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E_1935_Zeitung_Nr.038

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N°38 — <strong>1935</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />

Nach dem Grossen Preis<br />

von Tunis.<br />

Wenn auch' am nächsten Sonntag schon<br />

der Grosse Preis von Tripolis zur Austragung<br />

'gelangt und dieser das Rennen von<br />

Tunis bereits in den Hintergrund zu drängen<br />

vermag, so rechtfertigt es doch dessen Bedeutung,<br />

dass rückblickend seiner nochmals<br />

gedacht wird.<br />

Zweiundzwanzig Fahrer waren am Start<br />

erschienen und nur acht vermochten den<br />

schweren und schnellen Kampf durchzustehen.<br />

Somit sind also mehr als 60% ausgeschieden,<br />

und zwar ergaben sich bei allen,<br />

ausser bei Zehender, der bekanntlich einem<br />

Sturz zum Opfer fiel, entweder Defekte am<br />

Motor oder dann am Chassis. Dieser riesige<br />

Ausfall spricht deutlich genug dafür, dass<br />

die meisten der in Tunis gestarteten Rennwagen<br />

den Geschwindigkeiten, wie sie dort<br />

verlangt werden, nicht gewachsen waren.<br />

Das Weglassen der Schikane, die in frühern<br />

Rennen vor der Tribüne aufgestellt wurde,<br />

hat die durchschnittliche Geschwindigkeit<br />

gewaltig zu steigern vermocht, was hauptsächlich<br />

die jüngeren Piloten dazu verleitete,<br />

ihr Fahrzeug Ober Gebühr zu beanspruchen.<br />

Die 3,6 km lange Gerade wirkte auf die Motoren<br />

wie Gift: Etancelins Getriebe Hess sich<br />

wegen Bruch nicht mehr schalten und er<br />

musste % des Rennens im direkten Gang<br />

fahren; Sommer erlitt einen Pleuelstangenbruch,<br />

nachdem er in ausgezeichneter Position<br />

lag; Ghersi hatte Getriebebruch; Soffiettis<br />

Kompressor ging in Stücke; Zanelli<br />

hatte Schwierigkeiten mit der Brennstoffpumpe;<br />

Rey brach ein Rad; Nuvolari, Balestrero<br />

und Brunet hatten mit Zündungsstörungen<br />

zu tun usw.<br />

Leider triuss auch erwähnt werden, dass<br />

einige Fahrer mit Maschinen aufrückten, die<br />

für ein solch schwieriges Rennen zu wenig<br />

sorgfältig vorbereitet waren. Die Organisation<br />

zeigte hier vielleicht etwas zuviel Vertrauen<br />

zu den Bewerbern. Man bekam den<br />

Eindruck, dass einige Konkurrenten nur mitdachten,<br />

um die ansehnliche Startprämie zu<br />

erhalten und um zugleich von der billigen<br />

und angenehmen Reise nach Tunis zu profitieren.<br />

Wenn die Auto-Union nur eine Maschine<br />

ins Treffen geschickt hat, so war sie gut beraten.<br />

Der Sieg Varzis als Einzelfahrer ist<br />

viel eindrucksvoller, als es z. B. ein Mannschaftssieg<br />

dieser selben Marke geworden<br />

wäre. Wie wir übrigens aus zuverlässiger<br />

Quelle erfahren, war der Einzelstart von<br />

Varzi in Tunis gar nicht beabsichtigt gewesen,<br />

ergab sich dann aber aus dem Zwang<br />

der Verhältnisse. Im Programm der Rennabteilung<br />

stand Monaco an erster Stelle, von<br />

wo aus dann die Fahrt der Equipe nach Tunis<br />

weitergehen sollte. Die Bereitstellung der<br />

Rennwagen verzögerte sich jedoch aus verschiedenen<br />

Gründen, indem u. a. die verspätete<br />

Lieferung von Ersatzteilen den sorgfältig<br />

ausgedachten Zeitplan einfach über den<br />

Haufen warf. So musste die Fabrik schon<br />

schweren Herzens auf den Start in Monte<br />

Carlo verzichten, um nicht ungenügend vorbereitet<br />

im ersten Rennen der Saison antreten<br />

zu müssen, da, selbst wenn es gelungen<br />

wäre, die Maschinen fertigzustellen, sich<br />

