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Dietrich Klinge – Orte

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<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

1<br />

Orte<br />

Skulpturenmeile Ansbach


<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

Orte<br />

Skulpturenmeile Ansbach


3


<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

Orte<br />

Skulpturenmeile Ansbach<br />

4


Für D.B.<br />

5


6 Inhalt Alfred Meyerhuber 6 Vorwort<br />

Joe Becherer 9 Eigenständig und mit Haltung: die Installationen <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s<br />

Personal, Integrity: The Installations of <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

Walter Schweidler 20 <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> und die Philosophie des Ortes<br />

Alfred Meyerhuber 32 Krypta St. Gumbertus<br />

40 Vor St. Gumbertus<br />

42 St. Johannis<br />

50 Heilig-Kreuz-Friedhof<br />

58 Hofgarten<br />

102 Retti-Palais<br />

130 Landgericht<br />

139 Fuchsgarten<br />

146 Zitrushaus<br />

168 Schlusswort<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> 176 Bibliographie<br />

182 Biographie Einzelausstellung<br />

183 Biographie der Autoren<br />

184 Impressum


Vorwort<br />

Die Ansbacher Skulpturenmeile des Jahres 2015 ist anders, anders als alle anderen Skulpturenmeilen<br />

vor ihr. Bemerkenswerte Kunst, die auch überregionale und nationale Beachtung<br />

gefunden hat, wurde in der Stadt gezeigt. Besser: Die Stadt hat Skulpturen gezeigt. Das war gut<br />

und in Ordnung. Jetzt aber werden der Stadt Skulpturen gezeigt! Um es deutlicher zu machen:<br />

Die Stadt bot in früheren Ausstellungen ihre Plätze und Orte an, um Kunst aufzunehmen und zu<br />

präsentieren. Im Jahr 2015 zeigt der Künstler <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> an den Orten der Stadt seine Kunst,<br />

als Antwort auf diese Orte, auf deren Aussage, auf die Geschichte der Stadt. Allgemeingültig,<br />

nicht individuell! Und diese Orte sind von der Geschichte der Stadt bestimmt und bestimmen<br />

wiederum die Stadt, ihr Antlitz, ihren Charakter. <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> betont, vertieft, führt fort.<br />

Er tritt in einen Dialog mit der markgräflichen Stadt Ansbach an den Orten:<br />

• ln der Krypta unter St. Gumbertus<br />

• Um St. Johannis herum<br />

• Vor St. Ludwig<br />

• Auf dem Heilig-Kreuz-Friedhof<br />

• Im Hofgarten<br />

• Das Palais des Leopoldo Retti<br />

• Vor und hinter dem Landgericht<br />

• Das Zitrushaus und der Fuchsgarten<br />

Ein tiefes Zwiegespräch zwischen den Orten der Stadt von Menschen gemacht und damit<br />

eigentlich ein Gespräch mit diesen Menschen und dem Künstler, in das sich der Betrachter<br />

mit viel Gewinn, als Dritter im Bunde, einmischen kann, darf, soll und muss.<br />

Und noch eins: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> hat eine lange Liste hervorragender Einzelausstellungen weltweit<br />

aufzuweisen. Stellvertretend seien einige dieser Ausstellungen benannt:<br />

7<br />

• Worthington Gallery, Chicago, USA<br />

• Gertsev Gallery, Moskau, Russland<br />

• Frederik Meijer Gardens & Sculpture Park, Grand Rapids, Michigan, USA<br />

• Musei della Maremma, Provincia di Grosseto, Italien<br />

• Museum Küppersmühle, Sammlung Grothe, Duisburg<br />

• Es Baluard Museu d‘Art Modern i Contemporani de Palma, Palma de Mallorca, Spanien<br />

• Château de Biron, Perigord, Frankreich<br />

• Jardins du Manoir d‘Eyringnac, Perigord, Frankreich<br />

• Kreuzgang des Basler Münsters, Basel, Schweiz<br />

• Zamek Slavkov-Austerlitz, Tschechien<br />

• Projectspace Daegu, Bode Galerie, Daegu, Südkorea.<br />

Darüber hinaus ist <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> bei namhaften deutschen und internationalen Sammlungen<br />

aufgenommen und wird von deutenden Galerien, wie zuerst Dieter Brusberg, Berlin<br />

vertreten. Dennoch ist die Ansbacher Ausstellung <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s einmalig, denn nie zuvor<br />

wurden in einer einzigen Ausstellung in einer Stadt mehr Großplastiken gezeigt, als hier,<br />

nämlich 47 an der Zahl. Nirgends auf der Weit!<br />

Alfred Meyerhuber


8


9


Joseph Antenucci Becherer<br />

Eigenständig und mit Haltung:<br />

die Installationen <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s<br />

Personal, Integrity:<br />

The Installations of <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

10<br />

Im Verlaufe der letzten fünfzehn Jahre war einer der fruchtbarsten<br />

Aspekte meines Berufslebens die tiefe und dauerhafte<br />

Verbundenheit mit dem Werk <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s. Bei vielen Projekten<br />

im Innen- und Außenraum, sowohl in Europa, als auch<br />

in den USA, löste sein Werk starke Resonanz aus, bei einem<br />

breiten und durchaus unterschiedlichen Publikum, das ästhetisch<br />

angeregt, geistig belohnt und oft spirituell berührt wurde.<br />

Sicherlich, ein solches Mitschwingen kommt aus dem Werk<br />

selbst, vor allem den Skulpturen. Das ist offensichtlich! Auch<br />

die Gesamtinstallationen seiner Ausstellungen lösen einen<br />

starken Nachhall aus, denn der Künstler ist in sie in besonderer<br />

Weise eingebunden. Das muss freilich erklärt werden.<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> ist einer der bedeutendsten lebenden Bildhauer<br />

unserer Zeit. Obwohl er im deutschsprachigen Raum<br />

in der Tat bekannt und geachtet ist, haben erst vielfältige<br />

Ankäufe und Ausstellungen seine Werke, vor allem seine<br />

Bronzen, quer durch Europa und USA, einem größeren Kreis<br />

bekannt gemacht und sind überall auf positive Würdigungen<br />

gestoßen. Als Autor und Kurator habe ich unzählige Erfahrungen<br />

gesammelt, die Beleg dafür sind, wie groß das allgemeine<br />

Interesse an und die Bewunderung für sein Werk sind.<br />

Das zeigen vor allem die nicht nachlassenden Anfragen und<br />

positiven Qualitätsurteile von internationalen Kennern der<br />

Kunstszene, von Künstlern selbst, von Schriftstellern, Kuratoren<br />

und Galeristen. Dies konnte ich bei verschiedensten<br />

Anlässen alles unmittelbar selber erleben. Häufig ist der Betrachter,<br />

vom Kunstwerk unmittelbar berührt, im Innehalten<br />

versunken. Entweder folgt dem ein Ausruf der Bewunderung<br />

oder aber es prasseln Fragen über den Künstler und seine Arbeitsweise<br />

auf einen ein.<br />

Die letzten fünfundzwanzig Jahre zeigen die behutsame und<br />

stetige Entwicklung seines Werkes. Seine ersten Arbeiten in<br />

Stein, zwar wenig bekannt, sind aber bereits meisterhaft<br />

für einen Künstler, der erst am Anfang seines Weges steht.<br />

Besonders sein Umgang mit diesem Material ruft eine Spannung<br />

im Abbild hervor, die überzeugt.<br />

Over the course of the last fifteen years, one of<br />

the most rewarding aspects of my professional<br />

life has been a deep and lasting involvement with<br />

the work of <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>. In numerous acquisition<br />

and exhibition projects in both Europe and<br />

the United States, his oeuvre resonates deeply<br />

within audiences of a breadth and diversity that<br />

are aesthetically stimulated, intellectually rewarded<br />

and, quite often, spiritually becalmed.<br />

Certainly, such resonation emanates from the<br />

work itself, especially the sculptures. This is<br />

primary. However, it also reverberates from his<br />

exhibition installations in which he is always intimately<br />

involved. This must be explored.<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> is among the leading figurative<br />

sculptors working today. Although extremely<br />

well-known and highly regarded in the German-speaking<br />

world, acquisitions and exhibitions<br />

across Europe and America have brought<br />

his sculptures, primarily his bronzes, to a wider<br />

audience and have universally met with critical<br />

acclaim. For this writer and curator, there have<br />

been innumerable experiences which serve as witness<br />

to the general public’s interest cum admiration<br />

for the work. Yet, it is the repeated inquiries<br />

and accolades from major art world figures, from<br />

artists to writers and curators and gallerists,<br />

that register clearly. I have experienced this first<br />

hand on numerous occasions. Repeatedly, there<br />

is a pregnant pause of deep consideration before a<br />

given sculpture and then a singular acclimation<br />

of praise or a battery of questions about the artist<br />

and his working methods.<br />

The last quarter century has witnessed the careful<br />

and consistent development of his repertoire.<br />

His early efforts in carved stone are little known,


Kurze Zeit später waren es seine Skulptureninstallationen,<br />

die die Aufmerksamkeit der Kunstwelt auf sich zogen und<br />

bereits auf den Weg intellektueller Stärke und zugleich emotionaler<br />

Rechtschaffenheit verwiesen, die beide wie Gütesiegel<br />

für alle späteren Werke werden sollten. In beiden Fällen<br />

ist die Bedeutung der Figur und <strong>Klinge</strong>s Selbstverständnis<br />

als eines figurativen Bildhauers klar, jedoch in Kategorien,<br />

die auf seinen eigenen Entscheidungen beruhen.<br />

Am Beginn des neuen Jahrtausends hat der Künstler dann<br />

einen Herstellungsprozess formuliert, der wohlbekannt<br />

geworden ist. Mit Hilfe verschiedener Werkzeuge wie der<br />

Kettensäge bearbeitet er, nach langer Zeit des Betrachtens<br />

und Abwägens das Holz in kräftigen, klaren Schnitten. So<br />

entsteht eine Gestalt, eine Figur, häufig wie im Augenblick<br />

der Ruhe oder angehalten während ihres Tuns. Dann und<br />

wann werden Holzteile, Bruchstücke, die von ganz anderen<br />

Arbeiten stammen, mit einer neuen figurativen Komposition<br />

verbunden, um diese weiterzuentwickeln. Ursprünglich<br />

sind seine Skulpturen durch subtraktive Techniken, also das<br />

Wegnehmen von Material, ins Leben gerufen worden, aber<br />

stimmige Assemblagen, entstehen ebenso häufig. Wenn<br />

<strong>Klinge</strong> mit der Komposition in Holz, (dem Holzmodell, wie<br />

er sagt), zufrieden ist, wird die Form in Bronze übersetzt.Er<br />

ist in den Prozess des Gusses von Anfang bis Ende voll einbezogen.<br />

Einerseits arbeitet er seit vielen Jahren mit einer<br />

kleinen, hervorragenden Gießerei zusammen, andererseits<br />

vertraut er auf seine eigene Umsicht und sein handwerkliches<br />

Können.Höhepunkt und Abschluss der Übersetzung<br />

von Holz in Bronze ist das Patinieren der jeweiligen Skulptur<br />

mit der auf sie abgestimmten Patina.<br />

Das sind also einige wichtige Anmerkungen zur Arbeitsweise<br />

des Künstlers, die dem Betrachter bekannt sein sollten. Im<br />

Vorfeld der Arbeit an großvolumigen Plastiken, entwickelt er<br />

kleine Modelle, Maquetten, die es ihm erlauben, in diesem<br />

Frühstadium sowohl die Figur, als auch die Komposition<br />

auf ihre jeweilige Wirksamkeit hin zu überprüfen. Obwohl<br />

sie nur einige Zentimeter messen, ist der Gehalt der großen<br />

Plastiken im kleinen Modell bereits gewahrt und gefunden.<br />

Zum Zweiten beherbergen viele seiner sehr bewegenden,<br />

jüngeren Arbeiten große Teile von Bäumen, die nicht von<br />

menschlicher Hand verändert wurden, aber deren Rinden<br />

und Schrunden eine physische Präsenz haben, wie sie<br />

nur die Natur hervorrufen kann. Zum Dritten: der Künstler<br />

but are masterful for an artist in the earliest<br />

steps of their journey. In particular, his wrestling<br />

with materials produces a tension with<br />

imagery that is rewarding. Moments later, his<br />

sculptural installations captured critical acclaim<br />

and pointed to a direction of intellectual<br />

strength and emotional integrity that would become<br />

hallmark to each ensuing endeavor. In both<br />

of the aforementioned, the role of the figure and<br />

<strong>Klinge</strong>’s self directive as a figurative sculptor is<br />

clear, but in terms which are decidedly his own.<br />

By the transition of the millennium, the artist<br />

had articulated a creative process that has become<br />

most well known. After great stretches of quiet<br />

contemplation he carves in wood with a variety<br />

of chainsaws in broad but articulate strokes. A<br />

figure, frequently in repose or in arrested action<br />

emerges. At times, shards of wood accumulated<br />

from other projects can be affixed to further the<br />

development of a given figurative composition.<br />

His original sculptures are largely brought into<br />

being through subtractive techniques, but a harmonious<br />

assemblage is frequently encountered.<br />

Once satisfied with the composition in wood,<br />

<strong>Klinge</strong> carefully has the form translated into<br />

bronze. His involvement in the casting process<br />

is intensely personal, relying on both the efforts<br />

of a small, hard working foundry he has used for<br />

many years and his own oversight and physical<br />

effort. Climax to the translation is his application<br />

of each patina.<br />

There are a few important notes to the sculptor’s<br />

process described above that should be known. As<br />

preface to many of his large- scale works he will<br />

create very small models that allow him early consideration<br />

of both figure and composition. Measuring<br />

but a few inches, the essence of the largescale<br />

work is intact. Second, many of his most<br />

evocative recent works involve large sections of<br />

trees that have not been carved by human hand<br />

but whose bark and breaks have a physical intensity<br />

only nature can deliver. Third, the artist<br />

considers the finished, patinated bronze the work<br />

11


12<br />

ginale mittlerweile weniger unerbittlich ist als früher – teils<br />

geschuldet einer breiten Zustimmung von Kennern – werden<br />

sie in der Öffentlichkeit kaum gezeigt und dennoch hoch geschätzt.<br />

Schlussendlich muss festgestellt werden, dass seine<br />

Grafiken, insbesondere seine Radierungen, ein äußerst<br />

bedeutsamer Aspekt seines Oeuvres sind, deren Bildwelten<br />

häufig mit denen konkreter Skulpturen eins sind.<br />

Wie bereits erwähnt, <strong>Klinge</strong>s im Atelier und der Bronzegießerei<br />

eingesetzte Fertigkeiten sind unglaublich eng mit seiner Person<br />

verknüpft und stehen in starkem Gegensatz zu der in der<br />

of art. Although the wooden originals are highly<br />

prized by curators and connoisseurs of his work,<br />

<strong>Klinge</strong> rarely exhibits these objects and considers<br />

such objects to be more a means to an end than<br />

an independent work of art. Although his view of<br />

the wooden originals is less adamant today, owing<br />

in part to broad critical appraisal, their public appearance<br />

is decidedly rare but abundantly apprecibetrachtet<br />

erst den vollendeten und patinierten Guss aus<br />

Bronze als das eigentliche Kunstwerk. Obwohl die hölzernen<br />

Originale (die <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> eben gerade nicht als<br />

Originalwerke ansieht) von Kuratoren und Kennern seines<br />

Werkes sehr geschätzt werden, stellt <strong>Klinge</strong> diese Objekte<br />

selten aus und betrachtet sie mehr als einen Gedanken hin<br />

zur Vollendung, denn als ein eigenständiges Kunstwerk.<br />

Und wenn auch seine Anschauung über die hölzernen Oriated.<br />

Finally, it must be noted that his graphics,<br />

especially etchings, are an extremely important<br />

aspect of his oeuvre with imagery that is often<br />

closely aligned with specific sculptures.<br />

Intimated above, <strong>Klinge</strong>’s studio and foundry<br />

practices are highly personal and exist in stark<br />

contrast to the post Warholian reliance on legions<br />

of assistants in the development and realization<br />

of objects. The lexicon of artistic practices and<br />

artist involvement has greatly widened over the


13


14


Post-Warhol-Ära üblichen Übertragung der Entwicklung<br />

und Ausführung von Objekten auf Legionen von Assistenten.<br />

Die lexikalische Aufzählung der künstlerischen<br />

Praktiken und die jeweilige persönliche Einbeziehung des<br />

Künstlers hierin, hat sich in den letzten sechzig Jahren unglaublich<br />

vermehrt und erweitert. Auf der einen Seite des<br />

Spektrums finden sich jene Künstler, die in selbstgewählter<br />

und fokussierter Abschottung arbeiten und am anderen<br />

Ende diejenigen, die sich auf das Geschick und die<br />

Fähigkeiten einer Vielzahl von Helfern verlassen. Ersteres<br />

mit verklärtem Blick betrachtet, erinnert an das bienenfleißige<br />

Schaffen von Vincent van Gogh im Elfenbeinturm,<br />

Zweiteres an die Regeln, wie sie sich in Werkstätten von<br />

Ghiberti bis Raphael dargestellt haben, die schließlich<br />

das Gesicht der Renaissance prägten. Die Postmoderne<br />

segnet nun das gesamte Spektrum als gültig, ja als Gesetz<br />

ab. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wäre es<br />

also völlig angemessen, <strong>Klinge</strong> im Kontext eines van Gogh<br />

und nicht – sogar im Gegenteil – bei Ghiberti und Raphael<br />

anzusiedeln. Das Maß an Innigkeit (ein gutes Wort für<br />

Englisch: intimacy), das <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> in wirklich jede<br />

seiner Skulpturen legt, ja einpflanzt, steht völlig im Einklang<br />

mit der Einfühlsamkeit mit der er die Installationen<br />

seiner Werke durchführt.<br />

Sei es in einem Museum, sei es in einer Galerie oder noch<br />

berührender in ungezählten historischen Umgebungen ist<br />

der Künstler zutiefst eingebunden, in die Art der Darbietung.<br />

Und wie oben schon zur Entwicklung seiner Plastiken<br />

gesagt, ist es auch hier ein doppelter Ansatz, einerseits<br />

nämlich konzeptuell, andererseits durch physische Präsenz.<br />

Dies vorausgeschickt muss gleichwohl berücksichtigt<br />

werden, dass <strong>Klinge</strong> weder als Installations-, noch als<br />

Interventions-Künstler arbeitet. Eine konkrete Skulptur<br />

kann durchaus an unterschiedlichsten Plätzen im Laufe<br />

der Zeit ausgestellt werden.<br />

Jedoch, gerade unterhalb des Offenkundigen und des äußerlichen<br />

Aspekts der Ästhetik sind die intellektuellen,<br />

psychologischen und emotionalen Auswirkungen einer<br />

bestimmten Skulptur an einem bestimmten Ort zu einer<br />

bestimmten Zeit von außerordentlicher und unterschiedlicher<br />

Bedeutung.<br />

Unter Vorwegnahme einer Auseinandersetzung über <strong>Klinge</strong>s<br />

Skulptureninstallationen im Zusammenspiel mit geschichtlichen<br />

Orten muss festgestellt werden, dass der<br />

course of the last sixty years. On one side of the<br />

spectrum there are those practitioners who work<br />

in concentrated isolation while on the opposite<br />

side of the spectrum there are those that rely on the<br />

skills and talents of a great many. Romantically,<br />

the former calls to mind the turreted industriousness<br />

of Van Gogh while the latter reminds us of the<br />

norms embodied in workshops from Ghiberti to<br />

Raphael, which physically provided for the visual<br />

culture of the Renaissance. Post-modernism<br />

blesses the spectral entirety as valid, normative.<br />

In professional practice alone it would be honest to<br />

see <strong>Klinge</strong> in the context of the Van Gogh scenario<br />

and equally honest to see him in opposition to the<br />

scenario of Ghiberti and Raphael.<br />

The degree of intimacy <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> invests in<br />

each of his sculptures can be seen in harmonious<br />

parallel to the intimacy of his involvement with<br />

installations of his work. Whether in a museum<br />

or commercial gallery, or, more poignantly, in a<br />

myriad of historical environments, the artist is<br />

deeply involved with his installations. As with the<br />

creation of his sculpture reviewed above, such involvement<br />

is both conceptual and physical. This<br />

said, it must be cautioned that <strong>Klinge</strong> does not<br />

operate as an installation artist or a site-specific<br />

sculptor. A given sculpture may be exhibited in a<br />

variety of venues over the course of time. However,<br />

well beyond the straightforward and physical<br />

issues of aesthetics, the intellectual, psychological<br />

and emotional ramifications of a specific sculpture<br />

in a specific place in a given time are of great consequence.<br />

In anticipation of a discussion of <strong>Klinge</strong>’s installations<br />

in historical contexts, it must be noted<br />

that the artist has been highly successful with installations<br />

in traditional museum and gallery environments.<br />

Here too, he has been most involved.<br />

As with the creation of his sculpture, there is a period<br />

of quiet contemplation – he tends to study a<br />

given exhibition space as he studies a given block<br />

of wood or section of tree. Then there is the explosive,<br />

but steadied, activity as he devises the display<br />

15


16<br />

Künstler höchst erfolgreich in herkömmlichen Museumsund<br />

Galerieräumlichkeiten ausgestellt hat. Aber auch hier<br />

war er intensiv eingebunden. Und ebenso, wie bei der<br />

Entwicklung einer Skulptur, gibt es auch dabei einen Zeitraum<br />

des Abwägens und Nachdenkens und er beschäftigt<br />

sich mit den Ausstellungsorten und überprüft sie auf ihre<br />

Eignung, wie einen Holzblock oder einen Teil eines Stammes.<br />

Dann aber, wie in einer Entladung, jedoch ohne Hektik,<br />

entwickelt er die Ausstellung im Geiste und auf Papier.<br />

Schließlich erfolgt die Platzierung der Arbeiten, die kaum<br />

von der Planung abweicht. Fast ohne jegliche Ausnahme<br />

hilft <strong>Klinge</strong> bei der Aufstellung der Skulpturen auch selbst<br />

