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E_1938_Zeitung_Nr.030

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Automobil-Revue — N° 30<br />

blick angerannt kommt und Trittbretter erklimmt,<br />

der muss eben schnaufen — auch wenn<br />

er eine Dame ist!<br />

Ein oben auf dem Trittbrett zunächst stehender<br />

Herr half der Dame mit der Stechpalme<br />

vollends herauf. Die Dame, mit zurückgewandtem<br />

Kopf: «So, Gustav, das hat gerade<br />

noch geklappt!» Dabei trat sie mit der ganzen<br />

Wucht ihres einhundert Kilo schweren Lebendgewichtes<br />

dem hilfsbereiten Herrn auf jene<br />

kleine Zehe, die bei solchen Aktionen zweiter<br />

oder dritter Personen nie ohne Hühnerauge ist.<br />

Erst ein Aufschrei — und dann folgten voller<br />

Entrüstung die Worte: «Zum Hagel! So passen<br />

Sie doch auf!»<br />

Nun aber erschien Gustav, hinter der Dame<br />

hervortretend, auf dem Perron. Der Wagen<br />

fuhr ab. Gustav war zierlich, ein Hauch von<br />

einem Mann, verglichen mit seiner Gattin, die<br />

nun ihrerseits erst mal die Stechpalme einschliesslich<br />

Topf auf den Boden des Wagens<br />

niedersetzte, dann aber den fraglichen Herrn<br />

wie folgt anfuhr: «Mein Herr! Was erlauben<br />

Sie sich! Gustav, sprich du mal mit ihm!»<br />

Gustav, mit einem Räuspern: «Ja, ich finde<br />

es unerhört. Ich muss sagen —»<br />

«Sagen Sie lieber gar nichts, kleiner Herr!<br />

Dann findet Ihre Gattin Zeit und Atem, sich<br />

zu entschuldigen. Erstens hat sie aus lauter<br />

Dankbarkeit für meine Hilfeleistung mein<br />

Hühnerauge maltraitiert, und zweitens stelle<br />

ich soeben fest, dass sie mit ihrem «forschen<br />

Auftreten» auch noch meinen Stiefel übel zugerichtet<br />

hat!»<br />

Die Dame: «Was? Zugerichtet?! Ah! Das<br />

ist denn doch —!»<br />

Der Herr: «Wenn Ihnen der Ausdruck zu<br />

gelinde ist, dann sage ich: Zertrampelt!»<br />

Jetzt mischte sich Gustav wieder ein: «Die<br />

Tatsache eines Zertrampeins, wenn diese einwandfrei<br />

festgestellt wäre, könnte nur von der<br />

Masse einer schwerfälligen Fortbewegung ausgegangen<br />

sein. Da Sie unüberlegter Weise<br />

meine verehrte Gattin als Verursacherin des<br />

geringfügigen Versehens bezeichnen, erachten<br />

wir das als eine Beleidigung. Wir werden Ihre<br />

Personalien durch den Kondukteur aufnehmen<br />

lassen und uns weitere Schritte gegen Sie vorbehalten,<br />

mein Herr.»<br />

Gustav war Gymnasiallehrer und verstand<br />

zu reden, so es auf eine dozierende Wiedergabe<br />

seiner Meinung ankam. Nicht aber war<br />

er in seinen weitausholenden Ausführungen<br />

glücklich, wenn seine Gattin ihm sozusagen<br />

dazu Modell stand. Und so bekam ~Gustav von<br />

seiner werten Gattin die prosaische Antwort:<br />

«Anstatt mich zu verteidigen, benimmst du<br />

dich, als ob du vor deiner Schuljugend eine<br />

Rede zu halten hättest!»<br />

Die Fahrgäste hielten mit ihrer Heiterkeit<br />

nicht zurück. Der von Gustav apostrophierte<br />

Herr wollte gerade mit einer Erwiderung loslegen,<br />

als der Kondukteur am Klappfenster<br />

des Wagens erschien. Die Heiterkeit der Fahrgäste<br />

interessierte ihn nicht; streng aber sah<br />

er auf die Stechpalme und meinte: «Wem gehört<br />

diese Staude?»<br />

«Das ist keine Staude, sondern eine Hex<br />

aquifolium, zu deutsch: eine Abart der auf<br />

den Antillen vorkommenden »<br />

«Das will ich nicht wissen, mein Herr. Das<br />

Ding da mit dem Topf kann auf dem Boden<br />

des Wagens nicht stehen bleiben. Das geht<br />

gegen das Verkehrsreglement.»<br />

Gustav, der also mit seiner botanischen Demonstration<br />

nicht durchgedrungen war, wollte<br />

sich schon nach der Stechpalme bücken, als er<br />

durch ein energisches «Halt!» seiner Gattin<br />

daran gehindert wurde.<br />

«Wie kommst du dazu, dir diesen Befehlston<br />

des Kondukteurs gefallen zu lassen! Der<br />

Mann da hat uns erst mal höflichst zu ersuchen,<br />

unsere Stechpalme, die er überdies<br />

noch als Staude bezeichnet, an einer andern<br />

Stelle des Wagens unterzubringen. Dazu hätte<br />

ich zu bemerken, dass wir beide, ich und du,<br />

Gustav, erst vor ein paar Minuten eingestiegen<br />

sind und infolgedessen das jedem Fahrgast<br />

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zustehende Recht haben, das mitgebrachte Gepäckstück,<br />

