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E_1934_Zeitung_Nr.008

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Bern, Dienstag, 30. Janaar <strong>1934</strong> III. Blatt der „Automobil-Revue" No. 8<br />

Der erste Streifen<br />

Der Tag hatte wider alles Erwarten gegen<br />

Mittag etwas Sonnenhelle gebracht. Ein<br />

erster Hauch von Wärme, nur mit angespannten<br />

Sinnen bemerkbar, zitterte in der<br />

dunstigen Luft. Die Höhen verschwommen<br />

in einem nebligen Rauchen, in das die<br />

schwachen Sonnenstrahlen silberne Furchen<br />

ritzten. Gegen Abend zerteilten sich<br />

die dünnen, aber zähen Schleier und lösten<br />

sich vor der einbrechenden Kälte in Nichts<br />

auf. Der Rauch der Kamine spiralte sich<br />

in einer schönen Geraden aufwärts, um<br />

sich dann langsam wie ein Schirm auszubreiten.<br />

Eine sanfte abendliche Röte verschwelte<br />

als Widerschein des Tages auf den<br />

bleichen Schneefeldern, die kreuz und quer<br />

von Skibahnen durchzogen wurden.<br />

Als die Fabriken und Geschäfte ihre müden<br />

Heere in die abendlichen Strossen hinaussandten,<br />

war im Westen ein letzter, ferner<br />

Abglanz des Tages sichtbar. Die Lampen<br />

überschütteten die Stadt schon lange<br />

mit ihrem gelben Lichte, und um die Häuser<br />

spann eine erst violette, dann tiefdunkelblaue<br />

Dämmerung. Doch je stärker der<br />

Himmel abblasste und von nächtlicher<br />

Kühle überschwemmt wurde, um so hartnäckiger<br />

behauptete sich im Westen ein<br />

schmaler, dünner Streifen Lichts. Von der<br />

Stadt aus Hess er sich bald nicht mehr<br />

sehen. Man musste auf einen nahen Hügel<br />

steigen, auf denen noch ein dünner Schnee<br />

lag, um seinen letzten Schein spielen zu<br />

sehen. Der Streifen zog sich einem stark<br />

strahlenden Bande gleich dem Horizonte<br />

entlang, der von sanft verlaufenden Hügellinien<br />

gebildet war. Die Sonne warf aus<br />

dem Hintergrund ein letztes Bündel Tageslicht,<br />

das nur unmerklich langsam in den<br />

Nachthimmel hinaus verglomm,. In dem<br />

Glühen des hellen, blauen Bandes war eine<br />

sehr merkwürdige Kraft, die die ganze<br />

Landschaft zu verzaubern vermochte.<br />

Je mehr man in den rätselhaften Glanz<br />

hineinstarrte, um so stärker empfand man<br />

das Gefühl, dass all dieser schmutzige<br />

Schnee ringsum, diese feuchte, winterliche<br />

Kälte überwunden und am Sterben sind.<br />

Aus dem Streifen brach ein erster, kaum<br />

geahnter silbriger Glanz des Frühlings, ein<br />

Hauch wärmeren Windes, lichterer Sonne,<br />

ein Ruch rinnenden Regens und dampfender<br />

Ackererde. Sein Anblick vermochte<br />

das Auge völlig zu blenden und täuschte<br />

einen eindunkelnden Vorfrühlingshimmel<br />

vor, unter dem der letzte zage Pfiff eines<br />

Frühlingsvogels verzuckt und den seltsame<br />

Winde erfüllen. Er riss im Innern etwas<br />

entzwei, das Blut begann rascher zu fliessen<br />

und den Körper zu erhitzen. Mitten in<br />

dem winterlich eindunkelnden Abend<br />

spürte man eine wohlige Wärme, die aus<br />

dem Boden aufzusteigen schien. Nur für<br />

eine Viertelstunde sah man einen ersten,<br />

dünnen Fetzen der blauen, jubelnden<br />

Fahne, wie sie der Frühling über dem<br />

Lande flattern lässt, und diese Vorahnung<br />

verdichtete sich im Augenblicke zu einer<br />

Gewissheit voller Süsse und Verheissung.<br />

F E U I L L E T O N<br />

Der geheime Kampf.<br />

Roman von Philipp Klein.<br />

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.}<br />

