E_1936_Zeitung_Nr.029
E_1936_Zeitung_Nr.029
E_1936_Zeitung_Nr.029
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
III. Blatt<br />
Automobil-Revue<br />
Nr. 29<br />
BERN, 3. April <strong>1936</strong><br />
Die neue<br />
Friihjahrs-IHode<br />
Kleiderstoffe<br />
Die Modeschöpfer haben grossen Wert auf die<br />
Gestaltung des Materials gelegt und sich vollständig<br />
darauf eingestellt. Das Bild der modischen<br />
Wollstoffe erfährt immer neue Wandlungen;, sie<br />
werden heute in einer Vielfältigkeit gezeigt wie nie<br />
zuvor.<br />
Für Kleider, Complets und Ensembles dominieren<br />
feine, weiche und leichte Crepe-Gewebe<br />
in hellen und matten Pastellfarben. Auf der einen<br />
Seite ist die Oberflächen-Struktur bedeutend plastischer<br />
geworden, während anderseits doch wieder<br />
diskretere und flach gehaltene Motive zu finden<br />
sind. Als neuartige Stoffe lanciert Paris feine<br />
Crepe-Gewebe mit moosweichem Griff und mit<br />
aufliegenden Chenille-Effekten. Bei der grossen<br />
Ausmusterung hat die Phantasie ihren freien Lauf<br />
und man findet in dieser Saison Kleiderstoffe mit<br />
neuen Relief- und Effektbindungen, wie Furchen,<br />
Schnur, Noppen, Raye oder Boutonne. Alle<br />
sind weich und leicht im Fall mit interessanter Oberfläche.<br />
Nicht unerwähnt dürfen alle die vielen<br />
Zweiton-Gewebe bleiben, Vigoureux in<br />
feinen Garnen und Multicolor-Stoffe.<br />
Die Haute-Couture-Stoffe von den<br />
Häusern Rodier und Meyer & Cie. in Paris zeigen<br />
neuartige Zusammenstellungen in Farbe und Material.<br />
In der Hauptsache sehen wir handgewobene<br />
bis Flaschengrün;<br />
Stoffe mit meliertem Grund und dichten Dochteneffekten.<br />
Als neue Creation ist zu erwähnen Nakry<br />
Manifyl, ein vielfarbiger, grober, lose gewobener<br />
Stoff mit hauchdünnen, durchsichtigen Cellophänstreifen,<br />
für aparte Jäckchen und Gilets, ferner ein<br />
Mantelstoff Opahl Manifyl mit bunten Pastellnoppen.<br />
Bevorzugte Stoffarten sind ferner Ray-<br />
Manifyl, Travy Manifyl, Zaic-Manifyl, Floryl<br />
Blonzyl und Djabura. Die aufgeführten Stoffe sind<br />
alle mehrfädig und handgewoben mit der Bezeichnung<br />
« Filet et tisse ä la main ».<br />
Bei den Nouveautes der Firma Meyer & Cie in<br />
Paris handelt es sich um besonders interessante und<br />
schöne Uni-Stoffe. Das Aparte, das diesen<br />
Stoffen eigen ist, ist das wunderbare, weiche Ma-<br />
terial in den feinen, neuen Zwischentönen. Die<br />
Stoffe Cordelya, Essilya und Ferilya haben aufliegende,<br />
wie gestickt wirkende Wollstränge. Auch i<br />
sind feine Crepes mit Wollbüschel vorhanden, die r<br />
raupenartig den Stoff überziehen.<br />
*'•••<br />
Auch in Leinen und Baumwolle haben<br />
sich die Stoffe sehr stark geändert. Aus dem steifen,<br />
schweren Leinen werden heute wunderbare,<br />
weiche und leichte Gewebe gemacht mit interessanter<br />
Oberfläche, d. h. wieder Noppen, Streifen oder<br />
Diagonal. Eine Neuheit in dieser Art ist'ein<br />
Double-face-Gewebe mit aparten Farben wie naturfarbig<br />
mit giftgrün, rot oder blau. Ausserdem sind<br />
grobe, aufgeworfene Gewebe mit apartem Druck,<br />
