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244. Ausgabe, ET 14.04.2018

Kurz, kindisch, gefährlich: Die gute alte Diplomatie in heikler Lage ist neuerdings kurzbündigen Botschaften gewichen, zum Beispiel durch Ausweisung der Diplomaten oder auch durch Trumps Twitter-Tweets. Diese Kommunikation kann tödlich sein. Von Michael Zäh

Kurz, kindisch, gefährlich: Die gute alte Diplomatie in heikler Lage ist neuerdings kurzbündigen Botschaften gewichen, zum Beispiel durch Ausweisung der Diplomaten oder auch durch Trumps Twitter-Tweets. Diese Kommunikation kann tödlich sein. Von Michael Zäh

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Samstag, 14. April 2018<br />

ESSAY POLITIK 3<br />

Fest entschlossen, zu arbeiten!<br />

Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Nach den meist unionsinternen Querschüssen der erst seit vier Wochen im Amt<br />

befindlichen Regierung war es laut Merkel das Ziel des Treffens, „sich kennenzulernen.“ Von Michael Zäh<br />

Wenn der Geist erst einmal<br />

aus der Flasche ist, so<br />

heißt es, kriegt ihn da<br />

keiner mehr rein. In dieser Hinsicht<br />

ist das Schloss Meseberg natürlich ein<br />

idealer Ort für die Kabinettsklausur<br />

der neuen, alten Groko gewesen. Dem<br />

Schloss wohne nämlich ein Zauber<br />

inne, weshalb sich dann auf Fluren<br />

und Gängen auch nach der Geisterstunde<br />

neue Minister (sagen wir Jens<br />

Spahn) und alte Haudegen (wie etwa<br />

Horst Seehofer) zufällig begegnen<br />

können, um gemeinsam „Buhbuh“ zu<br />

sagen. Schon 2014 waren die Koalitionäre<br />

im Schloss Meseburg, um sich<br />

näher kennen zu lernen. Damals sagte<br />

der neue SPD-Vizekanzler Sigmar<br />

Gabriel auf die Frage nach dem Geist<br />

von Meseberg, dieser sei ihm nicht<br />

untergekommen - aber Himbeergeist<br />

habe man getrunken. So ist es eher<br />

bezeichnend, dass 2018 genau umgekehrt<br />

von der Kanzlerin ein neuer<br />

Geist beschworen werden muss: „Ich<br />

kann nur von später Stunde und<br />

Rotwein berichten“, sagte Angela<br />

Merkel.<br />

War damals ein lässiger Scherz<br />

von Gabriel noch vertretbar, ist<br />

heute ein Ernst angesagt, der doch<br />

sehr mühsam erscheint. So sagte<br />

also die alte und neue Kanzlerin:<br />

„Über Himbeergeist habe ich mich<br />

nicht informiert. Aber der Geist war<br />

insgesamt gut. Sehr kooperativ.“<br />

An ihrer Seite Vizekanzler, und<br />

Bundesfinanzminister Olaf Scholz<br />

(SPD), der von einer „guten Klausurtagung“<br />

sprach un d weiter ausführte,<br />

die neue Regierung könne<br />

konstruktiv sein und werde „auch<br />

den dementsprechenden Erfolg“<br />

haben können. Sein Bonmot, griffig<br />

wie sonst nur im Fußball:„Teambuilding<br />

gelungen, der Rest kommt<br />

jetzt“, sagte Scholz.<br />

Alle Kabinettsmitglieder seien<br />

entschlossen, „sich den Aufgaben,<br />

die sich aus dem Koalitionsvertrag<br />

ergeben, auch wirklich zu stellen“,<br />

sagte hingegen Merkel in einer<br />

gemeinsamen Pressekonferenz<br />

deutlich verklausulierter. Sie habe<br />

einen „gut ausgeprägten Willen zur<br />

Zusammenarbeit“ festgestellt. War<br />

Angela Merkel deutlich angezählt,<br />

und zwar vor allem in den eigenen<br />

Reihen. So kam ja auch der Wirbel<br />

der letzten Wochen von eigenen<br />

Ministern. Der erzkonservative neue<br />

CDU-Gesundheitsminister Spahn,<br />

den Merkel unter Druck ins Kabinett<br />

berief und dabei hoffte, dass er mit<br />

seinem schwierigen Ressort genug<br />

zu tun haben würde, hat gleich<br />

mal eine fachfremde Debatte nach<br />

der anderen angezettelt, zuerst über<br />

Hartz IV und dann über „Recht und<br />

Ordnung“ in Deutschland. Wie es<br />

sich für ein neues Kabinettsmitglied<br />

unter Merkel gehört, hat Jens<br />

Spahn seine „Thesen“ in Interviews<br />

mit großen Zeitungen unters Volk<br />

gebracht.<br />

Auch Innenminister Seehofer<br />

hatte sich umgehend wieder mit<br />

der eigenen Kanzlerin angelegt,<br />

weil er ja in seiner neuen Funktion<br />

nichts mehr im Sinn haben<br />

kann als seiner CSU in Bayern<br />

(somit seinem Erzfreund Söder) via<br />

BILD-Zeitung möglichst maximale<br />

Wahlkampfunterstützung zukomdas<br />

so gegen vier Uhr in der Nacht,<br />

als der Rotweingeist aus der Flasche<br />

gewichen war?<br />

Es ist ja durchaus lustig, wenn<br />

hier ein neu zusammen gestelltes<br />

Kabinett mit den Ministern aus<br />

CDU, CSU und SPD nach gerade<br />

mal vier Wochen im Amt doch<br />

„Ich kann nur von<br />

später Stunde und<br />

Rotwein berichten.<br />

Der Geist war<br />

insgesamt gut“<br />

tatsächlich fest entschlossen ist,<br />

sich den ihnen (letztendlich vom<br />

Wähler) übertragenen Aufgaben<br />

„auch wirklich zu stellen“.<br />

Der nüchterne Vizekanzler Olaf<br />

Scholz macht bei dem Zirkus bei<br />

weitem die beste Figur. Nach dem<br />

endlosen Durchhänger bis zur neuen<br />

Regierungsbildung ist nämlich<br />

men zu lassen, indem er die (alte)<br />

Debatte anstieß, ob der Islam zu<br />

Deutschland gehöre.<br />

Vor der Klausur des Kabinetts<br />

im Schloss Meseberg gab es also<br />

in den nur vier Wochen nach<br />

der Regierungsbildung nur lauter<br />

Querschüsse, meist unionsintern,<br />

weshalb die Kanzlerin danach den<br />

sensationellen Satz sagte, dass<br />

das Ziel des (geisterbeflügelten)<br />

Schloss-Treffens auch gar nicht<br />

gewesen sei, „detaillierte Vorhabenplanung<br />

zu diskutieren“, sondern<br />

„sich kennenzulernen und Arbeitsfähigkeit<br />

herzustellen.“<br />

Nun gut, das werden all jene<br />

Menschen im Lande doch gerne<br />

hören, die täglich arbeiten und dies<br />

sogar ohne den Geist aus der Flasche<br />

zu lassen. Wenn es übrigens eine<br />

politische Botschaft gab,die auf dem<br />

Schloss beschlossen wurde, dann<br />

die, dass die neue Bundesregierung<br />

bis 2025 „Vollbeschäftigung“ im<br />

Lande anpeilt. Wäre okay, wenn die<br />

Minister vorher „Arbeitsfähigkeit“<br />

herstellen.<br />

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