Gazette Wilmersdorf Nr. 6/2017
Gazette für Wilmersdorf, Schmargendorf, Grunewald und Halensee - Juni 2017
Gazette für Wilmersdorf, Schmargendorf, Grunewald und Halensee - Juni 2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Tod eines Pazifisten<br />
Vor 50 Jahren wurde Benno Ohnesorg erschossen<br />
Die Stimmung war aufgeheizt –<br />
Studenten protestierten gegen<br />
den Schah Reza Pahlavi, der die<br />
Stadt am 2. Juni 1967 besuchte.<br />
Auch Benno Ohnesorg und seine<br />
Frau Christa waren dabei. Der Pazifist<br />
Ohnesorg studierte an der<br />
Freien Universität Berlin, dort<br />
hatte der im Exil lebende Iraner<br />
Bahman Nirumand am 1. Juni einen<br />
vielbeachteten Vortrag über<br />
die Politik des Schahs gehalten.<br />
Diesen hörte auch Benno Ohnesorg<br />
und beschloss, an der für<br />
den 2. Juni angekündigten Demonstration<br />
teilzunehmen.<br />
Protest gegen den Schah<br />
Der 1940 in Hannover geborene<br />
Benno Ohnesorg hatte das Abitur<br />
auf dem Zweiten Bildungsweg<br />
nachgeholt. Für das Studium zog<br />
er nach Berlin und schrieb sich<br />
an der Freien Universität für Romanistik<br />
und Germanistik ein. Er<br />
plante, Gymnasiallehrer zu werden.<br />
An der Politik war er zwar<br />
interessiert, doch bis auf die<br />
Teilnahme an einigen Demonstrationen<br />
wenig aktiv. Am Abend<br />
des 2. Juni besuchte der Schah<br />
die Aufführung der „Zauberflöte“<br />
in der Deutschen Oper. Draußen<br />
protestierten die Studenten und<br />
wurden ihrerseits mit Latten, Eisenstangen<br />
und Holzknüppeln<br />
von Anhängern des Schahs<br />
angegriffen, die extra für den<br />
Schahbesuch eingeflogen worden<br />
waren. Erste Schlägereien<br />
zwischen Demonstranten und<br />
Schahanhängern hatte es bereits<br />
am Vormittag am Rathaus Schöneberg<br />
gegeben, während sich<br />
der Schah in das Goldene Buch<br />
der Stadt eintrug. Die Polizei griff<br />
nicht ein, sondern schirmte den<br />
Abzug der Angreifer ab.<br />
Schuss im Hinterhof<br />
Anschließend kam es zu Auseinandersetzungen<br />
zwischen den<br />
Demonstranten und der Polizei.<br />
Dabei wurde die „Leberwursttaktik“<br />
angewandt, bei der in<br />
der Mitte der Demonstration<br />
Gewalt angewendet wird, um<br />
Panik in der Menschenmenge<br />
auszulösen. Unter die Demonstranten<br />
hatten sich Polizeibeamte<br />
in Zivil gemischt, einer<br />
Relief von Alfred Hrdlicka vor der Deutschen Oper: Der Tod des<br />
Demonstranten.<br />
davon war Karl-Heinz Kurras.<br />
Ohnesorg sah, wie Menschen<br />
in der Krumme Straße in einen<br />
Hinterhof gebracht wurden und<br />
ging hinterher um die Geschehnisse<br />
zu beobachten. Dort fiel ein<br />
Schuss, der ihn in den Hinterkopf<br />
traf. Geschossen hatte Karl-Heinz<br />
Kurras. Ohnesorg starb kurz nach<br />
der Einlieferung ins Krankenhaus<br />
Moabit, nachdem zwei zunächst<br />
angefahrene Krankenhäuser<br />
keine Betten für den Schwerstverletzten<br />
frei hatten. Die Todesursache<br />
wurde zunächst mit<br />
Schädelbasisbruch angegeben.<br />
Das Knochenstück mit dem Einschussloch<br />
war entfernt worden<br />
und die Haut darüber zusammengenäht.<br />
Es tauchte nie wieder<br />
auf. Doch die Kugel steckte<br />
noch im Gehirn.<br />
Polizist und Stasi-Spitzel<br />
In der Folge wurde Polizeipräsident<br />
Erich Duensing auf eigenen<br />
Wunsch beurlaubt und am<br />
22. September 1967 pensioniert.<br />
Innensenator Wolfgang Büsch<br />
trat zurück. Beim Prozess gegen<br />
Kurras erfolgte ein Freispruch.<br />
Der Todesschütze wurde 2009<br />
als Stasi-Spitzel enttarnt. Ein<br />
gezielter Schuss konnte ihm<br />
jedoch auch bei einem erneuten<br />
Ermittlungsverfahren nicht<br />
nachgewiesen werden und so<br />
kam es nie zu einer Verurteilung.<br />
Karl-Heinz Kurras starb<br />
2014. Sein tödlicher Schuss auf<br />
Benno Ohnesorg sorgte für eine<br />
Radikalisierung der Studentenbewegung,<br />
die unter anderem<br />
zur Gründung von RAF und der<br />
„Bewegung 2. Juni“ führte. Zur<br />
<strong>Gazette</strong> <strong>Wilmersdorf</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 15<br />
Erinnerung an die Geschehnisse<br />
schuf der Bildhauer Alfred<br />
Hrdlicka im Jahr 1971 das Werk<br />
„Der Tod des Demonstranten“. Es<br />
dauerte fast 20 Jahre, bis es vor<br />
der Deutschen Oper aufgestellt<br />
wurde.<br />
Lastenräder – für viele Zwecke!<br />
TIFFANY-Lampen<br />
...zu SUPER-Preisen<br />
...Riesenauswahl<br />
...alles am Lager<br />
www.stil-exclusiv.de · 10717 Berlin<br />
Hohenzollerndamm 17 · Ecke Uhlandstr.<br />
NUR freitags 12-17 Uhr · ☎ 211 82 60<br />
Impressum <strong>Gazette</strong> <strong>Wilmersdorf</strong> · Juni <strong>Nr</strong>. 6/<strong>2017</strong> · 37. Jahrgang<br />
Das <strong>Gazette</strong> Verbrauchermagazin erscheint monatlich in <strong>Wilmersdorf</strong>, Charlottenburg,<br />
Steglitz, Zehlendorf sowie Schöneberg & Friedenau.<br />
Verlag<br />
<strong>Gazette</strong> Verbrauchermagazin GmbH<br />
Badensche Str. 44 · 10715 Berlin<br />
☎ (030) 844 933-0 · www.gazette-berlin.de<br />
Redaktion Karl-Heinz Christ · redaktion@gazette-berlin.de<br />
Titelbild<br />
Christi-Auferstehungs-Kathedrale am Hohenzollerndamm<br />
Anzeigen Daniel Gottschalk<br />
☎ (030) 323 38 54 · anzeigen@gazette-berlin.de<br />
Druck<br />
Druckhaus Humburg · 28325 Bremen<br />
Nächste Ausgabe Juli <strong>Nr</strong>. 7/<strong>2017</strong><br />
Anzeigen-/Redaktionsschluss 19.06.<strong>2017</strong><br />
Erscheinung 06.07.<strong>2017</strong>