sei es in Chine oder Tupfen-Dessins, sowie die bekannten<br />
irischen Leinen in uni oder bunt gewoben,<br />
vorhanden. Als letzte Neuheit wird ein grober<br />
Pique, bedruckt und uni, in frischen, hellen Farben<br />
und auch weiss gebracht.<br />
Paris gibt neue Farbtöne an, hauptsächlich<br />
Kontrastfarben, die als Kombination oder für-<br />
Garniturzwecke gedacht sind und sich als wunderf<br />
bare Farbeneffekte auswirken, zum Beispiel:<br />
Gelb: Paille, Saffran, Soleil; ' *?<br />
Blau: Ciel, Fa'ience, Bleu, Natier bis bleu nuit;< '<br />
Grün: feines helles Mattgrün (amande) bis zum<br />
kräftigen Eineräude, in dunklen Tönen Vert Föret*<br />
•<br />
Rot: ein feines Bordeaux, karmin bis zum hellep>"<br />
Vermillon. t 1<<br />
Alle die schönen Stoffe, die farblichen Kontrast^ •<br />
und die vielfältigen Schattierungen geben dem gan-j<br />
zen Modebild eine neue, schöne, lebhafte Note.<br />
Kleider und Mäntel.<br />
In den neuen Pariser Kollektionen sind von der<br />
Londoner Ausstellung her starke ChinaJEinflüsse<br />
spürbar, aber auch Anlehnungen an Trachten, und<br />
besonders starke Stileinflüsse aus der Zeit Henri III.<br />
Flott und jugendlich ist die Note der Vormittagskleider,<br />
die Veränderung liegt weniger<br />
in der Linie als im Material und in den Farben,<br />
die durch das ergänzende Beiwerk noch belebt<br />
werden.<br />
Nachmittagskleid<br />
aus Crepe Säble,<br />
die neue Rocklinie.<br />
Kopie nach<br />
„Maggy-Roufl",<br />
Modell Jelmoli.<br />
(Photo Harhp)<br />
Elegantes Deuac-Pieces imprimee" mit Pique-Garnitur. Modell Jelmoli.<br />
(Photo Harlip)<br />
Die reiche Auswahl an neuen Wollstoffen kommt<br />
von Saison zu Saison stärker zum Ausdruck durch<br />
die konstant sich ausbreitende Sportmode, die spez.<br />
im Frühjahr von grosser Bedeutung ist.<br />
Neben den Kleidern aus Crepe sowie angoraartigen<br />
und genoppten Geweben haben Kleider<br />
aus Woll-Jerseys und handgestrickte Kleider für<br />
Reise und Sport einen grossen Erfolg. Man findet<br />
ein- und zweiteilige Formen mit bunten Jumpers;<br />
netzartige, grobe Tricotgewebe aus melierter und<br />
uni Wolle sind sehr in Mode.<br />
Das Kostüm und Complet wird im Vergleich zur<br />
letzten Saison noch mehr in den Vordergrund gestellt.<br />
Reise-Kostüme mit kurzen Jacken,<br />
hochgestellten breiten Revers aus weichem Harris-<br />
Tweed, Noppestoffen und Shetlands wirken jugendlich<br />
und sportlich. Das strenge Schneider-<br />
Kostüm mit hochstehenden und abgerundeten<br />
Revers sitzt exakt auf Taille; bei diesen Kostümen<br />
kommt besonders die gute Schneiderarbeit zur Geltung.<br />
Das Material ist Kammgarn, herrenstoffartig,<br />
einfarbig oder meliert. Auch feine Nadelstreifen<br />
auf dunkelblauem und schwarzem Grund sind für<br />
strenge Kostüme sehr beliebt. )<br />
Bei den Complets gibt es neben den schon<br />
in letzter Saison beliebten klangen Jacken und<br />
Paletos sehr viele kurze, lose, sehr weite Kimono-<br />
Jacken. Man sieht diese kurzen, boleroartigen<br />
Jacken auch schon über Vormittagskleidern. Sport--<br />
liehe Complets, zwei- und dreiteilig, mit halblangen,<br />
