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E_1938_Zeitung_Nr.071

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BERN, Freitag, 2. September <strong>1938</strong><br />

Automobil-Rewue - II. Blatt, Nr. 71<br />

Die Bewohner eines<br />

« Schlangen-Zoos », deren Gift regehnässig entnommen und zu Heilzwecken<br />

Wir wissen heute, dass bei gewissen Seh<br />

gengiften schon die winzige Menge von L<br />

Zehntel Gramm einen Menschen tötet. Im ü/rigen<br />

ist die Gefährlichkeit des Bisses von mehrer/<br />

toren abhängig, von der Grosse der<br />

der Länge des Giftzahns, der Oertlichkeit des"<br />

ses und dem Zustand der Schlange. Die Verteidigungmassregeln,<br />

die man zu einem<br />

wirksamen Schutz gegen die furchtbaren Schlangengifte<br />

anwendet, sind sehr vielgestaltig. Zunächst<br />

gibt es chemische Stoffe, zum Beispiel übermangansaures<br />

Kalium und Chlorkalk, die Schlangengifte<br />

unwirksam machen können. Aber da sie in<br />

starker Konzentration angewendet werden müssen,<br />

verursachen sie schwere Gewebeschädigungen.<br />

Die Wissenschaft musste deshalb andere Wege beschreiten<br />

und unschädliche, möglichst auch noch<br />

wirkungsvollere Mittel suchen.<br />

Die Erfolge in dieser Richtung datieren bereits<br />

aus der Zeit vor der Jahrhundertwende. Damals<br />

gelang es, kleinere Tiere mit allmählich zunehmenden<br />

schwachen Dosen an das Schlangengift zu<br />

gewöhnen. Und später hat man in den verschiedensten<br />

Erdteilen Schlangenbeschwörer und<br />

andere der Gefahr von Schlangenbissen ausgesetzte<br />

Menschen auf diese Weise giftfest machen<br />

können. Noch wichtiger als diese Erkenntnis war<br />

aber die Feststelluna. dass die aeimoften Tiere<br />

Medizin - aus dem Gifizahn<br />

Ein überraschendes Forschungsergebnis — Gefahr und Nutzen des Schlangengiftes<br />

*••*- -.%<br />

Kobragift lindert Schmerzen<br />

und Menschen in ihrem Blutserum nunmehr Gegengiftstoffe<br />

(Antitoxine) entwickeln, die in einem anderen<br />

Organismus gleichfalls als Schutzmittel gegen<br />

Schlangenbiss wirken. Heute ist es beispielsweise<br />

möglich, den an das Gift gewöhnten Pferden<br />

das 200fache der eigentlich tödlichen Giftmenge<br />

ohne Schaden für die Tiere zu verabreichen.<br />

Da anderseits das Blutserum von Tieren unbedenklich<br />

in den menschlichen Körper gebracht<br />

werden kann, ist die Wissenschaft imstande, in<br />

den Körper gelangtes Schlangengift durch die<br />

Gegengifte solcher Seren zu zerstören. Die Herstellung<br />

der Seren geschieht heute im grössten<br />

Maßstabe. Das Gift wird durch Auspressen der<br />

Giftdrüsen gewonnen und Pferden zur «Herstellung»<br />

des Gegengiftes ins Blut gespritzt. Allerdings<br />

ist das Gegengift spezifisch, das heisst auf<br />

ein bestimmtes Gift oder eine Giftgruppe eingestellt.<br />

Die Wirkung des Heilserums ist unfehlbar,<br />

wenn es gleich nach dem Biss eingespritzt wird.<br />

Bei einer später als zwei Stunden nach dem Biss<br />

verabreichten Einspritzung ist die Wirkung unsicher.<br />

Daher werden jetzt für alle in Gefahr be*<br />

findlichen Menschen, namentlich Pflanzer und<br />

Kolonisten, Packungen aus Gegengiften hergestellt.<br />

Jeder kann sich auch ohne grössere Uebung das<br />

Serum selbst einspritzen, nur muss er im Augenblick<br />

der Gefahr es immer bei sich tragen.<br />

Entdeckung durch Zufall<br />

Während die WfSsenschaft bis vor einigen Jahren<br />

ausschliesslich bemüht war, die Gefahren des<br />

Schlangenbisses zu bekämpfen, hat sich in letzter<br />

Zeit die überraschende Tatsache ergeben, dass<br />

wir in diesen furchtbaren Stoffen auch einen wichtigen<br />

H e i I f a k t o r besitzen. Wie schon so oft<br />

Der nachstehende Artikel berichtet über neue<br />

Untersuchungen der medizinischen Wissenschaft,<br />

die sich mit den wohl verhasstesten Feinden des<br />

Menschen, den Giftschlangen, beschäftigen.<br />

Bei den Versuchen, immer bessere und<br />

wirkungsvollere Bekämpfungsmethoden gegen<br />

die furchtbare Gefahr des Schlangenbisses ausfindig<br />

zu machen, hat sich in letzter Zeit herausgestellt,<br />

dass die Giftschlangen sozusagen<br />

auch «F_reunde> des Menschen sein können, gerade<br />

die Gifte der gefährlichsten Schlangen<br />

erwiesen sich nämlich als wirkungsvolles Mittel<br />

gegen quälende Schmerzen, ja sogar als Heilmittel<br />

gegen schwere Krankheiten.<br />

Wenn von Giftschlangen die Rede ist, denken<br />

wir zunächst nur daran, dass es sich hier um die<br />

gefährlichsten Feinde handelt, die der Mensch<br />

überhaupt besitzt. In der Tat fordern die Bisse<br />

von Giftschlangen Jahr für Jahr eine riesige Zahl<br />

von Opfern. Gefährdet sind in erster Linie die<br />

Bewohner tropischer Gebiete, aber auch in Europa<br />

gibt es zahlreiche Giftschlangen, und selbst<br />

die vergleichsweise «harmlose» Kreuzotter, die in<br />

manchen Gebieten der Schweiz heimisch ist, kann<br />

durch ihren Biss schweren gesundheitlichen Schaden,<br />

ja unter Umständen sogar den Tod des Gebissenen<br />

verursachen. Man hat daher in verschiedenen<br />

Ländern besondere Forschungsstätten eingerichtet,<br />

die sich ausschliesslich mit der Erforschung<br />

des Schlangengiftes beschäftigen; die bekanntesten<br />

Institute dieser Art befinden sich in<br />

Frankreich, Indien und Südamerika.<br />

Der « Schlangengarten > des weltberühmten Instituts in Butantan (Sao Paulo), in dem sehr Wichtige<br />

Untersuchungen über Schlangengifte als « Medizin > durchgeführt wurden.<br />

Eine Giftschlange wird gezwungen, in ein Glas zu beissen; auf diese Weise gewinnt<br />

man das Gift

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