E_1933_Zeitung_Nr.095
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Dfe Pflichten des Fussgängers.<br />
Aus dem Bundesgericht.<br />
In Basel wollte am 13. September 1930 eine<br />
35jährige, schwerhörige Frau nachmittas 4.30<br />
Uhr in grosser Eile die Zentralbahhstrasse<br />
überqueren, um einen in wenigen Minuten ab-"<br />
fahrenden Zug zu erreichen. Sie tmterliess es<br />
dabei, vor dem Verlassen des Trottöirs sich<br />
durch einen Blick nach links zu überzeugen,<br />
dass kein Fahrzeug nahe und gewahrte ein<br />
in massigem Tempo nahendes Motorrad erst,<br />
als sie sich schon auf der Fahrbahn befand.<br />
\nstatt ihre bisherige Richtung beizubehalten<br />
oder stillezustehen, machte sie hastig einen<br />
Schritt nach rückwärts, was den Zusammenstoss<br />
mit dem Motorrad herbeiführte.<br />
Seines massigen Tempos wegen konnte der<br />
Motorradfahrer auf bloss 1 m 80 abstoppen,<br />
ohne zu Fall zu kommen; die Fussgängerin<br />
dagegen wurde zu Boden geworfen und ihre<br />
Verletzungen hatten eine dauernde Einbusse<br />
in der Erwerbsfähigkeit von 12% zur Folge.<br />
Die Verletzte klagte gegen den Motorradfahrer<br />
auf Zahlung von Fr. 10,710 Schadenersatz<br />
und Ersatz der Auslagen der durch<br />
den Unfall notwendig gewordenen zahnärztlichen<br />
Behandlung (Ersatz der beim Sturz<br />
ausgebrochehen unteren Schneidezähne).<br />
Das Bezirksgericht Ariesheim, das den erwachsenen<br />
materiellen Schaden auf rund<br />
Fr. 9200 festsetzte, erblickte die Hauptursache<br />
des Unfalles in einem Verschulden des<br />
beklagten Motorradfahrers, weil dieser nicht<br />
rechtzeitig signalisiert und sein Fahrzeug<br />
nicht genügend beherscht habe; die Unvorsichtigkeit<br />
der Fussgängerin wurde als weniger<br />
schwerwiegend angesehen. Diese Instanz<br />
verurteilte den Beklagten daher, # des<br />
Schadens (Fr. 7343.—) und die Kosten der<br />
zahnärztlichen Behandlung zu ersetzen. Eine<br />
ganz abweichende Auffassung des beidseitigen<br />
Verschuldens bekundeten das Obergericht<br />
des Kantons Baselland und (in seinem<br />
Urteil vom 8. November) das Bundesgericht:<br />
sie sprachen der Klägerin ausser dem Ersatz<br />
der Zahnarztkosten nur % des Schadens<br />
(Fr. 3059) zu, weil sie ihr Verschulden als<br />
überwiegend betrachteten. Dem Motorradfahrer<br />
wurde insofern ein Verschulden zugeschrieben,<br />
als er bei vermehrter Aufmerksamkeit<br />
die Klägerin schon auf dem Trottoir<br />
gesehen und dann sein Rad rechtzeitig<br />
zum Stehen gebracht hätte. Doch ist das<br />
Verschulden der Klägerin schwerer. Die<br />
obergerichtlichen Urteilsmotive, die vom<br />
Bundesgericht als zutreffend und erschöpfend<br />
gebilligt worden sind, bemerken hierüber:<br />
«Der Fussgänger daff sich unter keinen Umständen<br />
sorglos darauf verlassen, dass die<br />
Motorfahrzeuglenker ihrer Fahrbahn die notwendige<br />
Aufmerksamkeit schenken und gegebenenfalls<br />
um sie herumfahren werden.<br />
Indem die Klägerin trotz ihrer Schwerhörigkeit<br />
in höchst unachtsamer Weise, offenbar<br />
der Eile wegen, sich direkt in die Fahrbahn<br />
des Beklagten begeben hat, hat sie den Zusammenstoss<br />
verschuldet. Ein Blick nach<br />
links hätte genügt, um sie vor dem gefahrvollen<br />
Schritt zu bewahren.» Getadelt wurde<br />
