E_1938_Zeitung_Nr.073
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FREITAG, 9. SEPTEMBER 1936 AÜTOMOBIL-REVUE 3<br />
JCottwtendett Sonntag.:<br />
Grosser Preis von Italien - die<br />
entscheidende Schlacht der Saison<br />
Von Livorno, wo er letztes Jahr «über<br />
die Bühne > ging, ist der Grosse Preis von<br />
Italien heuer wieder nach Monza, seiner gewohnten<br />
Stätte, zurückgekehrt. Seit Tagen<br />
schon erfüllt der metallische Gesang der<br />
Motoren den herrlichen Park, der die Piste<br />
umrahmt. Mit Hingabe und Ausdauer liegt<br />
männiglich dem Training ob, denn man<br />
weiss, worum es am nächsten Sonntag vor<br />
den Toren Mailands geht : um die entscheidende<br />
Auseinandersetzung der Saison <strong>1938</strong>.<br />
Fieberhaft ist in den letzten Wochen auf<br />
diesen Grosskampf gerüstet worden, der<br />
alles in die Arena führt, was gegenwärtig im<br />
europäischen Automobilsport mitzureden hat<br />
und dessen besondere Bedeutung daran liegt,<br />
dass er sich als eine. Art Generalabrechnung<br />
ankündigt. Gilt es dabei für Mercedes, die<br />
Spitzenposition, welche es sich unter dem<br />
Regime der neuen Rennformel erobert, zu<br />
verteidigen, so werden Auto-Union, Alfa Ror-^o<br />
und Maserati, die wenig zu verlieren<br />
und alles zu gewinnen haben, sämtliche Minen<br />
springen lassen, um eine Lücke in die<br />
tertürkheiuer Werke zu reissen und deren<br />
Hegemonie zu brechen. Heiss ist der italienische<br />
Boden, heiss verspricht die Schlacht<br />
zu entbrennen.<br />
Was die Rennsaison <strong>1938</strong> an internationalen<br />
Grossen Preisen gebracht, sah Mercedes in Front.<br />
Doppelte und dreifache Siege heimste es dabei ein.<br />
Das verpflichtet. Aber die Leute von der Marko<br />
mit dem Dreizackstern sehen auch den schweren<br />
Waffengang vom 11. September mit Ruhe und Vertrauen<br />
entgegen. Was sie sich allerdings mit gutem<br />
Grunde leisten dürfen, haben doch ihre Wagen<br />
bisher eine Ueberlegenheit an den Tag gelegt, an<br />
der es nichts zu deuteln gab. Ob es ihren Gegnern<br />
inzwischen gelungen ist, den Vorsprung, den Mercedes<br />
auf sie gewonnen, wettzumachen? Das ist<br />
eben die Frage. Wir unsererseits neigen dazu, sie<br />
zu verneinen, selbst wenn die bisher unschlagbaren<br />
Boliden der süddeutschen Fabrik in Monza zum<br />
erstenmal auf die geschlossene Allianz ihrer Rivalen<br />
stossen, und wenn diese Koalition mit wirksamerem<br />
Geschütz auffährt wie früher.<br />
Um eine Nasenlänge dürften ihnen die Schwaben<br />
auch heute noch voraus 6ein; denn dafür kennen<br />
•wir sie nicht, dass sie sich auf ihren Lorbeeren<br />
zur Ruhe legen würden. Immerhin: sie werden<br />
das Letzte aus Fahrern und Wagen herausholen<br />
müssen, um ihre Stellung zu behaupten. Das<br />
Letzte ... weil die andern inzwischen doch etliches<br />
hinzugelernt haben und weil deshalb die Annahme<br />
nicht ohne weiteres gerechtfertigt ist, Mercedes<br />
•werde sich, wie PS bisher fast immer der Fall war,<br />
nicht voll ausgeben müssen, um seine Gegner abzuschütteln.<br />
Die Auto-Union hat. wie wir wissen,<br />
nicht« unversucht gelassen, am die Schwächen<br />
ihres 12-Zylinders zu beheben, für Maserati —<br />
den einzigen, der bisher in der Geschwindigkeitsepitze<br />
an die Untertürkheimer heranreichte — sollte<br />
