E_1938_Zeitung_Nr.055
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12 Automobil-Revue —<br />
No 55<br />
Hohenrätien bei Thusis<br />
Welchem Besucher des Domleschgtales<br />
wäre nicht schon beim Hereinfahren jener<br />
stolzeste aller Burgfelsen aufgefallen, der<br />
am Eingang der noch grossartigeren Viamala<br />
Wache hält! Gleich hinter der Bheinbrücke<br />
beginnt der Aufstieg auf bequemem<br />
Zickzackweg, auf dem schon im Altertum<br />
die Burgherren mit ihrem Tross<br />
hinaufritten, wenn sie von ihren Waffengängen<br />
müde heimkehrten, und später die<br />
frommen Kirchgänger wandelten, die zur<br />
Johanniskirche oben, der Hauptkirche des<br />
Tales, beten gingen. Burg und Kirche, die<br />
beide bis ins 16. Jahrhundert bewohnt<br />
blieben, sind nun halb zerfallen. Die Herren<br />
und die Priester sind ins Tal gezogen.<br />
Aber die mächtigen Ruinen reden noch<br />
heute eine eindringliche Sprache. Uns<br />
licht- und lufthungrige Menschen von<br />
heute zieht es an schönen Tagen hinauf<br />
auf das freie Plateau, und wir wagen uns<br />
hinaus bis zum Rande des Abgrunds, von<br />
dem nach der Sage der letzte Zwingherr,<br />
auf seinem Rappen den Todessprung in die<br />
schaurige Tiefe machte. Von der überwältigenden<br />
Aussicht der Burgruine Hohenrätien<br />
sind wir geradezu übernommen.<br />
Doch — der Appetit kommt mit dem Essen!<br />
Wir lassen uns nicht verdriessen,<br />
noch ein halbes Stündchen weiter hinauf- c.<br />
zusteigen zur blumigen Wiesenterrasse<br />
von Craschenna (Crap-schenna = Torstein)<br />
mit ihren heimeligen Maiensässhütten,<br />
dem bevorzugten Frühlingsausflugsziel<br />
der Thusner, in Erwartung grösserer<br />
Dinge. Da sehen wir gleich am Anfang,<br />
rechts vom Weg, auf grünem Wiesenplan<br />
die Ruine der Kapelle St. Albin, die noch<br />
älter sein muss als St. Johannis. Sie soll<br />
vor hundert Jahren noch gut erhalten gewesen<br />
sein, denn man erzählt noch heute,<br />
der damalige Kantonsingenieur Alexander<br />
Lanicca, der am Bau der neuen Viamalastrasse<br />
mitgewirkt hat, sei in St. Albin<br />
getraut worden. — Aber weiter oben<br />
gehen wir hinaus zum Aussichtspunkte<br />
Crap-Craschenna, wo wir das Hohenrhätien<br />
— Panorama in erhabenerem Format<br />
gemessen können.<br />
Der Abstieg, sei's gegen den Schyn<br />
nach Campi, oder über Ehrenfels nach<br />
Sils, führt uns wieder nach Thusis zurück.<br />
-a.<br />
Lenzerheido.<br />
Wenn nicht anderwärts neue Schönheiten wären,<br />
neue, grundverschiedene — man möchte rufen:<br />
Hier sind Himmel und Erde vereinigt!<br />
Wenn'Sie einen schönen Talblick auf das Vorderrheintal<br />
haben wollen und zugleich hinein in<br />
die Valsertäler und ihre weltabgeschiedenen<br />
Berge und hinüber auf die Glarner Gletscher,<br />
dann rate ich Ihnen: steigen Sie von Obersaxen<br />
oder von Villa-Lumbrain auf den Piz Mundaun<br />
oder S e z n e r (2313 m).<br />
Im Oberengadin gilt mein Rat dem Piz<br />
L o n g h i n und dem Piz Languard (3268 m).<br />
Der Longhin ist wie man sieht fast 500 m niedriger;<br />
aber weil keine eigentliche Weganlage hinaufführt,<br />
sondern nur ein Pfad vpn Malo|a bis zum Longhinpass,<br />
so erfordert er ein wenig mehr Aufmerksamkeit<br />
und etwa einen berggewohnten Begleiter. Dafür<br />
haben Sie einen wunderbaren Blick auf alle<br />
die vielen wenigbekannten einsamen Berge im<br />
Südwesten des Landes, einen köstlichen Einblick ins<br />
Oberengadin und seine Seen und hinab ins Bergeil<br />
und vor allem noch die Freude, am Lago<br />
Longhin, an der Quelle des Inn, zu stehen.<br />
Der Piz Languard ist wohl der meist besuchte<br />
der hohen Aussichtsberge des Landes und ganz<br />
mit Recht. Niemals werden Sie den Anblick der<br />