mit.<br />

Und, wie bei den meisten bedeutenden Künstlern seiner<br />

und der jüngeren Generation hat er den starken Drang,<br />

sich von dem reinen, rechtwinkligen Galerieraum, lange<br />

be-kannt als der “White Cube“ zu entfernen. Für manche<br />

war dies allerdings nur Flucht, für andere aber entwickelten<br />

sich daraus Möglichkeiten, die in einer makellosen,<br />

kubischen Umgebung einfach unerreichbar sind. <strong>Klinge</strong><br />

hat keinerlei Abneigung gegen Ausstellungen in Museen<br />

oder Galerien, und er stellt auch regelmäßig dort aus!<br />

Er war und ist nie realitätsfern, aber Möglichkeiten über<br />

das Normalmaß hinaus, regen ihn stets an. Dies ist für<br />

den Betrachter höchst inspirierend und – besonders bedeutsam<br />

– ein doppelter Gewinn für <strong>Klinge</strong>s Skulpturen<br />

einerseits und andererseits für die Ausstellungsorte, die<br />

sowohl profan als auch religiös geprägt sein können, an<br />

denen er seine Skulpturen in Dialoge treten lässt.<br />

Historisch gesehen begann die Flucht aus dem “White<br />

Cube“ mit dessen vollständiger Assimilation durch eine<br />

Künstlergruppe, nämlich die der Minimalisten. Man muss<br />

nur an die außergewöhnlichen Erscheinungen von Donald<br />

Judds Skulpturen mit ihren auf Hochglanz polierten Oberflächen<br />

denken! Optisch saugen sie den Raum der Galerie<br />

in sich ein, während sie ihn zugleich auflösen. Nahezu zur<br />

gleichen Zeit traten Land-Art-Künstler auf den Plan, die<br />

sich nicht in den Mauern irgendwelcher Gebäude halten<br />

ließen, sondern weite Außenräume wie ihr Atelier oder<br />

ihre Leinwand nutzten. Der Umstand, dass Kunstprojekte<br />

im öffentlichen Raum schier explosionsartig zunahmen,<br />

vor allem in den USA, und Skulpturengärten und –parks,<br />

wie Pilze innerhalb der letzten fünfzig Jahre weltweit aus<br />

dem Boden schossen, führte zwangsläufig zu höchst ungewöhnlichen<br />

Ausstellungsmöglichkeiten.<br />

in his mind and on paper. In time, there will be<br />

the actual installation of the work which will vary<br />

little from his plan. Almost without exception he<br />

is physically engaged in the placement of the work.<br />

However, as with most major artists of his generation<br />

and the generations that follow, there has<br />

been a strong desire to venture beyond the pure,<br />

rectilinear gallery space long since referred to as<br />

the “White Cube.” For many, such a move was an<br />

escape but for others it offered opportunities unavailable<br />

in a pristine, cubic environment. <strong>Klinge</strong><br />

has no dislike for the museum or gallery environment,<br />

and in fact regularly exhibits in such spaces.<br />

Never an escapist, opportunities beyond are stimulating<br />

for him, engaging for the viewer and, most<br />

importantly, highly success for both his sculptures<br />

and the environments, both secular and religious,<br />

in which the sculptures are often displayed.<br />

Historically, the escape from the “White Cube” actually<br />

began with a complete engagement with it,<br />

and by of all artists, the Minimalists. Simply consider<br />

the extraordinary displays of Donald Judd’s<br />

sculptures with highly polished surfaces. Visually,<br />

they drink in the gallery space as the dissolve it.<br />

Nearly simultaneous, were Earth or Land Artists<br />

who could not be contained within the walls of any<br />

structure but required vast expanses of space as<br />

their gallery or canvas. Factor in the explosion of<br />

public art projects, especially in the United States,<br />

and the advent and fecundity of sculpture gardens<br />

and parks across the globe in the last fifty years<br />

and the inevitability of highly inventive installation<br />

opportunities is clear.<br />

On the shoulders of the aforementioned, the art<br />

world has witnessed two related installation phenomena<br />

largely pioneered by artists of <strong>Klinge</strong>’s<br />

generation. Each is a type of intervention. The<br />

first is the type of intervention where the artist<br />

conceptually and physically installs their work<br />

in a space and in relation to the objects or collections<br />

therein. In the strictest sense, this form of<br />

intervention takes place within the collections of<br />

a museum or an historic structure like a church


Die Folgen aus dem soeben Gesagten waren, dass die<br />

Kunstwelt Zeugin von zwei verschwisterten Installationsphänomenen<br />

wurde, die weitgehend von Künstlern aus<br />

<strong>Klinge</strong>s Generation vorbereitet und entwickelt wurden.<br />

Jedes dieser Phänomene ist eine Form von Intervention.<br />

Der erste Typ von Intervention ist der, bei der konzeptuell<br />

und auch real das Werk des Künstlers in einem definierten<br />

Raum in Beziehung zu den Gegenständen, gar einer<br />

Sammlung, die sich dort befindet, tritt. Im engeren Sinne<br />

findet diese Form der Intervention innerhalb von Museumssammlungen<br />

oder einem historischen Gebäude, etwa<br />

einer Kirche oder einem Palast, wie entlang geschichtlicher<br />

Zeitenströme, noch immer statt und vielleicht haben<br />

sie sogar ihren Funktionszusammenhang als Ort der Anbetung<br />

oder eines Adelssitzes entsprechend beibehalten.<br />

Die zweite Interventionsform zeigt Ausstellungen, in<br />

Gebäuden installiert, die wiederum ihre ursprüngliche<br />

Bestimmung nicht verleugnen, deren Innenleben jedoch<br />

Ausstellungszwecken untergeordnet wurde.<br />

Sieht man sich die gegenwärtigen Ausstellungsbemühungen<br />

des chinesischen Künstlers Ai Wei Wei an, so findet<br />

man ein Beispiel für Ersteres im altehrwürdigen Blenheim<br />

Palace, einem der größten und beeindruckendsten<br />

Schlösser Englands. Wenn man sich die weithin bekannte<br />

Ausstellungsreihe in der Englischen Kirche, Bad Homburg,<br />

ansieht, erkennt man viele erfolgreiche Bespiele für<br />

das Zweite, mit Künstlern von Magdalena Abakanowicz<br />

bis hin zu David Nash.<br />

Meisterhaft hat nun <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> beide Interventionsmöglichkeiten<br />

genutzt. Beispielsweise zeigte er Ausstellungen,<br />

ob klein, ob groß, in Bauwerken des religiösen<br />

Glaubens, wie Kirchen, Kapellen und Klöstern. Manche<br />

werden noch als Orte der Anbetung oder des Gedenkens<br />

genutzt, während andere ohne ihre ursprüngliche Bestimmung,<br />

vielleicht sogar entweiht, dennoch den Charakter<br />

und Geist ihres früheren Lebens atmen. <strong>Klinge</strong> hat<br />

ebenso erfolgreich sogar in Gesindehäusern von denkmalgeschützten<br />

Anwesen ausgestellt! Wenn sich auch<br />

solche Orte in ihrer ästhetischen Qualität, ihrer Funktion<br />

und Geschichte unterscheiden mögen, so entsteht doch<br />

stets ein Erleben eines feinen Gleichklangs aufgrund der<br />

höchst persönlichen Eingebundenheit und Verbundenheit<br />

<strong>Klinge</strong>s mit dem Konzept der Ausstellung.Und da ist diese<br />

fortwährende Ehrfurcht und der Respekt vor der Umge-<br />

or palace still maintained along historical guidelines<br />

and perhaps still functioning as place of worship<br />

or residence, respectively. The second form<br />

of intervention witnesses exhibitions installed in<br />

structures that maintain the physical appearance<br />

of a former function, but whose interior spaces<br />

have been repurposed for display. Looking at current<br />

exhibition endeavors of the Chinese artist Ai<br />

Weiwei, one can find an example of the former at<br />

the revered Blenheim Palace. Examining a well<br />

known series of exhibitions in the English Church<br />

in Bad Homburg, Germany, one witnesses a successful<br />

series of the latter with artists ranging<br />

from Magdalena Abakanowicz to David Nash.<br />

Masterfully, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> has participated in<br />

both forms of intervention. For example, he has<br />

been the subject of exhibitions, large and small,<br />

in religious structures like churches, chapels and<br />

monasteries. Some still function as places of worship<br />

and remembrance while others, now defunct,<br />

even deconsecrated, maintain the structure and<br />

shadows of their previous life. <strong>Klinge</strong> has also<br />

successfully exhibited in the domestic quarters of<br />

historic homes. Although such venues differ in<br />

terms of aesthetics function and history, there is<br />

integrity of experience that results from <strong>Klinge</strong>’s<br />

highly personal involvement in the installation<br />

plan. There is an abiding reverence and respect<br />

for the environment in which his works are shown<br />

and a great sensitivity to the role the structure has<br />

played in the lives of individuals throughout time.<br />

For the writer, it has become abundantly clear that<br />

such reverence and respect comes from the artist’s<br />

broader and authentic connection to history and<br />

the history of art. Although very much of his own<br />

time and place, <strong>Klinge</strong> is deeply interested in historical<br />

objects from a diverse array of global traditions.<br />

From Egyptian statuary to medieval manuscripts,<br />

Oceanic sculptures to those of Giacometti,<br />

Renaissance carvings to Persian tapestries, he<br />

is engaged with the quality of the object and the<br />

role it has played in the lives of others before and<br />

around him. Far from casual, let alone superficial,<br />

his intense engagement covers form and function,<br />

provenance and iconography. Just as he is deeply<br />

17


ung in der seine Werke gezeigt werden, gepaart mit hoher<br />

Empfindsamkeit gegenüber der Rolle des Gebäudes, die<br />

es im Leben von Menschen durch die Zeitenläufte spielte.<br />

Für den Schreiber dieser Zeilen wurde es mehr als deutlich,<br />

dass diese Ehrfurcht und diese Achtung des Künstlers<br />

von seiner umfassenden und tiefen Kenntnis der<br />

Geschichte im Allgemeinen und der Geschichte der Kunst<br />

im Besonderen herrührt. Obwohl <strong>Klinge</strong> ganz im Hier und<br />

Jetzt lebt, ist er doch höchst interessiert an antiken Objekten<br />

verschiedenster Weltkulturen. Von ägyptischen Statuen<br />

zu mittelalterlichen Handschriften, von ozeanischen<br />

involved and intellectually engaged with his own<br />

work, it can also be said that this is true of his<br />

involvement and engagement with the objects and<br />

artifacts that capture his attention and hold it.<br />

In this way he represents a rarefied tradition of<br />

artist as connoisseur, maker as scholar.<br />

In surveying those exhibitions as interventions<br />

several trends emerge. Among the most disturbing<br />

are those wherein the artist or curator<br />

attempts to conquer the space and, by extension<br />

18<br />

Skulpturen zu denen von Giacometti, von Schnitzwerken<br />

der Renaissance zu persischen Tapisserien vertieft er<br />

sich in die Beschaffenheit dieser Objekte und die Rolle,<br />

die sie im Leben anderer Menschen spielten, bevor sie<br />

zu ihm gelangten. Weit entfernt von jeder Beiläufigkeit<br />

oder ganz zu schweigen gar von Oberflächlichkeit tritt er<br />

zu den Objekten in eine intensive Beziehung, die Form<br />

und Funktion, Herkunft und Ikonographie umfasst.Ebenso<br />

wie er sein eigenes Werk in der Tiefe ernst nimmt und<br />

gedanklich durchdringt, kann man dies auch von seiner<br />

conquer history. The contemporary often wins out<br />

over the historical, but the spirit of the environment<br />

dissipates or, worse, becomes a slave simply<br />

holding a mirror of adornment to a temporary interloper.<br />

Then there are those interventions wherein<br />

the artist or curator fails to understand a space,<br />

its architecture and history. It is an unfortunate<br />

and vast valley of missed opportunity. It would be<br />

easy and sophomoric to ascribe this to ignorance,<br />

but it may be that it is less about an intellectual


Beziehung und der Verpflichtung gegenüber den Dingen und<br />

Kunstwerken sagen, die seine Aufmerksamkeit erregt haben<br />

und auch behalten. In dieser Weise repräsentiert er die selten<br />

gewordene Tradition des Künstlers als Connaisseur und des<br />

Schöpfers als Gelehrten.<br />

Betrachtet man solche Ausstellungen als Interventionen, so<br />

werden einige Tendenzen sichtbar. Unter den verwirrendsten<br />

sind diese, bei denen Künstler oder Kuratoren versuchen<br />

den Raum zu übertrumpfen oder als Erweiterung gar die Geschichte<br />

selbst! Das Zeitgenössische gewinnt häufig gegenüber<br />

dem Historischen und der Geist des Ortes entschwindet,<br />

oder schlimmer noch, wird zum Sklaven, der dem zeitgenössischen<br />

Eindringling lediglich den Spiegel der Bewunderung<br />

zu präsentieren hat. Dann wieder gibt es jene Interventionen,<br />

bei denen Künstler oder Kurator den Raum, seine Architektur,<br />

seine Geschichte missverstanden haben.<br />

Das ist ein unglücksseliges und gewaltiges Feld von verpassten<br />

Gelegenheiten. Es wäre zu einfach, fast ein wenig hochnäsig,<br />

zu behaupten, dass dies Ahnungslosigkeit zuzuschreiben<br />

sei, aber es kann durchaus so sein, dass dies weniger einer<br />

lediglich intellektuellen Verbindung zu einem bestimmten Ort<br />

geschuldet ist, als vielmehr einem Fehlen von Sensibilität für<br />

den Geist und die Ausstrahlung eines Ortes. Am Lohnendsten<br />

aber sind die Ausstellungen als Intervention, bei denen<br />

Künstler oder Kurator erfolgreich die Geschichte und Überlieferungen<br />

eines Ortes erkennen und anerkennen! So entsteht<br />

ein erster, aber ebenso dauerhafter Eindruck, der bestätigt,<br />

dass das Beziehungsgeflecht zwischen den ausgestellten<br />

Werken und der Besonderheit des jeweiligen Ortes glaubwürdig<br />

ist. All das ist im Überfluss vorhanden, man besuche nur<br />

Venedig als Ausstellungsort bei der Biennale.<br />

Das nun ist das dritte und letzte Genre, dem sich <strong>Klinge</strong> in<br />

bewundernswerter Art und Weise verschrieben hat. Seine<br />

oben bereits dargestellte Verbindung mit seinem Werk und<br />

seinen Ausstellungen läuft parallel zu seinem intensiven und<br />

respektvollen Umgang mit den Orten, an denen sein Werk gezeigt<br />

wird. Für ihn ist die Vorstellung, sich einen Raum zu unterwerfen<br />

und dessen Geschichte zu unterdrücken in krassem<br />

Gegensatz zu seiner eigenen Haltung.<br />

Das gilt ebenso für das Unterlassen einer Analyse, wie des<br />

Verstehens eines Ortes. Mehr als Bewusstsein von Geschichte<br />

und Überlieferung ist jedoch seine eigene Offenheit notwendig,<br />

das alles zu fühlen. Freilich, das Ego des Künstlers,<br />

connection to place and more a lack of sensitivity<br />

to the spirit of the place. Finally, and most rewarding,<br />

are those exhibitions as interventions when<br />

the artist or curators is successful in honoring the<br />

history and traditions of the given venue. Herein,<br />

there is an immediate and lasting impression that<br />

the relationship between the works on display and<br />

the significance of location of the display is authentic.<br />

Each of the aforementioned is available<br />

in abundance – simply journey the city as campus<br />

of the Venice Biennale.<br />

It is the third and final genre to which <strong>Dietrich</strong><br />

<strong>Klinge</strong> admirably subscribes. The previously discussed<br />

engagement with his work and his installations<br />

runs parallel to his intense and respectful<br />

engagement with the venues in which his work is<br />

shown. For him, the notion of subduing a space<br />

and conquering history is antithetical to his very<br />

being. Failure to examine and understand is as<br />

well. More than awareness of history and tradition,<br />

<strong>Klinge</strong> opens himself to feel it. Certainly the<br />

ego of artist, of creator, stirs within him, but so<br />

too there is a humility and compassion for those<br />

that have gone before us and the objects and places<br />

that they have left for us.<br />

Although it has never been discussed, one surely<br />

doubts that the definition of success for this artist<br />

has anything to do with commercial success or<br />

market viability. He has certainly benefited from<br />

this but his life’s work is something more. Nor does<br />

it seems that he is concerned, let alone obsessed,<br />

with his position in the history of art, although<br />

this seems secured by virtue of his acquisition<br />

and exhibition record. Rather <strong>Klinge</strong> seems to be<br />

concerned with creating and exhibiting work that<br />

resonates within the mind and soul of the viewer.<br />

His intimate involvement with the creation of his<br />

work is, in part, an extension of self as participant<br />

in the continuum of the human experience. His<br />

intimate involvement with the installation of his<br />

work furthers this very fundamental principle.<br />

19


des Schöpfers ist stark in ihm, aber zugleich ein Mitfühlen<br />

und Mitleiden für jene, die vor uns gegangen sind und auch<br />

für die Dinge und Orte, die sie für uns hinterlassen haben.<br />

Obwohl es noch nie ausformuliert wurde, hat zweifelsfrei<br />

für diesen Künstler Erfolg, nichts aber auch gar nichts mit<br />

kommerziellem Erfolg oder Marktgängigkeit zu tun. Freilich<br />

hat er dadurch auch wirtschaftliche Vorteile, aber sein<br />

Lebenswerk bedeutet weit mehr. Und es scheint auch nicht<br />

so, dass er sich Gedanken über seinen Platz in der Kunstgeschichte<br />

macht, oder gar davon besessen ist, einen solchen<br />

zu ergattern. Obwohl, das muss gesagt werden, dieser Platz<br />

20<br />

gesichert erscheint, angesichts der langen Liste von Ankäufen<br />

und Ausstellungen seiner Werke. <strong>Klinge</strong> ist vielmehr damit beschäftigt,<br />

Kunst zu schaffen und auszustellen, die Resonanz<br />

in Geist und Seele des Betrachters auslöst. Sein Einswerden<br />

mit dem geschaffenen Werk ist wie eine Persönlichkeitserweiterung<br />

im Rahmen menschlichen Lebens und Erlebens. Und<br />

dieses Einswerden mit den Prinzipien seiner Ausstellungen<br />

verstärkt diesen, seinen grundlegenden gedanklichen Ansatz<br />

außerordentlich!


Walter Schweidler<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> und die Philosphie des Ortes<br />

Die folgenden Gedanken zur Philosophie des Ortes verdanken sich der Einladung, mit dem<br />

Werk von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> in einen philosophischen Dialog zu treten, und sie sind natürlich<br />

der einzige wirkliche Dank, den ich ihm für diese Einladung abstatten kann und darf. Sie<br />

sind gewissermaßen ein philosophischer Besuch in seinem Haus der Kunst. Philosophie<br />

ist auf solche Gelegenheiten des Besuchs an Orten, an denen Erkenntnis wohnt, zutiefst<br />

angewiesen. Denn sie ist ja, wie der Name sagt, Liebe zur Weisheit. Sie verkündet also nicht<br />

Weisheit, sondern sucht sie, fügt sich ihr und gibt sie weiter, so gut sie kann. Sie ist Antwort<br />

auf einen Anspruch, nicht Entdeckung einer Formel. Nie und nimmer könnte sie eine Frage<br />

stellen nach der Art: „Was will uns der Künstler mit seinem Werk sagen?“ Wenn es eine Formel<br />

gäbe, aus der sich die „Botschaft“ eines Kunstwerks entschlüsseln ließe, dann hätte<br />

der Künstler statt seinem Werk diese Formel geben und das Werk bleiben lassen können.<br />

Und dann wäre er eben kein Künstler. Wenn also hier im Dialog mit seinem Werk etwas Philosophisches<br />

zu sagen ist, dann verdankt es sich ihm, diesem Werk, auf eine durch nichts<br />

ersetzbare Weise.<br />

1<br />

Vgl. dazu Hermann Ulrich Asemissen, Las<br />

Meninas von Diego Velázquez. Kasseler Hefte<br />

für Kunstgeschichte und Kunstpädagogik 11,<br />

Kassel: Gesamthochschule Kassel 1981; Walter<br />

Schweidler: Time and Trace: The Mirror of Time,<br />

Kronoscope 14 (2014), 150-162.<br />

Nun hat aber ja auch der Einladende einen Grund, dem Besucher sein Haus zu öffnen. Und<br />

aus derselben Überlegung wie der gerade angestellten ergibt sich, dass auch dieser Grund<br />

nicht in irgend einer Botschaft bestehen kann, die er dem Besucher durch sein Werk „vermitteln“<br />

will, sondern allein in ihm, dem Werk selbst. Also braucht es, eben als solches,<br />

den Besucher. Und das heißt natürlich nicht, dass es ihn als Bewunderer oder Kunstkonsumenten<br />

braucht, sondern als den, der seinen Anspruch vernimmt. Der erste, der seinen<br />

Anspruch vernommen haben muß, damit es entstehen konnte, ist aber ja der gewesen, der<br />

es als Werk erst geschaffen hat. So ist es also gar nicht eigentlich der Künstler, der dem<br />

Besucher die Tür zu seinem Haus öffnet, sondern es ist dasjenige an seinem Werk, was ihn,<br />

den Künstler selbst zu sich gerufen und gewissermaßen zu seinem ersten Besucher gemacht<br />

hat. Dieses merkwürdige Geschehen, das sich zwischen Künstler und Werk zugleich schon<br />

ereignet haben muß, um sich zwischen Werk und Betrachter noch einmal genau so wie beim<br />

ersten Mal wieder-holen zu können, ist es ja, was Velázquez auf schlechthin geniale Weise<br />

in seinen Meninas, den „Hoffräulein“, als den Raum dargestellt hat, in den der Betrachter<br />

genau an der Stelle eintritt, an der, freilich durch einen unsichtbaren, die ganze Szenerie in<br />

sich spiegelnden Spiegel verborgen, der Maler selbst im Augenblick der Verfertigung des<br />

Bildes steht und auf sich und sein Malen blickt. 1 Das Spiel der Verschiebung des Übergangs<br />

zwischen Werk, Künstler und Betrachter erweist sich hier als die anschaulichste Weise, in<br />

der sich ein Bild des Unendlichen im Endlichen räumlich so wiedergeben läßt, dass die Zeit<br />

seiner Verfertigung in die seiner Betrachtung übergeht.<br />

21


Raum, Zeit und Ort<br />

22<br />

Diese Ausgangsbemerkungen waren notwendig, um die Eigentümlichkeit und auch die<br />

Radikalität kennzeichnen zu können, mit der wir heute von einer „Philosophie des Ortes“<br />

sprechen. 2 Damit ist etwas anderes und viel mehr gemeint als das, was man seit<br />

jeher mit dem klassischen Topos des genius loci verbunden hat. 3 Es geht nicht darum,<br />

dass bestimmte Orte für einen Sinn, eine Bedeutung oder eine Anziehungskraft stehen,<br />

die sie gegenüber anderen Orten unverwechselbar und faszinierend macht. Es geht auch<br />

hier wieder nicht um irgend eine „Botschaft“, die sich an einem bestimmten Ort aus historischen<br />

oder sonstigen Gründen finden ließe und durch Philosophie oder auch durch<br />

Kunst an ihre potentiellen Empfänger zu vermitteln wäre. Sondern es geht um die Bedeutung,<br />

die wir für unser ganzes menschliches Dasein dem entnehmen können, was den<br />

Ort überhaupt ausmacht; also nicht um irgend einen bestimmten Ort, nicht um das, was<br />

dieser oder jener Ort an sich hat oder was es mit ihm auf sich hat, sondern um das, was<br />

das Wort „Ort“ überhaupt bedeutet, es geht um das Sein des Ortes. Wer so spricht, fährt<br />

natürlich schweres philosophisches Geschütz auf und erweckt den Verdacht, auf etwas<br />

sehr Abstraktes hinauszuwollen, das gerade dem konkreten, anschaulichen Anspruch des<br />

Kunstwerks entgegen gerichtet sein müsse. Und in der Gefahr solcher abgehobenen Abstraktheit<br />

steht die Philosophie ja durchaus und immer wieder. Es gibt aber gegen diese<br />

Gefahr kein besseres Abwehrmittel, als mit einem künstlerischen Werk in Dialog zu treten,<br />

dem gerade der Anspruch innewohnt, Antwort auf den Ort zu sein, an dem es ihn erhebt.<br />