Am 18. November erst gelangte Eberhard<br />

nach Berlin. Er wusste eigentlich nicht, was<br />

er hier sollte. Sein Bruder fiel ihm ein. Er<br />

ging in das Hotel, in dem Egbert gewohnt<br />

hatte. Der Major war vor einem Jahr nach<br />

Schlesien abgereist und dort gestorben.<br />

Für das geringe Bargeld, das er besass —<br />

die Löhnung, die ihm ausbezahlt worden<br />

war, solange er Gottfried Bauer war —,<br />

kaufte er sich einen getragenen Zivilanzug<br />

und etwas Wäsche, suchte ein Volksbad auf,<br />

um die Kleider zu wechseln und unter der<br />

Die Luft war voll einer erregenden Bewegtheit,<br />

und selbst durch den hartgefrorenen,<br />

schneeüberdeckten Boden ging ein<br />

erstes nachwinterliches Beben.<br />

Sehr rasch hatte dann die Nacht den<br />

dünnen Streifen Lichtes aufgeschluckt.<br />

Die folgenden Skizzen sind<br />

aktuellen Tages-ETeignissen<br />

nachgestaltet.<br />

Pierre ergibt sich.<br />

Paris.<br />

In dem kleinen Städtchen Epinal hat sich<br />

vor kurzem eine komische Episode ereignet.<br />

An sich ist es freilich tragisch, dass Pierre<br />

Limoise, ein armer Teufel, von seinem Hauswirt<br />

schriftlich aufgefordert wurde, binnen 24<br />

Stunden seine Wohnung zu räumen. Immer<br />

wieder nahm Pierre den Brief zur Hand und<br />

überflog kopfschüttelnd die entsetzlichen Zeilen,<br />

die ihn aus seinem stillen Glück vertreiben<br />

wollten. Wie sollte er nur leben können<br />

ohne den gemütlichen kleinen Winkel am<br />

Fenster mit dem Blick auf Elizes Garten?<br />

Ja, wie sollte er noch atmen können ohne<br />

diese vertrauten Räume und die waldigen<br />

Flecken ringsum? «Nein», sagte er laut vor<br />

sich hin, «nein, ich ziehe nicht aus! Und<br />

wenn ich mich widersetze, mit Feuer und<br />

Schwert!» Manchmal neigte Pierre Limoise<br />

zu solch pathetischen Redensarten, die gar<br />

nicht zu seiner sonst so groben Art passten.<br />

Nur wenn er sentimental zu werden begann,<br />

schwangen einst gelernte Worte grosser<br />

Dichter und Denker durch seinen Sinn. Und<br />

er sprach sie aus, als wären sie von ihm<br />

geprägt.<br />

Schnell flog das Gerücht durch Epinal,<br />

dass der schuldenüberhäufte und doch so<br />

gefürchtete Herr Limoise gar nicht daran<br />

dachte, seine Wohnung zu verlassen, sondern<br />

dass er im Gegenteil dazu bereit wäre, die<br />

«Heiligkeit seines Heimes bis zum Aeussersten<br />

zu verteidigen».<br />

Alle wussten, was das bedeutete. «Ein<br />

grober Kerl bedient, sich grober Mittel»,<br />

dachte der Hauswirt und alarmierte die Polizei,<br />

um ihm bei der Exmission, die allerlei<br />

Gefahren mit sich zu bringen versprach, Beistand<br />

zu leisten. \<br />

Zur festgesetzten Stunde brauste ein Auto<br />

mit zehn handfesten Polizisten, heran, fünf<br />

nahmen vor der Haustür Aufstellung und die<br />

anderen sicherten den Treppenflur.<br />

«Aufmachen!» brüllte die vollziehende Gewalt.<br />

Nichts rührte sich hinter der Tür.<br />

Wilde Drohungen drangen durch die Ritzen<br />

in die Wohnung hinein. Pierre Limoise harrte<br />

in seinem Sessel seelenruhig der Dinge, die<br />

da kommen wollten. Immer lauter mahnte<br />

die Polizei, immer ungeduldiger wurde ihre<br />

Stimme. Aber Pierre Limoise rührte sich<br />

nicht.<br />

Da — krach — bum — hämmerten energische<br />

Schläge gegen seine Tür. Bald würde<br />

sie nachgeben müssen... doch plötzlich, wie<br />

von Geisterhänden gestossen, flog sie auf.<br />

Entsetzt hielten die tapferen Männer inne.<br />