keine Gelegenehit mehr geboten hätte, diese<br />

richtig einzufahren. Aus den nämlichen Gründen<br />

konnte auch nicht mit Sicherheit an eine<br />

Teilnahme in Tunis gedacht werden. Begreiflicherweise<br />

aber brannte Varzi auf einen ersten<br />

Start unter neuer Flagge, und dies um<br />

so mehr, als er an den früheren Rennen in<br />

Tunis verschiedentlich vertreten war und<br />

recht ehrenvoll abgeschnitten hatte. Um ihm<br />

eine Startmöglichkeit zu bieten, stellte ihm<br />

die Fabrik einen Trainingswagen zur Verfügung,<br />

der auf den Grossen Preis von Tripolis<br />

hin glücklicherweise rechtzeitig marschbereit<br />

gestellt worden war. Da aber nur über<br />

ein Fahrzeug disponiert werden konnte, so<br />

bestand keinerlei Möglichkeit, Stuck einzusetzen.<br />

Er wird nun, der nach wie vor als<br />

Chef de file, als Spitzenfahrer der Auto-<br />

Union fungieren wird, in Tripolis Gelegenheit<br />

zu einem glänzenden Debüt haben, wird<br />

doch dieser Grosse Preis, dank seiner Besetzung<br />

und den ausgesetzten Preisen, einen<br />

ganz anderen Rahmen aufweisen als die Veranstaltung<br />

von Tunis. Dies zur Ergänzung<br />

und als Antwort auf die von uns seinerzeit<br />

selbst aufgeworfene Frage über die Gründe<br />

der Nichtteilnahme von Stuck am Rennen<br />

zu Tunis. Schon dieses Beispiel zeigt, wie<br />

überaus schwierig die Leitung und Organisation<br />

einer Rennmarinschäft ist, indem eben,<br />

trotz allen schönen «Aufmarschplänen» und<br />

Vorbereitungen, immer wieder unvorhergesehene<br />

Umstände eintreten, die manche Dispositionen<br />

illusorisch werden lassen*<br />

Die letztjährigen Modelle; von Alfa Romeo,<br />

die für diese Saison verbessert und mit<br />

Schwingachsen versehen wurden, sind den<br />

Anforderungen, die heute an eine Rennmaschine<br />

gestellt werden, nicht mehr voll<br />

gewachsen. Auch das Grand Prix-Modell von<br />

) WO8IHG«<br />

Bugatti, das Wimille fuhr, ist zu schwach<br />

und kann gegen Auto-Union und Mercedes-<br />

Benz nicht aufkommen. Was der Maserati<br />

von Etancelin wirklich zu leisten vermag,<br />

konnte man wieder nicht feststellen, da die<br />

Maschine Getriebedefekt erlitt. Natürlich<br />

war Etancelin durch diesen Umstand stark<br />

handicapiert, doch hatte sich schon im Training<br />

gezeigt, dass die Maschine nicht so gut<br />

auf der Strasse liegt wie Bugatti, Alfa Romeo<br />

oder Auto-Union, also mehr oder weniger<br />

dieselbe Schwäche aufweist, die den frühern<br />

Grand Prix-Modellen dieser Fabrik<br />

eigen war.<br />

Varzi lieferte ein glänzendes Rennen und<br />

er versteht sich jetzt schon ganz ausgezeichnet<br />

auf sein neues Gefährt. Es wird interessant<br />

sein, die beiden «ungetreuen» Italiener,<br />

Fagioli und Varzi, in ein und demselben Rennen<br />

verfolgen zu können.<br />

Auch Wimille hatte erneut seine Klasse bewiesen.<br />

Er hat aus seinem Bugatti herausgeholt,<br />

was herauszuholen war; aber trotz<br />

allen Anstrengungen gelang es ihm nicht,<br />

Varzi überhaupt nur gefährlich zu werden.<br />

Gewiss kam er dem Italiener, als dieser zu<br />

•tanken gezwungen war, ziemlich nahe; doch<br />

kürz darauf musste auch -Wimille Brennstoff<br />

fassen und fiel wieder zurück. Immerhin<br />

konnte er sich als Einziger rühmen, von<br />

Varzi nicht überrundet worden zu sein.<br />

Das Rennen im Urteil der Fahrer.<br />

Varzi resümierte seine Eindrücke wie folgt:<br />

«Ich bin natürlich sehr glücklich, denn nun<br />

ist es schon das dritte Mal, dass ich den Grossen<br />