Das eben tut, wenn und soweit mein bescheidenes Maß an Verständnis von ihm richtig ist,<br />

das Werk von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>.<br />

Den entscheidenden Punkt hat mit Blick auf den Ort der hier dokumentierten Ausstellung,<br />

also auf die Stadt Ansbach, Alfred Meyerhuber in seinem Vorwort zu diesem Band ganz<br />

klar markiert: „Die Stadt hat Skulpturen gezeigt. Das war gut und in Ordnung. Jetzt aber<br />

werden der Stadt Skulpturen gezeigt!“ Und dies wiederum nicht, um die Stadt über irgend<br />

etwas zu belehren, sondern im Gegenteil: um den Anspruch, der aus den Orten spricht, an<br />

die sich die Werke stellen, in ihnen, in ihrer Antwort auf ihn selbst zum Sprechen zu bringen.<br />

Das ist der eigentlich philosophische Schritt im Weg der hier versammelten Kunst,<br />

der eine weitere Schritt, mit dem nun auch noch das Werk nicht nur seinen Besucher einlädt,<br />

sondern sich selbst noch einmal als den Besucher dessen darstellt, zu dem es hier<br />

gekommen ist: seines Ortes. Dieser wird damit nun selbst noch in das Spiel einbezogen,<br />

als das sich das Werk, sein Betrachter und der, der ihn durch es betrachtet, in einander<br />

verschieben.<br />

So bekommt hier der Ort, an den es tritt und an den es führt, eine für das Kunstwerk konstitutive<br />

Bedeutung. Das ist ein Topos originär philosophischer Kunst, wie er etwa als die<br />

„geborgte Landschaft“ im japanischen Garten, unüberboten im Shugakuin-Tempel in Kyoto,<br />

Berühmtheit erlangt hat. Man wird durch den Garten an den Ort geführt, an dem der Blick in<br />

die ihn umgebende, also zu ihm als Kunstwerk gerade nicht gehörende Naturlandschaft, die<br />

Szenerie erst vervollständigt, die durch die zu ihm gestaltete Kunstlandschaft gebildet werden<br />

sollte. Und auch diese klassische Wechselbestimmung von Ort und Kunst hat schon eine<br />

2<br />

Vgl. dazu den aus dem gleichnamigen Eichstätter<br />

Graduiertenkolleg hervorgegangenen<br />

Band von Annika Schlitte/Joost van Loon/<br />

Thomas Hünefeldt/Daniel Romic (Hrsg.): Philosophie<br />

des Ortes. Reflexionen zum Satial<br />

Turn in den Sozial- und Kulturwissenschaften,<br />

Bielefeld 2014.<br />

3<br />

Obwohl auch dieser alte Begriff heute, insbesondere<br />

in der Architekturphilosophie, in neuer<br />

Aktualität gebraucht und weiterentwickelt<br />

wird; vgl. dazu Tomás Valena: Beziehungen.<br />

Über den Ortsbezug in der Architektur, Aachen/Berlin<br />

1994, insbes. Kapitel 5, 75 ff.


lange Geschichte, die ihr vorausging. In der klassischen chinesischen Maltheorie des shan<br />

shui, der „Berg-und-Wasser-Malerei“, stehen Berg und Wasser, auf die der Blick des Malers<br />

den des Betrachters via Szenerie lenkt, für das „Angesprochensein von einem Ort, an dem<br />

der Mensch sich ‚immer wieder und für eine geraume Weile bewegt hat’“ und zu dem er in einer<br />

„’verliebten Beziehung’“ steht. 4 Sie führen zu dem Ort, an dem einer dasjenige, wofür er<br />

sein Leben gibt und gegeben hat, noch einmal als von diesem Leben zugleich Umfasstes und<br />

Befreites aus ihm hervorgehen sehen kann. Diese Befreiung aber ist gerade, was er zuletzt<br />

und zutiefst über den Sinn seines Lehrens zu lehren hat. Sie ist eine paradigmatische Befreiung<br />

von ihm, von sich selbst, weshalb auch das Selbstverständnis des Berg-Wasser-Malers,<br />

hierin vergleichbar der ikonischen Kunst 5 , jedenfalls theoretisch darauf gerichtet ist, die<br />

persönliche Eigenheit und stilistische Signatur seiner Individualität im Übergang der Welt<br />

ins Bild untergehen zu lassen. „Auf dem Gipfel der malereitheoretischen Spekulation wird<br />

das gemalte Bild demzufolge nicht mehr als menschliche Herstellung, als Artefakt gedacht;<br />

es soll wie ein ‚von selbst hervorgehender’…Ausfluss einer Bewegung entstehen, in der - im<br />

Idealfall - der Pinselzug des Menschen mit der unerschöpflichen Bewegtheit des Wirklichen<br />

zu einer lebendigen Einheit verschmolzen ist.“ 6 Insofern das Werk der Weg ist, auf dem der<br />

Künstler den Betrachter an den Ort versetzt, an dem er durch es sich selbst zum Betrachteten<br />

wird, ist die Kunst, die in ihm sich darstellt, wesentlich die Kunst, den rechten Ort zu finden<br />

und zu weisen. Der rechte Ort aber ist wiederum ein originäres, wenn nicht das entscheidende<br />

Thema dessen, was wir heute die Philosophie des Ortes nennen.<br />

4<br />

So im klassischen Traktat der „Vorrede zum<br />

Malen von Berg und Wasser“ des Zong Bing<br />

aus dem fünften Jahrhundert, übersetzt von<br />

Mathias Obert: Welt als Bild. Die theoretische<br />

Grundlegung der Berg-Wasser-Malerei zwischen<br />

dem 5. und dem 12. Jahrhundert, Freiburg<br />

i.Br./München 2007, 219.<br />

5<br />

Vgl. hierzu Abraham Karl Selig: Das Weltbild<br />

der Ikone oder die Ikone als Bild zur Welt, in:<br />

Walter Schweidler (Hrsg.): Weltbild-Bildwelt,<br />

Sankt Augustin 2007, 165-190.<br />

6<br />

Mathias Obert: Einige Thesen zum Bildverständnis<br />

im vormodernen China, in: Walter<br />

Schweidler (Hrsg.): Weltbild-Bildwelt, Sankt<br />

Augustin 2007, 193 - 219, 205.<br />

7<br />

Vgl. vor allem Edward Casey: Getting Back<br />

into Place. Toward a Renewed Understanding<br />

of the Place-World, Indiana University Press<br />

2009; The Fate of Place, Indiana University<br />

Press 2007.<br />

Denn an dieser Stelle stoßen wir auf das Hauptmotiv, das den Ort in der gegenwärtigen Philosophie<br />

zu so einem wesentlichen Thema gemacht hat, nämlich seine Differenz zum Raum.<br />

Der heute wichtigste Theoretiker der Philosophie des Ortes, der New Yorker Phänomenologe<br />

Edward Casey, hat die gesamte Philosophiegeschichte zurückverfolgt, um die alte und<br />

fundamentale Unterscheidung zwischen Raum und Ort wiederzugewinnen, die durch das<br />

Weltbild der neuzeitlichen Naturwissenschaft über Jahrhunderte hinweg fast zum Verschwinden<br />

gebracht wurde. 7 Für die Physik eines Descartes, Galilei oder Newton blieb im Horizont<br />

des absoluten, alle Dinge und Ereignisse des Universums gleichförmig umschließenden und<br />

homogenen Raumes für die Kategorie des Ortes kein Platz mehr. Ein Ding physikalisch zu<br />

lokalisieren heißt im Kontext dieser Theorien, ihm seine abstrakten Raumkoordinaten zuzuweisen<br />

und es so in die kontinuierlichen Ursache-Wirkungsketten einzuordnen, aus denen<br />

sich das gesamte Naturgeschehen erklärt. Der unendlich teilbare, in sich homogene Raum<br />

ist bis heute das theoretische Grundelement nicht nur der Physik, sondern im Kern aller<br />

Naturwissenschaften geblieben, denn er ist es ja, der die Anwendung der Mathematik und<br />

insbesondere der Infinitesimalrechnung auf die Naturvorgänge trägt und begründet. Der Ort,<br />

den etwas innerhalb dieses unendlichen Raums einnimmt, ist demgegenüber nebensächlich.<br />

Der Ort ist eine Funktion der Bewegung, eine abhängige Größe des Kräftespiels, in dem<br />

die Körper im Raum sich zueinander verhalten.<br />

Aber dieses Bild von der Natur ist sehr einseitig; schon die organische Natur ist offensichtlich<br />

mehr und anderes. Die Pflanze, die durch eine höhere in den Schatten gestellt wird,<br />

sucht sich einen Ersatzweg zu ihrem „Platz an der Sonne“, der Hund verteidigt „sein“ Revier,<br />

die Zugvögel „kehren“ an ihre Brutstätten zurück; all das ist mit rein räumlichen Kategorien<br />

nicht zu fassen, die Bewegung leitet sich von einem Ort ab und nicht umgekehrt. Und vollends<br />

der Mensch ist durch kaum etwas umfassender und schicksalhafter bewegt als durch<br />

23


den Ort, den er verläßt oder sucht, verteidigt oder erobert, findet oder verliert. Odyssee und<br />

Exodus, Aufbruch ins Gelobte Land und Flucht aus dem brennenden Troja, Auswanderung<br />

in die Neue Welt und Vertreibung aus der alten Heimat: als endliche und leibliche<br />

Wesen definiert der Ort, der uns durch unser Leben gewiesen ist, unsere kollektive<br />

und individuelle Identität, unser kulturelles und persönliches Gedächtnis, unsere<br />

irdischen und transzendenten Ziele.<br />

24<br />

In alledem zeigt sich der Ort als eine gegenüber dem Raum ganz eigenständige, physikalisch<br />

freilich niemals von ihm ablösbare Größe. Beides ist miteinander vereinigt<br />

wie die zwei untrennbaren und zugleich unverschmelzbaren Seiten eines Blattes, und<br />

beides ist daher voneinander unterscheidbar nur in bezug auf eine andere, nämlich<br />

die eine ausschlaggebende Dimension, durch die leibliche und endliche Wesen konstituiert<br />

sind: die Zeit. Es sind zeitbezogene Überlegungen, die uns darüber belehren,<br />

dass die Wirklichkeit, die uns als Lebewesen ausmacht, nicht von der Art des<br />

unendlich und kontinuierlich ineinander gestuften und in sich teilbaren Raumes sein<br />

kann. So das uralte Gedankenexperiment des Bewegungsskeptikers Zenon von Elea:<br />

Gibt man einer Schildkröte in ihrem Wettlauf mit Achilles, dem schnellsten Läufer der<br />

Antike, einen Vorsprung, so kann er sie niemals einholen, denn bis er den Vorsprung<br />

eingeholt hat, hat sie ja schon wieder einen kleinen weiteren Vorsprung herausgelaufen<br />

usf. ad infinitum. Aber ins Unendliche geht unsere endliche Wirklichkeit eben<br />

nicht, und deshalb vollzieht sich Bewegung immer an einem Ort und nicht nur im unendlich<br />

teilbaren Raum. Es gibt offensichtlich den Ort, an dem Achilles den Vorsprung<br />

der Schildkröte, der sich, wenn der Raum nichts anderes als ein unendlich teilbares<br />

Kontinuum wäre, mit jedem von ihm aufgeholten Raumsegment um ein noch so winzig<br />

kleines weiteres Stückchen verschieben müßte, ein- und sie überholt. Und nur durch<br />

seinen Ort ist ein Lebewesen es selbst und nicht bloß Phase eines unendlich durch<br />

es hindurch fließenden Lebensstroms. Es gibt einen Ort, an dem aus zwei Lebewesen<br />

ein drittes hervorgeht, das nicht einfach deren Bewegung im Raum fortsetzt, sondern<br />

irgendwann an ihre Stelle tritt. Hier wurzelt der schon von Aristoteles im Zentrum des<br />

physikalischen Denkens verankerte Unterschied zwischen Bewegung einerseits und<br />

Entstehen und Vergehen andererseits. Es gibt jenen ortsgebundenen Anfang eines<br />

Lebewesens, den wir Zeugung und jenes Ende, das wir Tod nennen, auch wenn die<br />

kontinuierliche Ursache-Wirkungskette sich durch die Leiber seiner Eltern hindurch<br />

in den aus ihnen hervorgehenden Zellhaufen und schließlich in den zerfallenden Kadaver<br />

hinein nahtlos fortsetzt. Umgrenzter Ort und endliche Lebenszeit bedingen einander<br />

gegenseitig.<br />

Letztlich ist die Differenz von Raum und Ort daher nur im Blick auf die Zeit zu verstehen,<br />

die ja auch gewissermaßen ein Blatt mit zwei untrennbaren und doch unverschmelzbaren<br />

Seiten ist. Zum einen ist die Zeit eine potentiell unendliche Folge von<br />

Momenten, von denen der jetzige nur einer ist; in diesem Sinne entspricht sie dem<br />

unendlichen Raum. Aber zum anderen ist die Zeit eine Trias von Gegenwart, Vergangenheit<br />

und Zukunft, die gleichbedeutend ist mit der Dialektik von Sein und Nichtsein.<br />

Denn den gegenwärtigen Augenblick erleben wir nicht nur als Abschnitt einer<br />

homogenen Zeitreihe, sondern als die Fülle all dessen, was überhaupt ist, im Gegensatz<br />

zum Vergangenen, das nicht mehr und zum Künftigen, das noch nicht ist. Gerade


als solches sich organisch aus sich in sich selbst fortpflanzendes „ewiges Nun“ ist<br />

er uns aber nicht als unendlicher, sondern als endlicher, weil vergehender bewußt,<br />

innerhalb dessen alles seinen Ort nur in Abgrenzung gegen alles andere hat und sich<br />

sonst mit allem im Unendlichen verlöre. Wir erleben den Augenblick im Bewußtsein<br />

der schmerzlichen Notwendigkeit, dass er bleibend vergeht; wir erleben ihn als das<br />

Urparadox der „Flüchtigkeit des Ewigen“. 8 Mit diesem Erlebnis der Grenze, die dem<br />

Zeitlichen seinen Ort gibt, stoßen wir erst auf das eigentliche Verbindungsprinzip von<br />

Kunst und Philosophie des Ortes.<br />

Ortsgeschehen<br />

St. Gumbertus, Gordian V<br />

8<br />

Vgl. Alfred Meyerhuber zum „Moment I“ auf<br />

dem Heilig-Kreuz-Friedhof.<br />

9<br />

Oder wie auf dem Höhepunkt der klassischen<br />

deutschen Philosophie und Dichtung<br />

in Goethes herrlichen Novellen „Die neue<br />

Melusine“ und „Wer ist der Verräter?“ in Wilhelm<br />

Meisters Wanderjahren und in Fichtes<br />

Begriff des lebendigen Ich als einer Aktivität,<br />

der „ein Auge eingesetzt ist“ – und nicht<br />

etwa „wird“; vgl. zu letzterem Dieter Henrich:<br />

Fichtes ursprüngliche Einsicht, Frankfurt am<br />

Main 1967, 26: „Diese Nuance verschärft den<br />

Sinn seiner neuen Formel. Sie betont, daß die<br />

Tätigkeit immer nur zusammen mit dem Auge<br />

gefunden werden kann: Wird das Auge eingesetzt,<br />

so geht die Tätigkeit voraus, ehe sie das<br />

Auge erhält. Ist das Auge eingesetzt, so sind<br />

Auge und Tätigkeit zusammen eines Wesens.<br />

Das Auge verhält sich zum Tun nicht wie ein<br />

Schmuck zum Körper, sondern wie das Herz<br />

zum Leben.“ Zum Zusammenhang mit Goethes<br />

Symbolbegriff vgl. meine Einleitung zu Walter<br />

Schweidler (Hrsg.): Zeichen – Person – Gabe.<br />

Metonymie als philosophisches Prinzip, Freiburg/München<br />

2014, 9-50.<br />

10<br />

Vgl. Paul Ricoeur: Zeit und Erzählung, Band<br />

II: Zeit und literarische Erzählung, 2. Aufl. München<br />

2007.<br />

11<br />

Ebd. 129 ff.<br />

Die kürzeste Formel von Edward Casey für das, was den Ort vom Raum unterscheidet, ist:<br />

place happens! Der Ort, den endliche und insbesondere leibliche Wesen im Ganzen des<br />

raumzeitlich sich ausdehnenden Universums einnehmen, ist immer einer, an dem anderes<br />

an ihre Stelle treten wird – und durch die vergehende Zeit schon an sie zu treten im<br />

Begriff ist. Zum Ort gehört also notwendig ein Geschehen; aber er ist nicht dieses Geschehen,<br />

sondern er umgibt es als dessen Grenze. Er ist eben doch etwas Räumliches, so daß<br />

die Kunst darin besteht, ihn als das, was das zu ihm notwendig gehörende Geschehen<br />

umgibt, zugleich innerhalb dieses Geschehens einzugrenzen – ganz wie die „geborgte<br />

Landschaft“ innerhalb des Gartens als sich in seine Szenerie einfügendes (Augen-) Blicksbild.<br />

9 Die Frage, mit welcher die Kunst selbst nun den Schritt zur Philosophie des Ortes<br />

zu tun veranlaßt wird, ist die Frage: Kann er, der Ort, als eben dieses, also als die es umgebende<br />

Grenze eines zugleich doch gerade durch sie sichtbar werdenden Geschehens,<br />

mit künstlerischen Mitteln dargestellt werden? Oder kürzer, wenn vielleicht auch etwas<br />

verkürzt, gefragt: Kann ein Kunstwerk seinen Ort sichtbar machen? Nicht welche, aber<br />

dass <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s Werk eine Antwort auf diese Frage gibt, kann man aus der Natur<br />

seines Schaffens ersehen.<br />

Es bedarf dazu nur eines kurzen Blicks auf die entsprechende Problematik im Feld der Zeit.<br />

Was Thomas Mann mit seiner Charakterisierung des Zauberbergs als eines „Zeitromans“<br />

reklamierte, hat in intensiver Auseinandersetzung mit der Literaturtheorie Paul Ricoeur<br />

philosophisch expliziert, nämlich dass es wesentlich die Erzählung ist, mit der die Zeit<br />

künstlerisch zur Sprache gebracht werden kann. 10 Der Erzähler macht als seine Stimme<br />

dem Leser hörbar, was an dem, wovon er ihm erzählt, diesem Leser etwas über ihn selbst<br />

sagt; in dem, was ihm die Erzählung über das Erzählte sagt, muß sich dem Leser erschließen,<br />

was sie ihm über ihn zu sagen hat und er es sich von ihr über sich sagen läßt. In der<br />

ihm äußeren „erzählten Zeit“ findet er in sein eigenes Inneres vernehmbar gemacht, zu<br />

dem wiederum als kleiner, von allem anderen umgrenzter Teil die „Erzählzeit“ gehört,<br />

innerhalb derer er es, wenn er die Erzählung liest, vernimmt. 11<br />

Was ist das Pendant zu dieser Grenze, über die hinweg als erzählte Zeit und Erzählzeit das<br />

Innere eines Lebens sich von sich selbst umgrenzt sieht, auf der Ebene des Raumes? Bis in<br />

die klassische Antike zurück geht die Antwort: die Skulptur. Es ist der berühmte Bildhauer<br />

Polyklet gewesen, dem, wie man es noch bei Plinius resümiert findet, die antike Kunstthe-<br />

25


26


orie die Leistung zugeschrieben hat, dass er derjenige gewesen sei, der als erster die Kunst<br />

selbst durch ein Werk der Kunst dargestellt habe. 12 Er selbst hat auf der Grundlage seines<br />

plastischen Werks den „Kanon“, die erste kunsttheoretische Abhandlung erstellt, die er<br />

sogar ihrerseits wieder in einer „Musterstatue“ verkörpert haben soll. 13 Worin lag die Begründung<br />

dieser Ausnahmerolle der Skulptur? Goethe hat sie in seinem Diktum zu formulieren<br />

versucht: „Nichts ist drinnen, nichts ist draußen:/Denn was innen, das ist außen“. 14<br />

Die Skulptur begrenzt den sie bildenden Raum durch nichts anderes als das Werk seiner<br />

Begrenzung; und sie kehrt das durch sie Umgrenzte vollumfänglich nach außen, so dass<br />

das Geschehen der Grenzziehung und der durch sie umgrenzte Raum im Werk koinzidieren.<br />

27<br />

St. Gumbertus, Markgrafenliege,<br />

Gordian V<br />

12<br />

Vgl. Peter C. Bol, Einleitung, in: H. Beck, P.C.<br />

Bol, M Bückling (Hrsg.): Polyklet. Der Bildhauer<br />

der griechischen Klassik, Frankfurt am Main<br />

1990, 18.<br />

13<br />

Vgl. Hana Philips: Zu Polyklets Schrift „Kanon“,<br />

in: H. Beck, P.C. Bol, M. Bückling (Hrsg.):<br />

Polyklet, 147.<br />

14<br />

Goethe: Epirrhema, in: Poetische Werke,<br />

Band I, Augsburg o.J., 445.<br />

Die Skulptur gibt so den Blick zwar nicht in, aber wenigstens auf jenes Innere frei, das als<br />

das von ihr notwendig aus ihr, durch ihre Oberfläche aus der Darstellung Ausgeschlossene<br />

doch zugleich als das von ihr wie von einer Haut lebendig Eingeschlossene indirekt sichtbar<br />

gemacht wird. Wie die in der Erzählzeit ertönende Stimme die erzählte Zeit vernehmbar, so<br />

macht die Skulptur in dem Raum, den sie einschließt, das Geschehen sichtbar, aus dem<br />

dieser Raum als umgrenzter, also als sein nicht zu ihm gehörender und es doch erst als es<br />

selbst darstellbar machender Ort in der Zeit hervorgeht.<br />

Der Bezug zur Philosophie des Ortes liegt dem Werk <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s somit inne als das Geschehen,<br />

in das es gerade als Plastisches die Differenz von Ort und Raum erlebbar werden


läßt. Erleben aber ist gebunden an das universale Medium des Eingehens des unendlichen<br />

Raumes in die schmerzliche Notwendigkeit seiner endlichen Aus- und Umgrenzung. Dieses<br />

Subjekt und Medium allen Erlebens ist der Leib. Er ist das Paradigma des Ortsgeschehens.<br />

Ort, Leib und Person<br />

28<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s Werk antwortet auf seinen Ort ganz wesentlich in Form von Personen. Welche<br />

dies sind, warum er gerade sie darstellt, warum er sie nennt wie er sie nennt, ja sogar warum<br />

er so entscheidend auf die Darstellung von Personen setzt: all das sind Fragen, auf die es<br />

keine philosophische Antwort gibt. Das Werk selbst beantwortet sie voll und ausschließlich.<br />

Die Brücke seiner Kunst zur Philosophie des Ortes besteht aber in einer fundamentalen Einsicht,<br />

die auch für das Betrachten und Verstehen seiner Werke wesentlich ist. Diese Einsicht<br />

lautet, dass die Person letztendlich gerade durch ihren Ort die ist, die sie ist. Dies ist eine<br />

der großen Erkenntnisse, die der Philosophie des Ortes nicht etwa verdankt sind, sondern<br />

ihr um mehr als ein Jahrtausend vorausgegangen sind und ihr vielmehr ihre Aufgabe und<br />

