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E_1934_Zeitung_Nr.093

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2 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong> - No 93<br />

sen, wie sie durch das Konkordat geschaffen<br />

worden war, hatte sich zweifellos bewährt.<br />

In Zweifelsfällen hatte der von rechts<br />

Kommende den Vortritt. Wie steht es heute?<br />

Auf Durchgangsstrassen hat der Fahrer auf<br />

der Durchgangsstrasse den Vortritt. Aber<br />

nur zwischen Ortschaften. In Ortschaften<br />

gilt allgemein das Vortrittsrecht von rechts;<br />

ebenfalls auf nicht Durchgangsstrassen. Wo<br />

fängt nun eine Ortschaft an und wo hört sie<br />

auf? Sind einzelne Häuser Ortschaften? Befinde<br />

ich mich auf einer Durchgangsstrasse<br />

oder nicht? Berechtigen Ausiahrten, Feldwege,<br />

Wege von und zum Misthaufen von<br />

rechts zum Vortritt? Wirklich ein Chaos von<br />

Fragen, die auf den Fahrer einstürmen und<br />

die zweifellos nicht geeignet sind, die Sicherheit<br />

auf der Strasse zu fördern. Wir<br />

Schweizer können uns vielleicht mit der Zeit<br />

noch zurechtfinden. Aber der Ausländer?<br />

Die Verkehrsgestaltung in einem Lande<br />

hat, ob man will oder nicht, immer ihre Auswirkungen<br />

auf das Ausland. Es wäre deshalb<br />

falsch, zu glauben, man könne diesbezüglich<br />

im eigenen Lande nach Belieben schalten<br />

und walten. Dies tun, würde der Aufrichtung<br />

einer chinesischen Mauer gleichkommen. Wir<br />

würden uns einem Trugschluss hingeben,<br />

wenn wir glauben, die Schweiz werde etwa<br />

im Auslande als besonders automobilfreundliches<br />

Land gerühmt. Dem ist nicht so. Der<br />

Referent kennt Ausländer, die jahrelang mit<br />

ihren Familien und Bekannten ihre Ferien<br />

in der Schweiz verbracht haben. Sie kommen<br />

nicht mehr, weil sie, eine Bergbahn benützend,<br />

bestraft worden sind, als sie ihr Automobil<br />

in der Nähe des Bahnhofs parkiert hatten<br />

oder weil sie gezwungen worden sind,<br />

ihre Pneus photographieren zu lassen und<br />

dafür Fr. 20.— zu bezahlen. Andern wurden<br />

ihre Wagen beanstandet, die allerdings nicht<br />

dem Katalog der Vollziehungsvefordnung<br />

entsprachen, wohl aber dem internationalen<br />

Abkommen über den Kraftfahrzeugverkehr<br />

vom Jahre 1926 Genüge leisteten. Franzosen<br />

wurden gebüsst, weil sie keinen internationalen<br />

Ausweis vorweisen konnten, trotzdem<br />

zwischen der Schweiz und Frankreich ein<br />

Abkommen besteht, wonach die nationalen<br />

Ausweise genügen. Kleine Ursachen, grosse<br />

Wirkungen! Die Kunde von solchen Indezenzen<br />

wandert weiter bis in die entferntesten<br />

Touristik- und Verkehrsbureaus des Auslandes,<br />

wo sie als Schikane verbucht — und<br />

vielleicht auch aus "Konkurrenzgründen nur<br />

allzugerne weiterverbreitet werden. Aber<br />

auch die Schweizer werden in ihren Ferien<br />

immer in vermehrtem Masse ins Ausland gehen,<br />

solange bei uns auf der Strasse keine<br />

Ordnung herrscht und solange nur der Motorfahrzeugftihrer<br />

zur Rechenschaft gezogen<br />

wird. Noch erst vor wenigen Tagen erklärte<br />

eine einflussreiche ausländische Persönlichkeit,<br />

dass, falls die Schikanen der motorfahrzeugfahrenden<br />

Ausländer in der Schweiz<br />

nicht bald einmal aufhören würden, er in<br />