auch das weitere ungeschickte Verhalten dar<br />
Klägerin nach Wahrnehmung des Motorrades.<br />
Diese Urteilserwägungen rücken scharf ab<br />
von der in früheren Jahren da und dort von<br />
Gerichten A'ertretenen Auffassung, welche<br />
die Verantwortung für das Verhüten von<br />
Strassenverkehrsunfällen fast ausschliesslich<br />
den Lenkern von Motorfahrzeugen aufwSlzen<br />
wollte. Sie stehen aber in Uebereinstimmung<br />
mit Art. 35 des eidg. Automobil<br />
Pigeot! Und — wir haben Sie, offen gestanden,<br />
auch gar nicht erwartet; wir dachten<br />
Sie längst über alle Berge! Sie sind hier<br />
nicht ganz freundlich aufgenommen worden<br />
— wollen Sie meinen Freund Wladimir Sergejewitsch<br />
gütigst entschuldigen! Wir müssen<br />
hier um so vorsichtiger sein, als sich in<br />
Petrograd viel Unangenehmes ereignet hat!»<br />
Buturlin reichte Eberhard und Mercedes<br />
die Hand. Der Wirt verschwand, um gleich<br />
darauf mit einem kochenden Samowar und<br />
allem Dazugehörigen wiederzukommen. Während<br />
Eberhard und Mercedes frühstückten,<br />
gesetzes, das den Fussgänger verpflichtet,<br />
die Strasse «vorsichtig zu überschreiten».<br />
Im vorliegenden Falle ist das Bundesgesetz<br />
noch nicht zur Anwendung gekommen; das<br />
unvorsichtige Queren der Fahrbahn wird<br />
aber bei der Regelung der Folgen von Strassenunfällen<br />
um so mehr ins Gewicht fallen,<br />
wenn es nicht nur gegen eine naheliegende<br />
Verkehrsregel, sondern gegen eine Weisung<br />
des Gesetzgebers verstösst. Wp.<br />
Sdiweizerisdie Rundschau<br />
Die Verordnung über die Arbeifs- und<br />
Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer<br />
bildete Mittwoch und Donnerstag Gegenstand<br />
der Beratungen der hierfür bestellten<br />
Expertenkommission. Diese behandelte<br />
den Departementsentwurf sowie den von den<br />
Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden eingereichten<br />
Gegenentwurf, der in letzter Nummer<br />
veröffentlicht wurde, in zwei ganztägen<br />
arbeitsreichen Sitzungen.<br />
Bei Redaktionsschluss sind die Verhandlungen<br />
noch in vollem Gange. Nach dem bisherigen<br />
Ergebnis der Beratungen, darf mit<br />
•Genugtuung festgestellt werden, dass verschiedene<br />
im Gegenentwurf enthaltene Vorschläge<br />
Berücksichtigung fanden. So wurde<br />
beispielsweise^' die wöchentliche Arbeitszeit<br />
der Motorfahrzeugführer auf 54 Stunden sowie<br />
die Arbeits- und Präsenzzeit auf 60 Stunden<br />
festgelegt. Die tägliche Arbeits- und<br />
Präsenzzeit wird auf 9 Stunden befristet,<br />
während Betrieben mit ausgesprochenem Saisonverkehr<br />
bis 10 Stunden eingeräumt werden.<br />
Die wöchentliche Ruhezeit sieht 52 auf<br />
das ganze Kalenderjahr verteilte Ruhetage<br />
vor, wodurch den verschiedenen Betrieben<br />
die Möglichkeit geboten ist. die anzusetzende<br />
Ruhezeit den besonderen Bedürfnissen ihres<br />
Unternehmens weitgehend anzupassen.<br />
In weiten Kreisen dürfte dagegen der mehrheitlich<br />
gefasste Beschluss befremden, der<br />
die Einführung des Nachtfahrverbotes gutheisst.<br />
Die Gründe, welche zur Befürwortung<br />
dieses Verbots führten, werden noch näher<br />
zu beleuchten sein. Immerhin hat es die<br />
Meinung, dass besondere Transportzweige,<br />
wie die Verfrachtung von Umzugsgut Ausnahmebewilligungen<br />
