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E_1934_Zeitung_Nr.022

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6 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong> - N° 22<br />

Automobil und Volkswirtschaft.<br />

Zürich, im März <strong>1934</strong>.<br />

Liebe « Automobil-Revue » !<br />

Du legst im redaktionellen Teil Deiner ersten<br />

Salon-Nummer vom 13. März <strong>1934</strong> unter<br />

dem Titel «Zur Automobil-Montage in der<br />

Schweiz» Deinen Lesern, ja selbst den Behörden<br />

warm ans Herz, inskünftig nur noch<br />

die Wagen zweier amerikanischer Automobil-<br />

Konzerne zu kaufen, weil diese teilweise in<br />

der Schweiz zusammengestellt und ausgerüstet<br />

werden sollen.<br />

Liebe Automobil-Revue, Deine Bemühungen,<br />

der nationalen Industrie nützlich zu sein,<br />

ehren Dich und wir sind ganz gewiss dem<br />

Verständnis für solches Bestreben am allernächsten.<br />

Schliesslich auch deshalb, weil uns<br />

die praktische Ueberlegung sagt, wenn die<br />

schweizerische Wirtschaft blüht, sind auch<br />

für uns die Möglichkeiten des Absatzes da,<br />

und nicht nur für unsere schönen, fortschrittlichen<br />

und bewährten Mercedes-Benz-Automobile,<br />

sondern auch die Möglichkeiten sonstigen<br />

Imports aus unserem grossen Nachbarlande,<br />

damit die Möglichkeiten, Zinsen zu<br />

bezahlen, wie es anständige Leute ihren<br />

Freunden gerne möchten, ja sogar Kapital<br />

zurückzuzahlen usw., usw. — Nun, Du kennst<br />

ja diesen Kreislauf ebensogut wie wir.<br />

Es ist aber immer ein bisschen ein wehmütiges<br />

Gefühl, wenn man sich von einem<br />

alten Freund, mit dem man seit langen Jahren<br />

Arm in Arm gegangen ist, plötzlich stehen<br />

gelassen sieht, weil er eine neue Liebe gefunden<br />

hat. Weil ihn eine neue Liebe entdeckt<br />

hat.<br />

Wer will leugnen, dass die Liebe der amerikanischen<br />

Automobil - Sales - Manager zur<br />

schweizerischen Industrie noch sehr jungen<br />

Datums ist. Sie ist u. W. in dem Moment aufgelodert,<br />

als der von uns allen hochverehrte<br />

Herr Minister Dr. Stucki die Schlagbäume an<br />

den Grenzen des schönen Schweizerlandes<br />

und besonders den an der Route Antwerpen—<br />

Basel an einem regnerischen Herbstmorgen<br />

1933 heruntergelassen hat. Und diese junge<br />

Liebe dürfte, von jenseits des grossen Wassers<br />

gesehen, nicht so sehr dem warmen<br />

Gefühl entsprungen sein: wir müssen dem<br />

notleidenden Nachbar helfen, auch wohl<br />

nicht der technischen Ueberzeugung von dem<br />

besonderen Wert und der besonderen Güte<br />

schweizerischer Arbeit. Diese junge Liebe<br />

dürfte vielmehr aus der sehr nüchternen<br />

Ueberlegung geboren sein, wie komme ich<br />

zu erhöhten Einfuhrziffern.<br />

Junge Liebe ist stürmisch. Die Pflege alter<br />

Freundschaft pflegt von weniger Geräusch<br />

begleitet zu sein.<br />

Sollte sie deshalb nicht minder wertvoll<br />

sein?<br />

Oft schon haben die Mercedes-Benz-Werke<br />

im benachbarten Stuttgart die grosse Freude<br />

gehabt, in grösserer oder kleinerer Zahl<br />

schweizerische Besucher aus allen Kantonen<br />

in ihren Mauern zu begrüssen. Jedesmal war<br />

es ein Stück Heimat, was unsere Gäste ansprach<br />

aus den zahlreichen Maag-Zahnradschleifmaschinen,<br />

aus den Rorschacher Starrfräsmaschinen,<br />

welche der Stolz unserer<br />

grossen Werkstätten der mechanischen Bearbeitung<br />

sind, oder aus den sinnreich konstruierten<br />

Holzbearbeitungsmaschinen, welche<br />