seinem Lande eine Kampagne gegen die<br />

Schweiz veranlassen werde. Dies muss uns<br />

zu denken geben.<br />

Von Wichtigkeit für die Förderung des<br />

Auslandmotorfahrzeugverkehrs in der Schweiz<br />

und damit für unsere Volkswirtschaft ist eine<br />

Vereinfachung aller Formalitäten an der<br />

Grenze und Verzicht auf kleinliche Polizeivorschriften<br />

und -kontrollen im Lande selbst.<br />

Von ganz besonderer Bedeutung wird auch<br />

sein, wie der Bundesrat die Haftpflichtversicherung<br />

ausländischer Motorfahrzeuge regeln<br />

wird. Darüber, dass diese Regelung ein<br />

brennendes Gebot der Stunde ist, können<br />

keine Zweifel bestehen. Ebensowenig dürfen<br />

aber darüber Zweifel bestehen, dass sich die<br />

Lösung dieser Frage auf dem Wege der Erhebung<br />

von Eingangsgebühren, wie sie in<br />

Art. 54*M. F. G. vorgesehen sind, katastro-<br />

Ehrung eines Auto-Fachjournalisten.<br />

Ing. G. Canestrini, Chefredaktor der motorsportlichen<br />

Rubriken der führenden italienischen<br />

Sportzeitung «Gazzetta dello<br />

Sport» ist auf Vorschlag des Ministerpräsidenten<br />

zum Offizier des Ordens der italie~<br />

nischen Krone ernannt worden. Wir gratulieren<br />

unsererseits!<br />

Richter lernen Autofahren.<br />

Der Auto-Club der Tschechoslowakischen<br />

Republik veranstaltet ab Mitte dieses Monats<br />

bis Januar 1935 einen Autofahrkurs, an<br />

dem sich ausschliesslich tschechische Richter<br />

beteiligen werden. Zweck der Veranstaltung<br />

ist, dem Richter die Kenntnis des<br />

Motorfahrwesens zu vermitteln, die für eine<br />

verlässliche Rechtsprechung von besonderer<br />

Bedeutung ist. Die praktische Unterweisung<br />

der Richter wird in einigen Prager Autoschulen<br />

erfolgen.<br />

Erhöhte Gewinne In der amerikanischen Au.<br />

tomobilindustrie.<br />

Acht amerikanische Automobilfabriken<br />

weisen für die ersten 9 Monate des laufenden<br />

Jahres einen gegenüber dem Vorjahr<br />

von 75,25 auf 79,04 Mill. Dollar erhöhten<br />

Nettogewinn aus. Zur gleichen Zeit des Jahres<br />

1932 wurde ein Nettoverlust von 5,09<br />

Mill. Dollars erzielt.<br />

Automobil statt Eisenbahn.<br />

Die griechische Regierung soll Bulgarien<br />

den Vorschlag unterbreitet haben, statt der<br />

geplanten Eisenbahnlinie Sofia-Saloniki eine<br />

Automobilstrasse zu erstellen. Diese Strasse<br />

würde die beiden Städte in einer Streckenlänge<br />

von 340 ktn verbinden. Griechenland<br />

gedenkt mit dem Bau der Strecke Saloniki-<br />

Kula (Grenzstation) noch im laufenden Jahre<br />

zu beginnen, (ca. 140 km).<br />

Siedler-Garagen.<br />

Um die Verbreitung billiger Automobile zu<br />

fördern, erscheint es der deutschen Reichsregierung<br />

notwendig, auch für eine vermehrte<br />

Herstellung von billigen Garagen zu sorgehi<br />

phal auswirken würde. Statt das Motorfahrzeug<br />

— gleichgültig ob inländisch oder aus*<br />

ländisch — immer mehr zu belasten, entlaste<br />

man es.<br />

Die fiskalischen Belastungen haben dazu<br />

geführt, dass in den letzten zwei Jahren<br />

36,000 Motorfahrzeuge aus dem Verkehr zurückgezogen<br />

worden sind. Erneut hat sich<br />

hier die alte Weisheit, dass hohe Steuersätze<br />

noch lange nicht gleichbedeutend sind<br />

mit erhöhten Steuereinnahmen, als richtig<br />

erwiesen. Das umgekehrte Beispiel, wie dagegen<br />