erhalten können, welche<br />
ihnen unter gewissen Voraussetzungen den<br />
durchgehenden Nachttransport ermöglichen.<br />
Die an durchgehenden TranSportmöglichkeiten<br />
während der Nacht interessierten Handels-<br />
und Gewerbekreise werden aber in dieser<br />
Angelegenheit wohl noch nicht das-letzte<br />
Wort ^gesprochen haben. Die Verordnung<br />
schränkt bereits durdh alle übrigen Be'sfirnmungen<br />
die Aktionsfreiheit schon so empfindlich<br />
ein und sorgt in genügendem Masse<br />
für die beabsichtigte Verkehrssicherheit sowie<br />
den Schutz gesren die Gefahr der Uebermüdung,<br />
dass ein Nachtfahrverbot nicht nur<br />
als eine wirtschaftliche Schädigung, sondern<br />
auch als eine über den Rahmen der Verordnung<br />
hinausgehende Drosselung des Strassentransportes<br />
empfunden werden muss. Wir<br />
werden, wie bereits angedeutet, in der -folgenden<br />
Nummer noch Gelegenheit haben,<br />
uns mit den Ergebnissen der Expertenberatung<br />
auseinanderzusetzen.<br />
LID!<br />
Straffere Handhabung der Verkehrsdisziplin.<br />
Der solothurnische Regierungsrat hat<br />
eine Verordnung über den Entzug der Führerausweise<br />
mit Motorfahrzeugen erlassen,<br />
um dem Ueberhandnehmen von Verkehrsunfällen<br />
einen Riegel zu stossen. Danach ist<br />
erzählte Buturlin in französischer Sprache,<br />
damit auch Mercedes folgen konnte, was<br />
sich inzwischen in Petersburg ereignet hatte.<br />
Zunächst: eine der geheimen Versammlungen<br />
war aufgeflogen. Es hatte sich zwar die<br />
Mehrzahl der Teilnehmer retten können, aber<br />
mehr als zwei Dutzend waren immerhin, in<br />
die Hände der Polizei gefallen. \tis.serd'em<br />
eine Menge von Pröpagandamaterial und<br />
vor allem die Zeichnungen, die zu dem wahnsinnigen<br />
Plan gehörten, die Putilowwerke in<br />
die Luft zu sprengen. Von den Verhafteten<br />
wurden zwanzig am nächsten Vormittag bereits<br />
erschossen; die übrigen waren verschwunden.<br />
Unter der Folter, wie sie die<br />
Polizei in Russland anzuwenden pflegte, waren<br />
ein paar von den Verhaftfeten schwach<br />
geworden und hatten offenbar Angaben über<br />
die Organisation gemacht. Es waren noch<br />
einige Dutzend von den Arbeitern der Pu-<br />
•silowwerke verhaftet worden, aber ein klares<br />
Bild der Gesamtorganisation schien die<br />
Polizei nicht bekommen zu haben. Immerhin<br />
war für die nächsten Wochen nicht daran<br />
zu.denken, in der bisherigen Weise weiterzufahren.<br />
Und da Buturlin persönlich ausserordentlich<br />
stark gefährdet war, zog er es<br />
natürlich vor, Petersburg so rasch als möglich<br />
zu verlassen. Es geschah in Verkleidung,<br />
und er hiess hier nicht mehr Buturlin,<br />
sondern Wulkow.<br />
Aber Buturlin hatte noch eine Neuigkeit<br />
für Eberhard und Mercedes, die beide ausserordentlich<br />
überraschte. Oberst von Mjassojedow<br />
war an dem letzten Tage, den der<br />
Revolutionär in den Putilowwerken verbrachte,<br />
verhaftet worden. Buturlin hörte<br />
die Offiziere über diesen Fall sprechen. Es<br />
hatte sich einwandfrei herausgestellt, dass<br />
der Oberst mit einer feindlichen Macht arbeitete,<br />
dass er dieser Macht regelmässig<br />
wichtige Nachrichten übermittelte, und dass<br />
er — mit einem Spionenpaar, das sich in<br />
den Putilowwerken eingenistet hatte, unter<br />
