18.04.2018 Aufrufe

Stephen Westerholm: Angriff auf die Rechtfertigung

Stephen Westerholm Angriff auf die Rechtfertigung Die Neue Paulusperspektive auf dem Prüfstand Mit einem Vorwort von Martin Erdmann

Stephen Westerholm
Angriff auf die Rechtfertigung
Die Neue Paulusperspektive auf dem Prüfstand
Mit einem Vorwort von Martin Erdmann

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Angriff</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Rechtfertigung</strong> · Kapitel 7<br />

nen wir nicht sagen, warum. Das moralische Gewissen und Gespür,<br />

das – wie Paulus sagt – eine Gabe unseres Schöpfers ist und<br />

wie ein Fenster <strong>die</strong>nt, durch das wir <strong>die</strong> gute ethische Ordnung<br />

erblicken (2,15), besteht für uns nur noch in ideellen Werten ohne<br />

Bezug zur Realität. Wir sind unfähig zu sagen, warum <strong>die</strong> Welt<br />

anders sein sollte, und haben keinen Grund zur Hoffnung, dass sie<br />

jemals anders sein wird. Paulus war überzeugt, dass <strong>die</strong> Schöpfung<br />

»sehr gut« geschaffen wurde und dass der Schöpfer sie letztlich<br />

nicht zu Grunde gehen lässt. Eines Tages wird er sie wiederherstellen<br />

und seine guten Absichten damit verwirklichen.<br />

Doch Gottes Eingreifen zur Wiederherstellung stellt eine unmittelbare<br />

Gefahr für jene dar, <strong>die</strong> zum Verderben der Schöpfung<br />

beitragen. Da <strong>die</strong>se Menschen nicht durch das Evangelium verwandelt<br />

wurden, können sie keinen Anteil an einer wohlgeordneten<br />

Welt haben: »Ungerechte werden das Reich Gottes nicht erben«<br />

(1Kor 6,9; vgl. Gal 5,19ff). So, wie es derzeit um sie steht, können sie<br />

nur Gericht und Verdammnis erwarten. Paulus’ Botschaft ist darin<br />

eindeutig, und wer <strong>die</strong> Kraft <strong>die</strong>ser Botschaft erfährt, kann sich<br />

nur fragen: »Wie finde ich einen gnädigen Gott?« In ihrem Kern<br />

aber ist <strong>die</strong> Botschaft, <strong>die</strong> Paulus »anvertraut« wurde, eine »gute<br />

Botschaft« (1Thes 2,4): Gott, der in der Person Jesu Christi handelt,<br />

hat ein Mittel geschaffen, durch das man dem gerechten Verdammungsurteil<br />

entrinnen (1Thes 1,10; 5,9) und Anteil an der Herrlichkeit<br />

des kommenden Zeitalters bekommen kann (Röm 5,1‐2). Eine<br />

neue Menschheit wird für das Leben in der neuen Schöpfung zubereitet<br />

(Röm 5,14-19; 2Kor 5,17), und <strong>die</strong>se Menschheit ist geschaffen<br />

nach dem Ebenbild Christi – einem zweiten (nunmehr gehorsamem)<br />

»Adam«, der im Gegensatz zum ersten Adam steht, dessen<br />

Ungehorsam <strong>die</strong> alte Menschheit prägte.<br />

Paulus beschreibt <strong>die</strong> Errettung und Umgestaltung durch<br />

Christus <strong>auf</strong> vielerlei Weise; <strong>Rechtfertigung</strong> ist nur eine davon.<br />

Wer sich allein <strong>auf</strong> Paulus’ Texte über <strong>Rechtfertigung</strong> beschränkt,<br />

dem entgehen bedeutende Dimensionen des paulinischen Denkens.<br />

Dasselbe gilt natürlich auch, wenn man Paulus’ <strong>Rechtfertigung</strong>slehre<br />

übersieht oder verzerrt. In seinen Thessalonicherbriefen<br />

benutzt Paulus <strong>die</strong> Begriffe »gerecht«, »<strong>Rechtfertigung</strong>« usw.<br />

nicht, obwohl dort oft von Errettung <strong>die</strong> Rede ist. In den Korin-<br />

114

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!