E_1935_Zeitung_Nr.004
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Luftfahrt<br />
Massenausbildung , von Segelfliegern. In<br />
der deutschen Segelfliegerschule Rossitten<br />
konnten während der Monate Februar bis<br />
November vorigen Jahres 145 Flugschüler<br />
die C-, und über 300 die B-Prüfung ablegen.<br />
Die A-Prüfung überschritt bereits die stattliche<br />
Zahl von 1000. Unter den Kursteilnehmern<br />
befanden sich neben zahlreichen Ausländern<br />
auch einige 50 Damen.<br />
Fesselballon durch Autogiro verdrängt Das<br />
englische Kriegsministerium hat sich entschlossen,<br />
auf Grund der Erfahrungen, welche<br />
im letzten Jahre mit Autogiros gemacht<br />
worden sind, die Fesselballone durch die<br />
bewährten Umlaufflügel-Flugzeuge zu ersetzen.<br />
Ihre Vorzüge gegenüber dem Fesselballon<br />
als Beobachtungsmittel liegen darin,<br />
dass sie sich schnell vom Standort bewegen<br />
und Jagdangriffen ausweichen können. Auch<br />
auf dem Boden ist das Autogiro viel besser<br />
zu tarnen. Mit der grundsätzlichen Einführung<br />
von Autogiros an Stelle der Fesselballone<br />
dürfte dann wohl England allen andern<br />
Staaten vorangegangen sein.<br />
Ein Segelfliegerlager auf Jungfraujoch. In<br />
Bern fand eine konstituierende Versammlung<br />
eines aus Mitgliedern des Aeroclubs<br />
der Schweiz sich zusammensetzenden Organisationskomitees<br />
statt, das beschlossen hat,<br />
dieses Jahr auf dem Jungfraujoch ein grosses<br />
internationales Segelfliegerlager durchzuführen.<br />
Die Veranstaltung wird 14 Tage dauern,<br />
und zwar vom 4. bis 18. September. Das<br />
Segelfluglager dürfte die besten Segelflieger<br />
Europas in den Schweizer Hochalpen vereinigen,<br />
und es sollen während der Dauer<br />
des Lagers verschiedene sportliche Konkurrenzen,<br />
vorab Fernflüge, durchgeführt werden.<br />
Die Sektion Thun des Ae.C.S. hat die<br />
Initiative zu dieser grosszügigen Veranstaltung<br />
ergriffen, und das Organisationskomitee<br />
setzt sich vorab aus Mitgliedern dieser Sektion<br />
und des Berner Oberlandes zusammen.<br />
An der Spitze stehen W. Krebser (Thun) als<br />
Präsident und Direktor Dr. Liechti von der<br />
Jungfraubahn als Vizepräsident. Der konstituierenden<br />
Sitzung wohnten bei: der Präsident<br />
des Ae.CS. Oberst Messmer, der diese<br />
internationale Veranstaltung am bevorstehenden<br />
Kongress der F.A.I. (Föderation Aeronautique<br />
Internationale) in Paris anmelden wird,<br />
und Oberstleutnant Rihner als Präsident der<br />
Sportkommission des Ae\C.S.<br />
76,000,000 Flugkilometer im Jahr 1934. Die<br />
Kgl. Britische Luftflotte hat im Jahre 1934<br />
eine Gesamtstrecke von rund 76 Millionen<br />
Kilometern zurückgelegt und damit den letzten<br />
Rekord für den Nachkriegsflugdienst von<br />
1933 (rund 71 Millionen km) geschlagen. Die<br />
zunehmende Leistungsfähigkeit des Dienstes<br />
geht daraus hervor, dass die Luftflotte im<br />
Jahre 1921 nur über ein Drittel ihrer gegenwärtigen<br />
Stärke verfügte, aber nur ein Zehntel<br />
der im Jahre 1934 durchflogenen Strecke<br />
leistete.<br />
Die 93 Geschwader der Luftflotte hatten<br />
Im letzten Jahr 19 schwere Unfälle zu verzeichnen,<br />
die 28 Menschen das Leben kosteten.<br />
Einen interessanten Vergleich bietet<br />
wieder das Jahr 1921. Die damaligen 33 Geschwader<br />
erlitten 22 schwere Unfälle, wobei<br />
37 Menschen ums Leben kamen. Das<br />
schlimmste Jahr seit dem Kriege ist für die<br />
britische Militärfliegerei das Jahr 1926 gewesen,<br />
als bei 54 Flugzeugkatastrophen "85<br />
Menschen getötet wurden. Ebenso hat die<br />
Zahl der Unglücksfälle im Verhältnis zu den<br />
Flugstunden erheblich abgenommen. Während<br />