in diesem Falle also unsere Stechpalme,<br />

vorerst einmal abzustellen und uns<br />

selbst nach Plätzen umzusehen!»<br />

Dem braven Kondukteur schwoll die Zornesader<br />

auf der Stirn: «Sie sehen, meine Dame,<br />

es ist kein Platz im Wagen frei. Sie müssen<br />

also stehen bleiben. Nicht aber dürfen Sie<br />

Ihr Gepäckstück hier auf den Boden stellen.<br />

Entweder müssen Sie es vom Boden aufheben<br />

und sich damit, ohne dass es aber die andern<br />

Fahrgäste stört, in eine Ecke stellen — oder<br />

aber, Sie müssen, wenn es hier stehenbleiben<br />

soll, dafür ein Billett lösen.»<br />

Die Dame: «Weder stellen wir uns in eine<br />

Ecke noch lösen wir für unsere Stechpalme<br />

ein Billett, verstehen Sie! Soviel weiss ich<br />

auch vom Verkehrsreglement, dass jeder Fahrgast<br />

das Recht hat, ein kleines Gepäckstück<br />

mitzuführen!» Die Dame war.sehr aufgebracht;<br />

sie schrie diese Erwiderung dem Kondukteur<br />

förmlich oder vielmehr unförmlich ins Gesicht.<br />

Der Kondukteur trat einen Schritt zurück<br />

und sagte: «Das «timmt nicht, was Sie da fo<br />

laut daherreden. Und zudem ist dieser Topf<br />

mit einer Pflanze drin kein Gepäckstück, das<br />

etwa nicht stört. Es stört sogar sehr mit diesen<br />

Spitzen, die nach oben schauen und also<br />

die Fahrgäste erheblich belästigen. Früher, als<br />

noch die langen Hutnadeln Mode waren, musSten<br />

die Damen diese Nadeln während der<br />

Fahrt entweder aus dem Hut herausnehmen,<br />

oder aber die Spitzen der Nadeln mit einer<br />

Hülse sichern, die damals beim Kondukteur<br />

für 5 Rappen pro Stück zu kaufen waren.»<br />

Die Dame mit einem schrillen Lachen: «Ach<br />

Gott, Herr Kondukteur, ich habe ganz vergessen,<br />

mir beim Blumenhändler für unsere<br />

Stechpalme — Hülsen zu kaufen!»<br />

Die Sprecherin sah sich belustigt im Kreise<br />

der Fahrgäste um, denn sie glaubte, witzig geantwortet<br />

zu haben.<br />

Aber der bewusste Herr, der noch immer<br />

an seiner misshandelten Zehe litt, rief aus:<br />

«Herr Kondukteur, sorgen Sie doch endlich<br />

dafür, dass dieses dicke Frauchen mit dem<br />

Kakteentopf, oder was das ist, von der Plattform<br />

herunterkommt! Das Verhalten dieser<br />

Dame ist für die Fahrgäste doch eine Belästigung!»<br />

Der Kondukteur wartete auf die Zustimmung<br />

der Mitfahrenden. Diese blieb nicht aus. Und<br />

so meinte er denn: «Sie hören, meine Dame,<br />

Sie stören hier den Betrieb. Ausserdem wollen<br />

Sie ja auch nicht zahlen.»<br />

«Das ist nicht wahr! Natürlich will ich zahlen!<br />

Nur für meine kleine Stechpalme —»<br />

0, das war ungeschickt gesagt. Lautes Gelächter<br />

ringsum — und auch die Fahrgäste, die<br />

sich im Wageninnern befanden, pressten ihre<br />

Nasen an die Scheibe neben der Klappe, an<br />

der noch immer der Kondukteur postiert war.<br />

Zum Glück war man jetzt an einer Haltestelle<br />

angelangt.<br />

Die Dame, gestikulierend und redend, stand<br />

oberhalb des Trittbretts und versperrte somit<br />

den unten wartenden neuen Fahrgästen den<br />

Zugang.<br />

«Zurücktreten'oder absteigen!»<br />

Gustav klomm bereits abwärts. Nolens volens<br />

folgte die teure Gattin. In ihrer Erregung<br />