Berechtigung geben. Die Person: das bin ich, insofern ich dieser eine bin, unverwechselbar<br />

mit irgend einem anderen Wesen. Aber was macht mich unverwechselbar? Ich kann noch so<br />

viele Eigenschaften und Leistungen aufzählen: Erstens weiß ich von keiner, ob sie wirklich<br />

nicht von irgend jemandem auf dieser Welt geteilt wird, und Leute, die ein besonders individuelles<br />

Leben zu führen versuchen, sind meistens ziemliche Konfomisten; und zweitens<br />

kann es auf all diese Eigenschaften und Leistungen letztlich nicht ankommen, weil ich ja<br />

schon die Person, die ich bin, seit meiner Entstehung gewesen bin. „Ich wurde dann und<br />

dann geboren“, „ich wurde von dem und der gezeugt“: wir sind von Anfang bis Ende die<br />

Person, die wir sind, und darum kann es für unsere Unverwechselbarkeit nur auf das ankommen,<br />

was in unserem Leben dem entspricht, was die Skulptur mit dem Ortsgeschehen<br />

verbindet: seine Grenzen. An den Grenzen meines Daseins finde ich den Zugang zu dem, was<br />

mich zur Person macht. Wo sind diese Grenzen? Zuerst und zuinnerst sind sie durch meinen<br />

Leib gezogen. Vom Zellhaufen an bin ich der, der auf dieser Welt einen Platz einnimmt, und<br />

ich bleibe es außerhalb des Mutterleibes, auf meinen paar Metern Grundstück, durch mein<br />

Erleben und am Ende durch meine Leiche, der man noch das „letzte Geleit“ gibt. Wäre das<br />

freilich alles, so wäre ich zwar unverwechselbar, aber dies nur für mich; ich wäre in die Grenzen,<br />

die mich zu dem machen, der ich bin, eingeschlossen. Darum kommt hinzu die Grenze,<br />

die nicht nur mich umschließt, sondern sich mit der eines anderen berührt und über die<br />

hinweg er oder sie mich in unser beider Unverwechselbarkeit berührt. Und auch hier liegt<br />

eine tiefe Verbindung zwischen dem Ortsgeschehen, wie es die Skulptur paradigmatisch zu<br />

verkörpern vermag, und der Berührung jenes Innersten, das Menschen durch ihr leibliches<br />

Leben hindurch gegeben ist: Was das Innerste eines leiblich verfaßten Menschenwesens,<br />

also eine Person, über sich hinweg führt, was es mit dem Innersten des Anderen eins werden<br />

zu lassen vermag, ist kein tertium comparationis, das beide vergleichbar oder komplementär<br />

macht, das sie „zueinander passen“ läßt. Nein, es ist allein das Innerste des Anderen, in<br />

dem ich, unerwartet und unplanbar, zu meiner grenzenlos glücklichen Überraschung mich<br />

selbst finde, wie ich mich ohne ihn nicht gekannt hätte. Weil es kein Drittes zwischen Außen<br />

und Innen gibt, finde ich mein Innerstes dort, wo es sich ins Äußerste wendet, nämlich zum


Innersten eines Anderen, der eins mit mir ist und doch, wenn wir uns nicht beide auflösen<br />

sollen, an seinem Ort so ist wie ich an meinem.<br />

Diese hier nur kurz skizzierten Gedanken sind, wie gesagt, nicht ein Ergebnis, sondern eine<br />

Voraussetzung der Philosophie des Ortes. Ihr Ursprung reicht in die christliche Trinitätsspekulation<br />

zurück, also in den Gedanken eines Gottes, der in sich Beziehung ist, deren Glieder mit<br />

einander eins und doch mehrere sind, definiert allein durch ihre Beziehung zu einander. Wer<br />

diesen Gedanken scheut, etwa weil er ein religiös induzierter Gedanke ist, der wird zumindest<br />

eine der intensivsten Manifestationen philosophischer Kunst nicht begreifen können,<br />

nämlich die Ikonenkunst, die genau auf diesem Paradox eines Seins, das im vollständigen<br />

29<br />

Heilig-Kreuz-Friedhof,<br />

Der Moment I<br />

Abbild seiner selbst besteht, beruht. 15 Er wird aber, so behaupte ich, auch den philosophischen<br />

Aspekt nicht zu fassen vermögen, unter dem sich als künstlerische Antwort auf „die<br />

Frage nach der Unendlichkeit im Gegenüber“ 16 im Werk von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> eine Lösung des<br />

Paradoxes abzeichnet, das ich anfangs als das Spiel der Verschiebung zwischen Betrachter,<br />

Künstler, Werk und Ort markiert habe. Es ist nicht die christliche Theologie, sondern es ist das<br />

Werk des großen jüdischen Philosophen Emmanuel Lévinas, in dem die „Spur des Anderen“ 17<br />

zum Grundbegriff der Identität der Person gemacht worden ist. Ohne die Erfahrung, die wir<br />

alle von diesem Urphänomen des Sichfindens in einer anderen Person haben, könnten wir<br />

uns gar nicht vorstellen, dass eine Person für ein Kunstwerk wirklich wichtig sein könnte, außer<br />

vielleicht durch den Reiz, den ihre Abbildung auf uns ausübt. Im Werk uns an den Ort zu<br />

versetzen, an dem wir durch es als wir selbst erblickt sind: das ist der eigentliche Anspruch,<br />

mit dem uns die Erkenntnis konfrontiert, die im Leben von <strong>Klinge</strong>s Skulpturen bewahrt ist.


Wiederverortung<br />

30<br />

Es lohnt sich zuletzt der Blick auf einen weiteren Aspekt, unter dem sich der Ort, gerade als<br />

endlicher, vom unendlichen Raum abhebt. Ein Ort kann an einem anderen gewissermaßen<br />

wiedergeboren werden. Unsere Kulturgeschichte ist reich an Manifestationen dieser kollektiven<br />

Erfahrung. Das „dritte Rom“, die translatio imperii, die „Renaissance“, die unzähligen<br />

Namen, unter denen in der „Neuen Welt“ die Städte und Dörfer der alten, aus der die Menschen<br />

mit dem Ziel auswanderten, ein besseres „Anderes ihrer selbst“ zu finden, erinnert<br />

sind: all dies sind Zeugnisse für das Bewußtsein, dass der Ort, dem wir unsere Identität<br />

verdanken, wandern kann, und zwar nicht nur räumlich, sondern auch über die Zeiten hinweg.<br />

In der Architektur ist uns die Erfahrung genauso geläufig, und mit ihr auch der Erkenntnisanspruch,<br />

der von ihr ausgeht. München hat auf dem Odeonsplatz den Palazzo Pitti und<br />

die Loggia dei Lanza ja nicht nachgebaut, weil den Herren der Stadt nichts Besseres einfiel,<br />

sondern weil es eben die Erfahrung gibt, dass es Orte gibt, die auf ihre Wiederverkörperung<br />

drängen und sie von uns buchstäblich, das heißt im doppelten Sinn des Wortes „erwarten“.<br />

Was sich hier manifestiert, ist eine Urerfahrung, die einer der bedeutendsten Kulturphilosophen<br />

unserer Gegenwart, Rémi Brague, als die geistige Identitätsgrundlage Europas behauptet<br />

hat: Die Bereitschaft, sich vom kulturell Überlegenen bezwingen zu lassen, in seinen<br />

Dienst zu treten, sich aus ihm über sich selbst belehren zu lassen und sich gerade dadurch<br />

als von ihm noch gefordert und insofern auch gebraucht zu verstehen. „Exzentrische Identität“<br />

18 hat Brague dieses Bewußtsein genannt, das eine Kultur gerade dann an den Tag legt,<br />

wenn sie das Musterhafte, Sinnstiftende dessen, was ihr vorausgegangen ist und was ihr<br />

womöglich auf der politischen Ebene unterlag – wie die Griechen den Römern, die nichtsdestoweniger<br />

die griechische Kultur als Vorbild über Jahrhunderte übernahmen – oder sich<br />

zu ihr flüchten mußte, anerkennt. Die Größe, sich im Größeren wiederzuerkennen, ist das<br />

Gegenteil von Minderwertigkeitskomplex und vielleicht die sicherste Gegenwehr gegen die<br />

schreckliche Macht des Ressentiments und des Neides.<br />

Auch diese Größe ist es, der sich das Werk <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s stellt, gerade indem es an dem<br />

Ort „Platz nimmt“, an dem sich die hier dokumentierten Werke versammelt haben. Es ist die<br />

Gelassenheit und Offenheit, die ein Ort, der in seinen schönsten Gebäuden ganz zwanglos<br />

ein Bekenntnis zum Größeren ablegt, durch die erst die Atmosphäre gestiftet wird, in der ein<br />

Werk, das ja darauf angelegt ist, zu wandern und sich immer von neuem wiederzuverorten,<br />

erst wirklich die Menschen erreichen kann, die sich in ihm wieder erkennen. Insofern sind<br />

diese Gedanken ein Dank nicht nur für die Einladung gewesen, die von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s Werk<br />

an die Philosophie des Ortes ergeht, sondern auch ein Dank, der dem Ort gilt, der hier den<br />

Einladenden und den Eingeladenen eingeladen hat.<br />

15<br />

Vgl. dazu das großartige Buch von Christoph<br />

Schönborn: Die Christus-Ikone. Eine theologische<br />

Hinführung, Wien 1998.<br />

16<br />

Vgl. das Zitat von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> bei Alfred<br />

Meyerhuber: In der Krypta unter Sankt Gumbertus,<br />

FN 17.<br />

17<br />

Emmanuel Lévinas: Die Spur des Anderen, 4.<br />

Aufl. Freiburg/München 1999.<br />

18<br />

Rémi Brague: Europa – seine Kultur, seine<br />

Barbarei. Exzentrische Identität und römische<br />

Sekundarität, 2. Aufl. Wiesbaden 2012.


31


32


ln der Krypta unter St. Gumbertus<br />

Dorthin, wo die Stadt am ältesten 1 und am tiefsten ist, an diesen Ort, stellt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

die Figur einer Frau, ‘Tangere‘.<br />

Die romanische Krypta unter St. Gumbertus, vor nahezu eintausend verflogenen Jahren erbaut,<br />

stemmt ihre Säulen, acht an der Zahl, gegen die sich über ihr wölbende und strebende<br />

gotische Kapelle der Schwanenritter. 2<br />

Verschüttet, vergessen, nicht mehr unserer erinnerten Welt zugehörig und doch vorhanden,<br />

überdauerte dieser geheime Ort Jahrhunderte unter Schutt und Geröll. 3<br />

Den ersten Kirchenbrand wenig mehr als einhundert Jahre nach ihrer Errichtung in der ersten<br />

Hälfte des 11. Jahrhunderts überstand diese Krypta ohne Schaden zu nehmen.<br />

Nach einer weiteren Feuersbrunst im Jahre 1282 verfüllte man den alten und in den Augen<br />

der Damaligen wohl „unmodern“ gewordenen Ort mit Brandschutt.<br />

Gordian I<br />

33<br />

Pfosten entfernen<br />

1 Hermann Dallhammer, Das St. Gumbertus<br />

Stift: Ansbachs harter Kern im<br />

Mittelalter, in 1250 Jahre Ansbach , Aufsätze<br />

zur Stadtgeschichte, 1998, S. 21<br />

2 Hermann Dallhammer, Die Ritter mit dem<br />

Schwanenorden, Ansbach 1987, S. 44: "Erst<br />

1825 bringt man die zehn Epithaphien ("Die<br />

steinernen Standbilder von Schwanenrittern")<br />

in den Chor von St. Gumbertus, der seitdem<br />

als Schwanenritterkapelle bezeichnet wird ."<br />

3 Hermann Dallhammer, in 1250 Jahre Ansbach,<br />

aaO. , S. 21<br />

4 Hermann Dallhammer, in 1250 Jahre Ansbach,<br />

aaO. , S. 21<br />

5 zit. nach Günther Schuhmann, Die Markgrafen<br />

von Brandenburg-Ansbach, Ansbach 1980,<br />

S. 600<br />

6 aaO. , S. 600<br />

7 Hermann Dallhammer, in 1250 Jahre Ansbach,<br />

aaO., S. 21<br />

Das oberhalb liegende gotische Gewölbe, die heutige Markgrafengruft, war lange Jahrhunderte<br />

kaum belegt und nach ihrer ursprünglichen Bestimmung verwendet worden.<br />

Markgraf Georg dekretierte am 4. August 1531 an das Chorherrenstift St. Gumbertus:<br />

„… die grufft unter eurem neuen chor, die auch sonst izt zu nichten andern<br />

gepraucht wurdet, begern wir das ir dieselben on verzug außraumen lasset,<br />

auf das die metzler iren flayschpenk darein machen.“ 5<br />

Mehr als zweihundert Jahre später sind sie noch immer da, die Fleischbänke der Metzger. 6<br />

Danach wurde das Gewölbe Abstellraum für Messebuden und war es noch, als die Krypta<br />

1934 im wahren Wortsinne „ausgegraben“ wurde. 7<br />

Der Neubau der Kanalisation in Ansbach ließ die Krypta wieder erscheinen und lüftete ein<br />

lange ungehütetes, aber verschüttetes Geheimnis.


Stiftsprobst Gebhardus longus, der große Gebhard, im 12. Jahrhundert ein Riese mit einhundertundneunzig<br />

Zentimetern Körpergröße ist dort unter einer sandsteinernen Deckplatte<br />

beerdigt worden. Als Einziger! 8<br />

Ein zerbrochener Wachskelch, den er in den Knochenfingern der rechten Hand hielt, wenige<br />

Zentimeter messend, zeigte an, dass er als Priester das Abendmahl an die Gläu-bigen austeilen<br />

durfte. 9<br />

Mit der Linken umklammerte Gebhard zwei Brakteaten 10 , dünne flache Silberscheiben, so<br />

dünn, dass sie nur einseitig geprägt werden konnten 11 , Schwäbisch Haller Heller. Ge-nauer<br />

Händles-Heller, weil sie eine flache Hand dem Betrachter zeigen. Damals als Geb-hardus<br />

longus beigesetzt wurde, waren es wertige Grabbeigaben (Fährgeld für einen christianisierten<br />

Charon?).<br />

Die durch “böse“ Heller 12 - also bewusst wertlosere, weil von geringerem Gewicht oder weniger<br />

Silber – von Spekulanten hervorgerufene Krise der Währung 13 ließ ihn unbe-rührt.<br />

34<br />

Gordian I,<br />

Tangere<br />

8 Hermann Dallhammer, in 1250 Jahre Ansbach,<br />

aaO. , S. 21<br />

9 Hermann Dallhammer, Werner Bürger, Ansbach,<br />

Geschichte einer Stadt, Ansbach 1993,<br />

S. 18<br />

10 Friedrich Wielandt, in: Badische Heimat 30,<br />

1950, S. 65<br />

Auf der mit einem schlichten Relief eines gesockelten Tatzenkreuzes 14 versehenen Grabplatte<br />

steht nun ‘Tangere‘.<br />

Der Corpus ein berindeter Stamm, der sie einhüllt, wie in ein fließendes, schützendes Gewand.<br />

Die demütig gesenkten Schultern scheinen unbekleidet. Der nach rechts geneigte<br />

Kopf, ein Stückwerk des Verlustes, verstärkt die ausstrahlende Trauer.<br />

Zwischen den acht Säulen der Krypta, die Gewölbe und Steine tragen, steht sie wie eine<br />

neunte Säule, geformt aus einem Stamm, eine Pfahlplastik und trägt ebenso! Nicht die körperliche<br />

Last als Säule, sondern die seelische Last von Trauer. Eine Säule, eine Stütze von<br />

Gefühlen.<br />

Maria Magdalena! 15<br />

Jene Maria von Magdala, die Sünderin, der Christus sieben Teufel ausgetrieben hatte 16 , die<br />

seine Füße mit ihren Tränen netzte, mit ihrem Haar trocknete und salbte 17 , die dessen Kreuzigung<br />

von ferne miterlebte 18 und ihn als Erste, vor seinen Jüngern, als Auferstandenen sah 19<br />

11 John Porteous, Münzen, Geschichte und<br />

Bedeutung in Wirtschaft, Politik und Kultur,<br />

Frankfurt am Main 1969, S. 78<br />

12 Friedrich Wieland, aaO., S. 65<br />

13 Kommt das bekannt vor? !<br />

14 vgl. die Zeichnung von Wilhelm Baumann,<br />

in: Hermann Dallhammer, Das St.<br />

Gumbertus Stift: Ansbachs harter Kern im<br />

Mittelalter, in 1250 Jahre Ansbach , Aufsätze<br />

zur Stadtgeschichte, 1998, S. 21<br />

15 zit. nach Christina Ossowski in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>,<br />

Neue Skulpturen, Nouvelles Sculptures,<br />

Köln 2007, S. 10<br />

16 aaO., S. 10<br />

17 aaO., S. 10<br />

18 vg l. Alfred Meyerhuber in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>,<br />

Paar: Konstruktionen !, 2013, S. 92 ff.<br />

19 Lukas Kundert, in: <strong>Dietrich</strong> Kl inge, Tangere,<br />

Skulpturen im Kreuzgang des Basler Münsters,<br />

2014, S. 10


35


36<br />

und der Jesus Christus dann sagte: „Rühre mich nicht an – Noli me tangere 20 “ und zugleich<br />

die Osterbotschaft verkündete (was die Apostel für “Märlein“ einer Frau hielten) 21 .<br />

“Noli – Du sollst nicht“, das ist der alttestamentarische Imperativ des Gottes der Christen im<br />

Dekalog. Gebote, Verbote, die ohne Gerede, ohne Aufweichung einzuhalten waren und sind,<br />

ohne Wenn und Aber eben!<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> lässt sich auf diese Diskussion nicht ein, er nimmt seiner Maria von Magdala<br />

das Verdikt ab, eliminiert das “Du sollst nicht“. Es bleibt das lateinische ‘Tangere‘,<br />

die Grundform des Verbes “berühren“. Das ist bedeutsam, denn er setzt keinen neuen Befehl<br />

anstelle des alten! Er sagt nicht “tange, tangite = berühre, berührt“ als Aufforderung zu<br />

berühren, sondern lässt den biblischen Imperativ gleichsam verklingen und betont so, wie<br />

wesenswichtig Berührung der Menschen durch Menschen ist.<br />

Der armlose Körper zeigt diese Sehnsucht. Wie kann sie, die Frau, die das Schreckliche des<br />

eigenen und fremden Schicksals erlebt hat, den Anderen berühren? Sie leidet darunter und<br />

vielleicht noch mehr deswegen, weil sie in verzweifeltem War-ten das Berührtwerden geschehen<br />

lassen will und muss. ‘Tangere‘ diese Skulptur, ist ein tief empfundenes Sinnbild<br />

menschlichen Leidens und der steten und doch so oft vergebenen Hoffnung auf Nähe und<br />

Erlösung.<br />

Im Gruftgewölbe der Markgrafen, auf einer räumlich höheren, in einer zeitlich späteren Ebene<br />

liegt ‘Gordian I‘. Die 2006 entstandene Skulptur trägt, wie einen Untertitel, den Klammerzusatz<br />

“(Ge-gendlichkeit-Unwarten)“. Ein Sprachspiel, eine Verrätselung des Künstlers, die<br />

aber den Sinngehalt des Werkes offenbart. Ein Austausch der beiden Vorsilben zeigt den Weg<br />

auf: Und aus “Gegendlichkeit-Unwarten“ wird Unendlichkeit und Gegenwart. Zeigt in diesen<br />

Worten die Unentrinn-barkeit des Ende, des Endes allen Lebens. Menschen, deren Vergangenheit<br />

verbrauchte, eben vergangene Gegenwart und deren Zukunft ungewisse Gegenwart<br />

ist, können nicht teilhaben an der unteilbaren Unendlichkeit, können sie nicht einmal begreifen.<br />

Und dieses philosophische Denken übersetzt der Künstler in ausgreifende Form. Wie ein Ornament<br />

bäumt sich die aus den Armen heraus fließende, diese verlängernd und umschreibende<br />

Zahl 8 hinter dem Corpus in den Raum. <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> sagt selbst, dass “das Flechtwerk<br />

des Ornaments…die Unendlichkeit in sich selbst“ hat 22 .<br />

Und weiter: “Hier gibt es weder Anfang noch Ende, sondern den fortwährenden Kreis-lauf in<br />

den Verschlingungen des Seins“. 23 Und er will, wie er schreibt, “die Frage nach Unendlichkeit<br />

im Gegenüber“ 24 des Betrachters erzeugen. Jenes Betrachters der in die ansbachische Krypta,<br />

diesen uralten Ort hinunterblickend, unter dem gotischen Gruftgewölbe stehend, gleichsam<br />

in die Vergangenheit sehend, Jahrhunderte überblickend, hinunter in das Bauwerk aus<br />

der Zeit der Romanik und die Raumform der Plastik als die geschriebene Zahl 8 begreifend.<br />

Und diese Zahl 8, die Möbiusschleife, führt die Unendlichkeit allen Seins und zugleich die<br />

Endlichkeit des eigenen Seins vor Augen.<br />

Dort liegt ‘Gordian I‘, dessen Schicksal wie das des Knotens des Königs Gordias mit ei-nem<br />

einzigen Hieb besiegelt werden kann 25 , im Guten wie im Bösen. Doch der Oberkörper des<br />

Mannes steigt nicht aus dem Untergrund auf, er versinkt im Meer der Zeit.<br />

In einer Balance ohne Zeit, zeitlos, und wie diese ohne Anfang und Ende, anders als der<br />

Mensch, bleibt aber das Symbol des Unendlichen unangetastet. Mit diesen wirkmächtigen<br />

Werken verändern sich Krypta und Gruft, sprechen offen von der Hoffnung der Ewigkeit und<br />

20 Bibel , Lukas, Kapitel 8, Vers 2<br />

21 Bibel , Lukas, Kapitel 7, Vers 38<br />

22 Bibel , Markus, Kapitel 15; Vers 40<br />

23 Bibel, Markus, Kapitel16, Vers 9<br />

24 Bibel , Johannes, Kapitel 20, Vers 17<br />

25 Bibel, Lukas, Kapitel 24, Vers 11


37


dem Verlust des Jetzt. Und sie, die beiden Skulpturen ‘Tangere‘ und ‘Gordian I‘ sprechen<br />

auch miteinander, zueinander. Und schaffen einen weiteren Bezug des Ortes mit den Werken.<br />

Durch die Ewigkeitsschleife der Skulptur in der Gruft wird, wie von der späteren in die ältere<br />

Zeit rückblickend, das älteste und tiefste menschliche Gefühl der Trauer, einer Mandorla<br />

gleich, umrahmend verstärkt. Endlichkeit des Seins.<br />

38<br />

Tangere


39


40


Gordian V<br />

Gordian V<br />

Die Krypta romanisch, das Gruftgewölbe gotisch, die Sarkophage aus der Zeit des Barock und<br />

Rokoko und draußen: Unsere Zeit.<br />

In dieser Zeit und an dem Ort des Eingangs in diese vergangene Welt der Toten steht ein<br />

bronzenes Mahnmal, ein massiger Wächter, so scheint es, mit nahezu zweieinhalb Metern<br />

Höhe: ‘Gordian V‘. Geschaffen im Jahr 2007.<br />

Es muss ein mächtiger Baum, fest und stark, mit weit ausladender blätterbekränzter Krone<br />

gewesen sein, aus dem der Corpus der sitzenden Figur mit einem gewaltigen, ja brutalen<br />