im Jahre 1921 auf alle 2238 Flugstunden<br />
ein Toter kam, entfällt jetzt auf 12,000<br />
Flugstunden je ein Toter. Das letzte Jahr<br />
hat auch in Bezug auf andere, nicht tödliche<br />
Unglücksfälle in der Luft aussergewöhnlich<br />
gut abgeschnitten.<br />
Dieser Jahresbericht ist um so bemerkenswerter,<br />
als 1934 sehr viel mehr Luftübungen<br />
und -manöver stattgefunden haben als früher.<br />
Allein der Polizei- und Patrouillendienst<br />
der Luftflotte erstreckt sich über ein Gebiet<br />
von mehr als 1,6 Millionen Quadratkilometer;<br />
die Maschinen überfliegen täglich drei<br />
Kontinente, grossenteils sehr gefährliche<br />
Strecken, auf denen jede Panne eine Katastrophe<br />
bedeutet.<br />
Das Anwachsen der Flugstrecke, und vor<br />
allem die Abnahme der Unglücksfälle, wird<br />
in hohem Masse den Ausbildungsmethoden<br />
und der Ausdehnung der Ausbildungszeit zugeschrieben.<br />
Eine der Hauptverbesserungen<br />
ist die Ausbildungsvorschrift, dass jeder Pilot<br />
der Kgl. Britischen Luftflotte im Blindfliegen,<br />
d.h. in der Orientierung nur nach<br />
den Instrumenten, unterwiesen werden<br />
muss, wodurch ein Höchstmass an Navigationssicherheit<br />
in Nebel und Wolken erreicht<br />
wird.<br />
Auch sonst ist man in der Luftfahrt im allgemeinen<br />
und dem Motorenbau im besondern<br />
ein gutes Stück weiter gekommen. Motorpannen<br />
gehören zu den Seltenheiten. Die<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong><br />
Motoren laufen häufig 400—500 Stunden<br />
ohne überholt zu werden; das Flugzeug wird<br />
meist erst nach' 1000 Flugstunden überholt<br />
Luxusflugdienst der K.L.M. In den nächsten<br />
Wochen wird die holländische KUVL<br />
auf der Strecke Amsterdam-Batavia ihren<br />
neuen «Fokker 36» in Betrieb setzen. Dieses<br />
viermotorige Flugzeug, das 32 Fluggäste<br />
aufnehmen kann, kann die längste Flugstrecke<br />
der Welt von insgesamt 9000 Meilen<br />
in sechs Tagen zurücklegen. Die beiden hervorragendsten<br />
Eigenschaften der neuen Fokkermaschine<br />
sind Bequemlichkeit und Schnelligkeit.<br />
Die Fluggäste werden ihr Frühstück<br />
in der Luft einnehmen, am Nachmittag oder<br />
am frühen Abend aber in einer grössern<br />
Stadt landen, damit sie in irgendeinem Hotel<br />
soupieren können. Gegen Mitternacht<br />
werden sie dann ihre Betten im Flugzeug<br />
aufsuchen und auf den « Flügeln der Nacht»<br />
schlafend ihre Reise fortsetzen. Um ein<br />
Höchstmass an Bequemlichkeit sicherzustellen,<br />
sollen nur 16 an Stelle der möglichen<br />
32 Fluggäste befördert werden, deren Sitze<br />
während der Nacht in Betten verwandelt<br />
werden, eins über dem andern und durch<br />
Vorhänge voneinander abgeschlossen. Am<br />
Morgen werden die Fluggäste durch 1 den<br />
Stewart geweckt, der ihnen eine Tasse Tee<br />
und Kuchen ans Bett bringt. Zwei geräumige,<br />
komfortable Badezimmer bieten die<br />
Möglichkeit zum Waschen und Erfrischen.<br />
Später wird dann den Fluggästen ein zweites<br />
Frühstück gereicht, das in einer elektrischen<br />
Küche zubereitet wird. Das Innere des<br />
Flugzeuges ist geschmackvoll eingerichtet<br />
und sehr geräumig, eine Eigenschaft, die bei<br />
solch langen Flugstrecken von nicht zu<br />
unterschätzender Bedeutung ist. Ventilatoren<br />
und Heizungsapparate sorgen für<br />
Luft und die richtige Temperatur.<br />
frische<br />
Die Besatzung der Maschine besteht aus<br />
einem Kapitän, einem ersten Offizier, einem<br />
Radiotelegraphisten, einem Mechaniker und<br />
einem Steward. Der erste Offizier, der<br />
gleichzeitig auch zweiter Flugzeugführer ist,<br />
hat ausserdem noch die Stellung eines Zahlmeisters.<br />