es auch kein Ding der Unmöglichkeit gewesen sein,<br />
der Vergaserstörungen Herr zu werden und was<br />
echliesslich Alfa Romeo anbelangt, so darf man<br />
damit rechnen, dass es die Leistung seines 12-<br />
Zylinders ebenfalls verbessert habe, währenddem<br />
der neue 16-Zylinder allerdings kaum schon soweit<br />
ä point sein wird, um bei der Entscheidung<br />
mitzutun. Noch weiss man übrigens nicht genau,<br />
ob die Mailänder Firma mit einem oder zwei Exemplaren<br />
dieses Modells antritt. Wenn auch «normalerweise<br />
» Mercedes den Ton angeben sollte,<br />
Ueberraschungen könnten dennoch erstehen, wobei<br />
auch das Wetter eine nicht ganz nebensächliche<br />
Rolle spielt. Abgesehen davon, dass 419 km immerhin<br />
eine Distanz sind, die es in sich hat. So oder<br />
eo:<br />
Kampf bis aufs Messer<br />
•wird es setzen, und die Antwort auf die Frage,<br />
•wer sich als Sieger ins Goldene Buch dieses klassischen<br />
Rennens einträgt, vermag erst das Rennen<br />
selbst zu erteilen.<br />
15mal ging der Grosse Preis von Italien bisher<br />
in Szene, aber bloss Caracciola brachte es dabei<br />
fertig, zwei Siege zu feiern, 1934 und 1937 nämlich,<br />
dieweil 1935 Stuck und 1936 Rosemeyer den Vogel<br />
abschössen. Alles in allem genommen ging der<br />
« Gran Premio » siebenmal an Italien und je viermal<br />
an Frankreich und Deutschland.<br />
Mit dem Umbau der Piste, der allerdings erst<br />
teilweise vollendet ist, schnellen die Geschwindigkeiten<br />
wieder nach oben. Fuhr Nuvolari beim Mittwochtraining<br />
seine beste Runde mit einem Durchschnitt<br />
von 163 km/St., so rechnet man für das<br />
Rennen selbst mit einem Mittel um die 150 km/Stherum.<br />
Die Startliste für den Grossen Preis präsentiert<br />
sich wie folgt:<br />
Mercedes-Benz: Caracciola, Brauchitsch, Lang,<br />
Seaman; Auto-Union: Nuvolari, Stuck, Müller,<br />
Hasse; Alfa Romeo: Farina, Biondetti, Taruffi,<br />
Wimille; Maserati: Trossi, Varzi, Gigi, Villoresi.<br />
Daneben starten als Einzelfahrer noch der Schweizer<br />
de Graffenried auf Maserati und Belmondo auf<br />
Alfa Romeo.<br />
Im «Vorspiel», dem Rennen für 1 ^-Liter-Wagen,<br />
•werden vor allem die Fabrikmannschaften von Maserati<br />
und Alfa einen Strauss miteinander ausfechten.<br />
Die Partie steht, wie schon gesagt, auf<br />
Remis, seitdem die neue cAlfetta» ihre erste Auf-<br />
t<br />
wartung gemacht. Mit Emilio Villoresi am Steuer<br />
gestaltete der Wunderwagen gleich sein Debüt in<br />
Livorno zu einem Erfolg, doch revanchierte sich<br />
Maserati dafür in Pescara. Dort, wie hier, hat man<br />
sich seither mit Macht auf Monza vorbereitet, doch<br />
wird man kaum von gleichen Waffen sprechen<br />
dürfen, denn Maserati hat seinem Gegner immerhin<br />
die grössere Erfahrung und den Vorteil besser erprobter<br />
Wagen voraus. Wozu sich noch die stärkere<br />
Ausgeglichenheit seines .Fahrertrios gesellt,<br />
in dem übrigens, wie wir zu wissen glauben, auch<br />
d«r Schweizer Hug figuriert. Wenigstens ist sein<br />
Name von der Nennliste, auf der er zuvor als Einzelfahrer<br />
erschien, plötzlich verschwunden. Und die<br />
Vermutung scheint gar nicht so abwegig, dass er<br />
sieh hinter einem der X. verbirgt, womit Maserati<br />
einstweilen noch seine Fabrikfahrer bezeichnet. Im<br />
einzelnen umfasst die Nennliste für den «Grossen<br />
Preis von Mailand» folgende Konkurrenten:<br />