behördliche Erleichterungen den Motorfahrzeugverkehr<br />

fördern, zeigt Italien, wo<br />

pro 1933 5000, oder Deutschland, wo infolge<br />

des Verzichts auf Abgaben jeglicher Art 99,5<br />

Prozent mehr Motorfahrzeuge in Verkehr<br />

gesetzt worden sind als im Vorjahre.<br />

Was die Automobilisten wollen, ist Ordnung<br />

auf der Strasse. Gleiche Verpflichtungen<br />

und Verantwortlichkeiten für alle, die<br />

sie benützen. Motorfahrzeugverkehr und<br />

Strasse sind für die Schweiz von grösster<br />

volkswirtschaftlicher Bedeutung. Nicht um<br />

Kilometer dreht sich der Streit; es bleibt<br />

sich gleich, ob man etwas schneller oder<br />

treffsicher erwidert worden, aber Czwalinna,<br />

der Krugwirt, war mit seinem Wolfshund<br />

erschienen, den der Gendarm ihm aufgeschwatzt<br />

hatte, damit die Anzeigen wegen<br />

Körperverletzung abnähmen, und es war<br />

nichts geworden. Südekum hasste Hunde,<br />

deren Augen grünlich schimmern konnten,<br />

und so hatte er nichts zu tun vermocht als<br />

den ganzen Haufen seiner Feinde in die<br />

Lauge seines Hohnes zu tauchen und über<br />

den Tisch hinweg den Kautabaksaft in die<br />

verhassten Gesichter zu landen. Denn er<br />

war ein Meister des Fernfeuers auf diesem<br />

Gebiet, und ein knurrender Wolfshund war<br />

imstande, die Geschossbahn aufzuhalten oder<br />

sie abzulenken von ihrem sorgsam bestimmten<br />

Weg.<br />

Aber es war zu keiner körperlichen Berührung<br />

gekommen. Der Feind, reich an bitteren<br />

Erfahrungen, hatte das Feld geräumt, unter<br />

verbissenen Drohungen, und das einzige,<br />

was Südekum gelungen war, bestand in ein<br />

paar Ohrfeigen, die er, den Tisch an die Tür<br />

rückend, zum Abschied flüchtig hatte austeilen<br />

können. Aber das Heldentum ohne<br />

Widerstand hatte ihn nicht befriedigt, und<br />

als er den Krug als letzter verlassen hatte,<br />

in der Hoffnung, dass im nächtlichen Dunkel<br />

die ihm zustehende Schlacht noch entbrennen<br />

würde, war er über einen mit Wasser<br />

gefüllten Eimer gestürzt, den man vorsorglich<br />

auf die Treppe gestellt hatte. Es<br />

hatte nichts genützt, dass er wie Polyphem<br />

in das unsichtbare Gelächter seiner Feinde<br />

gebrüllt hatte. Er hatte seine Elle mühsam<br />

wiedergefunden, hatte den Weg verfehlt und<br />

zog nun grollend seine schiefe Bahn, dunkel<br />

ahnend, dass Schlacht und Bett für diese<br />

Nacht verloren seien.<br />

Als die Sternschnuppe niederschoss, die<br />

den Mann am Grabe mit einer Verheissung<br />

des Trostes erfüllt hatte, trat der Schneider<br />

Südekum auf eine Schonung heraus, die er<br />

nicht kannte und von der er nur wusste, dass<br />

sie weit von seinem Hause entfernt sein<br />

musste. Er starrte nach dem leuchtenden<br />

Streifen hinauf, lange nachdem er erloschen<br />

war, und versuchte die Erscheinung in den<br />

nebelhaften Fluss der Geschehnisse einzuordnen,<br />

auf dem er trieb. «Zauber!» sagte<br />

er laut und tadelnd. «Ver... zaubert haben<br />

sie mich ... die Un ... Unterirdischen gehen<br />

um diese Nacht ... Priem am Himmel ...<br />

kurios ...»<br />

Und er fiel nach schweren Zielversuchen<br />

auf einen frischen, von Harz überfliessenden<br />

Baumstumpf, stützte den Kopf in die Hände<br />

und sah grübelnd in den Himmel hinauf, ob<br />

