E_1936_Zeitung_Nr.029
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LUFTFAHR<br />
Fliegen mit 25 PS.<br />
Von H. Schreiber, Oberexperte für Segel«<br />
Hug des AeX.S.<br />
Aus Belgien dringt die Kunde zu uns, dass die<br />
Fäiry-Werke in posselies ein Leichtflugzeug herausgebracht<br />
haben',' dessen Flugeigensehaften allgemein<br />
gerühmt werden. Entspricht dieses Flugzeug"<br />
wohl dem lang gehegten Wunsch nach einem ökonomischen<br />
Volksflugzeug? Was die Presse berichtet<br />
und was sonst auf den Flugplätzen darüber<br />
erzählt wird, ist teilweise widersprechend, so dass<br />
nur die eigene Anschauung Klarheit bringen kann.<br />
Also, auf nach Belgien!<br />
An einem wunderschönen Vorfrühlingismorgen<br />
werde ich durch Herrn Hauptmann Weber aus<br />
Genf auf dem Flugplatz Bern abgeholt. In der sehr<br />
bequem ausstaffierten Hornet-Moth fliegen wir<br />
nach Basel, um die Zollformalitäten zu erledigen.<br />
Das Flugzeug ist ausgerüstet, wie man es von einem<br />
guten Tourenwagen gewohnt ist; die zwei<br />
Sitze sind nebeneinander und das Ganze in einer<br />
hellen Kabine eingeschlossen. Eine selten günstige<br />
Motoranordnung gibt eine wunderbare Sieht nach<br />
vorn und seitwärts. Der Motor Grpsy-Major gibt<br />
120 PS und dreht ruhig und gleichmässig mit etwa<br />
2000 Touren. Das Brummen ist so gering, dass<br />
wir uns im normalen Gesprächston unterhalten<br />
können. Vor uns ist die Karte mit dem Kurs nach<br />
Brüssel ausgebreitet. In Montbeliard ändern wir<br />
den Kurs unseres Kompasses und fliegen auf<br />
Strich 342 gen Norden. Wie ein breites Band rollt<br />
sich dus flache Land vor uns auf und verschwindet<br />
unter unseren eiligen Flügeln. Mit einer<br />
durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von<br />
170 km<br />
überfliegen wir nach knapp zwei Stunden das Gebiet<br />
bei Verdun. Tief eingefressen in den Boden<br />
sind die Schützengräben, Sappen und Laufgänge<br />
aus dem Weltkrieg erkennbar. Anhand der Stellungen<br />
und der Richtung der Erdgänge können wir<br />
uns ein schwaches Bild vom irrsinnigen Ringen<br />
um Verdun machen. Zwischen zerhackten Hügelzügen<br />
und zerfetzten Wäldern sind bereits wieder<br />
fruchtbare Aecker entstanden. Geometrisch angeordnete<br />
Massengräber und Soldatenfriedhöfe rufen<br />
einem immer wieder den Wahnsinn des Krieges<br />
in Erinnerung. Wir eilen weiter und überfliegen<br />
nach drei Stunden/ die belgische Grenze. Weit<br />
voraus erkennen wir an riesigen Rauchfahnen<br />
und aufgehäuften Geröllhalden das Industrieland<br />
von Charleroi. Im Nordosten dieser Kohlenstadt<br />
befindet sich der Flugplatz Gosselies, auf welchem<br />
die Fairy-Fabriken stehen. Eine Ehrenrunde über<br />
dem Platz meldet unsere Ankunft an. Wir landen<br />
jedoch nicht, sondern fliegen nach Brüssel weiter,<br />
um dort ordnungsgemäss die Zollformalitäten zu<br />
erledigen. Nach kurzem Aufenthalt sind wir wieder<br />
nach Gosselies zurückgeflogen. Unsere Benzinuhr<br />
zeigt 40 Liter an. Mit 160 Liter sind wir in<br />
Bern gestartet, haben also für die rund S0O km<br />
lang« Strecjte nur 120 Liter Benrin gebraucht^Wir<br />
füllen auf und sind erstaunt, dass wir kaum 33<br />
Rappen pro Liter Benzin zahlen müssen.<br />
