E_1938_Zeitung_Nr.011
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Automobil-Revue"- II. Blatt, Nr. 11<br />
BERN, Dienstag, 8. Februar <strong>1938</strong><br />
Wie sieht s im<br />
Auto-Gewerbe ans?<br />
Es ist ein offenes Geheimnis, dass das<br />
'Automobilgewerbe in seiner Gesamtheit seit<br />
Jahren einen schweren<br />
Existenzkampf<br />
führt, einen Kampf, der in seinem Ausmass<br />
und seiner Intensität weit über das hinausseht,<br />
was durch die seit etwa 1930 herrschende<br />
Wirtschaftskrise bedingt ist und der<br />
auch durch die Abwertung keinerlei Abschwächung<br />
erfahren hat<br />
Dabei sei von vorneweg anerkannt, dass<br />
das Automobilgewerbe relativ noch jung ist<br />
und in seiner Entwicklung so wenig der<br />
Sturm- und Drangperiode zu entgehen vermochte,<br />
wie dies bei jedem neuen Erwerbszweig<br />
der Fall ist Jede neue Branche kennt<br />
am Anfang ihras Werdens oft grosse, sogar<br />
glänzende Gewinnmöglichkeiten. Aber gerade<br />
diese vielverheissenden Aussichten sowie der<br />
t Zug zum Neuen » lösen fast immer einen<br />
übermässigen Zustrom neuer Elemente aus<br />
und dadurch eine ständig schärfer werdende<br />
Konkurrenzierung. Stabiler wird die Lage<br />
erst dann, wenn durch eine natürliche Ausscheidung<br />
eine gewisse Anzahl schwächerer<br />
Unternehmen ihre Firmenschilder wieder eingezogen<br />
haben.<br />
Müssen die Schwierigkeiten, mit denen das<br />
Autogewerbe heute in unvermindertem Masse<br />
kämpft, einfach als unvermeidbare Entwicklungskrankheiten<br />
gewertet werden, oder sind<br />
daför andere Ursachen verantwortlich? Ist<br />
— mit andern Worten — die Sturm- und<br />
Drangperiode für das Autogewerbe vorüber,<br />
oder steckt es noch immer darin, so dass eine<br />
Besserung automatisch erwartet werden<br />
darf?<br />
Der Kenner der Verhältnisse weiss, dass<br />
die vorhin erwähnte Konkurrenzierung schon<br />
von etwa 1926 an ihre grösste Zunahme aufzuzeichnen<br />
hatte und ihr die ebenfalls erwähnte<br />
natürliche Ausscheidung schwächerer<br />
Betriebe auf dem Fusse folgte. In Anbetracht<br />
des raschen Lebenstempos unserer Zeit ist<br />
anzunehmen, dass der Stabilisierungsprozess<br />
an sich schon längst abgeschlossen sein<br />
sollte.<br />
Weiter lässt sich im Automobilfach selbst<br />
bereits In dieser und jener Richtung eine Nor-<br />
Wirtschaftslage. — Benzinpolitik. — AHwagenproblem. — Verbesserung<br />
der Automobilkonstruktion. — Geistige Einstellung.<br />
malisierung feststellen: Automobilkonstruktion<br />
und Automobilhandel arbeiten schon<br />
längst nach bestimmten Richtlinien, die sich<br />
durch die zunehmende Erfahrung als geeignet<br />
erwiesen haben. Üeberraschungen in der<br />
Konstruktion und solche im Handel, wie man<br />
sie noch während der Kinderzeit des Automobils<br />
vielfach erlebte, sind heutzutage praktisch<br />
ausgeschlossen. Auch die immer ausgeprägtere<br />
Standardisierung im Reparaturenund<br />
Servicedienst lässt die Folgerung zu, dass<br />
der Patient jenem Alter entwachsen ist, wo<br />
ein gewissenhafter Diagnostiker auf Entwicklungsstörungen<br />