die Erscheinung sich wiederholen würde, die<br />

allen Naturgesetzen widersprach.<br />

istischer<br />

Deshalb soll bei der Anlage neuer Siedlungsund<br />

Wohnhausgruppen von vornherein die<br />

Anlage solcher Garagen vorbereitet werden.<br />

Anderseits soll auch denjenigen Fahrzeugbesitzern<br />

geholfen werden, die nicht in Siedlungen<br />

mit neuen Garagen wohnen. Aus diesem<br />

Grunde werden die technischen Vorschriften<br />

für den Bau von Garagen in Untergeschossen<br />

erleichtert. Bisher war nach den geltenden<br />

Baupolizeivorschriften meist unzulässig, in<br />

Vorgärten eine Einsenkung einzubauen, um<br />

die Zufahrt zu Garagen in Untergeschossen<br />

zu ermöglichen. In Zukunft darf von diesen<br />

Vorschriften unter Umständen abgesehen<br />

werden.<br />

Vorschriften-Salat.<br />

Wie verworren die Verhältnisse in bezug<br />

auf die Verkehrsvorschriften immer noch liegen,<br />

illustrieren am besten die folgenden<br />

neuen Bestimmungen: In Deutschland wurde<br />

die zugelassene Karosseriebreite von Last,<br />

wagen von 2,35 m auf 2,50 m erhöht. Im gleichen<br />

Zeitpunkte reduzierte Frankreich die'<br />

ses Mass von 2,50 m auf 2,35 m und Belgien<br />

von 2,50 m auf 2,40 m!<br />

Welche Erschwernisse solche Aenderun<br />

gen für die Industrie bedeuten, bedenken die<br />

amtlichen Stellen, welche die Erlasse fabrizieren,<br />

augenscheinlich nicht; aus dem direkten<br />

Gegensatz zwischen der deutschen<br />

und französischen Aenderting ist zu ersehen,<br />

dass weder für die eine, noch für die andere<br />

absolut zwingende Gründe vorhanden waren.<br />

Grossbritanniens Benzinverbrauch.<br />

Trotz Wirtschaftskrise ist der englische<br />

Benzinverbrauch in ständigem Anstieg begriffen.<br />

In den ersten 9 Monaten des laufenden<br />

Jahres stellte er sich auf 879,6 Mill. Gallonen<br />

(1 Gallone — 4,54 l), gegen 825,7 Mill.<br />

in der vorjährigen Parallelperiode. In den<br />

ersten 3 Quartalen des Jahres 1932 waren<br />

es 796,3 Mill., in der entsprechenden Periode<br />

des Jahres 1931 767,7 Mill., gegenüber 705,6<br />

Mill. 1930 und 648,8 Mill. Gallonen in den<br />

Tersten 9 Monaten des Jahres 1929.<br />

langsamer vorwärts kommt. Wir haben eine<br />

grosse volkswirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen.<br />

Es geht um die Ehre und das Ansehen<br />

unseres Landes! ,<br />

Ein schwerer Unfall.<br />

(Aus dem Bundesgericht.)<br />

Das Bundesgericht hatte sich am 13. November<br />

mit den zivilrechtlichen Folgen eines<br />

schweren Unfalles zu befassen, der sich<br />

am Nachmittage des 23. Oktober 1932 auf<br />

der grossen Strasse Bern-Zürich zwischen<br />

Suhr und Hunzenschwil ereignet hatte. An<br />

dem erwähnten Tage fuhren die Brüder Ernst<br />

und Gottlieb F., der erstere allein, der andere<br />

mit einem Fahrgast auf dem Soziussitz,<br />

in der Richtung gegen Hunzenschwil. Der<br />

voranfahrende Ernst F. fuhr in einer Weise,<br />

die sich wohl nur durch den vorangegangenen<br />

Besuch verschiedener Wirtshäuser erklären<br />

lässt; in einer leichten Kurve beim<br />

«Rennrain» verlor der in raschem Tempo<br />

Fahrende völlig die Herrschaft über sein Rad,<br />

geriet auf die linke Strassenseite und sogar<br />

noch weiter links auf den Rasen. Er wollte<br />

Den zweiten Weg unter dem hohen, von<br />