Alfa Romeo (X, X, X, X), Maserati (X, X, X),<br />
Pietsch (Maserati), Dobson (E.R.A.), De Teffe (Maserati),<br />
Bianco, Ralph, Dusio, Brezzi, Teagno, Barbieri,<br />
Negro, Baruffi, Castelbarco, Ruggeri, Pelassa,<br />
Garagnani (alle auf Maserati) und Plate (Talbot).<br />
IN ENGLAND<br />
Shelseley-Walsh — das kürzeste Bergrennen<br />
Europas.<br />
Zweimal jährlich treffen sich am Shelseley<br />
Walsh bei Birmingham, mit einer Streckenlänge<br />
von 910 m, das kürzeste Bergrennen Europas, Fahrer<br />
mit Wagen von internationalem Ruf und Bastler<br />
mit allen möglichen und unmöglichen Konstruktionen,<br />
die sie im Schweisse ihres Angesichts zusammengebaut<br />
haben. Am nächsten Samstag, den<br />
10. September, steigt der Kampf zum zweitenmal<br />
in dieser Saison. Wobei es sehr wohl denkbar ist,<br />
dass der Rekord, den Fane mit 38,77 Sek. hält,<br />
sein Leben lassen muss, denn sowohl der gegenwärtige<br />
Rekordmann selbst als auch sein schärfster<br />
Rivale Mays. der mit dem neuen 2-Liter-E.R.A.<br />
anrückt werden alles daran setzen, ihn zur Strecke<br />
zu bringen.<br />
Von hinten gesehen gleicht das Rennboot, womit Campbell dieser Tage auf dem Hallwilersee Rekordversuche<br />
zu unternehmen gedenkt, einer riesigen Schildkröte.<br />
Nach einer Frist von Ungewissheit und<br />
dann von eifrig betriebenen Vorbereitungsarbeiten<br />
ist es nun so weit: noch diese Woche<br />
werden am Hallwilersee die Versuche von<br />
Sir Malcolm Campbell, seinen eigenen Motorbootsschnelligkeitsrekord<br />
von 208,403 km/St,<br />
zu schlagen, einsetzen, und zwar gleich mit<br />
aller Energie, denn der Engländer, der sich<br />
schon um den 20. September nach Amerika<br />
einschiffen muss, legt Wert darauf, als neuer<br />
Rekordman drüben anzukommen und seinem<br />
alten Rivalen zu Lande, Capt. Eyston, ebenfalls<br />
mit neuen Lorbeeren zu begegnen.<br />
Am Wochenende wird somit der Hallwilersee<br />
der Schauplatz grosser und vor allem<br />
schneller Dinge sein. Schon am Freitag wird<br />
Sir Campbell erwartet; am Mittwoch hat<br />
sich bereits der Präsident des schweizerischen<br />
Motorbootverbandes, Herr Albert<br />
Schmid, von Genf, nach Brestenberg begeben<br />
und gleichzeitig auch der Hauptmechaniker<br />
Campbells samt dem ganzen Stab, der<br />
seit den Genfer internationalen Motorbootrennen<br />
auf die Beendigung der technischen<br />
Vorbereitungen am Hallwilersee warteten.<br />
STANDARD-MINERALOELPRODUKTE A.G. GEGRÜNDET 1894<br />
Vor Campbells Rekordversuchen auf dem Hallwylersee<br />
In Zusammenarbeit mit Herrn Schmid hat<br />
der Verkehrsverein vom See- und Oberwynental<br />
nun bei Brestenberg am Seeufer<br />
einen Spezialhangar für den «Blue Bird»,<br />
das Rekordboot, gebaut und am östlichen<br />
Ufer beim Delphin und Seerose Meisterschwanden<br />
die Fixpunkte zur Distanz- und<br />
Geschwindigkeitmessung bestimmt. Der genaue<br />
Zeitpunkt für die Abhaltung der Rekordversuche<br />
ist natürlich noch unbestimmt,<br />
da er von einer Reihe von Umständen abhängt;<br />
aber auf alle Fälle wird am nächsten<br />
Sonntag den 11. September bestimmt Gelegenheit<br />
sein, das Rekordboot nicht nur am<br />
Hangar, sondern auch an der Arbeit auf dem<br />
Wasser bestaunen zu können. Auch über die<br />
Dauer der Rekordversuch^ lässt sich im Moment<br />