Eingriff geformt ist.<br />

Ein tiefer vertikaler Schnitt, den Stamm fast im Kern zerteilend, dann zwei horizontale, versetzte<br />

Schnitte evozieren den Körper einer sitzenden Gestalt.<br />

Die jetzt Bronze gewordene feste Rinde ist wie ein Schutzmantel um Schultern und Rü-cken<br />

gelegt und zeigt wie frisch das Holz gewesen sein muss, als es <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> bear-beitete.<br />

Ganz im Eigentlichen ist die Vorderfront von ‘Gordian V‘ eine einzige, klaffende Wunde.<br />

Das fein gezeichnete Gesicht, aus altem Holz mit Spuren der Zeit, nämlich Käferfraß, geschnitten,<br />

lässt jedoch keinen Schmerz erkennen, die Lippen scheinen zu lächeln und die<br />

Augen freundlich zu blicken. Der Kopf will wohl die Wunden seines Körpers vergessen machen?<br />

Ein schier unauflöslicher Gegensatz? Dann nicht unauflöslich, wenn die Formensprache des<br />

Künstlers gelesen und zu ihrem Aussagegehalt geführt wird.<br />

‘Gordian V‘ ist eine Transformation von Geschehnissen, ist ein Modell. Ein körperliches Modell<br />

aus gedanklichen Bildern entwickelt, ein Modell des zerstörerischen Umgangs des Menschen<br />

mit der Natur: Das lebende Wesen, der Baum – pars pro toto – wird seiner Existenz<br />

beraubt, wird getötet, gefällt.<br />

Die gewaltsamen und harten Einschnitte zerreißen, legen bloß, machen, in dem sie ver-letzen,<br />

noch mehr verletzlich. Und die Gestalt die geformt wird, ist nur scheinbar stark und<br />

Beschützer, ist selbst Verwundeter und der Hilfe bedürftig.<br />

Nur aus dem Größenverhältnis zwischen Plastik und Betrachter leitet dieser, wie ein Kind<br />

gegenüber einem Erwachsenen, ab, einen Helfer, einen Wächter vor sich zu haben. Statt<br />

die Botschaft der uns umgebenden Natur, formuliert durch <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, zu sehen und zu<br />

vernehmen, dass nämlich diese scheinbar unzerstörbare Natur der Hilfe bedarf! Dringend!<br />

41


42


Um St. Johannis herum<br />

Gordian IX<br />

Was hat das 'Büblein auf dem Eise', 'Osterhäslein' oder 'Der erste Schnee' mit der ernsten,<br />

gotischen Kirche St. Johannis zu tun? Nun, Friedrich Wilhelm Güll, ein gebürtiger Ansbacher,<br />

war einer der wichtigsten Kinderlyriker des Biedermeier und hat die drei genannten und<br />

noch heute bekannten Lieder gedichtet, ebenso wie jenes vom 'Pflaumenregen'!<br />

Und was hat der (zu?) heitere 'Pflaumenregen' in dem "all die Pflaumen ... purzeln , kreuz<br />

und quer" mit den hohen Mauern von St. Johannis gemein? 1<br />

Nun, das Geburtshaus von Friedrich Güll (1812- 1879) befindet sich gegenüber der Kirche<br />

und das Güll-Brünnlein, zum 100. Geburtstag des Dichters aus Muschelkalk geschlagen,<br />

schmiegt sich an die südliche Außenwand von St. Johannis. Über der Brunnenmuschel ist<br />

eine Szene aus dem 'Pflaumenregen' dargestellt, vier Kinder, die sehnsüchtig auf den Wind<br />

warten, der ihnen die Pflaumen vom Baum schütteln soll. Freude der Kindlein, die in das<br />

Gotteshaus kommen sollen oder uns nicht mehr verständliches, lächerlich-seliges Biedermeiergefühl?<br />

Wenige Schritte weiter, an der Fassade des Südturms der "hochgewölbten" 2 Kirche hat die<br />

"dankbare Vaterstadt" ihren "gefallenen Söhnen" 3 des ersten Weltkriegs ein Mahnmal des<br />

Bildhauers Georg Müller anbringen lassen: Ein nur mit einem Stahlhelm bekleideter Reiter<br />

sitzt auf einem Pferd, ausgewählt aus mehr als dreihundert Entwürfen. 4 Noch im Tode martialisch<br />

mit gezücktem Schwert. "Den Opfern, 1939-1945" wird schlicht gedacht, mit einem<br />

Sandsteinfries von Waldemar Fritsch, der den nüchternen Zahlen zwei Totenmasken zur Seite<br />

stellt. 5<br />

"Hin und wieder, besonders um den Chor herum, und an der Mittagsseite findet man verschiedene<br />

steinerne Statuen aus den vorigen Zeiten; desgleichen auch etliche eingemauerte<br />

Grabschriften", beschreibt Johann Bernhard Fischer 1786 St. Johannis. 6 Alte Epitaphien, aus<br />

den Zeiten stammend, als um St. Johannis ein Friedhof war, berichten von vergangenen Leben.<br />

Nach Umrundung des Chores, vorbei an der nordschattigen Längsseite zum Hauptportal:<br />

rechter Hand neben dem Hauptportal steht eine mächtige Skulptur <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s: 'Gordian<br />

IX', die dem ehrwürdigen Haus, diesem hohen Hallenraum der Gottesverehrung, ernste<br />

Reverenz erweist, indem sie Ort und Begegnung von Menschen, Sicherheit und Fragilität des<br />

menschlichen Lebens thematisiert.<br />

43<br />

Gordian IX<br />

1 Holger G. Lang, St. Johannis- Ansbach, Ansbach<br />

2003, S. 36 u. 193<br />

2 Johann Bernhard Fischer, aaO. , S. 85<br />

3 So der Text der Inschrift am Mahnmal<br />

4 Holger G. Lang, aaO., S. 39<br />

5 Holger G. Lang, aaO., S. 39<br />

6 Johann Bernhard Fischer, aaO. S. 87<br />

Ein Mahnmal mit nahezu drei Metern Höhe ist 'Gordian IX', geschaffen im Jahr 2009. Der erste<br />

und flüchtige Blick zeigt, so scheint es, ein Tatzenkreuz, wie es die Grabplatte des Stiftsprobstes<br />

Gebhard in der Krypta von St. Gumbertus trägt. Gesockelt, ebenso wie dort. Ein Figurenfragment<br />

steht vor uns. Eine aufragende Säule. ln einer Form, die zeigt, dass dieser Pfeiler Lasten<br />

tragen kann und trägt.<br />

Die Basis, über die Kanten des Schaftes hinausgezogen und abgeschrägt, ist - wörtlich - aus<br />

einem Guss, mit einem sich kaum merklich nach oben verjüngenden Schaft, der wiederum<br />

in ein schlichtes Kapitell, nach außen sich öffnend, mündet. Ein Pfeiler, der in seiner Formensprache<br />

denen der frühen Romanik gleicht. Und damit gleicht er in seiner Bedeutung


der axis mundi, als Weltachse, als Verbindung von Himmel und Erde, Gott und Mensch.<br />

Und dieser Pfeiler trägt dienend die Last der Fragmente der Arme und das Haupt. Aus dem<br />

waagrechten Balken, also den Schultern und Stücken der Oberarme, wächst der, ebenso<br />

wie eine Säule wirkende, Hals und auf diesem sitzt - unverrückbar will man meinen - der<br />

Kopf des Figurenfragmentes. Alles scheint stark und fest gefügt in dieser, unseren Augen<br />

vorgeführten, Wirklichkeitsform.<br />

Doch dieser Eindruck täuscht! Wer lässt sich nicht allzu oft und allzu bereitwillig von dem, was<br />

wir sehen, besser was wir zu sehen meinen oder gar (nur?) glauben, täuschen? Denn der männlich-starke<br />

Torso ist im Grunde schwach, schwach wie die Figur aus dem Traum des Nebukadnezar,<br />

der „ein großes und hohes und sehr glänzendes Bild“ 7 „vor sich sah, das gleichwohl auf<br />

einem tönernen Fuß stand. Und das Standbild, „des Bildes Haupt... von feinem Golde“ 8 war,<br />

7<br />

wurde durch einen einzigen Stein, der den Tonfuß zerschlug, es an seiner schwächsten Stelle Bibel, Daniel, Kapitel 2, Vers 31<br />

8<br />

also traf und ihm die Standfestigkeit raubte, zermalmt, „wie eine Spreu auf der Sommertenne Bibel, Daniel, Kapitel 2, Vers 32<br />

und der Wind verwehte sie, dass man sie nirgends mehr finden konnte.“ 9 9 Bibel, Daniel, Kapitel 2, Vers 35<br />

44


Ein gleichwertig tiefes Bild zeigt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>. Der ausdrucksstarke Kopf, überlebensgroß,<br />

neigt sich über seine Armstümpfe hinunter zu den Menschen.<br />

Das Antlitz zeigt keine Spuren von Gewalt. Furchen, Schnitte, Risse im Holz eingegraben, zeigen<br />

Nachdenklichkeit. Die Lippen formulieren eher das zu Erleidende, als das Erlittene, eher<br />

Trauer, als Schmerz. Das schwere Haupt mit den mächtigen Stücken der Schultern und Arme,<br />

die eine dem „sehenden Betrachter“ offenkundige Fortsetzung abverlangen - im Nichts - ,<br />

droht jedoch zu stürzen.<br />

Drei Keile sind die einzige Verbindung zwischen Figurenfragment und Pfeiler, der zugleich<br />

Sockel und Erhöhung hierfür ist. Keile, eigentlich nicht geeignet, wesentliche Bausteine einer<br />

Skulptur zu sein, die kleinsten jedoch nur vermeintlich unbedeutendsten Teile von ‘Gordian<br />

IX‘. Denn sie sind es, die das Haupt vor seinem tiefen Sturz retten . Hinter der Wirklichkeitsform<br />

dieser Skulptur verbirgt sich also eine existenzielle Möglichkeitsform.<br />

Wenn nämlich nur ein einziger der Keile (zwei im vorderen Bereich, einer rückseitig) entfernt,<br />

ja wenn dieser lediglich ein wenig, ein wenig zu viel freilich , bewegt werden würde, dann<br />

wäre dem Fragment jeglicher Halt entzogen, genommen, geraubt. Die Möglichkeit des Sturzes<br />

wäre zur Wirklichkeit geworden, es würde stürzen. Hinab, unabänderlich!<br />

Gordian IX<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> zeigt mit ‘Gordian IX‘, wie sich in unserer Zeit - und zu allen Zeiten - der<br />

Mensch selbst erhöht, sich selbst Denkmale setzt, stark und mächtig wirkt, wirken will, als<br />

wäre er ein Monument der Ewigkeit und doch auf tönernen Füßen steht. Und er zeigt weiter<br />

vor St. Johannes, wie sich in unserer Zeit das in der gotischen Hallenkirche ablesbare damalige<br />

Bild verändert hat, wonach die Säulen den Weg der Menschen hinauf symbolisierten und<br />

das Gewölbe die Ankunft im Himmlischen darstellte. Der Kämpfer aber, die Deckplatte auf<br />

den Kapitellen schied den Menschen und den Himmel, das Gute von dem Bösen.<br />

Die Struktur von ‘Gordian IX‘ zeigt nun, dass der Mensch anmaßend sich an die Stelle des<br />

Himmels, des Gottes also, setzt und sich Gott ähnlich in unseren Zeiten geriert.<br />

Dies obwohl - und auch das wird von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> eindrücklich dargestellt - der Kämpfer,<br />

der Abakus, der in den Armstümpfen zu sehen ist, sich und damit auch der Kopf, ja das<br />

ganze Wesen in einem äußerst fragilen Gleichgewicht befindet. Ständig bedroht, wie es in<br />

Nebukadnezars Traum formuliert ist, in sich zusammenzustürzen. Wie eben unsere Welt!<br />

45<br />

Noch eines: Keine Aura, kein Nimbus wird durch den Künstler bei ‘Gordian IX‘ gezeigt und<br />

doch hat diese Skulptur eine spannungsgeladene Ausstrahlung. Die Größe der Figur, die<br />

übermenschliche Größe des Hauptes und die bange Frage - antwortlos - nach dem möglichen<br />

Scheitern, dem Sturz in das Ende, den Vollzug der Endlichkeit gewissermaßen, verleiht dem<br />

Werk solch eine Präsenz, die es wie einen eigenen Raum umgibt. Einen Raum, der sich in<br />

seiner Umgebung, also dem universellen Raum, wie selbständig macht. Eine Sphäre, die<br />

wahrnehmbar ist, abgekoppelt davon, wo auch immer ‘Gordian IX‘ stand, wie etwa vor dem<br />

Kreuzgang des Basler Münsters, oder steht, wie vor St. Johannes in Ansbach, oder künftig<br />

noch stehen wird.


46


Vor St. Ludwig<br />

Gifur Weha ,Gifur Mada<br />

Cuius regio, eius religio, wes der Fürst, des der Glaub'! So hatte Georg der Fromme, Markgraf<br />

in Ansbach von 1515 bis 1543, auch der Bekenner genannt, ein früher Anhänger Martin<br />

Luthers, seine Untertanen evangelischen Glaubens werden lassen. Alle!<br />

Mehr als zwei Jahrhunderte später kehrten Katholiken wieder in der Residenzstadt ein. Ein<br />

turmloser Kirchensaal, äußerlich unauffällig am Karlsplatz, war ihre feine und geistliche Herberge.<br />

Bald zu klein geworden, begann die Gemeinde mit Kirchenplanungen am selben Platz an<br />

anderem Ort, gegenüber. Der Kapetinger König Ludwig der Fromme, der Prud'homme, der<br />

weise und kluge Monarch, sollte Patron der Kirche werden. Das war 1840. Kein Wunder, dass<br />

der Bayernkönig Ludwig I, ein Philhelene übrigens, der den freiheitsliebenden Griechen im<br />

Jahr 1821 ein privates Darlehen von eineinhalb Millionen Gulden 1 gab (das er nie zurückerhielt),<br />

gerne die Schirmherrschaft über diese, den Platz stilvoll bestimmende und wie über<br />

ihm thronende, klassizistische Kirche übernahm. Zumal die vier Glocken Maximilian, Otto,<br />

Luitpold und Adalbert hießen. Wie die Söhne Ludwigs I (und seiner Ehefrau der Prinzessin<br />

Therese von Sachsen Hildburghausen).<br />

Das Innere wird durch ein kassettiertes Tonnengewölbe überspannt, dessen architektonischer<br />

Spiegel die südliche Rundapsis bildet. Das Äußere wird dominiert durch den zweigeschossigen<br />

Glockenturm im Stil der toskanischen Renaissance und den Säulenportikus<br />

eines antiken Tempels. Die entlang der gesamten Nordfassade angelegte Freitreppe wird von<br />

wuchtigen Begrenzungen auf der Höhe des Portikus eingefasst. Darauf stellt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>,<br />

wie einen Vorposten der markanten Säulen, zwei seiner Skulpturen, die selbst Säulen sind<br />

und aus ihnen erschaffen wurden: Gifur Weha und Gifur Mada. Aus mächtigen Baumstämmen,<br />

lebenden Säulen also, herausgeschnitten stehen sie da, wie eine lebende Wiederholung<br />

der steinernen Säulen.<br />

47<br />

Der Mensch aus Erde, der hebräische 'Adama', der Adam der Bibel, er heißt bei <strong>Dietrich</strong><br />

<strong>Klinge</strong> 'Mada'. Rückwärts gelesen, von rechts nach links: Adam ist Mada. 'Gifur', ein Zusatz<br />

mit nordischem Klang, meint, wiederum anagrammiert, Figur. Die Figur des Adam also, des<br />

ersten aller Menschen.<br />

Er steht, besser geht, allein. Seine Gefährtin, Frau, Verführerin, Mutter seiner Kinder, der<br />

allerersten Kinder auf dem Erdenball, ist ihm vom Künstler zunächst nicht zur Seite oder<br />

gegenüber gestellt. Vierschrötig ist er, ein wenig trotzig, aber kein Feuerbinger, kein Prometheus,<br />

eher ein ängstlicher Versteckter.<br />

1 Ludwig I hat seiner Geliebten Lola Montez im<br />

Laufe der Jahre 158.084 Gulden verehrt, was<br />

einer heutigen Kaufkraft von 2,3 Mio. Euro entspräche.<br />

Das "Griechische Darlehen" bel iefe<br />

sich somit auf deutlich mehr als 21 Mio. Euro!<br />

Diese Figur Adam, diese alte Glaubensfigur, seit langen Zeiten Literaturfigur, Kunstfigur und<br />

jetzt Künstlerfigur 'Gifur Mada' ist stark, augenscheinlich stark, wie ein Tier und doch furchtsam<br />

und hilflos zugleich. Denn er ist doch sichtbar zögerlich. Sein linker Fuß tastet, ertastet<br />

das Unbekannte, das was außerhalb seiner Welt, seiner Welt, die die Plinthe ist, sein<br />

Paradies ist, liegt. Was soll er und was kann er tun ohne Arme, ohne Hände? Wenn kann<br />

er berühren, wen im wahren Wortsinne umarmen? Ist seine größere, härtere, unnachgiebigere<br />

Bestrafung nicht die Vertreibung aus dem Garten Eden , sondern die Unmöglichkeit,


48


49


die Gefährtin seines Lebens, seines einzigen unwiederbringlichen Lebens, zu fassen, zu<br />

halten, sich mit ihr zu vereinigen? Und nun, nach dem er gesehen hat, was er nicht sehen<br />

durfte, sie an den Händen zu führen und zu verführen. Und damit ist Adam, dieser Mann, ein<br />

Jedermann, einer, der seinem Geschlecht ausgeliefert, getrieben wird zum Paar, zur Paarung.<br />

Denn Mada-Adam hat keineswegs „beyderley Geschlecht vereinigt“ in sich , so dass er „das<br />

menschliche Geschlecht allein, und ohne Weib hätte fortpflanzten können“ 2 Er bedarf einer<br />

und zwar seiner Frau. Nicht als Ergebnis des ersten operativen Eingriffs der Menschheitsgeschichte,<br />

der Rippenentfernung und Eva-Werdung 3 , ist <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s ‘Gifur Weha‘<br />

zu verstehen. Keine bloße Gehilfin 4 ist sie, die um ihren Mada sein soll 5 , auf Geheiß ihres<br />

Schöpfers!<br />

Stark und stolz, erhaben steht sie in ihrer Weit, die sie nicht erkunden muss, die sie<br />

vielmehr erfühlt und ausfüllt. <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> zeigt dies dadurch, dass er ihre Füße ruhig<br />

und fest auf ihre Welten Plinthe stellt, die Beine rechts und links des Mittelpunktes der<br />

Baumscheibe (war nicht die Erde einstens als Scheibe gedacht?) aufsetzt. In ihrer offenen<br />

und prallen Körperlichkeit, wie strotzend vor siegesgemuter Fruchtbarkeit, keinen Zweifel<br />

lassend , wer die Herrin in ihrem Paradies ist, blickt sie kühn entschlossen, die Augenbrauen<br />

erhoben, wie eine Wiederholung und Betonung ihres Schamdreiecks, über ihr Reich.<br />

2 Zedler, Johann Heinrich, Grosses vollständiges<br />

Universal-Lexikon aller Wissenschaften<br />

und Künste, welche bisher durch menschlichen<br />

Verstand und Witz erfunden worden ,<br />

Halle und Leipzig, Erster Band 1732, A-Am S.<br />

446 f. ; die belgische Mystikerin Antoinette<br />

Bourignon de Ia Porte (1 616-1680) behauptete<br />

die Doppelgeschlechtlichkeit Adams, ebenso<br />

wie die Christi.<br />

3 Bibel, 1. Mose, Kapitel 2, Vers 21 f.<br />

4 aaO. , Vers 18<br />

5 aaO. ; Vers 18<br />

50


Auf dem Heilig-Kreuz-Friedhof<br />

Von den Gräbern der Friedhöfe um die Kirchen St. Johannis und St. Gumbertus ist nichts<br />

geblieben, nicht einmal Erinnerung.<br />

Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte Markgraf Kasimir (1481 -1527), als<br />

"Bluthund" in den Bauernkriegen benannt 1 ,die innerhalb der Stadtmauer gelegenen Friedhöfe<br />

wegen vorgeblicher Seuchengefahr geschlossen 2 und Heilig-Kreuz als Gräberstätte bestimmt.<br />

3<br />

Als der letzte der Hohenzollernfürsten Alexander, der von 1757 - 1791 regierende Sohn des<br />

Wilden Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich und der preußischen Königstochter Friederike Luise,<br />

verbot, adelige Familienmitglieder in St. Gumbertus beisetzen zu lassen, standen schon<br />

viele der architektonischen Kostbarkeiten in Heilig-Kreuz: die Gruften. 4 Schon bei der dritten<br />

Erweiterung 5 des Heilig-Kreuz-Friedhofes, die 1735 stattfand , hieß es, dass der Friedhof<br />

"vornehmlich an denen Ring-Mauern mit einer grossen Anzahl herrlicher Gewölbe und<br />

Todten-Grüfte und ansehnlicher Monumenten ... gezieret" wurde. 6<br />

51<br />

1 Günther Schuhmann, Die Markgrafen, S. 70<br />

2 Dallhammer/Bürger, aaO. S. 32<br />

3 Gottfried Stieber, Historische und Topographische<br />

Nachricht von dem Fürstenthum<br />

BrandenburgOnolzbach, Schwabach 1761 , S.<br />

222 und S. 223, Onolzbachische wachentlieh<br />

Nachrichten 17 41 , S. 92 ff., zit. nach Stieber<br />

4 Johann Bernhard Fischer, Anspach, Geschichte<br />

und ausführliche Beschreibung, Ansbach<br />

1786, S.111<br />

5 Stieber, aaO., S. 222 u. 223<br />

Vor allem die Baumeister des Ansbacher Hofes jener Zeit, bis hin zu Johann Caspar Wolgemuth,<br />

dem Letzten seiner Zunft 7 , gestalteten die Behausungen der Toten an jenem Ort. "Es<br />

6 Stieber, aaO., S. 223<br />

ließe sich über diesen Gegenstand vieles sagen", schreibt Johann Bernhard Fischer im Jahr<br />

1786 in seinem Buch "Geschichte und ausführliche Beschreibung" 8 der Stadt Ansbach. Und<br />

weiter, anrührend zeitnah: "Sonderbar ist es, daß in Teutschland mit dem Leichnam eines<br />

Verstorbenen soviel Wesens und eitler Pracht gemacht, und mancher Familie durch Bestreitung<br />

der Leichenkosten ihr letztes bischen Haabe vollends abgenommen wird." 9<br />

"ln Anspach kann man eilf verschiedene Beerdigungsarten sehen. Nemlich<br />

9 Johann Bernhard Fischer, aaO., S. 174 Portechaisen und Kutschenleichen, Lesleichen, Sermonleichen, GabelIei-<br />

7 Heinz Braun, Ansbacher Spätbarock in Jahrbuch<br />

für Fränkische Landesforschung , Band<br />

16, Kalimünz 1956, S. 487 ff.; Adolf Bayer, Die<br />

Ansbacher Hofbaumeister, Würzburg 1951 , S.<br />

160: Johann Caspar Wolgemuth war Hofbaumeister<br />

von 1787 bis 1803<br />

8 Johann Bernhard Fischer, aaO., S. 174


chen, Nachtleichen, mit Fackeln, Dreyklaßleichen, mit Manns- und Weibspersonen,<br />