wandernden Lichtern erhellten Himmel dieser<br />

Nacht war der Kätner Michael Grotjohann<br />

mit seiner Tochter Marte gegangen,<br />

Auch er hatte den rechten Weg in dem ihm<br />

fremden Waldland verfehlt und war abseits<br />

des weiter östlich gelegenen Dorfes immer<br />

tiefer in den dünnen Nebel und die sich verdunkelnden<br />

Gründe der tiefen Wälder geraten,<br />

taub gegen die leisen Mahnungen seiner<br />

Tochter und gewiss, dass Gott mit einer<br />

Feuersäule ihm voranleuchten würde zu dem<br />

kleinen Hof eines Anverwandten, bei dem er<br />

nun die rechte Strassenseite wieder erreichen,<br />

obschon sich inzwischen aus der entgegengesetzten<br />

Richtung ein korrekt auf der<br />

rechten Seite, aber mit grosser Geschwindigkeit<br />

fahrendes Auto genähert hatte. Bei<br />

dem Versuch, die Strasse nach rechts zu<br />

queren, stiess der" Motorradfahrer in die<br />

rechte Flanke des von fwei Engländern besetzten<br />

Wagens, der infolgedessen nach<br />

links abgelenkt wurde. Der zweite Motorradfahrer,<br />

Gottlieb F., war seinem Bruder in<br />

etwa 50 m Entfernung, aber gleichfalls in<br />

übersetztem Tempo, gefolgt und stiess, da<br />

er auf der rechten Strassenseite fuhr und<br />

nicht anhielt, in voller Wucht mit dem aus<br />

seiner Bahn geschleuderten leichten M. G.-<br />

Sportwagen zusammen. Der Motorradfahrer<br />

Ernst F. und der Führer des englischen Wagens<br />

waren sofort tot, Gottlieb F. starb an<br />

seinen Verletzungen, sein Passagier wurde<br />

verletzt, derjenige des Autos war zu seinem<br />

Heil aus dem Wagen geschleudert worden.<br />

Zwei Wochen vor dem Unfall hatte sich<br />

Gottlieb F. verheiratet und die Witwe, welche<br />

den Tod ihres Ehemannes dem unsinnigen<br />

Fahren seines Bruders Ernst zuschrieb,<br />

klagte gegen die Eltern F. als Erben des<br />

Schuldigen auf 32,000 Fr. Schadenersatz und<br />

Genugtuung. Das Bezirksgericht Lenzburg<br />

nahm an, am zweiten Zusammenstoss, der<br />

zum Tode des Gottlieb F. geführt hatte,<br />

treffe den Autofahrer 20%, Ernst F. 60% und<br />

Gottlieb F. 20% Verschulden. Es verurteilte<br />

die Eltern F. zu 19,658 Fr. Schadenersatz und<br />

1000 Fr. Genugtuung. Dagegen haben das<br />

Aargauer Obergericht und das Bundesgerjcht<br />

sowohl das Verschulden des Ernst F. als<br />

dasjenige des Gottlieb F. am zweiten Zusammenstoss<br />

auf je 40% bemessen und infolgedessen<br />

den von den Eltern F. zu leistenden<br />

Schadenersatz auf 11,780 Fr. herabgesetzt.<br />

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung<br />

steht auf dem Boden der «adäquaten» Verursachung;<br />

der ursächliche Zusammenhang<br />

zwischen dem Verhalten eines bei einem Unfall<br />

Beteiligten und dem Unfall wird angenommen,<br />

wenn der Betreffende eine Ursache<br />

des Unfalles gesetzt hat und dieser<br />

— mögen auch andere Umstände hinzugekommen<br />

sein — ohne das rechtswidrige<br />

Verhalten sich nicht ereignet hätte. Voraussetzung<br />

ist dabei, dass der Kausalzusammenhang<br />

ein «adäquater» ist, d. h. das als<br />

Unfallursache in Betracht fallende Verhalten<br />

erfahrungsgemäss geeignet war, einen solchen<br />

Unfall herbeizuführen. Da es sich im<br />

vorliegenden Falle um die Verantwortung für<br />

den Tod des Gottlieb F. handelte, war nur<br />