die Firma Müller in Brugg unserem grossen<br />

Karosseriewerk fortlaufend liefert.<br />

Nicht immer allerdings wurden unsere<br />

Gäste gewahr, dass der Omnibus, der sie am<br />

Stuttgarter Hauptbahnhof erwartete, auf<br />

Schaffhausener Rädern rollte, wie ein grosser<br />

Teil der Produktion unseres Gaggenauer<br />

Lastwagenwerkes in der ganzen Welt. Noch<br />

weniger freilich konnten sie dem fertigen<br />

Wagen ansehen, wie viel in den letzten Jahren<br />

Gussteile von der Daimler-Benz A.G. aus<br />

der Schweiz bezogen wurden oder gar, dass<br />

der Zeiger der am Armaturenbrett eingebauten<br />

Uhr gutes Schweizer Fabrikat war.<br />

Aber doch, wenn auf dem Untertürkheimer<br />

Werk zu Ehren der Schweizer Gäste das<br />

weisse Kreuz im roten Felde flatterte, so war<br />

meist auch die Rede davon, dass die Daimler-<br />

Benz allein in den Jahren 1928—1933 für eine<br />

hübsche Zahl von Millionen Schweizer Franken<br />

qualitativ hervorragende Werkzeugmaschinen,<br />

Halb- und Fertigfabrikate von<br />

schweizerischen Unternehmungen und deren<br />

Tochtergesellschaften bezog. Die überaus<br />

enge Verflechtung, die seit Jahrzehnten<br />

zwischen dieser süddeutschen und zugleich<br />

grössten Automobilfabrikationswerkstätte<br />

Mitteleuropas mit der schweizerischen<br />

Wirtschaft besteht und heute noch und in<br />

Zukunft auf das sorgfältigste gepflegt wird,<br />

wurde evident und damit ein Gefühl freundnachbarlicher<br />

Zusammengehörigkeit lebendig.<br />

Freilich, wenn man die von Schweizer<br />

Geist ersonnenen und von Schweizer Arbeitern<br />

gebauten Werkzeugmaschinen bei der<br />

Bearbeitung der Gussstücke oder beim<br />

Schneiden der Karosserie-Hölzer drüben in<br />

Stuttgart beobachtet, wer will sagen: wieviel<br />

Prozente schweizerischer Arbeit stecken in<br />

meinem Mercedes-Benz-Wagen? Ein viel-<br />

faches Mehr jedenfalls als, rein äusserlich<br />

erkennbar ist an den Scintilla-Apparaten und<br />

an den Pfäffikoner Pneus, mit denen heute<br />

auch die Mercedes-Benz-Wagen in der<br />

Schweiz ausgerüstet werden.<br />

Aber diese Prozente sind schwerer zu errechnen<br />

als Montagelöhne, Sattlerlöhne und<br />

Zubehör, die erforderlich sind, um aus. einem<br />

amerikanischen Chassis von z. B. nicht viel<br />

über 2000 Fr. Ankaufswert einen 50prozentig<br />

schweizerischen fertigen Wagen zu machen.<br />

Ist jedoch der Schuss Schweizerblut, den die<br />

Pferdekräfte des Mercedes-Benz-Wagens in<br />

dem feinen Geäder tragen, äusserlich vielleicht<br />

weniger sichtbar, so haben sie ihn aber<br />

dafür schon bei der Geburt mitbekommen,<br />

und er muss gerade dem Schweizer — auch<br />

wenn er das Erzeugnis fertig in die Hand<br />

bekommt — erkennbar werden, der einen<br />

sicheren Instinkt für hohe Qualität besitzt.<br />

Wie gesagt, es ist ein bisschen ein wehmütiges<br />

Gefühl, wenn alte, langjährige Blutsverwandtschaft<br />

so ein wenig vergessen wird,<br />

weil sich was Neues aufgetan hat. Aber die<br />

besten Ehen sind ja die, von denen man am<br />

wenigsten spricht, und die Beziehungen, die<br />

im Laufe langer Jahre so selbstverständlich<br />

geworden sind, dass von ihnen schon gar<br />

nicht mehr die Rede ist, halten doch wohl<br />

am längsten, sogar über die Dauer von Kontingentierungsmassnahmen<br />

hinaus. —<br />

Also, was ist nun, liebe Automobil-Revue?<br />

Wünschest Du im Ernste, dass kein Mercedes-Benz-Wagen<br />

in der Schweiz mehr gekauft<br />

werden dürfe, damit Schaffhausen<br />