Als solcher hat er darauf zu sehen,<br />
dass die Fluggäste jedesmal über das richtige<br />
Held verfügen : In Persien über Krans<br />
und Tomans, in Britisch-Indien über Rupien<br />
usw. Diese « Fliegende Wechselstube » bezahlt<br />
alles für die Fluggäste und rechnet mit<br />
ihnen am Ende eines jeden Tages ab.<br />
Der Preis für einen Flug Amsterdam-Batavia<br />
beträgt 1750 holländische Gulden, worin<br />
aber auch alles eingeschlossen ist; doch<br />
glaubt man, ihn bald auf die Höhe eines<br />
Luxuskabinenbillets von Ozeandampfern herabsetzen<br />
zu können. Ein Dampfer braucht<br />
für die Strecke von Rangoon nach Bangkok<br />
in Siam 9 Tage, während das Flugzeug sie<br />
in 6 Stunden zurücklegen wird.<br />
Ausser der Indienstsetzung dieses neuen<br />
Fokkerflugzeuges wird in der Entwicklung<br />
der holländischen Luftfahrt demnächst noch<br />
ein weiterer Fortschritt zu verzeichnen sein.<br />
Schiphol, der Flughafen von Amsterdam, soll<br />
weitgehend ausgebaut und auf das Vierfache<br />
vergrössert werden. So wird u.a. die technische<br />
Abteilung der K.LJVL, die sich zurzeit<br />
noch in Rotterdam befindet, nach Amsterdam-Schiphol<br />
verlegt werden, wo grosse<br />
Ausbesserungswerkstätten eingerichtet werden<br />
sollen. Auch der holländische Flugzeugkonstrukteur<br />
Fokker beabsichtigt, eine neue<br />
Fabrik unmittelbar am Flughafen zu errichten.<br />
Sowjetrussische Bestrebungen zur Erschhessung<br />
der Arktis. Es ist den Sowjets ernst mit der «Bolschewisierung><br />
der Arktis. Sie versprechen sich<br />
grosse materielle Werte davon und nicht nur solche.<br />
Die Mobilisierung der wertvollen Spezialholzarten<br />
Nordsibiriens ist ein Glied des Fünfjahrplanes.<br />
Durch exakte Zusammenarbeit" von Radiostationen,<br />
Flugzeugen und Eisbrechern ist der Wetterdienst<br />
im Karischen Meer so verlässlich geworden,<br />
dass die Ueberfahrt von Hamburg, Rotterdam<br />
oder London an die Mündung des Jenessei nur<br />
noch 18 Tage durchschnittlich in Anspruch nimmt<br />
Der «Rat des nördlichen Eismeeres» hat zur Verbesserung<br />
der Navigationsverhältnisse Seekarten<br />
für diese Fahrwasser in russischer und englischer<br />
Sprache ausgegeben. Nicht nur sowjetrussisrhe,<br />
sondern auch norwegische und englische Dampfer,<br />
die für arktische Fahrten eingerichtet sind, befahren<br />
von Juli bis September diese Gewässer. Die<br />
Warentransportziffern sind von 10.500 Tonnen im<br />
Jahre 1924 auf 110.000 Tonnen 1933 gestiegen. Eine<br />
alte Seehandelsstrasse, die im 17. und 18. Jahrhundert<br />
von englischen und holländischen. Pelzhandel<br />
treibenden, Seglern aufgesucht wurde, lebt<br />
wieder auf.<br />
Mitte Januar <strong>1935</strong> steht nach Moskauer Meldungen<br />
ein neues, sportlich wie flugtechnisch interessantes<br />
Unternehmen bevor. Der bekannte Po-<br />
Iarflieser Basil Molokov, der bei der Rettung der<br />
Schiffbrüchigen des «Tscheljuskin» rühmlich beteiligt<br />
war, beabsichtigt, einen Winterflug von Moskan<br />
nach der Dickon-Insel zu unternehmen. Der Flieger<br />
will die 8000 Kilometer lange Strecke in 45 Stunden<br />
zurücklegen. Sein Flug geht über Kasan,<br />
Sverdlovsk-Omsk. Dovosibirsk, Kiasnojarsk, Tunguska,<br />
Ijarka, Dudinka nach Port Dickson. Der<br />
«Rat für das nördliche «Eismeer» hofft, dass es<br />
möglich sein wird, auf Grund der Erfahrungen<br />
dieses Fluges eine ganzjährig betriebene Flugverbindung<br />
zwischen Mittelsibirien und dem Karischen<br />
Meer aufzunehmen, das bisher im Winter unerreichbar<br />
war, denn die einzige transpolare russische<br />
Fluglinie von Krasnojarsk aus endete in<br />
Igarka.<br />
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