die Haftung für den zweiten Zusammenstoss<br />

festzustellen. In dieser Hinsicht wurde das<br />

Verschulden des Autofahrers darin erblickt,<br />

dass er in zu raschem Tempo fuhr und beim<br />

Nahen des offenbar unsicheren ersten Motorradfahrers<br />

nicht verlangsamte; dieses<br />

Verschulden kann auf 20% bewertet werden.<br />

Ernst F. hat seines unsinnigen Verhaltens<br />

wegen das überwiegende Verschulden am<br />

ersten Zusammenstoss, doch steht seine fahrlässige<br />

Fahrweise auch in ursächlichem Zusammenhang<br />

zu der zweiten Kollision, die<br />

nicht eingetreten wäre, wenn das Auto nicht<br />

durch den ersten Zusammenstoss nach links<br />

geworfen worden wäre. Trotzdem ist das<br />

Verschulden des Gottlieb F. ebenso schwer<br />

(40%) denn wenn er auch auf der rechten<br />

Seite der Strasse fuhr, so ist er doch seinem<br />

Bruder in zu geringem Abstand gefolgt und<br />

er hat, trotz des von ihm wahrgenommenen<br />

ersten Unfalles, versucht, am Auto vorbeizufahren,<br />

anstatt zu bremsen. — Vom Zuspruch<br />

einer Genugtuung ist abzusehen, weil die<br />

Parteien nahe verwandt sind und die Eltern<br />

F. gleichfalls durch den Unfall schwer betroffen<br />

wurden.<br />

Wp.<br />

in der sicheren Gemeinschaft des neuen<br />

Glaubens ausruhen wollte von den Schmerzen<br />

eines vielfachen Schiffbruches der letzten<br />

Jahre.<br />

Denn der Kätner Grotjohann war zu Anfang<br />

des Frühlings «erweckt» worden, nicht<br />

von dem Pfarrer seiner Gemeinde, den er<br />

einen «Sendung der Finsternis» nannte, sondern<br />

von Mister Mac Lean, Wanderprediger<br />

der «Kirche der tausend Tage», beheimatet<br />

in Great Salt Lake City, U. S. A., Ausgesandter<br />

des Mormonenstaates, der in den<br />

verlassenen Gemeinden zwischen Wald und<br />

Moor eine eifrige und erfolgreiche Werbetätigkeit<br />

entfaltete. Diese Erweckung war<br />

der seiner Tochter vorausgegangen, die als<br />

ein schönes und unbekümmertes Menschenkind<br />

durch zahlreiche Abenteuer ländlicher<br />

Liebe gegangen war, ehe die finstere und<br />

asketische Erscheinung des Reverend Armstrong<br />

sie zu einer büssenden Magdalena<br />

gemacht hatte. Wobei ihrem etwas trägen<br />

und animalisch zuwartenden Sinn nicht bewusst<br />

geworden war, ob die geheimnisvollen<br />

Symbole der fernen «Goldenen Stadt», die<br />

sie in Jahresfrist erblicken sollte, sie in die<br />

Süssigkeit einer hingebenden Zerknirschung<br />

gestürzt hatten oder die unheimlichen, immer<br />

verschleierten und nie sich offenbarenden<br />

Augen des Verkünders jener Symbole.<br />

Es war dazugekommen, dass der neue<br />

Glaube, von dem das Gerücht einer ruchlosen<br />

Vielweiberei nicht zu trennen war, seinen<br />

Bekennern Hohn, Hass und Verfolgung<br />

durch die «untergeordneten Organe» des<br />

Staates und der Kirche eintrug und dass der<br />

Ruf einer freundlich-willigen Liebesempfänglichkeit<br />

noch weit über ihre Erweckung<br />

hinaus an ihre Person geknüpft blieb, so<br />

dass, wenn sie in ihrer Kammer mit dem<br />

Reverend Armstrong im Gebete kniete,<br />

mehrmals zur Nacht ein ungeduldiges Klopfen<br />

an ihrem Fenster ertönte und die finsteren<br />

Augen des Bekehrers sich mit einer<br />

drohenden Frage in die ihren senkten.<br />

(Fortsetzung folgt.)

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