Dann griffen sie zu den Waffen, um den wil-<br />

Brause sein Ungeziefer loszuwerden. Als<br />

er die unsäglich schmutzige Bluse herunterriss,<br />

knisterte Papier in der Innentasche.<br />

Es war der Brief von Mercedes an ihr Kind.<br />

Mercedes!<br />

Und unter seiner Schützengrabenhaut brachen<br />

tausend Wunden auf und bluteten. Warum<br />

hatte ihn, gerade ihn das grosse Morden<br />

verschont? Millionen waren weggerissen<br />

worden — ihn hatte keine Kugel gefunden!<br />

Musste er die Qual dieses Lebens weiterschleppen?<br />

Lag darin ein Sinn?<br />

Es war ihm plötzlich, als hörte er Mercedes<br />

Stimme: «Wenn eines von uns fällt, geht<br />

das andere weiter, ohne sich umzusehen !><br />

Weitergehen? Konnte er das? Wozu? Für<br />

wen?<br />

Er hielt den Brief noch in der Hand.<br />

Hatte er vielleicht doch noch eine Aufgabe?<br />

Und es schien ihm plötzlich unwürdig und<br />

unmännlich, zu verzweifeln. Wenn er auch<br />

unendlich viel verloren hatte, wenn das Leben<br />

ihm auch nichts mehr bieten konnte —<br />

sich feige wegstehlen, das durfte er auf keinen<br />

Fall. Der Tod mied ihn. So musste er<br />

leben.<br />

Als er das Volksbad verliess, in dem er<br />

die Reste seiner Uniform und seiner Wäsche<br />

zurückgelassen hatte, dachte er plötzlich an<br />

den Obersten Nicolai.<br />

Er trat in einen Friseurladen und Hess<br />

sich rasieren. Die Unterhaltung in dem Laden<br />

war sehr angeregt<br />

«Nachdem nu Willem weg is», sagte einer<br />

der Gehilfen, «wernse uns anständige Bedingungen<br />

machen. Der Wilson is doch moralisch<br />

verpflichtet, nicht wahr ? Und 1 unsere<br />

Volksrejierung, die kann janz anders uftreten,<br />

wie die ollen Kanzler un Minister un<br />

Feldmarschälle, die hat det janze deutsche<br />

Volk hinter sich!»<br />

War das richtig? Vielleicht. Eberhard hatte<br />

Tiefe Dunkelheit lag bald über dem Land.<br />

Einige Sterne begannen in kaltem Glänze<br />

zu flimmern. Mitten im Winter hatte über<br />

dem Land ein erster Schein des Frühlings<br />

aufgestrahlt. Bald wird er wieder kommen,<br />

bo.<br />

Kleine Geschichten aus dem Leben<br />

den, wutschnaubenden Pierre Limoise unschädlich<br />

zu machen, der sich gewiss gleich<br />

mit gieriger Rachsucht auf sie stürzen würde.<br />

Aber — siehe da: in der aufgeflogenen Tür<br />

stand lächelnd der Gefürchtete. Mit gemessenen<br />

Schritten ging er auf den Polizeihauptmann<br />

zu. In den Händen trug er ein himmelblau-seidenes<br />

Kissen. Und darauf hatte er<br />

zärtlich die Schlüssel zu seiner hübschen,<br />

kleinen Wohnung gebettet, die er nun für<br />

immer verlassen sollte.<br />

Da ging über alle Gesichter ein befreites,<br />

erlöstes Aufatmen. Und die Blicke, die<br />

Pierre Limoise zuflogen, hatten fast etwas<br />

Andächtiges.<br />

In der Chronik der kleinen Stadt Epinal<br />

wird dieses Ereignis sicherlich festgehalten<br />

werden und die Ehre haben, erst mit der<br />

Zeit zu vergilben.<br />

*<br />

Der Zauberlehrer.<br />

Bukarest.<br />

Pjotr Liwicz hiess der seltsame Lehrer,<br />

der eines Tages in dem bekannten Gymnasium<br />

am Marktplatz auftauchte, seinen angewiesenen<br />

Platz im hellen Arbeitszimmer<br />

einnahm und sich mit höflichen Worten<br />

seinen «verehrten Herren Kollegen» vorstellte,<br />

«in deren Kreis er ergebenst aufgenommen<br />

zu werden hoffte». Ja, er sprach<br />

gewählt und legte Wert darauf, seine wohlgeformten<br />

Hände so oft wie möglich zu zeigen.<br />

Dazu verhalfen ihm einige nervöse Bewegungen.<br />