einer Decke spielte. Die Offiziere sprachen<br />
ganz offen davon, dass es sich nur um Monsieur<br />
Pigeot und seine Frau Gehandelt haben<br />
könne, und dass General Bobrikow, der<br />
diesen Franzosen oder angeblichen Franzosen<br />
in jeder Weise protegiert habe, wohl<br />
oder übel die Konsequenzen werde ziehen<br />
müssen. ;<br />
Das war viel Neues auf einmal. Mjassojedow<br />
verhaftet! Mercedes und Eberhard 1<br />
fiel eine Zentnerlast vom Herzen. Denn,<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1933</strong> - N» 95<br />
Vorgesehen, den Führerausweis sofort zu<br />
entziehen, wenn der Fahrer eines Autos im<br />
angetrunkenen Zustand einen Wagen geführt,<br />
wobei es gleichgültig ist, ob der Automobilist<br />
einen Uniall verursacht hat oder nicht.<br />
Diese Massnahme deckt sich mit einem<br />
jüngst vom aargauischen Obergericht erlassenen<br />
Urteil. Ferner wird auch demjenigen<br />
Automobilist der Führerausweis entzogen,<br />
der einen ernstlichen Unfall verursacht hat,<br />
wenn ihm an Ort und Stelle nachgewiesen<br />
werden kann, dass er unkorrekt und unrichtig<br />
gefahren ist.<br />
-my-<br />
Rechtsufrlge Thunerseebahn. Letzten Dienstag<br />
wurde der vom Regierungsrat verlangte<br />
Mitbericht der Finanzdirektion mündlich erstattet.<br />
Gestützt darauf hat der bernische<br />
Regierungsrat dem Antrag der Baudirektion<br />
zugestimmt, wobei er daran die Bedingung<br />
knüpfte, dass an den Betrieb des Autobusverkehrs,<br />
welcher die jetzige Strassenbahn<br />
ersetzen soll, über den vorgesehenen Staatsbeitrag<br />
von 300,000 Fr. nichts geleistet wird.<br />
Der Staatswirtschaftskommission wird deshalb<br />
erst jetzt Gelegenheit gegeben, zum<br />
Problem der rechtsufrigen Traktion Stellung<br />
a<br />
zu nehmen.<br />
Der Julier im Winter.<br />
Offenhaltung der Juliersirasse. Die am 15. November<br />
1983 einberufene Versammlung erfreut?<br />
sich einer sehr starken Beteiligung von rund 100<br />
Vertretern von eidgenössischen, kantonalen und<br />
fcomunalen Behörden, sowie der Verkehrsinteressenten.<br />
Eingehend gab Herr Reg.-Hat Wenk bekannt,<br />
dass sich der Schweiz. Autostrasseiiverein<br />
bereits an seiner Generalversammlung vom 4 April<br />
1032 mit der Offenhallung der Julierstrassc befasst<br />
und bezügliche Studien angestellt hat, die<br />
dann wegen der finanziellen Konsequenzen nicht<br />
weiter verfolgt wurden. Heute ist es unbedingt<br />
nötig, dass dem Automobilverkehr für gute Strassen<br />
gesorgt wird und es ist zu begrüasen, dass<br />
auch Herr Reg.-Rat Bösiger, Born, sich kürzlich<br />
•dahin ausgesprochen hat. dass die Einstellung der<br />
Bahnen zum Autoverkehr einer Aenderung bedarf<br />
und gute Strassen für unser Land ein unbedingtes<br />
Erfordernis darstellen.<br />
Herr Re?.-Rat Huonder orientierte über die<br />
bisherigen BemühunKPn der bünderischen Behörden<br />
für die Offenhaltung einer Nord-Südstrasse<br />
durch Graubünden. Der Grosse und Kleine Rat<br />
befassten sich bereite eingehend mit diesem Problem,<br />
wobei man sich einig war, dass es sich nicht<br />
nur um eine kantonale, sondern um eine schweizerische<br />
Angelegenheit handelt und ein Versuch mit<br />
allen technischen Hilfsmitteln vorgenommen werden<br />
muss, wobei sich die bezüglichen Kosten auf<br />