Dreyklaßleichen, mit pur Mannspersonen, Nachmittags Prozeßleichen,<br />

ohne Trauerwagen, dergleichen mit dem Trauerwagen, und<br />

endlich adeliche Beerdigungen.“ 10<br />

Und diese Adeligen und wohlbegüterten Fabrikanten und Bürger bauten ihren Toten letzte<br />

Paläste. ln diesen Blütenkranz kleiner und kleinster Behausungen des Todes und der Vergänglichkeit<br />

setzt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> zwei Zeichen: ‘Der Schrei‘ und ‘Der Moment II‘.<br />

Der Schrei<br />

Wer schreit nach wem?<br />

Ist es ein biblischer Schrei der Seele nach ihrem Herrn, wie der Schrei eines durstigen Tieres<br />

nach Wasser? 11 Ist es überhaupt ein nach außen dringender, ein im Draußen vernehmbarer<br />

Schrei? Die Plastik ist lapidar mit zwei Worten benannt, einem Artikel und einem Substantiv:<br />

'Der Schrei'. Etwas Benanntes, etwas Personifiziertes gleichsam. Etwas, das für das Gesamte<br />

steht, für alle Schreie, menschlichen Schreie und aber zugleich für das Gegenteil davon, das<br />

Stumme, das Nicht-schreien-können, das Nichts-sagen-können, die Sprachlosigkeit. Denn der<br />

Schrei, wenn er ausgestoßen ist, sei es aus Schmerz, aus Qual, aus Lust, aus Freude, er verhallt.<br />

10 Johann Bernhard Fischer, aaO., S. 174, 175<br />

11 Bibel, Psalm 42, Vers 2<br />

52


Durch den ihm notwendigerweise innewohnenden Zeitablauf, wie in allem, was mit Tönen, mit<br />

dem Tönen zu tun hat, verklingt er, ist gewesen, ist nicht mehr! Doch dieser Schrei <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s<br />

steht und besteht kraftvoll weiter. Gemacht aus Holz, gegossen in Erz.<br />

Dauerhaft die Zeiten und freilich die Zeitgebundenheit eines Schreis überdauernd.<br />

Der Künstler stellt diese inhaltsschwere Arbeit in eine Gruft, in eine Umhausung. Nun sind - und<br />

das ist zu beklagen - viel zu viele Grüfte des Heilig-Kreuz-Friedhofes menschenleer geworden.<br />

53<br />

Der Schrei,<br />

Keine Verstorbenen liegen in ihnen geborgen, keine Trauernden kommen, um in ihrer Trauer<br />

nicht einsam zu sein. Leere Grüfte. So auch diese mit der Nr. 117. Gestaltetere, wohlgefälligere,<br />

pompösere Gruftbauten hätten die Skulptur beherbergen können. Diese Gruft ist architektonisch<br />

unbedeutend, erzählt keine Geschichte von mächtigen, vergangenen Menschen auf feinverzierten<br />

Epitaphien. Warum wählt der Künstler diesen Ort?<br />

Warum diese so karge Umgebung?<br />

Die erkorene Gruft zeigt ebenso, wie all die bedeutenderen Todeshäuser Spuren vergangenen Lebens,<br />

zwar keine in Buchstaben, auf Angebinden, Sinnsprüchen und Nachrufen lesbare Zeichen.<br />

Aber doch Zeichen, dass da ein Mensch gewesen war, seine letzte Ruhe (was war die vorletzte?)<br />

gefunden hatte. Die Rückwand trug eine Namenstafel, jetzt entfernt, herausgebrochen. Die da-


54


durch gestörte, zerstörte Mauerfläche wieder verputzt. Der Putz roh und schnell aufgetragen,<br />

kaum geglättet. Eine hastige und lästige Arbeit. Für wen auch? Wer der letzte Gast dieser Begräbnisstätte<br />

war? Aus Kirchenbüchern sicher feststellbar. Hier am Ort des Todes: Nichts und das<br />

meint alles. Denn alles ist in diesem Nichts entschwunden, das Leben freilich , das Lachen und<br />

Weinen, die Freude und der Streit, der Sinn. Und das Werk Der Schrei‘ schreit auch an gegen diese<br />

Vergänglichkeit, gegen dieses Dahinschwinden des Lebenssinnes, gegen das Nichts. Sitzend !<br />

‘Der Schrei‘ ist, so will mir scheinen, die mächtigste der verblockten Sitzfiguren <strong>Dietrich</strong><br />

<strong>Klinge</strong>s. Anders als bei den Skulpturen ‘Der Kult‘, ‘Lust‘ und ‘Frau‘ etwa sind keine le ichter<br />

machenden Schwünge oder Bewegungen zu sehen, zu spüren. Anders als bei ‘Teifame‘ 12 sind<br />

die übereinander geschichteten Sockel, die den Körper bilden, unbeweglich, starr, eher aufeinander<br />

getürmt, schroff und unnahbar. Bei ‘Teifame‘ spielen die einzelnen Ebenen in sich und<br />

mit ihrer Formgebung, springen vor und zurück, zeigen Körperliches, Körperhaftes. Wohingegen<br />

‘Der Schrei‘ all dieses in sich, in die Kuben, hineingedrängt zu haben scheint. Selbst die ebenfalls<br />

stark verblockte Arbeit ‘Große Herren haben lange Arme‘ 13 wirkt leichter, viel lebendiger als<br />

diese.<br />

Wenn auch, dass darf nicht übersehen werden, subtile Bewegungen in den Ebenen klar erkennbar<br />

sind, für den der sieht.So fällt die Plinthe, der Kubus der Füße also, nach links ab, ebenso<br />

wie die dritte Blockstufe, die Hände. Aufgefangen werden diese Abweichungen von der Geradlinigkeit<br />

in der Horizontalen durch die wie rechts hochgezogen wirkende Schulter. Der nach links<br />

verschobene und leicht nach dorthin gewendete Kopf, auf einer Halsplatte, sozusagen einer Plinthe<br />

des Kopfes, die wiederum nach rechts weist, verstärkt dieses kraftvolle Schieben und Drängen<br />

der Ebenen und Stufen, beschließt es aber auch ebenso deutlich. Der Kopf ist offenkundig<br />

über den fünf Blockebenen der einzige nach menschlichem Bild geformte Körperteil, wobei auch<br />

er in seiner Kantigkeit und schroffen, nahezu glatten oberen Schädelfläche und dem geradlinigen<br />

Hinterkopf die Assoziation des Kubus abruft.<br />

Doch welch ein Kopf. Ecce, ist man versucht zu rufen, zu schreien: Seht, geht hin, seht ihn euch<br />

an! Verwüstet das Gesicht. Das linke Auge zerstört. Stattdessen, wie von einem gewaltigen und<br />

brutalen kriegerischen Schlag oder einer Blendung (gar einer Verblendung?), nicht wie Polyphems<br />

einzigem Auge durch Trug und List, sondern dem gezielten, schmerzhaftesten Ausbrennen<br />

des linken Auges, der linken Hälfte des gleichwohl erhobenen Hauptes, eine dunkle Höhlung.<br />

Das Augenlicht nicht wieder hergestellt, geheilt, wie bei dem ägyptischen Horus, sondern<br />

finster bleibend. Nicht hergegeben, um der Weisheit willen, wie bei dem nordischen Göttervater<br />

Odin, sondern genommen, geraubt, vernichtet. Müsste ein solchermaßen, im wahren Wortsinne<br />

malträtiertes Wesen, nicht gebrochen, zerbrochen sein. Gerade in seiner äußeren Gestalt?<br />

Nichts davon ist bei ‚Der Schrei‘ zu finden. Wohl „Opferbereitschaft“ und „Leid-Annahme“, wie<br />

zutreffend geschrieben wurde. 14 Auch das „Warten“, 15 das zeitlose, ja ewige Warten und Harren.<br />

Was ist es also, was ‘Der Schrei‘ sagen, zurufen, zubrüllen will?<br />

55<br />

14 Christa Lichtenstern in Werkstattbuch, aaO,<br />

S. 54<br />

15 Christa Lichtenstern in Werkstattbuch, aaO,<br />

S. 54<br />

Will er sagen, dass es „zum Schreien“ ist, wenn Unheil, Unfrieden, Ungerechtigkeit in dieser Welt<br />

der Menschen tagtäglich gehört, gesehen, erfahren werden? Will er sagen, dass die ungeheuere<br />

Sprachlosigkeit der Menschen angesichts all dieser Ungeheuerlichkeiten gerade niemandem<br />

geheuer sein kann und darf? Ist somit ‘Der Schrei‘ nicht eigentlich Zuhörerall der von außen<br />

kommenden, auf und über ihn stürzenden, immerwährenden Aufschreie? Sind diese Schreie in


ihm akkumuliert, wie gefangen? Und ist somit diese sprachlose Regungslosigkeit und scheinbare<br />

Ohnmacht, diese schiere Erstarrung in dieser nach oben Schlag auf Schlag sich verdichtenden<br />

Verblockung nicht vielmehr Stärke, um gegen den „Rest der Welt‘‘ bestehen zu können, allem eigenen<br />

Leid zum Trotz? „Sprachlose Menschen können sehr mächtig sein „, sagt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> 16 .<br />

16 zit. nach Joseph Antenucci Becherer in:<br />

„Between Silence and Strength“, S. 21<br />

Der Moment I<br />

56<br />

Durch das neugotische Tor, an der Ehrenhalle linker Hand vorbei, in einer offenen Gruft am Beginn<br />

der langen, östlichen Reihe der Grufthäuser finden wir <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s ‘Der Moment I‘. Die alten<br />

Sandsteinmauern sind efeuberankt, eine Birke neigt sich über den Ort, ein Feuerdorn steht wie<br />

funkelnd am Eingang.<br />

Die rückwärtige Wand, aus mächtigen Quadern gefügt, wieder und wieder ausgebessert, ergänzt,<br />

die Narben der vergangenen Zeiten zeigend, teilt sich in zwei gemauerte Rundbögen in deren<br />

Zwischenraum ein rechteckiger, verwitterter Sockel steht. Darauf der Kopf einer Frau, die Hand<br />

eines Mannes. Teile von menschlichen Körpern also, die jedoch nichts Torsohaftes, nichts Unvollständiges<br />

an sich haben. Der Kopf der jungen Frau, denn eine solche ist es offenkundig, ist wie<br />

die ganze Person, stellt sie nicht nur dar, ist sie. Die linke Hand des Mannes ist wiederum – pars<br />

pro toto – der Teil, der für das Ganze steht, den ganzen Mann.<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> gelingt es in dieser eindrucksvollen Arbeit die Körper der beiden Menschen au-<br />

Der Moment I,


atisch anwesend sein zu lassen, den Blick auf Kopf und Hand, wie auf einen Fokus gerichtet, zu<br />

bannen, ohne dass das ‘Fehlen‘ der beiden Körper als Fehlen überhaupt gespürt werden könnte!<br />

Wie der Titel des Werkes sagt, stellt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> einen Augenblick, ein momentum, einen kleinen<br />

Abschnitt im Ablauf der nicht endenden Zeit dar. Die linke Hand eines stehenden Mannes<br />

fasst nach dem Antlitz einer sitzenden Frau. Er berührt ihr Gesicht an drei Stellen, mit Daumen,<br />

Zeige- und Mittelfinger. Jedoch mit solcher Zartheit und so sanft, sehbar an Handhaltung und der<br />

Ausformulierung der Fingerkuppen, dass dieser andere Mensch, die Frau, die Berührung eher als<br />

Botschaft des Innen, als Seelengruß verstehen kann und darf, denn als ein tatsächliches Anfassen,<br />

eine Berührung von Haut zu Haut im Außen.<br />

Der Moment I,<br />

Diesen Dreipunkt des Kontakts zwischen den Menschen wiederholt der Künstler im Skulpturenaufbau,<br />

denn Kopf und Hand, durch den Bronzeguss eine verschmolzene Einheit geworden,<br />

scheinen zu schweben, liegen bei genauerem Hinsehen nur auf drei Stützen, dem Handrücken,<br />

dem Mittelfinger und der Kante des Hinterkopfs. Jedoch nicht flächig, sondern ebenso wie die<br />

Berührung der Finger je in einem kleinstmöglich gewordenen Punkt zusammengeführt.<br />

Die Augen der Frau sind geschlossen, als ob sie nach innen sähen. Ihr Atem ist angehalten. Wie in<br />

einer Atempause zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit 17 scheinen die beiden Menschen zueinander<br />

gefunden zu haben. Für immer! Aber es ist ein Augenblick, der, obwohl er nun im Kunstwerk<br />

ewig verweilt, dennoch offen ist. <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> hat nicht entschieden, ob es der Beginn oder<br />

das Ende einer menschlichen Beziehung ist. Er zeigt, dass nicht Verpflichtungen, Abhängigkeiten,<br />

Dienen oder Herrschen das menschliche Sein bestimmen müssen! Und er zeigt Halten und Gehalten-werden<br />

und dies zuzulassen als Gleichwertigkeit. Der Künstler gestaltet einen Moment der<br />

feinen, wortlosen Ausgewogenheit (also der Balance, wie der einer Balkenwaage, bei der beide<br />

17 vgl. Pico della Mirandola, Schlusswort Schalen gleichgewichtig sind) zwischen Menschen. Flüchtigkeit des Ewigen!<br />

57


58


Im Hofgarten<br />

Leonhart Fuchs berichtet uns erstmals über eine Gartenanlage dort im Jahre 1545 in seinem<br />

“New Kreüterbuch / in welchem nit allein die ganze histori / das ist / namen / gestalt / statt und<br />

zeit der wachsung / natur / krafft und würckung / des meysten theyls der Kreüter so in Teutschen<br />

und anderen Landen wachsen / mit dem besten vleiß beschrieben.“ 1<br />

Ob Friedrich der Große, als er im September 1743 Schwester und Schwager 2 besuchte, Orangerie<br />

und Hofgarten schon vollendet sah, wissen wir nicht. Dass die Gärten nach ihrer Zerstörung<br />

durch den zweiten, großen Krieg des 20. Jahrhunderts im barocken Stil wiederhergestellt wurden,<br />

wissen wir. Dass der berühmte Kaspar Hauser, am 14. Dezember des Jahres 1833 tödlich im<br />

Garten verwundet wurde, wissen wir. Von wem, wissen wir nicht.<br />

Auf dem kleinen gotisierenden Pfeiler abseits im Gebüsch, steht<br />

Hic Occultus<br />

Occulte<br />

Occisus est.<br />

Äinschl Alba<br />

Ein Geheimnisvoller ist hier auf geheimnisvolle Weise getötet worden. Und auf hoher Säule<br />

thront gülden und lorbeerbekränzt der Ansbacher Dichter Johann Peter Uz 3 der fröhlich und klar<br />

(obwohl er 15 Jahre unbesoldet als Justizratssekretär am markgräflichen Hofe gearbeitet hatte)<br />

konstatierte:<br />

“Nur Wein und freye Zärtlichkeit<br />

Begeistern mich gefällig, wenn ich dichte“. 4<br />

59<br />

1 Leonhart Fuchs, New Kreüterbuch , Basel<br />

1543, Titelblatt der Ausgabe<br />

2 Eugen Schöler, Markgraf Carl Wilhelm Friedrich,<br />

Der Fürst und der Mensch, Sonderdruck<br />

Nr. 2 des Vereins der Freunde Triesdorf und<br />

Umgebung e.V. , 1986, s.p.<br />

3 Johann Peter Uz (1720-1796), ein damals<br />

weithin bekannter Anakreontiker (verkürztes<br />

Motto: Wein, Weib und Gesang); vgl. Michael<br />

Reinhart, Peter Zeitler, Zwischen Tradition<br />

und Fortschritt, 175 Jahre Sparkasse Ansbach,<br />

Stuttgart 1998, S. 23 dort Plan des Uz-Denkmals<br />

von 1824<br />

4 Johann Peter Uz, Die fröhliche Dichtkunst in:<br />

Sämmtliche poetische Werke, 2. Auflage, Ansbach<br />

1754, 3. Buch, S. 85<br />

5 Johann Bernhard Fischer, aaO., S. 195<br />

6 Johann Bernhard Fischer, aaO., S. 195<br />

7 Wilhelm Baumann, Die Orangerie zu Ansbach,<br />

Sonderdruck aus dem 79. Jahrbuch des<br />

Historischen Vereins für Mittelfranken, Ansbach<br />

1960, S. 10<br />

Als letzte der illustren Persönlichkeiten im Hofgarten sei Wilhelm Friedrich von Benkendorff,<br />

“Hofbanquier“ 5 genannt, dessen Halbrelief, nach mancherlei Umzügen, nun die Backsteinmauer<br />

ziert, die Hofgarten und Retti-Palais trennt.<br />

Von Benkendorff war erster Präsident der “Hochfürstlich-Brandenburg-Anspach-Bayreuthischen<br />

Hofbanco“, die 1780 “zu mehrerer Ausbreitung des Kommerciums errichtet“ 6 wurde.<br />

An diesem Ort, im markgräflichen Hofgarten, am Rande des Rasenparterres, vor den Lindenhochhecken<br />

und in den Lindensälen, deren erste Stämmchen schon 1723 aus Holland, den<br />

Rhein aufwärts, nach Ansbach kamen 7 , sitzen, liegen, stehen nun <strong>Klinge</strong>sche Figuren dreizehn<br />

an der Zahl.<br />

Sie wachsen in den Gartenhimmel, wie ‘Ailanthya‘. Sie recken und strecken sich, wie dem Boden,<br />

im Wortsinne, entwachsene Pflanzen und heißen ‘Entwurf für eine große Figur‘. Sollen dies auch<br />

sein, “Entwürfe“. Auch wenn sie mehr als zwei, manche fast drei Meter an Höhe messen. Maquetten<br />

in solchen Dimensionen? Schwer vorstellbar? Ja, und doch liegt dies in des Künstlers Absicht.Die<br />

aus den “kleinen Modellen“ heraus entwickelten großen Figuren, wären größer als manches Haus!<br />

Und ‘Äinschl Alba‘ breitet ihre pralle Weiblichkeit, einem barocken Engel gleich, Raum greifend,<br />

ihren Raum ausfüllend und definierend, vor dem Rasenparterre aus. Ein munteres aber auch<br />

ernsthaftes Volk, wie geschaffen für die Pracht der Orangerie und ihres Hofgartens.


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Äinschl Alba<br />

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Äinschl Alba<br />

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66<br />

Entwurf für<br />

eine große Figur VI


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Entwurf für<br />

eine große Figur I<br />

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71


72<br />

Entwurf für<br />

eine große Figur II


Entwurf für<br />

eine große Figur IV<br />

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74<br />

Entwurf für<br />

eine große Figur IV,<br />

Ailanthya (im Hintergrund)


75


76


Enopie III,<br />

Sol (im Hintergrund)<br />

77


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Sol<br />

79


80<br />

Sol,<br />

Enopie III,<br />

Mada II,<br />

Entwurf für<br />

eine große Figur IV


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Gordian VI<br />

Ailanthya (im Hintergrund)<br />

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echte Seite<br />

Bachelie WD,<br />

Gordian VI,<br />

Ailanthya<br />

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90<br />

Gordian VII,<br />

Bachelie WD<br />

linke Seite<br />

Bachelie WD


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Entwurf für<br />

eine große Figur III<br />

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In Topia<br />

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Das Palais des Leopoldo Retti<br />

Die Ausstellung im Retti-Palais konnte leider nicht wie geplant öffentlich zugänglich<br />

gemacht werden, da Publikumsverkehr dem fragilen Baudenkmal im aktuellen<br />

Zustand schaden würde.<br />

"Zur Zierde" der Stadt, wie Markgraf Carl Wilhelm Friedrich bei der Schenkung des Grundstücks<br />

in der Jägergasse von seinem Hofbaumeister Leopoldo Retti forderte, sollte dieser<br />

dort ein Bauwerk errichten. Tempora mutantur!<br />

Der Fall Die "Zierde" ist entschwunden. Gealtert, besser zeraltert, fast verkommen, nahe am Verfall,<br />

so stellt sich der einstige Prunkbau heute dar. Trotz aller Bemühungen von Vielen!<br />

Die Ahnung der Schönheit, die Mahnung der Vergänglichkeit, der Wandel von Leben zum<br />

Tod, das spiegelt das Retti-Palais, so wie es heute steht. Das barocke "Vanitas, vanitatum et<br />

omnia vanitas", es ist alles eitel, 1 das meint alles ist vergänglich war sicher nicht der Richtspruch<br />

des 1749 2 fertiggestellten Gebäudes:<br />

‘Es ist alles eitel‘<br />

Du sihst wohin Du sihst nur Eitelkeit auff Erden.<br />

Was dieser heute baut reißt jener morgen ein,<br />

wo itzund Städte stehn wird eine Wiese seyn<br />

1 Bibel, Prediger, Kapitel1 , Vers 2 und Kapitel<br />

12, Vers 8<br />

Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden. 3<br />

Das Haus aber, hochherrschaftlich und blühend einst, zeigt eben das Vergehen und Verwehen<br />

von Ruhm und Ehre, von Liebe und Verlangen, von unerfüllter, nicht mehr erfüllbarer<br />

Sehnsucht. Ein Ort, wie bereitet für den Künstler <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>. Und so zeigt er in diesen<br />

zerbröckelnden Mauern die Bodenarbeiten und Plastiken 'Der Fall','Autokatalyse I', 'Tantalus','Roes<br />

X' und 'Autokatalyse<br />

3 Andreas Gryphius (1616-1664), Sonett, 1637 III'.<br />

2 Koinzidenz: Der im Jahr der Erbauung des<br />

„Retti“ 1749 geborene Johann Wolfgang von<br />

Goethe (1749-1832) verwendete eben diesen<br />

von Andreas Gryphius aus der Vulgata übernommenen<br />

Text in seiner Gedichtsammlung<br />

Gesellige Lieder von 1806<br />

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RoesX<br />

Anagrammiert wiederum ist dieser Name, in doppelter Hinsicht. 'Roes' meint Rose, meint<br />

Schönheit, aber nicht die vollkommene Schönheit der Rose schlechthin, vielmehr die gefährdete<br />

Schönheit, deren veränderter Name 'Roes' eben dies andeutet. Und 'Roes' meint Eros und<br />

zugleich Thanatos. Die Plastik 'Roes X', also die zehnte aus dieser Werkgruppe, ist wie eine<br />

formgewordene Metapher des Retti-Palais. Schönheit und Hässlichkeit sind vereint in dieser<br />

Arbeit <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s.<br />

120<br />

Eine Idealbüste einer schönen und erotischen Frau, einer Venus, nicht der von Willendorf, sondern<br />

der von Milo, scheint dem verrotteten, mit Hässlichkeitswert wie aufgeladenem Stamm zu<br />

entsteigen, sich aus ihm herauszuschälen, ans Licht zu kommen, geboren zu werden, nicht aus<br />

Schaum, sondern aus altem, gestorbenem Holz.<br />

So lehrt der erste Blick, der von den makellosen Brüsten der Figur gelenkt ist. Wenn aber der<br />

Baum, der Stamm, als Erstes gesehen wird, kehrt sich der Sinn um: Wie Daphne, die in den<br />

