsten<br />
Beratung nach wie vor die ursprüngliche<br />
bundesrätliche Fassung und nicht das<br />
Gegenprojekt als Diskussionsbasis dienen.<br />
Es bleibt dabei aber immerhin ztt hoffen, dass<br />
sich die Behörden von der Notwendigkeit<br />
einer Angleichung der beiden Vorlagen überzeugen<br />
lassen.<br />
ß<br />
Amerikanische AntomoWlproduktionsziffern.<br />
Auf Grund der vorläufigen Produktionsziffern<br />
der nationalen Automobil-Handelskammer<br />
wurden im Verlauf des Monats September<br />
139,153 (47,897) Einheiten hergestellt. Im<br />
gleichen Zeitraum dürfte die Produktion der<br />
Fordwerke ungefähr die Höhe von 60,000 Wagen<br />
erreicht haben. Für die gesamte amerikanische<br />
Automobilindustrie ergibt sich somit<br />
für den Monat September eine Produktionshöhe<br />
von rund 200,000 Automobilen. Die<br />
Produktionsfluote der der Automobil-Handelskammer<br />
angeschlossenen Mitglieder im<br />
Monat September hat gegenüber der vorjährigen<br />
Parallelperiode eine Zunahme von 190%<br />
und gegenüber dem Vormonat einen Rückgang<br />
um 20% aufzuweisen. Die Totalproduktion<br />
ohne Ford während den ersten 9 Monaten<br />
des laufenden Jahres beträgt 1,294,582<br />
Wagen, was gegenüber der vorjährigen Vergleichsperiode<br />
eine Zunahme um 54% entspricht.<br />
Ueberblidkt man die Entwicklung der amerikanischen<br />
Automobilindustrie im Verlaufe<br />
dieses Jahres, so lässt sich feststellen, dass<br />
das Agiogeschäft nach zunächst wenig versprechendem<br />
Auftakt speziell im 2. und 3.<br />
Quartal, einen kräftigen Aufschwung genommen<br />
hat. Während in den ersten 3 Monaten,<br />
d. h. in einer Periode unsicherer politischer<br />
Entwicklung, die amerikanische Automobilproduktion<br />
hinter dem vorjährigen Niveau<br />
um 1500 Einheiten zuTücklag, verzeichnete<br />
sie im 2. Quartal gegenüber der vorjährigen<br />
Parallelperiode eine Zunahme um<br />
136,400 und im 3. Quartal eine solche von<br />
380,100 Wagen. In den ersten 9 Monatendes<br />
laufenden Jahres gegenüber der gleichen<br />
Periode des Vorjahres ergibt sich somit eine<br />
Produktionszunahme von nicht weniger als<br />
515,000 Einheiten. Wie sich die Erzeugung<br />
in den einzelnen Quartalen entwickelt hat,<br />
geht aus nachstehender Zusammenstellung<br />
hervor:<br />
Produktion<br />
Stückzahl 1932 <strong>1933</strong><br />
1. Quartal 355 500 354 000<br />
2. Quartal 515 300 651700<br />
3. Quartal 285 500 665600<br />
9 Monate 1156 300 1671300<br />
9 Monate 1931 2115 900<br />
9 Monate 1930 2 902 800<br />
9 Monate 1929 4627 300 IBT.<br />
Saurer in Spanien. Kürzlich machte in der<br />
Presse eine Meldung die Runde, wonach der<br />
Firma Ad. Saurer in Arbon die Konzession<br />
für den Betrieb von Omnibuslinien in Barcelona<br />
erteilt worden sei und 1 das Unternehmen<br />
nunmehr eine eigene Fabrik in der nämlichen<br />
Stadt eröffnen werde. Wie wir nun<br />
von gut informierter Seite erfahren, entspricht<br />
die Mitteilung in dieser Form nicht<br />
den Tatsachen. Die in Frage stehende Konzession<br />
wurde einer Finanzgruppe erteilt, die<br />
allerdings ihrerseits mit Saurer in Verbindung<br />
steht. Das Chassis-Material für den 1<br />
notwendigen Fahrzeugbedarf wird von der<br />
schweizerischen Unternehrmme sreliefert<br />
werden. Die Karosserien dagegen erstellen,<br />
spanische Spezialifirmen. In Barcelona wird<br />
nicht etwa eine Fabrik zur Herstellung von<br />
Sanrerautomobilen, sondern lediglich eine<br />
Reparaturwerkstätte eingerichtet, in welcher<br />
neben den laufenden Reparaturen Montagearbeiten<br />
und eventuell die Fabrikation<br />
einzelner Teile vorgenommen wird. B.<br />
Aus der französischen Autoindustrie. Wfe<br />
in der britischen und amerikanischen Automobilindustrie,<br />
ist auch auf dem französischen<br />
Automarkt der Umsatzrückgang, der sich seit<br />
1929 eingestellt hatte, zu Beginn dieses Jahres<br />
zum Stillstand gekommen. Bereits im ersten<br />
Semester verzeichnete der Personenwagenabsatz<br />
eine Zunahme, während der Lastwagenabsatz<br />
beinahe unverändert blieb. Insgesamt<br />
wurden im ersten Halbjahr 82 000<br />
(73 000) neue Personenwagen abgesetzt. Demgegenüber<br />
verzeichnete der Verkauf ausländischer<br />
Marken eine stärkere Zunahme, doch<br />
kommt diesem mit einem quotenmässigen Anteil<br />
von 5 bis 6 Prozent am Gesamtabsatz<br />
nur untergeordnete Bedeutung zu. a<br />
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