losen Jacken aus kariertem Wollstoff zu einfarbigen<br />
Kleidern oder Röcken oder umgekehrt<br />
kombiniert, wirken sehr flott.<br />
Die Blusen zu den Complets sind' vielfach in<br />
Kontrastfarben, ferner sind auch weisse Pique-und<br />
Leinenblusen oder -westen beliebt. Die Blusen<br />
schliessen oft sehr eng am Hals an; Nachmittagsblusen<br />
sind vielfach fein plissiert, gesteppt oder mit<br />
Durchbruch-Arbeit,'ebenfalls am Hals geschlossen.<br />
Man sieht elegante Blusen, weiss oder in Pastellfarben,'<br />
aus Crepe Satin, Crepe Romaine und<br />
Mattcrepe, ferner auch viele reinseidene Blusen<br />
aus Chine lavable. Auch bunt bedruckte Seidenblüsen<br />
auf dunklem Fond sind sehr modern. Für<br />
den Hochsommer bringt die Mode reiche Rüschenund<br />
Jabotblusen aus Organdis mit eingewebten<br />
oder bestickten Motiven. Sehr vornehm sind Spitzenblusen<br />
in weiss, Champagne und ecru. Pique-<br />
Plastrons, Organdis und Spitzen-Rüschen spielen<br />
eine grosse Rolle.<br />
Die Nachmittagskleider in Seide und<br />
Wolle sind im Ausschnitt hoch ansteigend, oft in<br />
Pagen-Rüschen endend oder zum Gesicht hin<br />
offen abstehend gearbeitet. Die Aermel erhalten,<br />
da sie oft schulterverbreiternd gearbeitet sind, erneut<br />
grosse Bedeutung für die Gesamtsilhouette.<br />
Häufig sieht man eine Art Pagenärmel, über die<br />
Schülterpartie hochstehend, viele Puffärmel, Pagoden<br />
und Flügelärmel, ferner viele weite dreiviertellange<br />
und lange Aermel, am Bündchen überfallend<br />
und normal weite Aermel, nach vorne weit und<br />
offen.<br />
Pique und Leinen sind das Hauptmaterial der<br />
Kragen und Manchetten-Garnituren; schmale Besatzstreifen,<br />
grosse Schleifen sowie Stuartkragen<br />
sind aus Pique oder gestärktem Leinen. Elegante<br />
Kleider haben aber auch oft Lame- und Spitzengarnituren.<br />
Daneben sind auch viele Modelle mit<br />
Stickerei und Applikationen garniert. Perl- und<br />
Wollstickereien an Gürtel und Taschen finden oft<br />
Anwendung. Plisses an Aermeln, Oberteilen und<br />
Röcken haben eine grosse Bedeutung.<br />
Die Abendkleider sind etwas kürzer wie<br />
bisher und auch meistens ohne Schleppe, sie sind<br />
nicht" mehr alle Torne hochgeschlossen, die Rücken<br />
zeigen durchwegs grössere Decolletes mit schmalen<br />
Trägern. Auc.h an den Abendkleidern sind viel<br />
Plisse-Effekte angewandt, oft ist der ganze Rock<br />
plissiert oder eingesetzte Plisseteile am Oberteil angebracht,<br />
Originelle Garnituren werden auch durch<br />
moderne künstliche Blumen ermöglicht. Als Material<br />
werden Spitzen und Tüll mit Taft und Cireunterkleidern<br />
und infolge der Plissemode weichfallende<br />
matte Seidengewebe, Georgette, sowie<br />
Crepe Satin, verwendet. Die Taffetmode in uni<br />
und bedruckt wird auch in dieser Saison beibehalten.<br />
Bunt bedruckte Abendkleider mit grossen<br />
Bouquets auf Taffet, Crepe Satin und Cire wirken<br />
sehr effektvoll; letztere werden vielfach auch mit<br />
Tüll- und Chiffon-Ueberkleidern gezeigt.<br />
(Aus dem Modebericht der Grands Magasins<br />
Jelmoli S. A. Zürich.)