Lorbeerbaum verwandelt wurde, deren "weiche Brüste ... von zarter Rinde umschlossen" 15 werden,<br />

deren "Arme als Äste wachsen" 16 , verändert sich 'Roes X' in einen starren Stamm, wird<br />

einverleibt. Und doch ist es keine Daphne, kein Wechsel nur von einer Lebensform zur anderen.<br />

Es zeigt vielmehr die zeitliche Begrenzung alles Schönen, das dem Vergehen unterworfen ist.<br />

Roes X<br />

15 Ovid, Metamorphosen, Buch 1, Vers 548<br />

16 Ovid, aaO., Vers 549


121


Das blühende, weibliche Leben wird zu totem Holz. Dieses memento mori - ein barockes<br />

Gefühl in einem barocken Gebäude - zeigt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> in anderen Bezügen der Skulptur<br />

ebenso deutlich. Es ist ein Torso, eher noch ein Fragment eines Körpers, der vor uns steht.<br />

Ein Fragment ohne Kopf, ohne Arme, ohne Beine, beraubt aller Möglichkeiten - trotz all der<br />

Schönheit des Körpers - mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Der Rumpf muss erlei<br />

den, muss passiv geschehen lassen, betrachtet zu werden, kann keinen Dialog führen, mit<br />

niemandem! Ist "nur" schön als Qualität, als Beschaffenheit. Eine Beschaffenheit, die dem<br />

Diktat der Zeit sichtlich und stets unterworfen ist und sein muss.<br />

122<br />

ln seinem "Lehrbuch nach Kantischen Grundsätzen" hat Johann Friedrich Christoph<br />

Graeffe 17 1799, dem Jahr in dem Goyas Tantalo entstand, in lapidarem Dialog formuliert:<br />

"L. Gesetzt nun, daß jemand würklich Schönheit hätte, wie lange wird er sie denn behalten?-<br />

K. Nicht lange." 18 Und weiter: "L. Worin verwandelt sich denn die blühendste Schönheit? - K.<br />

ln Hässlichkeit." 19<br />

Dieses ”nicht lange“ finden wir nochmals und nochmals im Aufbau dieser klingeschen Arbeit.<br />

Zum einen sockelt der Künstler die Arbeit und hebt sie damit hervor, erhebt sie, macht<br />

sie bedeutender, herrscherlicher 20 . Und zugleich zeigt er dialektisch das Gegenteil.<br />

Der Sockel ist nicht etwa ein wohlgeformter feiner Block mit gestalteter Plinthe und Deckplatte,<br />

sondern eine rohe, zusammengezimmerte Kiste, die das Thema der Erhebung über<br />

17 Johann Friedrich Christoph Graeffe, Vollständiges<br />

Lehrbuch der allgemeinen Katechetik<br />

nach Kanntischen Grundsätzen, Band 3, Göttingen<br />

1799<br />

18 Graeffe aaO. S. 217<br />

19 Graeffe aaO. S. 218<br />

20 <strong>Dietrich</strong> Kl inge, Sitzbilder- eine Genealogie,<br />

S. 34 ff.


123


124


Andere konterkariert und in Frage stellt. Hochmut kommt vor dem Fall, sagen die Bibel 21 und<br />

die Kiste! Schönheit einst, bewahrt nicht vor deren Vergehen morgen und übermorgen! Zum<br />

anderen ist dieser massige Stamm keineswegs sicher gegründet, und nicht wohl ausgewogen<br />

auf seinem Postament. Ein Keil unter dem Stamm entscheidet, ob das Denkmal der<br />

Schönheit steht oder stürzt, ob die Schönheit bleibt oder vergeht. Und das Stürzen von Bildern<br />

der Mächtigen - und Schönen - von ihren meist auf eigenes Geheiß errichteten Sockeln<br />

kennt die Geschichte der Menschheit gut genug.<br />

Und zum Letzten sehen wir Jugend und Alter, Werden und Vergehen, Eros und Thanatos in<br />

den zwei Seiten der Plastik, der vorderen und der rückwärtigen, denn die jugendlich prallen<br />

Brüste konterkariert ein gebeugter, alter Rücken. Zwei Lebensalter in dieser einen Figur!<br />

So zeigt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> dialektisch auf vielfältige Weise in diesem Werk die stete, und notwendige<br />

Balance zwischen Schein und Sein und die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit des<br />

21 Bibel, Sprüche, Kapitel 16, Vers 18 Schönen, ja des Seins schlechthin.<br />

Kruzifix<br />

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130 Autokatalyse III


Vor und hinter dem Landgericht Ansbach<br />

Polyanthe,<br />

Nightheart II,<br />

Gordian X<br />

Ein verträumter Biergarten im Herzen der Stadt Ansbach im 19. Jahrhundert, eine “königlich<br />

allerhöchste Verordnung“ aus dem Jahr 1890, eine architektonisch an-sprechende Planung<br />

eines prächtigen Stadtpalastes durch Fritz Walther 1 1901 und schließlich der Einzug einer<br />

neuen Behörde unter der Adresse “Promenade 4“, der heutigen Adresse des Landgerichtes<br />

Ansbach 2 . Diese Behörde aber, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Räumlichkeiten<br />

nebst Direktoren- und Hausmeisterwohnung bezog, war die im Jahr 1890 auf königliches<br />

Geheiß gegründete Landesversicherungsanstalt Mittelfranken. Gebaut wurde mit Weisheit!<br />

Genauer: mit der Firma Popp und Weisheit, Nürnberg bis 1903. Der Bau auf dem Biergartengrundstück<br />

hatte durstige Bürger wütend gemacht. Der das Stadtbild bereichernde Bau mit<br />

Hausteinfassade, vorspringendem Mittelrisalit und bronzetürigem, goldbekrönten Eingangsportal,<br />

hatte die „Wutbürger“ wieder beruhigt 3 . Im geschichtsträchtigen Jahr 1933 pachtete<br />

der Freistaat Bayern das Areal für 14.000,00 Reichsmark jährlich an, um es knapp zehn Jahre<br />

später käuflich zu erwerben 4 . Das Landgericht Ansbach hatte seine Bleibe gefunden, die<br />

Landesversicherungsanstalt war aus Mittelfranken wegverlegt worden.<br />

Paul Johann Anselm von Feuerbach wurde im März 1817 erster Präsident des Appellationsgerichtes<br />

Ansbach, damals noch residierend am Montgelasplatz in den Räumen des früheren<br />

Hofgerichtes.<br />

Das Hofgericht wurde zum Appellationsgericht, dieses zum Landgericht. Feuerbach, der<br />

(bislang) wohl bekannteste Ansbacher Gerichtspräsident hielt eine ful-minante Antrittsrede<br />

über “die hohe Würde des Richteramts“. 5 “Gerechtigkeit der Gesinnung, welche unbefangen<br />

als Recht ausspricht, was sie als das Recht erkennt“, das verlangte Feuerbach. Und er verlangte<br />

den Ungehorsam des Richters dort, “wo der Gehorsam Treubruch sein würde gegen<br />

die Gerechtigkeit, in deren Dienst er allein gegeben ist.“ 6<br />

131<br />

1 Der Weltmeisterschaftsfußballer von 1954<br />

wird ohne "h" geschrieben<br />

2 Hrsg. Landgericht Ansbach, Ein stetes Ringen<br />

ums Recht, Beiträge zur Ansbacher Justizgeschichte,<br />

Ansbach 2015, S. 63<br />

3 Hermann Ritzer in: Ein stetes Ringen ums<br />

Recht, Beiträge zur Ansbacher Justizgeschichte,<br />

Ansbach 2015, S. 63, Baugeschichtliche<br />

Daten zum Gebäude Promenade 4<br />

4 aaO., S. 63<br />

5 Ernst Metzger, Feuerbach in Ansbach, in:<br />

Ein stetes Ringen ums Recht, Beiträge zur Ansbacher<br />

Justizgeschichte, Ansbach 2015, S. 13<br />

6 zit. nach Ernst Metzger, aaO., S. 14<br />

7 zit. nach Ernst Metzger, aaO., S. 14<br />

8 zit. nach Ernst Metzger, aaO., S. 14<br />

Montaigne führte in seinen berühmten Essais aus: “Die richterliche Gewalt verleiht man<br />

nicht zugunsten des Richters, sondern zugunsten desjenigen, der Recht nehmen soll.“ 7<br />

Und Jens Petersen unterstrich dies mit den Worten: “Eine funktionierende Rechtspflege<br />

gründet nicht auf der Selbstherrlichkeit der Richter, sondern darauf, wie sie dem Rechtsunterworfenen<br />

gegenübertreten.“ 8<br />

<strong>Klinge</strong>s sieben überlebensgroßen Skulpturen, die er vor das Landgericht setzt und stellt,<br />

fehlt es an jeglicher Selbstherrlichkeit. Es sind Denker, Sinnierende, Abwägende. Wir lesen<br />

es an ihren Gesichtern, an den Haltungen, ab. Ein ernsthaftes Ringen und Bemühen<br />

in zutiefst humanistischem Sinne! Wobei jede der Figuren ihre persönliche Befindlichkeit<br />

jedoch mitbringt, mitbringen muss, denn die Prägungen des Lebens bedingen Blickwinkel,<br />

Ansichten, die unterschiedlich sind und sein dürfen. Die Skulpturen tragen keine Augenbinden,<br />

keine Waagen, keine Schwerter, wie sie Justitia-Darstellungen zu eigen sind. Sie<br />

wirken durch ihre transparente Aufrichtigkeit und Offenheit. Und sie sind gerecht, jede auf<br />

ihre eigene Art, ohne zu richten.<br />

Wer aber ist ‘Gordian XII‘? Hinter dem Landgericht Ansbach! Dort liegt er im Zentrum eines<br />

Rasengevierts. Von der Promenade, also der Fassade des Gebäudes kommend, ist das Niveau<br />

des kleinen Rasenstücks um mehr als einen Meter erhöht.<br />

Der Betrachter nähert sich deshalb unter einem anderen Blickwinkel, als demjenigen, wenn


132


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134


Konznow Cogitar,<br />

Gordian VIII,<br />

AmIam<br />

135


136<br />

Polyanthe,<br />

Nightheart II,<br />

Gordian X


er neben der Skulptur steht. Diese Veränderung lässt aber die Wirkmacht der Arbeit <strong>Dietrich</strong><br />

<strong>Klinge</strong>s erkennen. Denn schier unentrinnbar will man diese Figur ‘Gordian XII‘ in Bewegung<br />

bringen, will die zurückgebundenen Arme zu Boden drücken, um dem Körper und dem Kopf<br />

den Flug in die Höhe zu ermöglichen oder will die Arme anheben und den Kopf dadurch im<br />

Gras versinken lassen!<br />

Wer also ist ‘Gordian XII‘?<br />

Zum Zwecke der Erforschung der Wahrheit, so die hehre Vorstellung, Überzeugung und zugleich<br />

bittere Verkennung wird in der Menschheitsgeschichte Folter des Menschen durch<br />

den Menschen praktiziert. Menschen wurden und werden physisch gebrochen, gerädert,<br />

ihre Knochen zerschlagen, zerquetscht. Psychisch gebrochen, durch unvorstellbare Qualen.<br />

137<br />

Gordian XII (Fall) (Sturz)<br />

Ein Mittel der Wahl bei „peinlichen Befragungen“ war das Aufziehen des Deliquentenkörpers,<br />

dem die Arme nach hinten gebunden waren.<br />

So wie bei ‘Gordian XII‘.<br />

Dem fehlt bereits die rechte Hand vollständig und dessen Linke weist nur Fingerstummel<br />

auf. Der rechte Arm an der Oberseite mit Muskeln ausformuliert, an der Unterseite,<br />

wie aus dem Holz gerissen. Der linke Arm aus mehreren rohen Teilstücken von Ästen zusammengesetzt<br />

mit Resten von Berindung und Finger darstellender Astgabel. Ein Bild der<br />

Zerstörung. In ohnmächtiger, entwürdigender Gefangenschaft.<br />

Ist aber ‘Gordian XII‘ ein Täter, mit Recht (aber vielleicht nicht zu recht) gefangen und gebunden?<br />

Einer, dem ein Tribunal bevorsteht! Oder ist er bemitleidenswertes Opfer von Willkür?


Blicken wir in sein Gesicht: keine harte Physiognomie, die wir von einem Täter irrigerweise<br />

stets erwarten, Gewalt, Triebhaftigkeit, kurz vorgeblichen verbrecherischen Willen darstellend.<br />

Ein weiches Gesicht, männlich zwar, jedoch nicht trotzig, aber auch nicht unterwürfig.<br />

Wer also ist ‘Gordian XII‘? Ist er Täter oder Opfer?<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> lässt uns und sich mit der Frage allein. Zurecht!<br />

Denn, können wir, das Volk, oder die Richter im Namen des Volkes, das Gute und Böse stets<br />

so sicher scheiden, wie Gott in der Schöpfungsgeschichte Himmel und Erde, Tag und Nacht?<br />

Und beschreibt nicht <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> gerade in dieser Skulptur das ewige Dilemma aller<br />

Rechtssuchenden und noch besonders der Rechtsfindenden? Zwar besagt die römische<br />

Rechtsregel „da mihi facta, dabo tibi ius“ bereits, dass der Richter dann, wenn ihm die<br />

138<br />

Fakten des Falles bekannt gegeben würden, er dann Recht spräche. Aber: „ius“, nicht „iustitia“!<br />

Recht nicht Gerechtigkeit! Rechtssprüche von Gerichten können gerecht sein, müssen<br />

es jedoch nicht.<br />

Und mit ‘Gordian XII‘ der Täter, aber auch Opfer sein kann, entwickelt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> als<br />

Antwort auf diese Stätte des Gerichts einen Sinnzusammenhang, einen Deutungszusammenhang,<br />

zwischen den je nach eigener Befindlichkeit nachdenkenden und abwägenden<br />

Figuren vor dem Gericht, die keine Gerechtigkeit geschehen lassen können und ‘Gordian<br />

XII‘, der verzweifelt Gerechtigkeit geschehen lassen will. Ihm, dem Einzelwesen gegenüber!<br />

Für diese menschliche Schaukel aber bleibt der Flug nach oben mit erhobenem Kopf eine<br />

unerfüllbare Sehnsucht!<br />

Gordian XII (Fall) (Sturz)


139


Der Fuchsgarten<br />

Der Schnittlauch, “er reytzt zu Unkeuschheyt“, so liest man auf einem der vielen Pflanzenschilder<br />

im Fuchsgarten, zwischen Lorbeer 1 - und Zitrushaus (das nicht so genau<br />

weiß, ob es sich mit Z oder mit C am Wortanfang schreiben darf) 2 .<br />

Von Schnittlauchgedanken weit entfernt sind jedenfalls die starken weiblichen Figuren<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s im Garten vor dem Lorbeerhaus: ‘Big Spoon‘ (fast drei Meter groß und<br />

von 2006) und vor dem Zitrushaus, die wenig kleinere ‘Ceres‘ von 2011.<br />

140<br />

‘Ceres‘ ist Gebieterin, Göttin. Kein Zweifel!<br />

Hier herrscht sie über Haus und Hof, Zitrushaus und Fuchsgarten, ebenso wie über die<br />

klingeschen Bewohner in diesem Haus. Ist Göttin der Fruchtbarkeit. Scheint unbeweglich<br />

zu stehen, aufrecht. Fast unmerklich gedreht, ist sie dennoch körpergespannt. Dies<br />

wiederum zeigt <strong>Klinge</strong>s tiefe Verankerung im kunsthistorischen Kontext, zitiert er doch<br />

die ‘figura serpentinata‘ des Manierismus im Cinquecento. Die Körperdrehung und die<br />

Haltung des handlosen rechten Armes zeigen ‘Ceres‘ in einer Pose, als wolle sie Früchte<br />

des Feldes säen, ohne es jedoch zu können. Die Hand ist scharf abgeschnitten, durch<br />

eine unbekannte Macht.<br />

Es ist die vergebliche Mühe des Sysiphos, das stete und doch immer erfolglose Bemühen,<br />

das Scheitern von Menschen, das der Künstler in dieser erhabenen Figur darstellt.<br />

Denn trotz aller Schönheit, Anmut und allem Herrscherstolz findet ‘Ceres‘ keine<br />

Ceres<br />

1 Ehemaliges Gärtnerwohnhaus<br />

2 Unlängst kam aus München die verbindliche<br />

Weisung, innerhalb der Bayerischen Schlösser-<br />

und Seenverwaltung nur das Z zu verwenden,<br />

also: Zitrushaus!


141


Erfüllung. Eben dies vermittelt auch der wie von einem kostbar verzierten Rock bedeckte<br />

Unterkörper. Die Möglichkeit fruchtbar zu sein, scheint diesem Leib nicht vergönnt. Der<br />

reiche Stoff des Gewandes wird bei genauem Betrachten zu verbranntem, verkohltem,<br />

also vernichtetem Holz. Schein und Sein!<br />

Das einst lebendig Gewachsene wird durch eine doppelte Transformation zunächst durch<br />

Feuer zerstört, um dann wiederum als ‘ewige Bronze‘ im Kunstwerk aufzuerstehen.<br />

142<br />

‘Big Spoon‘ steht wie das Zeichen eines Ausrufs vor dem Lorbeerhaus, dem Haus des<br />

Gärtners in früheren Zeiten. Es ist ein ‘Großer Löffel‘, der zunächst die Assoziation mit<br />

der überlebenswichtigen Nahrungsaufnahme zulässt. Er ist das urtümlichste Esswerkzeug,<br />

das erste im Leben eines Kindes und das erste im Leben der Menschheit, nachgebildet<br />

der schöpfenden Hand.<br />

Die zweite Deutungsebene zeigt die Schale des Schutzes der Frau, eben den Mutterschoß,<br />

den diese mächtige Figur wie behütend öffnet. Darauf erhebt sich, dort herausgewachsen,<br />

eine starke Säule des Körpers, wie ein Baum. Der Kopf mit der prägnanten<br />

Dreiecksnase und die halbkugeligen, wie aufgesetzten Brüste evozieren jungsteinzeitliche<br />

und bronzezeitliche Kykladenidole.<br />

Streng, unnahbar und hoheitlich. Mit verschränkten, wie aneinandergebundenen Armen<br />

oder Armstümpfen, dort vor fünftausend Jahren, ohne Arme jetzt, in beiden Fällen<br />

aber ohne helfende, gebende Hand.<br />

Ein dialektischer Widerspruch bei <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, das personifizierte, nahrungsspen-dende<br />

Essgerät kann selbst nicht agieren, selbst nicht handeln mit den eigenen<br />

Händen, ebenso wie ‘Ceres‘, Nahrung nicht verteilen kann, um Leben zu erhalten.<br />

Big Spoon<br />

(Empty Spoon VII)


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Zitrushaus<br />

Ein Glashaus stand seit Beginn des 18. Jahrhunderts an Ort und Stelle. Dann bis 1960 ein<br />

Palmenhaus, Kalt- und Warmhaus, in der Mitte der Hofgärtnerei mit Rosarium.<br />

Gegenüber dem barocken Gärtnerwohnhaus, heute entkernt und im Winter eine große Schar<br />

von Lorbeerbäumen beherbergend, steht der Anfang der zweitausender Jahre errichtete<br />

Glasbau des Zitrushauses .<br />

Dort lassen es sich die Pomeranzen und Zitronen, Granatapfel- und Ölbäume in der kalten<br />

Jahreszeit gutgehen. Vor dem Zitrushaus stand dort im Sommer 2012 “Josè Carl Wilhelm<br />

147<br />

Metamorph Seraphisch<br />

Friedrich“ mit mehr als sechs Metern Höhe und 50 Jahre alt, eine blühende Agave.<br />

“Josès“ Vorgänger (Vorgängerin?) war – erstmalig nördlich der Alpen – schon 1627 erblüht.<br />

Im Zitrushaus, noch voll von den Ahnungen der winterlichen Gäste, zeigt <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> ein<br />

beziehungsreiches Geflecht von Skulpturen.