befinden konnte.<br />
Wir müssen die Ursachen der gegenwärtigen<br />
Misere infolgedessen anderswo suchen,<br />
wobei wir uns aus naheliegenden Gründen auf<br />
deren wichtigste beschränken.<br />
Statt eines feierlichen Geleites.<br />
Die nächstliegende ist ohne Zweifel die<br />
Verschlechterung der Wirtschaftslage,<br />
od6r, wie das Wort seiner -überreichlichen<br />
Verwendung wegen bald blechern in den<br />
Ohren klingt: der «Krise». Viele ehemalige<br />
Automobilisten sind einfach nicht mehr in der<br />
Lage, einen Wagen zu halten, oder, wenn ihre<br />
Einnahmen dazu noch «reichen», mehr als<br />
das absolut Notwendigste aufzuwenden. Oder<br />
sie sind in ihren Mitteln so knapp, dass sie<br />
ihren finanziellen Verpflichtungen kaum oder<br />
nur teilweise nachzukommen vermögen usw.<br />
Diese Erscheinung, die einer generellen<br />
Schwächung der Kaufkraft entspringt, ist<br />
auch in andern Zweigen des Erwerbslebens<br />
festzustellen und vom Autogewerbe aus nicht<br />
zu lösen.<br />
Als zweiter und wohl ebenso wichtiger Faktor,<br />
der in unsern Spalten bereits vielfach<br />
behandelt wurde, muss die<br />
Benzinpolitik,<br />
die durch einen Teil unserer Behörde getrieben<br />
wird, erwähnt werden. Kein vernünftiger<br />
Mensch hat etwas gegen die Erhebung eines<br />
angemessenen Zolls einzuwenden; es ist aber<br />
einer Demokratie unwürdig, aus der Benzinzollpolitik<br />
ein Instrument zu machen, mit<br />
dessen Hilfe die Entwicklung eines Wirtschaftszweiges<br />
gewaltsam stranguliert wird.<br />
Dass in dieser Richtung die Massnahmen der<br />
letzten Jahre ihre Wirkung nicht verfehlt<br />
haben, beweisen die fortlaufend in unserem<br />
Der jüagste Spross der 1A.-R.»-Familie stellt «ich vor. Seit langem schon erwarteten wir ihn<br />
um der Harmonie des Ganzen willen; wir schätzen uns darum glücklich, ihn heute in unserer Mitte<br />
aufnehmen zu können.<br />
Er stammt von guten Eltern; auch er möchte dienstbar sein.<br />
Wohl sind seine Soli in erster Linie für die Leute vom Fach bestimmt; doch wird ihm auch die<br />
übrige Zuhörerschaft gerne lauschen; denn das Wissen um das. was der Nächste spielt, war dem<br />
gegenseitigen Verständnis immer noch Ton Nutzen.<br />
Blatt veröffentlichten Statistiken zur Genüge.<br />
Der Autobetrieb ist künstlich so verteuert<br />
worden, dass viele darauf verzichten, oder<br />
wenn es ihnen aus Gründen des Erwerbs nicht<br />
möglich ist, so fahren sie mit einem Minimum<br />
an Aufwand. Wir werden übrigens in einer<br />
der nächsten Nummern den unzweideutigen<br />
Beweis dafür führen, dass eine freundlichere<br />
(Schluss Seite 12.)<br />
Lohnt es sich ?<br />
... den Garagen-Eingang .sauber zu halten<br />
und alte Pneus, leere Kannen und Teile<br />
zusammengerissener Wagen ausserhalb des<br />
Sichtbereichs der Kunden aufzubewahren?<br />
... die Garage in regelmässigen Abständen<br />
weiss verputzen zu lassen, um den Innenraum<br />
aufzuhellen?<br />
... vom Interessenten für neue Wagen zu<br />
erfahren, was er von einem solchen in erster<br />
Linie erwartet, um die Vorführung danach<br />