Die Benzinkosten Bern-Brüssel betragen<br />
zusammen also für 2 Personen nur 40 Fr.!<br />
Hier zeigt sieh so recht deutlich, dass für längere<br />
Strecken das Flugzeug dem Auto überlegen ist.<br />
Die Leute von den Fairy-Werken empfangen<br />
uns herzlich und führen uns gleich zu unserer<br />
kleinen Wundfer-Tipsy. Als Segel- und Motorflieger<br />
bin ich gleiehermassen gespannt, welchen Eindruck<br />
dieses Ding wohl auf mich machen würde.<br />
Mit kritischem Auge marschiere ich um den kleinen<br />
Vogel herum. Ich taste die Flügelnase ab,<br />
probiere das Fahrgestell aus, werfe einen Blick in<br />
den Pilotensitz, drehe. am Propeller, bewege die<br />
Steuerfläche, kurz, nehme Fühlung. Was ich sehe<br />
und entdecke, übertrifft alle meine Erwartungen.<br />
Ich habe sofort volles Vertrauen in diesen kleinen<br />
Kerl. Trotzdem es leer nur etwa 120 ig wiegt, ist<br />
es wie ein vernünftiges Flugzeug gebaut. Es wirkt<br />
elegant und schön und verspricht daher auch technisch<br />
durchkonstruiert zu sein, gemäss dem alten<br />
Wahrspruch: «zweckmässige Form ist auch ästhetisch».<br />
, Nach diesem kurzen ersten Besuch werden wir<br />
in die Werkstätten geführt. Die Fairy-Werke bauen<br />
zur Hauptsache nur Kriegsflugzeuge in Ganzmetallkonstruktion.<br />
Die Tipsy, von einem der Fairy-<br />
Ingenieure konstruiert, wird in einer Nebenabteilung,<br />
in der Schreinerei, hergestellt. Sie ist zur<br />
Hauptsache aus Holz gebaut. Flügel- und Rumpfaufbau<br />
weisen grosse Aehnlichkeiten mit dem<br />
Segelflugzeugbau auf. Der durchgehende Flügel<br />
von ty% m Spannweite besteht aus einem Hauptholm<br />
und einem Hilfsholm. Der Hilfsholm ist<br />
durch Diagonalstreben mit dem Hauptholm **verbunden.<br />
Die Rippen geben dem Flügel ein Profil,<br />
welches im überzogenen Flug sehr angenehme<br />
Eigenschaften aufweist. Um den Flügel besonders<br />
verdrehsteif zu machen, ist die Flügelnase ganz<br />
mit Sperrholz beplankt. Der Rumpf besteht aus<br />
4 Längsholmen und ist mit Sperrholz verkleidet.<br />
Rumpf und Flügel werden durch 4 Bolzen zusammengesteckt.<br />
Die Uebergänge zwischen Rumpf und<br />
Flügel sind durch eine aerodynamisch sehr günstige<br />
Verkleidung ausgeglichen. Vor einem massi-,<br />
ven, blechbeschlagenen Brandspant ist durch vier<br />
in Gummi gelagerte Bolzen der Motorblock abgestützt.<br />
Er trägt den Zweizylinder-Viertakt-Sarolea-Motor,<br />
Typ Epervier. Dieser Motor hat eine<br />
maximale Tourenzahl von 2700 Touren pro Minute<br />
und gibt eine Leistung von 25 PS ab. Er verbraucht<br />
in der Stunde rund 7 Liter Benzin. Dieser Motor<br />
hat einen Vollgas-Prüflauf von 50 Stunden gut<br />
bestanden. Er ist mit Magnetzündung ausgerüstet.<br />
Das Flugzeug ist mit der normalen Steuerung versehen.<br />
Die verhältnismässig sehr grossen Querruderflächen<br />
werden durch Steuerseile und Gestänge<br />
angetrieben. Das Höhenruder ist zweiteilig 1<br />
AUTOMOBIL-REVUE FREITAG, 3. APRIL <strong>1936</strong> — N° 29<br />
ausgeführt. Das Seitenruder befindet sich über<br />
dem Höhenruder und ist kompensiert. Die Höhenflosse<br />
ist gegen die Kielflosse durch, zwei Streben<br />
abgestützt Gleichzeitig mit der Bewegung des<br />