Hin und wieder fuhr er nachdenklich<br />

über die hohe Stirn oder strich das<br />

graumelierte Haar zurück, das in sanfter<br />

Glätte seinen hohen Schädel umrahmte.<br />

Nach wenigen Tagen schon hatte Pjotr<br />

Liwicz die Herzen seiner Schüler gewonnen.<br />

Und das war kein Wunder. Er pflegte mit<br />

kurzen, energischen Schritten das Klassenzimmer<br />

zu betreten und sich gebieterisch auf<br />

seinem Kathederplatz niederzulassen. Wenn<br />

die Glocke den Beginn der Stunde ankündigte,<br />

erhob sich der seltsame Lehrer, zwinkerte<br />

seinen Schülern verheissungsvoll zu,<br />

lief zur Tür und drehte sorgfältig den Schlüssel<br />

zweimal herum. Prüfend drückte er auf<br />

die Klinke: alles in Ordnung! Dann kehrte<br />

er zur Wandtafel zurück und malte mit grossen,<br />

weissen, genial hingeworfenen Buchstaben<br />

drei Fragen auf: «Wollen wir Karten<br />

spielen?» — «Wollen wir zaubern?» — oder<br />

«Wollen wir die Erbsensprache üben?».<br />

Das gab jedesmal ein Hallo. Wenn die<br />

Woge des Uebermutes die Wände des<br />

Klassenzimmers zu verbiegen drohte, bändigte<br />

Pjotr Liwicz die Gefahr durch die<br />

schriftliche Mahnung: «Wenn Ihr nicht ruhig<br />

seid, müsst Ihr lernen!»<br />

Daraufhin wurde es mucksmäuschenstill im<br />

Raum. Und der Lehrer konnte mit seinen<br />

in Berlin eine verhältnismässige Ruhe gefunden,<br />

die ihn eigentlich überraschte. Dass<br />

ab und zu ein Lastauto mit bewaffneten Matrosen<br />

durch die Strassen fegte, das wollte<br />

nicht viel besagen. Grosse Ausschreitungen<br />

schien es nicht gegeben zu haben — vielleicht<br />

vollzog sich der Uebergang zur Republik<br />

viel ruhiger und geordneter, als man<br />

annehmen wollte. Eberhard musste sich an<br />

seine Gespräche mit Buturlin und seinen<br />

Gesinnungsgenossen erinnern, die jetzt in<br />

Russland die Herrschenden waren. Dort<br />

hatte sich der Uebergang von der bürgerlichen<br />

Republik zur proletarischen Diktatur<br />

nicht so friedlich vollzogen; auch an die<br />

Front hatten die <strong>Zeitung</strong>en die Kunde von<br />

Massenmorden und schweren Kämpfen gebracht<br />

— vielleicht , vollzog sich aber in<br />

Deutschland der Umschwung doch in gemässigteren<br />

Formen.<br />

Eberhard traf den Obersten Nicolai in einer<br />

verzweifelten Stimmung. Er führte ihn<br />

an das Fenster und deutete hinaus. Von den<br />

Häusern am gegenüberliegenden Ufer des<br />

Landwehrkanals flatterten rote Fahnen.<br />

«Ich kam, mir bei Ihnen Trost zu holen,<br />

Herr Oberst!»<br />

«Das ist etwas, was ich nicht habe! Ich<br />

kann Ihnen nicht sagen, Graf Hatzberg, wie<br />

verzweifelt ich bin!»<br />

«Vielleicht musste es gerade so kommen,<br />

«Vorführungen» beginnen. Er hatte sich wirklich<br />

ein dankbares Publikum ausgesucht. Und<br />

die Jungen begriffen sehr schnell, worauf es<br />

ankam. Den Höhepunkt des Liwicz'schen<br />

Unterrichtes aber bildete die Vereinigung<br />

aller Künste: in der Erbsensprache die<br />

Zauberdinge zu besprechen und aus den Karten<br />

die tollsten Zukunftsereignisse zu prophezeien.<br />

Die Begeisterung der Schüler für diesen<br />

«famosen Pauker» stieg von Tag zu Tag. Und<br />

diese Tatsache bewog den Direktor der Anstalt,<br />

sich die neue Kraft einmal näher anzusehen.<br />

So kam es, dass eines Tages, mitten in<br />

die Zauberstunde hinein ein energisches<br />

Klopfen ertönte. Die Klinke wurde hinuntergedrückt<br />

— aber die Tür gab nicht nach. Sie<br />

blieb so gut verschlossen, wie Pjotr Liwicz<br />