einzurichten?<br />
... die Firmatafel ebenso sauber zu halten<br />
wie Ihren Ruf als Geschäftsmann?<br />
... bei Beginn von Sommer- und Wintersaison<br />
Ihre Kunden telephonisch auf die<br />
erforderlichen Vorbereitungen aufmerksam<br />
zu machen?<br />
..*. Ihre Autoverkäufer durch schriftliche<br />
Werbung und persönliche Aufklärung zu<br />
unterstützen, statt sie einfach auf die Reise<br />
zu schicken?<br />
... einen hartnäckigen Zahler einmal persönlich<br />
aufzusuchen, statt ihn durch einen<br />
vorgedruckten Zettel noch «bockbeiniger><br />
zu machen? ==<br />
Wie exAalten Sie Jümtnetet-JCol&eiv<br />
weg aus JCwt&eCgxaden?<br />
Siehe Seite 12<br />
1öas wissen Sie u&ec 2ewtAeuHOMetec?<br />
Siehe Seite 13<br />
Aul det Suche.nach a&aenulzten £agecn<br />
Siehe Seite 13<br />
Autohändler<br />
Mein lieber Sohn!<br />
an seinen<br />
Sohn<br />
So hast Da denn nun Deine erste grosse<br />
Enttäuschung als angehender Automobilrerkäufer<br />
hinter Dir. «Der Stettier», wie<br />
J)n Deinen Eonkurrenten von den «Argus».<br />
Wagen liebevoll nennst, hat Dir bei Bäkkermeister<br />
Freuler ein Geschäft «weggeschnappt»,<br />
das Dn bereits als gesichert<br />
wähntest Wie? Weil er dem Kunden<br />
glaubhaft machen konnte, dass die Bremsen<br />
des «Argus» denjenigen des «Hammon»<br />
bedeutend fiberlegen seien.<br />
Ich verstehe Deine Wut. Der Hammon<br />
14 PS ist dem Argus 6 Cyl. ohne Zweifel<br />
ebenbürtig, wenn nicht in vielen Beziehungen<br />
fiberlegen. Es liegt mir deshalb fern,<br />
«den Stettier» in Schutz zu nehmen, besonders,<br />
wenn er etwa die Qualität der Hammon-Wagen<br />
In Zweifel gezogen hätta (was<br />
Ich aber kaum glaube). — Ich verstehe<br />
Dich in Deiner gegenwärtigen Stimmung<br />
um so besser, als auch ich mich früher in<br />
derlei Fällen masslos ärgerte. Seitdem<br />
aber an meinen Schläfen das Grau immer<br />
stärker durchschimmert, scheinen auch<br />
die Augen die Welt etwas anders anzusehen<br />
und da erklärliche Zusammenhänge<br />
zu finden, wo ich sie früher vergeblich<br />
gesucht. Ja, sie lassen mich heute oft die<br />
letzten Ursachen vieler Vorkommnisse bei<br />
mir selber entdecken, selbst wenn der<br />
Schein dagegen spricht.<br />
Wie liegt der Fall? Bäckermeister Frenler<br />
hatte sich mündlich für die Anschaffung<br />
eines Hammon 14 PS entschieden.<br />
Zwei Tage später geht er hin und kauft<br />
den Argus 6 Cyl. Diesen Meinungswechsel<br />
begründet er damit, dass ihn «der Stettier»<br />
Von der bedeutend besseren Qualität der<br />
Argus-Bremsen überzeugt hätte. Deine<br />
Reaktion: Eine unbändige Wut über Deinen<br />
Konkurrenten darob, dass er die Tatsachen<br />
auf eine solche Weise verdreht.<br />
Versuchen wir einmal, der ganzen Entwicklung<br />
dieses Geschäftes auf den Grund<br />
zu gehen: «Der Stettier» kann den Kunden<br />
dank der Vorzüglichkeit der Argus-Bremsen<br />
zum Abschluss bewegen, oder mit anderen<br />
Worten, der Kunde gibt dem Argus<br />
den Vorzug, 1 weil er von der besseren Qualität<br />
der ^Bremsen fiberzeugt ist. Das setzt<br />