ca. Fr. 120.000 bis 150.000 stellen dürften.<br />
In einem äusaerst sorgfältig gehaltenen Referat<br />
orientierte Herr Oberingenieur Sutter, Chur,<br />
über das ganze Problem der Freihaltung einer<br />
bündnerischen Nord-Süd-Durchgangsalpenstrasse.<br />
Der Hauptgrund hiefür besteht vor allem darin<br />
ausländischen Autoverkehr nach der Schweiz zu<br />
lenken, wobei keinerlei Konkurrenz zur Gotthardroute,<br />
wohl aber zum Brenner und zur französischen<br />
Alponroute geschaffen wird. Italien, Oesterreich,<br />
Deutschland und Frankreich haben in den<br />
letzten Jahren gewaltige Anstrengungen für den<br />
Atisbau ihres Strassennetzes unternommen und so<br />
ist denn der Ausbau dfis schweizerichen Strassennetzes<br />
zu einem dringenden Problem geworden<br />
wozu auch die Offenhaltung einer Nopd-Südroute<br />
während des Winters gehört. Nach der Ansich<br />
der Alpenstrassen-Kommission des S. A. V. um<br />
der Graubündner Regierung kann für einen sol<br />
eben Versuch nur die Julierstrasse in Betrach<br />
kommen, welche sich hiefiir in erster Linie eignet,<br />
Die Frage, ob dieses Problem technisch gelö«<br />
werden kann, darf unter gewissen Einschränkun<br />
gen bejaht werden. Das KraflfahTwesen der Eidg.<br />
Oberpostdirektion und die Berninabahn haben sehr<br />
gute Pionierarbeit geleistet. Für eventuelle Untprbrücne<br />
muss eine gute Signalisierung für die<br />
Automobilisten geschaffen Äjrden, und es besteht<br />
die Möglichkeit, dass in sorenen Fällen der Transport<br />
der Autos durch die Albulabahn zu bedeutend<br />
billigeren Preisen als heute vorgenommen werden<br />
kann. Bei Sehneestürmen stehen auch die S. 0. S.-<br />
Stationen des A. C. S. zur Verfügung. Für den<br />
Schneebruch sind Schneepflu?lastwagen (Raupenfahrzeuge)<br />
zu verwenden. Ferner sind hölzerne<br />
wenn man wirklich diesen Menschen gefasst<br />
hatte, so war das gewiss nicht auf vage Verdachtsgründe<br />
hin geschehen. Man musste<br />
schon vollgültige Beweise haben, ehe man<br />
sich an diesen einflussreichen und geschickten<br />
Mann heranwagte. Sein Schicksal schien<br />
besiegelt, und Eberhard und Mercedes<br />
brauchten ihn persönlich wenigstens nicht<br />
mehr zu fürchten. Nun war der Arm doch<br />
erlahmt, der bis Moskau reichte! Weit weniger<br />
erfreulich war, dass man «Monsieur Pigeot»<br />
im Einvernehmen mit dem Obersten<br />
glaubte. Nun würde die russische Regierung,<br />
trotz der Missstimmung gegen die<br />
französische Botschaft, doch nicht umhin<br />
können, dem angeblichen Emissär des französischen<br />
Kriegsministers nachzugehen, und<br />
was sich dabei herausstellen musste, das<br />
war nicht im geringten zweifelhaft. Für Eberhard<br />
und Mercedes blieb deshalb nichts anderes<br />
übrig, als Epharim und Rahel Zobelsohn<br />
zu bleiben und sich nach Möglichkeit<br />
im Dunkel zu halten. Eberhard erzählte seinerseits<br />
Buturlin oder, wie er jetzt hiess,<br />
Wulkow, die Erlebnisse von der Abfahrt aus<br />
Petersburg an, und der Revolutionär, der<br />
die Absicht hatte, die Organisation in Moskau<br />
mit allen Kräften und so rasch als irgend<br />
möglich auszubauen, versprach ihnen<br />
Schutz und Förderung in jeder Hinsicht. Zunächst<br />
konnte ihr Unterkommen in Moskau<br />
gar keine Schwierigkeiten machen. Sie sollten<br />