das gewünscht hatte. Der Direktor stutzte.<br />

Er horchte gespannt auf das, was folgen<br />

würde. Und es schien ihm, als ginge ein<br />

seltsames Flüstern durch den Raum. Darauf<br />

folgten leise Schritte, die sich der Tür näherten.<br />

Und auf einmal stand der Lehrer mit<br />

verbindlichem Lächeln vor ihm und bat ihn,<br />

einzutreten. «Verzeihen Sie, bitte, die Verzögerung<br />

Herr Direktor, ein Schüler muss<br />

sich einen Scherz erlaubt haben... ich werde<br />

der Sache auf den Grund gehen», sagte Pjotr<br />

Liwicz hastig, während er verlegen mit der<br />

Rechten durch das Haar fuhr. Dann bot er<br />

seinem Vorgesetzten einen Stuhl an und tat<br />

so, als wollte er den Unterricht fortsetzen.<br />

Aber der Direktor spürte bald, dass hier<br />

etwas nicht stimmte. Die Jungen machten<br />

einen so merkwürdig erschrockenen Eindruck,<br />

und auch der neue Lehrer schien sehr verdutzt<br />

zu sein.<br />

«Hm», machte der Direktor und sah den<br />

seltsamen Mann prüfend an, «wollen Sie nicht<br />

Ihren Vortrag beenden, Herr Liwicz?»<br />

«Aber gewiss, Herr Direktor», antwortete<br />

der Verlegene heiser, «ich bin gleich so<br />

weit...»<br />

Die Schüler wurden unruhig, und der<br />

Direktor wartete vergebens auf den interessanten<br />

Vortrag über den geologischen Aufbau<br />

der Erde. Pjotr Lowicz aber brachte kein<br />

Wort über die Lippen. Er hüstelte fortwährend<br />

und sass Vie vernichtet auf dem<br />

würdigen Katheder. Und ej wagte es nicht,<br />

den Direktor anzusehen.<br />

Wenige Tage darauf meldeten die Bukarester<br />

<strong>Zeitung</strong>en eine Sensation:<br />

«In das bekannte Gymnasium am Marktplatz<br />

hat sich ein Arbeitsloser als Lehrer eingeschmuggelt.<br />

Es gelang ihm, durch sein<br />

ernstes Gebaren den Direktor und das Kollegium<br />

zu täuschen und durch Zauberkunststücke<br />

und Kartenspiele die Jungen für<br />

sich zu gewinnen. Nur einem Zufall ist es<br />

zu verdanken, dass dieser Zauber-Lehrer entlarvt<br />

werden konnte, um hinter Schloss und<br />

Riegel für seine «Lehren» zu büssen, die für<br />

einen Rummelplatz sicherlich gut geeignet<br />

sind...»<br />

Direktor « Langfinger »<br />

Athen.<br />

Im Laufe weniger Wochen sind in einer<br />

kleinen griechischen Stadt mehr als zwölf<br />

Einbrüche getätigt worden. Einbrüche, die<br />

Herr Oberst! Vielleicht konnte der Wahnsinn<br />

des Weltkrieges nicht anders gebrochen<br />

werden. Ich habe den Krieg nun auch<br />

aus der Perspektive des Schützengrabens<br />

kennengelernt. Ich habe an mir selbst erfahren,<br />

wie er den Menschen zum Tier macht.<br />

Von den Millionenopfern, die er gefordert<br />

hat, gar nicht zu reden! Das ist mir schon<br />

vorher klar geworden, — wenn die Völker<br />

sich nicht zueinander auf eine andere Basis<br />

stellen als auf die des diplomatischen<br />

Verkehrs in seiner jetzigen oder vielmehr<br />

bisherigen Form, wenn die Völker Leute bezahlen,<br />

die es als ihre Aufgabe betrachten,<br />

im Trüben zu arbeiten und ihre Notwendigkeit<br />

dadurch zu erweisen, dass sie Begehrlichkeit<br />

und Hass schüren, wird der Jammer<br />

nie aufhören!»<br />

Demnächst beginnt unser<br />

neuer Roman<br />

(Schlass folgt.)<br />

Die ewige Wahrheit.<br />

Sein Verfasser, Oskar Sonnlechner,<br />

schrieb den seinerzeit bei uns erschienenen,<br />

mit grosser Anteilnahme aufgenonvmenen<br />

Roman «Die vorletzte Liebe der schönen<br />

Frau Erzsebet»

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