voraus, dass Freuler als eine der hauptsächlichsten<br />
Anforderungen von seinem<br />
Wagen. gute "Bremsen verlangt; ja noch<br />
mehr, gute Bremsen sind bei ihm geradezu<br />
entscheidend für die Wahl des Wagens.<br />
Hattest Dn diese Tatsachen im Laufe<br />
Deiner verschiedenen Besuche beim Kunden<br />
festgestellt? Es tut mir leid, das Gegenteil<br />
annehmen zu müssen, denn andernfalls<br />
hättest Du dem Kunden ohne Zweifel auch<br />
die Zuverlässigkeit der Hammon-Bremsen<br />
demonstriert. Und «der Stettier» hätte Dir<br />
den Rang nicht ablaufen können. Wer<br />
hat wohl den Fehler gemacht?<br />
Du selbst. Du hast eine der wichtigsten<br />
Grundlagen der Verkaufskunst vergessen.<br />
Du warst nett mit den Leuten, hast Dich<br />
bei der Familie manierlich eingeführt, mit<br />
dem Kunden eine längere Probefahrt unternommen<br />
und in den Grenzen der<br />
Schicklichkeit immer wieder moniert.<br />
Darüber aber vergassest Du, dass der Käufer<br />
eines Hammon schliesslich sein Bankkonto<br />
um sieben oder acht Tausendernoten<br />
erleichtert und dafür das Beste haben will,<br />
was erhältlich ist. Und das Beste ist in<br />
diesem Fall eben das, was der Kunde am<br />
Wagen am meisten schätzt. Das hast Du<br />
herauszufinden vergessen, und darum<br />
konnte Dich «der Stettier» aus dem Felde<br />
schlagen.<br />
Verkaufen beisst nicht nur «mit dem<br />
Hut in der Hand» beim Kunden verkehren,<br />
ihm auf alle Fragen höflich und saehgemäss<br />
antworten und durch eine längere<br />
Probefahrt Zeit und Gelegenheit finden,<br />
um den Wagen in allen Tönen zu rühmen.<br />
Verkaufen heisst. in erster Linie dem<br />
Kunden zeigen, was er für sich personlich<br />
maximal aus dem Wagen herauszuholen<br />
vermag und wie sehr der Wagen<br />
seinen individuellen Anforderungen<br />
entspricht. Um das zu erreichen, ist es die<br />
erste Aufgabe eines Verkäufers, die Einstellung<br />
des Kunden dem Automobil gegenüber<br />
möglichst rasch und gründlich<br />
kennenzulernen. Versuch's mal!<br />
Es ist nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich,<br />
dass sich «der Stettier» über<br />
die Hammon-Bremsen irgendwie ungünstig<br />
geäussert hat. Vielmehr wird er das<br />
ganze Zielbewusstsein des erfahrenen<br />
Fachmanns darauf konzentriert haben, die<br />
Vorzüglichkeit des Argus-Wagens in dieser<br />
Hinsicht zu demonstrieren. Abfällige<br />
Urteile über Konkurrenzwaren lassen die<br />
eigene noch lange nicht in besserem Licht<br />
erscheinen, sondern machen den Kunden,<br />
der meistens selbst routinierter Geschäftsmann<br />
ist, höchstens stutzig.<br />
Mein lieber Sohn, Du glaubst, Dein Konkurrent<br />
habe Dir den Kunden «weggeschnappt».<br />
Inzwischen hast Du wohl eingesehen,<br />
dass der Fehler einzig und allein<br />
bei Dir lag. Auch ich habe diese Erfahrungen<br />
zuerst sammeln müssen und dafür ein<br />
teures Lehrgeld bezahlt, bevor mir ein<br />
Licht aufging. Auch Dir wird niemand<br />
diese Schule ersparen können. Aber zusammen<br />
können wir sie vielleicht abkürzen.<br />
Willst Du» „ . , r . *<br />
_<br />
Oein Vater.