bei irgendeinem Parteifreund ein Zim-<br />
'mer erhalten, bei dem sie -von der Polizei<br />
Schneeschutzwände anzubringen und Strassenkorrektionen,<br />
wie bei der Malojastrasse, vorzunehmen.<br />
Die Schneebrucharbeiten würden vom Julier-<br />
Hospiz aus mit je einer Maschine auf der Nordend<br />
Südseite vorgenommen.<br />
Die finanziellen Auslagen können nicht allein<br />
vom Kanton Graubündnn getragen werden. Alle<br />
Interessenten müssen hiezu mithelfen. Der Bund<br />
kann hiebei eine alte Verpflichtung, die er gegenüber<br />
einer Ostalpenbahn seinerzeit übernommen<br />
hat, realisieren. Nötig ist, dass man mit den Arbeiten<br />
unverzüglich beginnt und ein zu bestellenden<br />
Arbeilsausschuss ein Sofortprogramm aufstellt.<br />
Mit der Rhätischen Bahn sind die nötigen Vorkehiren<br />
für verbilligte Transporte bei Verkehrsunterbruch<br />
zu troffen.<br />
Horr Direktor Bpner hält es für möglich, dass<br />
für diesen Winter ein Arrangement für verbilligt«<br />
Transporte auf der Albulalinie angeordnet werden<br />
kann, wenn dies, seiner Ansicht nach, für die<br />
bündnerischo FrcmdenverkohrswirtscTiaft auch keine<br />
guten Auswirkungen zeigen dürfte. Die geeignete<br />
'Station auf der Tfordsoite für den Transport<br />
ist Filisur und es kann mit einer voraussichtlichen<br />
Taxe von Fr. 25.— für das leere Auto für Filisur-<br />
Engadin gerer-hnet werden. Die Verantwortung für<br />
die Konsequenzen hat die Kantonfiregierung zu<br />
tragen, da die Offenhalten!* des Julier für die<br />
Bahn eine erhebliche Konkurrenz bedeutet.<br />
Loider konnte sich Horr Dir. Bener nicht dazu<br />
verstehen, seine Ausführungen objektiv zu beenden,<br />
indem er die nach Graubünden fahrenden<br />
Automobilisten mit rlem eigenartigen Ausdruck<br />
« Benzinfilzlau.se. » titulierte, eine Entgleisung, die<br />
von Herrn Dr Gubler, mit energischem Protest<br />
und unter allgemeinem Beifall zurückgewiesen,<br />
worden ist. Es ist unverständlich, dnss ein Eksen^<br />
bahnfachmann eine solch wichtige Verkehrsfrage<br />
nicht unparteiischer behandeln kann, und löhne<br />
sich dabei zu solch unakzeptablen Aeusserungen<br />
hinreieson zu lassen.<br />
Herr Oberst von Gugelherg empfiehlt mit energischen<br />
Worten das Projekt für die Offenbaltnng<br />
der Julierstrasse, von dem auch die Rhatische<br />
Bahn nur profitieren kann. Die Strasse muss aber<br />
nicht nur offen gehalten, sondern unbedingt auch<br />
ausgebaut -werden.<br />
Herr Sesantini CKurverein Maloja) gibt bekannt",<br />
dass der Winterbetrieb auf der Malojastrasse bis<br />
anhin nur beste Resultate gezeigt hat. Die Herren<br />
Dr. Danuser und Dr. Conradin (Oberländer Verkehrsvercin)<br />
haben grundsätzlich nichts sogen einen<br />
Versuch mit dem Julier einzuwenden, möchten aber<br />
die Frage der Schaffung einer internationalen<br />
Nord-Siid-Durchgangsstrasse durch Graubünden<br />
durch eine Resolution nicht pröjudiziert wissen. Es<br />
ist unbedingt nötig, dass die Frage Julior oder<br />
Bernhardin oder Lukmanier technisch, wirtschaftlich<br />
und finanziell genau abgeklärt wird.<br />
Herr Dr. Schorrer (Bern) gibt bekannt, dass der<br />
Regierunesrat des Kantons Bern alle Bestrebungen<br />
für die Hebung der Fromdenindustrie und die Verbesserung<br />
und Oeffnung der Alpenstrassen unterstützt,<br />