Seitenruders kann auch der Schuh des Schwanzsporns<br />
geschwenkt werden. Der sehr geräumige<br />
Pilotensitz ist mit festen Schultergurten ausgestattet<br />
und erlaubt das Mitführen von Rücjtenoder<br />
Sitzfallschirm. Das Instrumentenbrett enthält<br />
Gashebel, Zündmomentverstellung, Tourenzähler,<br />
Höhenmesser, Variometer, Kompass, Querneigungsmesser<br />
und den Kontaktschalter. Der Benzinstand<br />
kann an einem einfachen Schwimmzeiger auf der<br />
Rumpfoberseite vor dem Pilotensitz, wo sich auch<br />
der Tank befindet, abgelesen werden.<br />
Besondere Aufmerksamkeit schenke ich der<br />
Konstruktion des Fahrgestells.<br />
Dasselbe weist eine Spurweite von 2 m auf, besteht<br />
aus zwei unabhängigen Federbeinen. Die<br />
Abfederung erfolgt durch eine grosse Anzahl<br />
Gummiringe, welche durch einen Kolben im Rohrträger<br />
zusammengepresst werden können. Das Rad<br />
ist mit Niederdruckpneus ausgerüstet und durch<br />
eine Verschalung aerodynamisch günstig gestaltet<br />
Die Federbeine sind direkt am Hauptholm des Flügels<br />
abgestützt und gewähren eine sehr grosse Arbeitsaufnahme<br />
im Moment der Landung. Die<br />
Schwingungen der Fahrgestellstreben sind sehr<br />
gut gedämpft. Nach diesem Ausflug «hinter die Kulissen<br />
der Tipsy» «oll nun die Flugerprobung erfolgen.<br />
Ein Mechaniker hebt das Flugzeug am Schwanzsporn<br />
an und schiebt es mit grosser Leichtigkeit<br />
vor die Halle. Zwei Radschuhe werden untergestellt,<br />
dann nimmt ein Pilot der Fairy-Werke Platz.<br />
Der Mechaniker dreht den Propeller einige Male<br />
kräftig durch und schon beginnt der Epervier sein<br />
metallisches Lied zu brummen. Eine kurze Vollgasprobe<br />
gibt dem Piloten die Beruhigung, dass<br />
sein Motor in Ordnung ist, dann Bremsklötze weg,<br />
die Tipsy rollt zum Start. Behendig wie ein Wiesel<br />
rollt sie Rechts- und Linkskurven und überzeugt<br />
uns, dass sie, dank des schwenkbaren Spornschuhs,<br />
am Boden sehr manöverierfähig ist Nun<br />
gibt der Pilot Vollgas, der Schwanz der Tipsy hebt<br />
sich leicht an, sie kommt auf Fahrt. Nach knapp<br />
70 m Rollänge schwebt sie bereits in der* Luft.<br />
Nach kaum 100 m Flug in Bodennähe lässt der<br />
Pilot seinen schlanken Vogel steigen, um gleichzeitig<br />
in einer ziemlich engen Rechtskurve zum<br />
Startstrich zurückzufliegen und sich ständig kreisend<br />
etwa auf 100 m Höhe über Boden heraufzuschwingen.<br />
Nun folgt eine Anzahl von steilen<br />
Kurven, hochgezogenen Turns, Stechen, Ziehen,<br />
Herumwerfen von einem Flügel auf den andern,<br />
vol rasant, kurz, die ganze Tonleiter .fliegerischer<br />
Ungebundenheit. Kurz und gut, bei dieser Vorführung<br />
lacht einem das Herz im Leibe und man ist<br />
restlos begeistert von den Flugeigenschaften dieser<br />
Tipsy. Aus einer Höhe von etwa 300 m erfolgt<br />
zum Schluss eine saubere Landung, mit Heiice<br />
cale, welcher beweist, dass das Flugzeug mit einem<br />
Gleitwinkel von etwa 1/13 ruhig und sicher zur<br />
Landung schwebt und sanft aufsetzt. Nach diesem<br />
Flug ergreift Herr Hauptmann Weber den Knüppel<br />
der Tipsy und schwingt sich mit einer Selbstverständlichkeit<br />
herum, als ob er diesen Vogel<br />
schon jahrelang geflogen hätte. Endlich komme<br />