Preis von Tunis gewinne. Der Wind bereitete<br />

mir hie und da einige Schwierigkeiten,<br />

aber diese Unannehmlichkeiten wurden<br />

durch das ausgezeichnete Funktionieren meiner<br />

Maschine wett gemacht.»<br />

Wimille erklärte: «Ich konnte nicht schneller<br />

fahren; gegen den deutschen Wagen war<br />

einfach nichts zu machen. Immerhin hat mein<br />

Bugatti einwandfrei durchgehalten. Uebrigens<br />

habe ich Glück gehabt, dass mir die Motorhaube<br />

(die sich während der Fahrt loslöste)<br />

nicht an den Kopf geflogen ist.»<br />

-Etancelin äusserte sich seinerseits wie<br />

folgt: «Unter Berücksichtigung, dass ich ab<br />

der 15. Runde nur noch im direkten Gang<br />

fahren konnte, habe ich gar nicht so schlecht<br />

abgeschnitten.» !<br />

•Wie wir schon in der letzten Nummer erwähnten,<br />

hatten sich im letzten Grossen<br />

Preis von Tunis (1933) drei Schweizer beteiligt."<br />

Als Ergänzung veröffentlichen wir noch<br />

Rl<br />

die Lister der Sieger aus den frühem Rennen:<br />

1928: Rundatrecke von Bardo (8,023 km, 40 Runden<br />

= 320,920 km). Sieger: Lehoux (Bugatti),<br />

Mittel: 121,013 km/St.<br />

1929: Rundstrecke von Bafdo (40 Runden). Sieger:<br />

Brilli Peri (Alfa Romeo), Mittel: 143,400<br />

km/St.<br />

1931: Rundstrecke von Carthage (37 Runden =<br />

470,418 km). Sieger: Varzi (Bugatti), Mittel:<br />

138,596 km/St.<br />

! 1932: Rundstrecke von Carthage (87 Runden).<br />

Sieger: Varzi ( Bugatti). Mittel: 14.5,342<br />

1<br />

km/St.<br />

1933: Rundstrecke von GaTthage (37 Runden).<br />

Sieger: Nuvolari (Alfa Romeo), Mittel:<br />

134,882 km/St.<br />

<strong>1935</strong>: Rundstrecke von Carthage (40 Runden).<br />

Sieger: Varzi (AutOrUnion), Mittel: 162,8ß9<br />

kra/St.<br />

Im übrigen ist noch nachzutragen, dass der<br />

französische Generalresident anlässlich des<br />

Bankettes, welches die Veranstaltung absehloss,<br />

-verschiedene Persönlichkeiten, wejche<br />

sich um die Organisation verdient<br />

gemacht hatten, sowie einige der prominentesten<br />

Rennfahrer auszeichnete. So wurde unser<br />

Kollege M. Henry vom «Auto>, der als<br />

Rennleiter amtierte, zum Commandeur des<br />

Nicham-Ordens ernannt. Die gleiche Ehrung<br />

kam Varzi, Wimille und Etancelin zu. Zur<br />

allgemeinen Freude wurden auch die Mechaniker<br />

der drei erstplacierten Fahrer ausgezeichnet.<br />

1 Rennen in Brooklands. Auf der Rennbahn<br />

Von Brooklands fanden am Montag die internationalen<br />

Rennen des Junior-Automobilclubs<br />

statt, die bedeutendste Veranstaltung<br />

im englischen Autosport. Die 100 Runden<br />

(420 km) legte der junge Italiener Fontes auf<br />

Alfa Romeo in der Tagesbestzeit von 3:00:31<br />

(139,947 km/St.) zurück und wurde damit Gesamtsieger.<br />

Ursprünglich enthielt die Nennliste<br />

39 Namen, als noch Fontes nachmeldete<br />

und die Startnummer 13 bekam. Er zählte<br />

keineswegs zu den Favoriten und es war<br />

demzufolge eine grosse Ueberraschung, als<br />

er nach 40 Runden das Kommando über-,<br />

nahm. Weltrekordman Campbell steuerte<br />

einen 750-ccm-M.G.-Wagen, mit dem er als<br />

Sechster im Gesamtklassement Klassensieger ,<br />

wurde, wobei sein Stundenmittel auf 134,380<br />

km steht! Er Hess damit weit stärkere Rennwagen<br />

hinter sich. Die Klassierung : 1. Fontes<br />

(Alfa Romeo) 3:00:31; 2. Dixoti (RileV)<br />

3:02:59; 3. Hall (M.G.) 3:03:53; 4. Mrs. Wis-,<br />

dorn (Rüey) 3:06:30; 5. Shuttlew

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