schwerlich Genaues sagen, indessen wird<br />
der Umstand, dass Campbell — wie wir vernehmen<br />
— drei verschiedene neue Monstrebootsschrauben<br />
probieren will, darauf schliessen<br />
lassen, dass auch im Verlaufe der nächsten<br />
Woche noch Sensationen am Hallwilersee<br />
gekocht werden. Fest steht jedoch, dass<br />
der Hallwilersee mit diesem Wochenende<br />
als Rennstrecke debütieren wird. Man tut<br />
deshalb gut daran, die Augen nach Brestenberg<br />
zu richten, von wo vielleicht schon am<br />
Sonntag der Draht berichtet, dass ein neuer<br />
Rekord im Motorbootsport geboren ist. Wie<br />
wir einem Privatbrief Campbells entnehmen,<br />
brennt er förmlich darauf, seinem « alten»<br />
Blue Bird nach den Misserfolgen von Genf<br />
noch eine Revanchechance zu geben, ehe er<br />
nächstes Jahr mit dem neuen Boot, das nach<br />
den Erfahrungen mit dem gegenwärtigen<br />
Typ für ihn in England gebaut wird, ebenfalls<br />
auf dem Hallwilersee zu weiteren Angriffen<br />
gegen seinen eigenen Rekord schreitet.<br />
N.<br />
Wie wir in letzter Stunde erfahren, kann<br />
Campbell unvorhergesehener Umstände wegen erst<br />
am Sonntagabend oder am Montag eintreffen, so<br />
dass mit dem Beginn der eigentlichen Rekordfahrten<br />
auf Dienstag zu rechnen ist. Dagegen führt<br />
am Sonntag der Chefmechaniker Villa mit dem<br />
Blue Bird Versuchs- und Schaufahrten auf dem<br />
Hallwilersee durch. Zudem kann das Boot im<br />
Schuppen besichtigt werden.<br />
SI»O>I*£<br />
£ma<br />
A k u s l a n d<br />
Glgi Villoresi am Rundrennen von Lucca<br />
in Front.<br />
Zur vierten Auflage des am letzten Sonntag ausgetragenen<br />
Rennens in den Strassen von Lucca, das<br />
für 1,5-Liter-Wagen reserviert war, erschienen<br />
11 Mann, fast lauter Spezialisten dieser «Disziplin»<br />
am Start. Bianco zog mit der Spitze davon, gefolgt<br />
von Villoresi, Pietsch und Cortese. In der 3. Runde<br />
jedoch hatte Villoresi bereits das Kommando an<br />
sich gerissen, um es bis zum Schluss der 141 km<br />
nicht mehr abzugeben, obwohl ihm erst Bianco und<br />
in der zweiten Hälfte Cortese und Pietsch das Leben<br />
sauer zu machen versuchten. Bianco verschwand<br />
übrigens später infolge eines Getriebe-<br />
Schadens vom Schauplatz. Verlor Rocco in der<br />
7. Runde durch einen Boxenhalt mehr als eine<br />
Minute, so war kurz darauf die Reihe an Pietsch,<br />
der von der Strasse setragen wurde und «glücklich»<br />
am Schluss des Feldes lag, als er seinen Wagen<br />
wieder flott gekriegt hatte. Dann aber entfesselte<br />
er pine wilde Jagd, in deren Verlauf er bis auf den<br />
3. Platz vorstiess und die ihm auch die beste Rundenzeit<br />
des Tages eintrug. Nach dem Ausscheiden<br />
Biancos war Cortese in zweite Position aufgerückt,<br />
doch vermochte er dem Spitzenreiter Villoresi nichts<br />
anzuhaben, war es diesem doch gelungen, sich<br />
einen Vorsprung von nahezu einer Minute zu sichern.<br />
Resultate:<br />
1. E. G. Villoresi (Maserati), 141 km in 1:36:02.2<br />
(Stundenmittel 88.901 km); 2. Cortese (Maserati),<br />
1:36:52,6; 3. Pietsch (Maserati), 1:37:05.4; 4. Taruffi<br />
(Maserati), 1:36:09 (59 Runden); 5. Rocco (Maserati).<br />
1:37:39 (59 Runden); 6. Barbieri (Maserati)<br />
(58 Runden).<br />
Mit seinem Sieg in Lucca errang sich G. Villoresi<br />
die italienische Meisterschaft der 1,5-Liter-<br />
Klasse vor Marazza.