soweit dies technisch möglich sei. Der Berner<br />
Regierungsrat begrüsst daher die Bestrebungen<br />
für die Offenhaltung der Julierstrasse während des<br />
Winters, wünsche jedoch, dass an der heutigen Tagung<br />
auch die Schaffung einer Transversal-Winter*<br />
route West-Ost durch Offenhaltung der Pillon-" urrtf<br />
ßrünigstrasso in Berücksichtigung gezogen werde.<br />
Diese Erklärung veranlasst den Vorsitzenden, darauf<br />
hinzuweisen, dass sich die heutiae Tagung nur<br />
mit einem bündnerischon Nord-Süd-Durchgang befasst.<br />
Der Ausschuss des S. A. V. sei aber grundsätzlich<br />
bereit, eine analoge Versammlung auch in<br />
Bern durchzuführen, sofern die bezüsrlichen Referate<br />
von den bernischen Behörden gestellt werden.<br />
Auf Vorschlag des Vorsitzenden stimmte die Versammlung<br />
einstimmig der nachstehenden Resolution<br />
lx>r<br />
Die am 15. November <strong>1933</strong> in Zürich tagende<br />
Versamtnlunq von Vertretern des Bundes, der Kantone<br />
und Verkehrsinteressenten, nach Anhören von<br />
Referaten der Herren Ständerat Huonder und<br />
Oberingenieur Sutter, stellt fest, dass die Offenhaltung<br />
des Juliers im Winter technisch möolich<br />
und vom Standpunkt der schweizerischen Volkswirtschaft<br />
dringend notwendig ist. Sie nimmt mit<br />
Genugtuung Kenntnis davon, dass schon für den<br />
Winter <strong>1933</strong>/34 ein Abkommen mit der Rhätisehen<br />
Bahn getroffen werden kennte, das den Automobilverkehr<br />
Nord-Süd durch die Biindneralpen garantiert.<br />
Sie beauffrant den Ausschuss des S. A. V„<br />
im Benehmen mit den eidgenössischen und den interessierten<br />
kanfonalen Behörden und Verkehrsyerbänden<br />
ein Komitee einzusetzen, das die finanzielle<br />
Frage der Oeffnung des Juliers im Winter zu<br />
lösen hat.<br />
gewiss nicht belästigt würden. Denn in Moskau<br />
war es wesentlich leichter, vollständig<br />
unterzutauchen, als in Petersburg, wo die<br />
Polizei das Heft viel straffer in der Hand<br />
hielt. In Moskau war auch das Spitzeltum<br />
lange nicht so ausgebildet wie in Petersburg;<br />
man wusste hier einigermassen, auf<br />
wen man sich verlassen konnte oder nicht.<br />
Ausserdem übernahm Buturlin für Eberhard<br />
die Besorgung de$ Briefverkehrs nach<br />
dem Ausland. Seine Partei hatte ein ausgezeichnetes<br />
System, Briefe über die Grenze<br />
zu bringen. «Sie wissen», sagte Buturlin,<br />
«warum ich das tue, was viele von meinen<br />
Genossen nicht billigen würden, wenn sie<br />
wüssten, um was es sich handelt. Aber es<br />
wird in Ihrem Interesse sein, sich so zu geben,<br />
als gehörten Sie zur Partei. Die Genossen<br />
sind sehr vorsichtig, besonders nach den<br />
Vorkommnissen in Petrograd. Sie haben das<br />
ja bereits an Semenow gesehen, der übrigens<br />
kein Wort Französisch versteht, so dass<br />
wir ruhig über diese Dinge sprechen können.<br />
Sie müssen für meine Freunde ein Gesinnungsgenosse<br />
aus dem Ausland sein — dass<br />
man nicht zuviel von Ihnen erwartet und<br />
verlangt, dafür werde ich schon sorgen. Vielleicht<br />
finden Sie eines Tages selbst, dass<br />
wir recht haben, und werden wirklich einer<br />
der Unseren. Sagen Sie jetzt nichts dagegen!<br />
Vorderhand betrachten wir Sie als unsere<br />
Gäste!»<br />
(Fortsetzung folgt:)