eisüberzogenen Berninagruppe vergessen, niemals<br />
die Fernblicke über das Puschlav und Veltlin nach<br />
Süden, nie den Tiefblick auf das mittlere Oberengadin<br />
(St. Moritz usw.| und erst recht nicht die<br />
unendliche Fernschau bis ins Wallis, ins Berner<br />
Oberland, zum Ortler und zu den Oetztaler Gletschern.<br />
Ein guter Weg von Pontresina bis auf den<br />
Gipfel und der kleine Berggasthof eine Viertelstunde<br />
unter der Spitze machen die Besteigung<br />
leicht und sicher.<br />
Im Osten des Landes besuchen wir den Piz<br />
Lischanna (3110 m) bei Schuls-Tarasp-Vulpera.<br />
Wir nächtigen in der Lischannahütte des SAC. Der<br />
Weiteraufstieg ist weglos, und Bergungewohnte<br />
(Photo A. Pedrett, St Moritz SVZ)<br />
nehmen sich einen Führer; aber Schwierigkeiten<br />
sind keine. Dafür Schönheiten— Schönheiten! In<br />
der Tiefe das Unterengadin, jenseits die Silvrettagruppe<br />
und das ganze Vorarlberg und das nahe<br />
Tirol bis herüber zu den Oetztaler Riesen. In<br />
nächster Nähe die rötlichgelb schummernden Zinnen<br />
der Unterengadiner Dolomiten, im Westen und<br />
Südwest. Im Südosten ahnt man auch das Vintschgau<br />
und rechts darüber, alles überhöhend, alles<br />
überglänzend, die Firnkuppel des Ortlers. Im ganzen<br />
westlichen Halbkreis Kette hinter Kette, alles<br />
Bündner Gebirge — überall neue Ziele und Verlockungen.<br />
Walther Flaig.<br />
Das Gemsenidyll an der Viamala<br />
In der verkehrsreichen Viamalaschlucht<br />
kann man an verschiedenen Stellen stundenlang<br />
einem allerliebsten Gemsenidyll<br />
zuschauen. Gegenüber der Galerie, fast in<br />
Steinwurfweite, lebt während des Frühlings,<br />
von den vorbeirasenden Autos und<br />
vorüberziehenden Wanderern unberührt,<br />
eine Gemsenmutter und zieht dort in der<br />
Nische im Schütze hoher Felswände alljährlich<br />
ihr Kleines auf, um sich dann in<br />
die Berge zu verziehen. Weiter draussen<br />
aber, gegenüber dem Känzeli, hält sich<br />
fast über das ganze Jahr eine ganze Gemsenfamilie<br />
auf. Auch ihnen hat die Natur<br />
hier ein Asyl geschaffen, wo sie von niemand<br />
gestört werden, und kein Jäger<br />
wagt es, das friedliche Familienleben mit<br />
frevelhafter Hand zu stören. -a.<br />
Kinderlust<br />
Im Bergland<br />
Jetzt kommen die heissen Tage. Jetzt sind dio<br />
Ferien nah. Jetzt ist es Zeit, dass Sie daran denken,<br />
Ihre stadt-, schul- und asphaltmüden Kinder<br />
in die Freiheit und Gesundheit der Bergwelt zu<br />
senden. Wenn Sie nicht selber einmal Kinder- und<br />
Erholungsferien in den Alpen verbracht haben,<br />
dann bitte ich Sie, mir zu glauben, dass die schönsten<br />
Erinnerungen meiner Jugendtage auf solche<br />
Kinderälpenferien zurückgehen — aher nicht nur<br />
dies: auch die gesunde Freude am schnellerwachten<br />
gesunden Körper. Welch unvergleichliche Erlebnisse<br />
sind es für Kinder und vor allem Kinder aus<br />
den Städten oder aus dem flachen Lande her, wenn<br />
sie das erstemal diese zahlreichen Wasserfälle und<br />
Bergbäche der Hochalpen erleben, die ungeheuren<br />
Weiten der grossen Alpenweiden, die nicht nur die<br />
idealsten Spielplätze für die Kinder sind, sondern<br />
sie über alles hinaus noch mit dieser Wunderwelt<br />
der Alpenblumen, der vielfarbigen Steine und der<br />
glockenklingenden Herden beglücken. Und dann ist<br />
da die Sennhütte mit den Sennen und Hirten, dem<br />
offenen Fjeuer, dem grossen Käskessel, dem kühlen,<br />
vom Bergbach durchflossenen Sennkeller, wo riesige<br />
Butterbaälen und Käselaibe aufgestapelt sind.<br />
Da sind die unendlich vielfarbigen Rollsteine im<br />
Bachbett des Bergwassers, da ist der Bergwald mit<br />
den zottigen Flechten und den trotzigen Kampfbäumen,<br />
da sind droben die gewaltigen Felsen und<br />