ich auch an die Reihe. Ich nehme Platz, schnalle<br />
mich an. Ein Tascher Blick über die Instrumente<br />
und prüfende Steuerbewegungen mit Knüppel und<br />
Fusshebel, dann bin ich in der Tipsy zu Hause<br />
und gebe Vollgas. Leicht und sicher springt der<br />
Motor an, durch Drücken bringe ich den Schwanz<br />
hoch, die Geschwindigkeit nimmt zu und ungeduldig<br />
hoppern die Räder über die Stoppeln des<br />
Flugplatzes.<br />
Fortsetzung folgt.<br />
Bahnen<br />
Oster-Autoextrazüge durch den GotthardtunneL<br />
Zwischen Göschenen und Airölo werden am Gründonnerstag,<br />
Karfreitag und Ostermontag folgend«<br />
Automobilextrazüge zur Ausführung gelangen:<br />
Gründonnerstag, den 9. April <strong>1936</strong>:<br />
Verladezeit in<br />
Entladest in<br />
Gösehenen<br />
Airolo<br />
von bis Göschenen ab Airolo an von bis<br />
8.00 9.15 9.30 9.47 10.00 10.50<br />
10.30 11.30 11.48 12.05 12.10 13.10<br />
12.10 13.00 13.13 13.30 13.40 14.30<br />
14.00 14.50 15.07 15.24 15.35 16.30<br />
15.10 16.10 16.30 16.47 16.55 17.40<br />
17.15 17.55 18.05 18.22 18.30 19.20<br />
Ostermontag, den 13. April <strong>1936</strong>;<br />
Verladezeit in<br />
Entladezeit in<br />
Airolo<br />
Göschenen<br />
von bis Airolo ab Gösehenenan von bis<br />
10.00 11.05 11.18 11.35 11.50 12.40<br />
11.25 12.20 12.24 12.41 13.00 13.50<br />
13.20 14.10 14.16 14.33 14.50 15.40<br />
14.30 15.20 15.25 15.42 16.00 16.50<br />
16.25 17.10 17.20 17.40 18.00 19.00<br />
Infolge der starken Benützung der Tunnelstrecke<br />
am Karfreitag von 10 bis 12 Uhr wird der für<br />
den regelmässigen Transport von Automobilen vorgesehene<br />
Zug Gösehenen ab: 10.57, Airolo an: 11.12<br />
keine Automobile abführen können. Der Transportplan<br />
für den Karfreitag<br />
stellt sich daher wie folgt:<br />
Art des Zuges Göschenen ab Airolo an Verladestelle<br />
^gelmässiger 7.07 7.21 Autorampe<br />
» 9.14 9.29 »<br />
Extrazug 11.43 12.05 Militärrampe<br />
» 1308 13.30 Autorampe<br />
regelmässiger 14.32 14.45 »<br />
Extrazug 16.07 16.24 *<br />
regelmässiger 17.35 17.51 a<br />
> 20.20 20.35 m<br />
» 21.55 22.17 *<br />
Für jeden Extrazug werden 30 Güter- nu3<br />
3 Personenwagen bereitgehalten.<br />
Der Verlad der Autos, die mit den am Gründonnerstag<br />
und am Ostermontag vorgesehenen Extrazügen<br />
befördert werden, findet in Göschenen auf<br />
der Militärrampe und in Airolo auf der neuen<br />
Rampe statt Am Karfreitag wird in Göschenen di9<br />
Militärrampe auch für den Extrazug Göschenen ab<br />
11.43 benützt.<br />
In Göschenen werden beim Dorfeingang und in<br />
Airolo bei der Station Bahnbeamte die nötigen Aufklärungen<br />
für die Zufahrten geben. Die Billette für<br />
die Automobile (Fr. 20.— für ein Auto nebst 10 Rp.<br />
eidg. Stempelgebühr) und für die Reisenden werde fi<br />
in* Göschenen, soweit der Einlad auf der Militärrampe<br />
erfolgt, auf dieser, im übrigen (in Göschenen<br />
und Airolo) an den Billetschaltern verkauft.<br />
Preise für die in Betracht kommenden Fahrausweise<br />
pro Reisenden in der III. Klasse an:<br />
Gesellschaftsbillette in<br />
Gruppen von<br />
_. „, . 6-14 15-99 100-249 250<br />
Gewohnl.<br />
u. mehr<br />
Billette Personen<br />
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