über all die Dinge, die sie wegen ihrer Stechpalme<br />

hier erlebt hatte, Hess sie in der Eile<br />

die Hex aquifolium samt Topf da stehen, wo<br />

sie war. Aber sie wurde ihr von dem Herrn<br />

mit der geschwollenen Zehe ironisch huldvoll<br />

hinabgereicht, und zwar mit den artigen Abschiedsworten:<br />

«Hier, Madame, kochen Sie Gemüse damit!<br />

Ihre Zunge ist so spitz, dass sie auch mit diesen<br />

Stachelblättern fertig wird!»<br />

In diesem Augenblick drängten bereits einige<br />

der neuen Fahrgäste das Trittbrett herauf<br />

— und so war es unserer zornwütigen Dame<br />

nicht mehr möglich, Topf und Pflanze zu gleicher<br />

Zeit zu fassen. Der freundliche Herr<br />

hatte den Topf zuerst hinabgereicht — die<br />

Stechpalme selbst hielt er noch in seinen Händen.<br />

In diesem Augenblick klingelte der<br />

Schaffner ab, und der Wagen zog an. Somit<br />

musste sich mit geradezu mathematischer Genauigkeit<br />

das Folgende ergeben: Die Dame behielt<br />

den Topf in der Hand — die Stechpalme<br />

aber samt dem Erdreich, mit dem sie im Topf<br />

verhaftet war, löste sich mit einem Ruck aus<br />

diesem Behälter — — und der freundliche<br />

Herr ward für seine angeschwollene Zehe entschädigt:<br />

er fuhr mit seiner nackten Hex aquifolium<br />

davon...<br />

Das war nun das Schicksal dieser armen<br />

Pflanze: ein entwurzelter Fremdling! Aber<br />

sicher hat sie in irgendeinem netten möblierten<br />

Zimmer wieder einen Topf und ein bisschen<br />

Erde gefunden und somit Ruhe vor den<br />

Anfeindungen der Menschen, die nicht aufhören<br />

können, ihre Zwistigkeiten und Unverträglichkeiten<br />

untereinander entweder mit Brutalität<br />

oder in falscher Höflichkeit auszutragen,<br />

ganz gleich, ob sie dabei Verlierer oder<br />

Gewinner sind! Dieser Standpunkt gehört nun<br />

einmal zur vielgerühmten Natur der Menschen:<br />

Kultur und Gesittung in meist verblüffenden<br />

Dosierungen...<br />

Seexosen^<br />

unter der Erdoberfläche!<br />

Grubenarbeiter trafen in Niederschlettenbach<br />

in Bayern in einer Tiefe von 350 Meter auf ein<br />

stehendes Gewässer, das mit blühenden Pflanzen<br />

bedeckt war. Es handelt sich um eine Seerosenart,<br />

deren Blätter jedoch infolge des Lichtmangels<br />

nahezu farblos sind. Man versuchte, einige der<br />

Blüten an die Oberfläche zu bringen,-, sie fielen<br />

jedoch in dem Augenblick, in dem sie ans Licht<br />

kamen, vollständig zusammen.<br />

Können Sie das auch?<br />

Eine amerikanische medizinische Fachzeitschrift<br />

bringt die Abbildung eines Kanadiers, Alfred<br />

Langevin, der seine Pfeife durch die Augen rauchen<br />

kann. Er setzt die mit einer Art Brillenbügel<br />

befestigte Pfeife im Augenwinkel an und stösst den<br />

Rauch durch den Mund oder durch die Nase aus.<br />

Von den Aerzten wird das Phänomen auf eine<br />

Erweiterung des Tränenkanals zurückgeführt. Zu<br />

genauen Untersuchungen hat sich Langevin bisher<br />

nicht hergeben wollen.<br />

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Ein Teil des Reinertrages von Seva 6 wird der Schweizerischen Landttauwtellung 1939 zufliewen

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