dann der Schnee. Mitten im Sommer Schnee! Oder<br />
gar ein Gletscher mit haushohen Eiswänden, ein<br />
Aussichtsberg mit einer Bahn- oder Weganlage,<br />
wo man die ganze Erde zu sehen glaubt und noch<br />
ein bisschen mehr. Der Bergsee, das Bergbad, das<br />
Sonnenbad, die Alpensonne, die Alpenmilch, die —<br />
Sie können mir sägen was Sie wollen — himmelhoch<br />
über jeder anderen Milch, steht und da sind<br />
die ausgezeichneten glänzend geführten Kinderheime,<br />
Töchterinstitute und was alles an verwandten<br />
Einrichtungen es noch gibt und die Sie nirgends<br />
so verbürgt gut und vertrauenswürdig finden wie<br />
in !der Schweiz und in ihrer Einrichtung so vielseitiger<br />
Art wie in Grauhünden.<br />
Graubünden in der modernen<br />
Schweizer Malerei.<br />
Die Kunstgesellschaft Davos zeigt vom 15. Juli<br />
bis 1. August eine grosse Ausstellung «Graubünden<br />
in der modernen Schweizer Malerei», an der die<br />
bedeutendsten Schweizer Künstler mit repräsentativen<br />
Werken, die das Volksleben und die Landschaft<br />
Graubündens zum Gegenstand haben, vertreten<br />
sein werden. Zu gleicher Zeit findet eine Gedächtnisausstellung<br />
für den am IS. Tun! in Davos-<br />
Frauenkirch verstorbenen Maler Ernst Ludwig<br />
Kirchner statt, der hier während den letzten 20 Jahren<br />
den bedeutendsten Teil seines umfangreichen<br />
Werkes geschaffen hat. Es dürfte das erste Mal sein,<br />
dass eine Ausstellung ausschliesslich dem vielfältigen<br />
und malerischen Land Graubünden gewidmet<br />
wird. Kenner Alt Fry Rätiens und Freunde der<br />
Kunst werden in gleicher Weise auf ihre Rechnung<br />
kommen.<br />
Zwanzig Burgen.<br />
Thusis, das Tuscia Raetorum der Römerzeit,<br />
romanisch Tucaun, weist schon mit dem Namen auf<br />
eine grosse geschichtliche Vergangenheit hin.<br />
Ganz in der Nähe thront auf hohem Piedestal die<br />
stolze Ruine von Raetia alta, Hohenrhätien, wohl das<br />
älteste Kulturdenkmal des Tales, die eine der<br />
zwanzig Burgen in der weiten Runde. Jede davon<br />
hat ihre eigene Geschichte, und bedeutende Männer<br />
aus dieser Gegend haben ihre Namen für immer<br />
mit der Geschichte der Republik Alt Fry Rhätien<br />
verbunden, um nur wenige zu nennen: Georg<br />
Jenatsch, der feurige Patriot und trutzige Streiter,<br />
Pompejus Planta, der stolze Aristokrat, Ulrich<br />
Champell, der Vater der rätischen Geschichte, -a.<br />
Kommende Ereignisse I<br />
Adelboden: 10. Juli: Schwiznmkonkurrenz und Wagserballspiel.<br />
Altdorf! 10. Juli-11. Sept.: Tellspiele.<br />
Arosa: 9./10. Juli: Tennis: Gäste- und Klubturnier.<br />
10. Juli: Gäste-Wettschwimmen.<br />
11. Juli: Beginn der geführten Bergtouren für Gäste.<br />
Basel: 9./10. Juli: n. Nordwestschweiz. Jodlarfest mit Fahnenschwingen<br />
und Alphornblasen (Mustermesse).<br />
9./10. Juli: Becherwettfahren des Wasserfahrvereins Birsfelden<br />
und Wasserfahrvereins St. Alban.<br />
Bern: Mitte Juli: Bider-Cup, Alpenflug-Wettbewerb f. Sportflieger.<br />
Bronnen: 9. Juli: Internat. Tennisturnier.<br />
14. Juli: Sommemachtsfest im Kursaal Brunnen.<br />
Davos: Anfang Juli: Ausstellung: Graubünden in der modernen<br />
Malerei.<br />
Mitte Juli: Beginn der geführten Gästetouren, der botanischen<br />
und geologischen Exkursionen.<br />
Engelbexg: 15. Juli: Sommerfest auf Gerschnialp.<br />
Fürigen: 14. Juli: K. Hindernislauf im Strandbad Fürigen.<br />
Genf: 10.-16. Juli: Fete des Eaux-Vives.<br />
Jnrtgfraujoch: 9./10. Juli: Sommerskirennen.<br />
Lausanne: 6./10. Juli: Gehen: Meisterschaft rund um den Genfersee.<br />
Lnzern: 10. Juli: Golf Wettspiele: «Kleine EigiJ- und «Morgan*-<br />
Cups.<br />
l.Juli: Sempacher Jahrzeitfeier.<br />
Reeenvilier: 8.-11. Juli: Jurassisches Sängerfest. Historiseher<br />
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