weniger Arbeit habe und Zürich, Brugg, Rorschach,<br />

Winterthur und andere Schweizer<br />

Plätze mehr? Dein treuer Leser und Verehrer<br />

Erich Friedrich Muff.<br />

Direktor der Mercedes-Benz-Automobil A.G.<br />

Bern, im März <strong>1934</strong>.<br />

Sehr geschätzter Herr Direktor !<br />

Ein Lebenszeichen von guten alten Freunden<br />

ist immer eine angenehme Abwechslung<br />

in unserer täglichen Post, in welcher, dem<br />

Charakter der Zeit entsprechend, das Materielle<br />

und Unpersönliche leider bald zu<br />

überwiegen beginnt. Gerade auch deshalb<br />

tun wir uns soviel auf den Umstand zugute,<br />

unter dem weiten Leserkreis einen Harst<br />

von treuen Bekannten zu wissen, mit denen<br />

wir gemeinsam all die Jahre die Entwicklung<br />

des schweizerischen Automobilwesens<br />

erlebt und an ihr regen Anteil nahmen.<br />

Wir haben daher miteinander die in ihren<br />

Konsequenzen weitreichende Umwandlung in<br />

der Struktur des schweizerischen Automobilhandels<br />

verfolgen können. Von dem,<br />

wenn auch bescheidenen Aktivüberschuss,<br />

den uns die stattliche Ausfuhr einer einst<br />

mit in vorderster Linie stehenden nationalen<br />

Personenwagen-Fabrikation einbrachte, sind<br />

wir im Laufe der Jahre zu einem Passivsaldo<br />

der Automobilhandelsbilanz von über<br />

30 Millionen Franken jährlich gekommen. In<br />

den Jahren der wirtschaftlichen Freizügigkeit<br />

hatte diese Verschiebung vielleicht nicht<br />

die Bedeutung, die ihr heute zukommt, denn<br />

wenn wir auf dem Gebiete des Motorfahrzeugwesens<br />

und -betriebs in sehr starkem<br />

Masse vom Auslande abhängig geworden<br />

sind, so hatten wir doch die Gewissheit.dass<br />

unsere Lieferanten auch gute Kunden waren.<br />

Das hat sich nun in den allerletzten Jahren,<br />

da die Zollmauern rings um uns zu fast unüberwindlichen<br />

Wällen wurden, gründlich<br />

geändert und man wird es niemand verargen<br />

können, wenn sich die Schweiz auf sich<br />

selbst besann und wohl oder übel dem betrüblichen<br />

Beispiel der übrigen Staaten<br />

folgte.<br />

Bei aller Betonung des schweizerischen<br />

Standpunktes haben wir doch nie einer kleinlichen,<br />

nationalistischen Einstellung das<br />

Wort geredet, und dies schon deshalb nicht,<br />

weil das Automobilwesen als solches in der<br />

Freizügigkeit gross geworden ist und ja gerade<br />

dazu berufen ist, Distanzen und Grenzen<br />

räumlicher und ideeller Art zu überwinden<br />

und zu überbrücken. Wir waren daher<br />

mit die Ersten, welche unsere Bedenken äusserten,<br />

als der Automobilaussenhandel mit<br />

in den Kreis der Einfuhrbeschränkungen und<br />

der Kontingentierung einbezogen wurde.<br />

Diese Befürchtungen bestehen heute noch<br />

zum Teil zu Recht. Die Massnahmen zeitigten<br />

aber, wie wir in der letzten Ausgabe<br />

schrieben, anderseits «den positiven Erfolg,<br />

dass man sich wieder mehr auf schweizerische<br />

Arbeit und Produktion besann ». Es if<br />

unbedingt erfreulich zu beobachten, wie unsere<br />

hochqualifizierte Industrie für Zubehör,<br />

die Ateliers für Karosseriebau usw. geradezu<br />

einen neuen Impuls erfahren haben und, entgegen<br />

der alten Ueberlieferung, nun auch<br />

der Prophet im eigenen Lande etwas gilt,<br />

während er bisher fast ununterbrochen im<br />

Auslande auf der Wanderschaft war und<br />

dort für sich Verständnis und Absatz suchen<br />

musste. In diesem Zusammenhange darf<br />

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