148<br />

Große 78 (im Hintergrund)<br />

Metamorph Seraphisch


149<br />

Zentus,<br />

Metamorph Seraphisch,<br />

Gordian II,<br />

Gordian XI,<br />

Cupido,<br />

Große 78<br />

(von links nach rechts)


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Gordian XI (im Vordergrund),<br />

Gordian II,<br />

Cupido<br />

155


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159<br />

Metamorph V,<br />

Zentus,<br />

Gordian II,<br />

Metamorph Seraphisch,<br />

Gordian XI<br />

(von link nach rechts)


160


161


162


Stele Garuge<br />

Stele Garuge! Stele Garuge! Das ist sprachlich wie ein Imperativ, etwas zu sehen, zu<br />

fühlen und zu verstehen, zu müssen. Ein: tolle, Lege! Nimm und lies! Stele, die griechische<br />

Säule, ruft ihren Namen mit den hellen Vokalen 'e' heraus, während 'Garuge'<br />

dumpf und guttural mit 'a' und 'u' aufwartet, nur im Schlussklang wieder heller wird.<br />

Ein Tonbild ist dieser Benennung immanent, man ist versucht es Versmaß zu nennen,<br />

wie etwa 'Mutter Theresa' oder 'mater matuta'. Ein Rhythmus, der Bewegung und Ruhe<br />

zugleich evoziert.<br />

163<br />

Garuge<br />

1 Vgl. Orangerie Reinz, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Köln<br />

2000, S. 11<br />

Und der Name 'Garuge'? Nichts, aber auch gar nichts hat er rückanagrammiert mit dem<br />

äthiopischen Stamm der Gurage zu tun! <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> hat nur, wie er es gerne tut, mit<br />

Buchstaben gespielt, in diesem Fall mit dem Nachnamen einer seiner Sammler, der<br />

nicht 'Garuge' heißt!<br />

Der beeindruckende Kopf der Plastik entstand 1999 1 , zunächst als eigenständiges Werk,<br />

genannt 'Kopf 122'. Im darauffolgenden Jahr verwendete <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> die Arbeit weiter<br />

und setzte der neuen Säule den alten Kopf auf. Dies geschieht im klingeschen Werk<br />

nicht selten, dass Teile von Skulpturen weitergegeben werden, weiterleben in anderem<br />

Zusammenhang - und dies wäre eine eigenständige Untersuchung wert.<br />

Hier nimmt der Künstler den Kopf und setzt ihn schroff auf einen knapp ein und einen<br />

halben Meter hohen Korpus. Aber wie er ihn platziert! Er schiebt den Schädel soweit zur


echten Schulter der Stele, dass der Haaransatz spannungsgeladen über die Vertikale<br />

der Figur hinausragt Diese Vertikale setzt sich aber fort in Wange und Schläfe des<br />

Kopfes, eine neue Einheit schaffend.<br />

Der Oberkörper der Figur ist durch einen scharfkantigen, geschwungenen Schnitt,<br />

wie entblößt, trägt aber über dem durch den Schnitt entstandenen Schwung des linken<br />

Armes mit angewinkeltem Unterarm gleichsam ein Gewand, eine Toga etwa, eine<br />

Mönchskutte, wie darübergeworfen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Abkantung<br />

eines Teils der linken Körperhälfte, wodurch mit scheinbar einfachen und wie<br />

zufällig wirkenden Eingriffen eine unglaublich stimmig und tiefwirkende Komposition<br />

164<br />

entsteht. Das Antlitz der Stele ist in sich gekehrt und gesammelt. Eine unbeirrbare<br />

Person, die durch manchen Zweifel zu sich selbst gefunden hat, wach, wachend, beobachtend.<br />

Im Zitrushaus wie eine Wächterfigur über den hier versammelten Kosmos!<br />

Garuge,<br />

Gordian IV


Gordian IV<br />

1 freundliche Mitteilungen von Dipl. Ing. Konstantin<br />

Buchner, Schloss- und Gartenverwaltung<br />

Ansbach<br />

Aus dem Bast der Kornelkirsche flocht der sagenumwobene phrygische König Gordias<br />

den Knoten, der die Deichsel seines Kampfwagens untrennbar- bis Alexander kam- mit<br />

den Zugjoch für die Tiere verband.<br />

Von Verflechtungen , Verknotungen, Verbindungen handeln die ersten vier, die sechste<br />

und die zehnte der Skulpturen aus der Werkgruppe <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s, die den abgeleiteten<br />

Namen ‘Gordian‘ tragen. Die erste Arbeit dieser Serie aus dem Jahr 2006 stellt einen auf<br />

dem Boden liegenden Torso eines Mannes dar, dessen hinter den Rücken gereckte und<br />

gehaltene Arme sich in einer offenen Schleife schließen und treffen. Ein Versinkender, einer<br />

der "mitten im Leben vom Tod umfangen" (Ambrose Bierce) ist, ein Gefangener. ‘Gordian<br />

II‘ , ebenfalls 2006 entstanden, ist eine aufrecht hockende, herrscherliehe Frau,<br />

deren Arme- vor dem Körper- wiederum ineinander, ohne Hände zu haben, übergehen.<br />

Knotenlos! Gordian III ist ein Knoten- einfach, nicht gordisch- zwischen dessen Seilenden,<br />

die sich überraschend als Klammer erweisen, ein weiblicher Kopf eingezwängt ist.<br />

Und nun ‘Gordian IV‘: Der erste Blick bestätigt den Knoten, den die beiden ineinanderübergehenden,<br />

handlosen Arme bilden. Der zweite, vielleicht erst der dritte Blick,<br />

belehrt eines Besseren: Keinerlei Verknotung! Eher eine Art endloser Schleife, die Bewegung<br />

nicht nur darstellt, sondern Bewegung ist. Man kann die umeinander, also um sich<br />

selbst schwirrenden Hände, von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> nicht dargestellt, in rasendem, rastlosem<br />

Umeinander förmlich spüren. Es ist als ob sich Räder unermüdlich drehten. ln völligem<br />

Gegensatz dazu - und wiederum eines der Kompositionsprinzipien <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s<br />

aufzeigend - ist der verblockte Unterkörper der Sitzfigur. Wie hingeworfen, ein Kubus,<br />

ein Quader fast, auf einer Fuß-Plinthe bewegungslos ruhend , völligen Stillstand symbolisiert.<br />

Der Oberkörper anmutig bewegt, eine feine, geschwungene Linie des Rückens,<br />

fraulich gewölbter Bauch, Rippenbögen im hohen Brustraum zeigend, von zwei nahezu<br />

vollendet halbkugeligen, kleinen Brüsten wie bekrönt. Die Halspartie steigt schulterlos<br />

steil an und neigt sich fest und stark überlängt über den oberen, bewegten Teil des Körpers<br />

hinaus. Der Kopf, besser das Gesicht, wie bei ‘Solafam‘ oder ‘Die Lust‘ wie vorgehängt,<br />

flach , jedoch ohne- wie bei den beiden genannten Skulpturen auch- maskenhaft<br />

zu wirken oder gar Maske zu sein.<br />

Das Gesicht, trotzdes vollen, fast wulstigen, weiblichen Lippenpaares, fein geschnitten.<br />

Der ausmodellierte und bewegte Oberkörper schlussendlich eingeschäftet in den unbeweglichen<br />

Kubus des Unterkörpers. Gegensätzlicher kaum vorstellbar und doch den<br />

Gegensatz versöhnend, eine Einheit<br />

bildend.<br />

Angeregt wurde <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> zu ‘Gordian IV‘ durch das wohl im Jahre 1658 entstandene,<br />

letzte großformatige Velázquez-Bild "Las Hilanderas" (Die Spinnerinnen) oder auch<br />

"La fábula de Aracné " (Die Sage der Arachne), das bis heute noch nicht als enträtselt,<br />

als entschlüsselt gilt. Ein idealer Nährboden für <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> also! Ein Bild, das trotz<br />

aller bisherigen Deutungsversuche weiterhin als polysem gleichsam verharrt, als vieldeutig,<br />

voll von Widersprüchen und Rätseln. <strong>Klinge</strong> entnimmt dem Bild des Diego Velázquez<br />

ein zentrales Motiv, das surrende, fliegende Rad der Spinnerin Pallas Athene. Die<br />

handlosen, ein endloses Band versinnbildlichenden, rotierenden Arme von ‘Gordian IV‘<br />

nehmen dies auf, setzen es um. Es sind die unsichtbaren Hände, die arbeiten, nimmer-<br />

165


166<br />

Gordian IV


Diego Velázquez, Las Hilanderas, La fábula<br />

de Aracné, 1658<br />

müde, ohne Unterlass. Überlagert von dem Mysterium der tiefsten lnsichgekehrtheit,<br />

wie es etwa auch dem Bildnis einer anderen Handarbeiterin, jener von Jan Vermeer, etwa<br />

1669, genannt ‘Die Klöpplerin‘, nachgesagt wird. Jedoch sieht man auf den genannten<br />

Tafelbildern, die Frauen in ungeheurer Stetigkeit arbeiten, an etwas arbeiten . Sie tun<br />

etwas im Außen!<br />

167<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> verlagert die konkretisierte, äußerliche Tätigkeit vollständig nach Innen<br />

und wird somit von dem, was und wie bearbeitet, verarbeitet wird, unabhängig. Und er<br />

hat ‘Gordian IV‘ in einen anderen, tiefen Zustand der Innerlichkeit, der lnsichgekehrtheit<br />

versetzt und aber auch der Losgelöstheit. Fast ist man versucht an einen befreiten und<br />

seine Strafe verbüßt habenden Sisyphos zu denken, der gleichwohl Tag für Tag für Tag<br />

den Stein weiter schleppt und rollt, bis ans Ende aller Tage, zufrieden, ja glücklich! Und<br />

ist Gordian IV nicht so, und gerade so, eine Metapher für die Arbeitswelt der Neuzeit?<br />

Tätigkeiten, die sich ein Arbeitsleben lang wiederholen, gleichförmig, einen Zustand der<br />

Entfremdung schaffend, der nur mit Hilfe des veränderten und anderen und anders gewordenen<br />

inneren Zustandes des Aushaltens ein sinnvolles, statt eines sinnentleerten,<br />

Weiterleben ermöglicht.


168


Schlusswort<br />

Über den Menschen hat Giovanni Pico della Mirandola (1463-1494) in seiner hochgelobten,<br />

nie gehaltenen Rede, mit dem Titel ‘De hominis dignitate‘ (Über die Würde des Menschen),<br />

gesagt, er sei “eine Atempause zwischen dem Ewigen und dem Strom der Zeit“ 1<br />

Diese Atempause, so will es scheinen, hat der Künstler <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, in plastische Formen<br />

überführt und damit sichtbar gemacht, anfassbar. Den ‘Strom der Zeit‘ zeigt er im Werden<br />

und Vergehen, im Aufblühen und Entschwinden, in der Verwendung von starken, frischen<br />

und vergehenden, verrotteten Ausgangsmaterialien.<br />

169<br />

1 Dora Baker, Giovanni Pico della Mirandola-<br />

Sein Leben und sein Werk, Dornach 1983, S. 63<br />

Die ‘Übersetzung‘ aus dem Material Holz in die Bronze der fertigen Skulpturen schließlich ist<br />

wie eine Transformation aus der Zeit, hin zur Ewigkeit. Der Mensch ist für <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> also<br />

ebenso “eine Atempause zwischen dem Ewigen und dem Strom der Zeit“!


170


Abgebildete Werke<br />

Bachelie WD,<br />

2000, Bronze, 208 x 132 x 104 cm<br />

Äinschl Alba,<br />

2001, Bronze, 236 x 232 x 240 cm<br />

Big Spoon<br />

(Empty Spoon VII),<br />

2006, Bronze, 280 x 78 x 90 cm<br />

Ailanthya,<br />

2000, Bronze, 274 x 200 x 100 cm<br />

171<br />

Ceres,<br />

2013, Bronze, Höhe: 255 cm<br />

AmIam,<br />

2011, Bronze, Höhe 216 cm<br />

Cupido<br />

2014, Bronze, Höhe 217 cm<br />

Autokatalyse I,<br />

1990/1991, Bronze,<br />

300 x 165 x 55 cm<br />

Autokatalyse III,<br />

1991, Bronze, 29 x 150 x 148 cm,<br />

5 Pièce / 5 Pieces / 5-teilig<br />

Der Fall<br />

1993, Bronze, Höhe 240 cm


Der Moment I,<br />

2014, Bronze, 22x39x23 cm<br />

Entwurf für eine<br />

große Figur III,<br />

2004, Bronze, 218 x 200 x 314 cm<br />

Der Schrei,<br />

1993, Bronze, 155 x 58 x 77 cm<br />

Entwurf für eine<br />

große Figur IV,<br />

2004, Bronze, 227 x 120 x 210 cm<br />

172<br />

Enopie III,<br />

2001, Bronze, 205 x 83 x 85 cm<br />

Entwurf für eine<br />

große Figur VI,<br />

2005, Bronze, 272 x 148 x 237 cm<br />

Entwurf für eine<br />

große Figur I,<br />

2003/2004, Bronze,<br />

246 x 250 x 200 cm<br />

Figur 131<br />

2006, Bronze, 15x38x19 cm<br />

Entwurf für eine<br />

große Figur II,<br />

2004, Bronze, 250 x 265 x 215 cm<br />

Gifur Mada,<br />

2001, Bronze, 245 x 100 x 98 cm


Gifur Weha,<br />

2001, Bronze, 248 x 91 x 90 cm<br />

Gordian VI,<br />

2007, Bronze, 245 x 175 x 98 cm<br />

Gordian I,<br />

2006, Bronze, 127 x 106 x 200 cm<br />

Gordian II,<br />

2006, Bronze, 200 x 116 x 103 cm<br />

Gordian VII,<br />

2007, Bronze, 254 x 122 x 148 cm<br />

173<br />

Gordian IV,<br />

2007, Bronze,223 x 100 x 95 cm<br />

Gordian VIII,<br />

2009, Bronze, 240 x 142 x 106 cm<br />

Gordian V,<br />

2007, Bronze, 245 x 190 x 170 cm<br />

Gordian IX,<br />

2009, Bronze, Höhe: 275 cm


Gordian X,<br />

2010, Bronze, 228 x 170 x 160 cm<br />

Konznow cogitar<br />

2013, Bronze, Höhe: 210 cm<br />

Gordian XI,<br />

2011, Bronze, 104 x 230 x 95 cm<br />

Kruzifix<br />

2010, Silber,Gold, Peridot<br />

14 x 11 x 3,5 cm<br />

174<br />

Gordian XII, (Fall) (Sturz)<br />

2011, Bronze, 129 x 121 x 189 cm<br />

Mada II,<br />

2001, Bronze, 214 x 100 x 100 cm<br />

Grosse 78 (Ohne Titel 208),<br />

2002, Bronze, 208 x 75 x 76 cm<br />

Metamoprh V<br />

2010, Bronze,<br />

In Topia,<br />

2010, Bronze, 188 x 110 x 195 cm<br />

Metamoprh Seraphisch<br />

2008/2010, Br., 166x200x150 cm


Nighthart II,<br />

2008, Bronze, 187 x 120 x 135 cm<br />

Tangere,<br />

2014, Bronze, Höhe 185 cm<br />

Tantalus,<br />

1987, Koks Bronze, 210x100x15 cm<br />

Polyanthe,<br />

2000, Bronze , 215 x 135 x 128 cm<br />

175<br />

Roes X,<br />

2014, Bronze, Höhe 144 cm<br />

Zentus cholericus,<br />

2002, Bronze, 180 x 120 x 125 cm<br />

Sol,<br />

2002, Bronze, 238 x 80 x 79 cm


176


Biographie<br />

1989<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Homöostase und andere Arbeiten, Stuttgart 1989<br />

1990<br />

Otto Rothfuss, in: kon-disparat, Stuttgart 1990<br />

1991<br />

Martin Schneider, in: Autokatalyse und andere Arbeiten, Stuttgart, 1991<br />

Skulpturen, Bücher, Blätter, Galerie Brusberg Berlin, Berlin 1991<br />

Bernd Krimmel, in: 7. Nationale der Zeichnung, Bildhauerzeichnung, Augsburg 1991<br />

1992<br />

Martin Schneider, in: Köpfe 1986 - 1992, Stuttgart 1992<br />

Erich Thies, in: Kopf-Ansichten, Malerei und Plastik der 80er Jahre, Kaiserslautern und<br />

Heilbronn, 1992<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Autokatalyse I-VI, Stuttgart 1992<br />

1993<br />

Tobias Hauser, Martin Schneider, in: Köpfe 1989-1993, Stuttgart 1993<br />

Walter Jens u. a., in: Akademie 1993, Berlin 1993/94<br />

1994<br />

Dieter Brusberg, Martin Mezger, Thomas Ruppel, Martin Schneider, in: Trilogie Ö.K.,Brusberg<br />

Dokumente 31, Berlin 1994<br />

1995<br />

Hanne Weskott, in: heads & figures, Galerie von Braunbehrens, München 1995<br />

Dieter Brusberg, Martin Schneider, in: Im Labyrinth, Galerie Brusberg Berlin 1995<br />

Dieter Brunner, Martin Schneider, in: Horse Woman, Heilbronn 1995<br />

1996<br />

Dieter Brunner, Gabi Holthuis, Andreas Pfeiffer u.a., in: Plätze und Platzzeichen, Heilbronn,Sigmaringen,1995<br />

Martin Mezger, Adolf Smitmans, in: Junk, Frankfurt 1996<br />

Martin Schneider, in: Bilder,aus Bildern, über Bilder, Stuttgart 1996<br />

1997<br />

Norbert Dahlström, Manfred Fath, Eckhard Kremers, in: Das Weinheimer Projekt, Weinheim<br />

1997<br />

Tanja Fiedler, Renate Franke u.a., in: Deutschland im Winter, Berlin 1997<br />

Martin Schneider, in: Rouge 20-4, Stuttgart 1997<br />

Martin Stather, in: Reliefs, Mannheim 1997<br />

Barbara Stark, in: Im Fluss, Konstanz 1997<br />

H.Dilly, H.Maier, C.Ottnad, A.Smitmans, in: Druck 97, Albstadt 1997<br />

1998<br />

G.Holthuis, G.Kerkhoff, E.Kremers, C.Lichtenstern, K.Oberländer, B.Stark, in: Werkstattbuch,<br />

Galerie von Braunbehrens, München 1998<br />

Konrad Oberländer, in: Köpfe - Büsten, Ateliergalerie Oberländer, Augsburg 1998<br />

Friedemann Pfäfflin, Andreas Pfeiffer, Martin Schneider, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> zu St.Kilian,<br />

Heilbronn 1998<br />

Adolf Smitmans, in: Sammlung Walter Grosz, Albstadt 1998<br />

177


178<br />

Volker Probst, Die Spur des Schwebenden, in: Das Güstrower Ehrenmal,Ernst Barlach,<br />

Güstrow 1998<br />

Arie Hartog, Martina Rudloff, in: Der Turm zu Babel, Bremen 2001<br />

1999<br />

G.Holthuis, in: Skulpturen-Museum Heilbronn, Kleinplastik - Bozzetti - Köpfe, Heilbronn<br />

1999<br />

G.Kerkhoff, M.Schneider, B.Stark, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Skulpturen, Galerie Orangerie<br />

Reinz, Köln 1998<br />

B.Krimmel, K.Nowald, A.Pfeiffer, in: La Mano, Die Hand in der Skulptur des 20. Jahrhunderts,<br />

Heilbronn 1999<br />

Sechs Weggefährten, Katalog der Edition Brusberg Berlin, Berlin 1999<br />

2000<br />

Gabi Kerkhoff, Gode Krämer, Franz Träger, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Skulpturen, Galerie Bäumler,<br />

Regensburg 2000<br />

Gabi Kerkhoff, Gode Krämer, Franz Träger, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Skulpturen, Galerie Orangerie<br />

Reinz, Köln 2000<br />

Ines Kohl, Sabine Perzi, in: Figur 2000, Regensburg 2000<br />

Dietrer Brunner, Barbara Stark, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Weidelbach 1999-2000, Galerie von<br />

Braunbehrens, München 2000<br />

Wolfsblut, drei Zeichner und ein Bildhauer, Edition Brusberg Berlin, Berlin 2000<br />

Gerhard F. Reinz, in: 40 Jahre Orangerie Reinz, Köln 2000<br />

2001<br />

Barbara Stark, Gabriele Holthuis, Rüdiger Heinze, Martin Schneider, in: Das Gesicht als<br />

Bild der Seele, Konstanz und Schwäbisch Gmünd 2001<br />

Kunst in unseren Räumen, BW Bank, Stuttgart 2001<br />

Loplop presente..., Katalog der Edition Brusberg Berlin, Berlin 2001<br />

Peter Anselm Riedl, in: Fünf Grosse Figuren, Schwäbisch Gmünd 2001<br />

Friedemann Pfäfflin, in: NvR,der erste Beatle,ein Kalauer, Stuttgart 2001<br />

Brusberg in Basel, Edition Brusberg Berlin, Berlin 2001<br />

Martin Schneider, in: Joachim Efinger,<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>,Mochental, Schloß Mochental 2001<br />

2002<br />

Eckhard Kremers, Martin Schneider, in: Eine Figur und 29 Köpfe, Stuttgart 2001<br />

Lopolop presente..., Katalog der Edition Brusberg Berlin, Berlin 2002<br />

Brusberg in Basel, Katalog der Edition Brusberg Berlin, Berlin 2002<br />

Cornelia Kamp, in: Skulpturdimensionen, Keitum/sylt 2002<br />

Martin Schneider, in: Fast alles ! Fast nichts !, Galerie von Braunbehrens, München 2002<br />

Dieter Brusberg, Karin Seinick, in: Kunst im HDI, Hannover 2002<br />

Herwig Guratzsch, in: Farbe, Form, Zeichnung. Sammlung Piepenbrock, Heidelberg 2002<br />

Joseph A. Bechererer, in: Gardens of Art, The Sculpture Park at the Frederik Meijer Gardens,<br />

Grand Rapids,Michigan 2002<br />

2003<br />

Jürgen Lenssen, in: Das Diözesanmuseum, Würzburg 2003<br />

Norbert Dahlström, Christa Lichtenstern, Martin Schneider, in: Das Weinheimer Projekt<br />

II, Weinheim, 2003<br />

Friedemann Pfäfflin, in: Adam und Eva, Stuttgart 2003


Brusberg in Basel, Katalog der Edition Brusberg Berlin, Berlin 2003<br />

2004<br />

Dieter Brunner, in: Brüche und Kontinuitäten, München 2004<br />

Brusberg in Basel,Katalog der Edition Brusberg, Berlin 2004<br />

Joseph A. Becherer, in: Outside in, Sculpture for the Natural World, Chicago 2004<br />

2005<br />

Martin Schneider, in: Kruzifix für Stift Haug, Stuttgart 2005<br />

Karin von Begr, Marion Nickig, in: Künstlergärten in Deutschland, Hamburg 2005<br />

Gode Krämer, Franz Träger, in: 37 Künstler und ein Galerist, Augsburg 2005<br />

Joseph A. Becherer, in: Between Silence and Strength, Grand Rapids / Duisburg, Stuttgart<br />

2005<br />

Alan Rosas, in: Growing a Masterpiece, Grand Rapids,Michigan 2005<br />

Dieter Brunner u.a., in: Die obere Hälfte, die Büste seit Auguste Rodin, Heilbronn, Emden,<br />

Appenzell 2005<br />

Martin Schneider, in: Arbeiten aus 20 Jahren, Galerie Orangerie Reinz, Köln 2005<br />

Katalog der Galerie von Braunbehrens zu Art Cologne, art.fair Köln, Kunst Zürich und Art<br />

Palm Beach, München 2005<br />

2006<br />

Gabi Holthuis u.a., in: Kunstförderung des Landes Bades-Württemberg,Erwerbungen<br />

2001-2004, Schwäbisch Gmünd 2006<br />

Jill Kaplan, in: Sarasota Season of Sculpture, Sarasota, Florida 2006<br />

Rolf und Esther Hohmeister, in: Bad Ragartz, 3. Schweizerische Triennale der Skulptur in<br />

Bad Ragaz und Vaduz, Bad Ragaz 2006<br />

Die Galerie, Katalog zu den Messen KIAF Seoul, Art Cologne, Art Fiera, Arco Madrid,<br />

Artparis, Frankfurt 2006<br />

Martin Ohlson, Birk Ohnesorge, Martin Schneider, in: Im Dialog I - VII, Stuttgart 2006<br />

2007<br />

Joseph A. Becherer, in: Coming to a New Beginning, Gal. von Braunbehrens, München 2007<br />

Die Galerie,Katalog zu den Messen Artparis, Art Cologne, KIAF Seoul, Art Palma de Mallorca,<br />

Cologne Fine Art, Artparis Abu Dhabi, Frankfurt 2oo7<br />

Dieter Brunner, Daniela Deul, Kirsten Fitzke, Marc Gundel u.a., in: Neuzugänge 1999 -<br />

2007, Heilbronn 2007<br />

Christina Ossowski, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Neue Arbeiten, Gal. Orangerie Reinz, Köln 2007<br />

2008<br />

Die Galerie, Katalog zu den Messen Artparis, Art Cologne, Art Chicago, Moscow World Art<br />

Fair, KIAF Seoul, Artparis Abu Dhabi, Frankfurt 2008<br />

Hans Dieter Huber u.a., in: Inventur,Zeitgenössische Radierung in Deutschland, Reutlingen<br />

/ Münster, Freiburg 2008<br />

Regina Frank, Hanne Weskott, in: 30 Jahre Galerie von Braunbehrens, München 2008<br />

Cinzia Tacconi, Roberta Pieraccioli, Maurizio Vanni u.a., in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Die Galerie,<br />

Frankfurt 2008<br />

Werner Krüger, in: Galerie Orangerie Reinz 1959 - 2009, Köln 2008<br />

Maremma - Frankfurt, Austellungskatalog, Stuttgart 2008<br />

179


180<br />

2009<br />

Fokus Figur - 30 Jahre Die Galerie, Ausstellungskatalog, Frankfurt 2009<br />

Christina Ossowski, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Skulpturen, Galerie Schrade, Karlsruhe 2009<br />

Andrea Brandl, Erich Schneider u.a., in: 20 Jahre Deutsche Einheit, Kunst im Schatten<br />

der Grenze, Schweinfurt 2009<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Aureus, Millpublishing 2009<br />

2010<br />

Joe Becherer, Christian K. Scheffel u.a., in: Blickachsen 7, Bad Homburg v.d.H. 2010<br />

Aina Calvo Sastre, Cristina Ros Salvà, Rüdiger Heinze, Alfred Meyerhuber, in: Transformacions,<br />

Es Baluard,Palma de Mallorca 2010<br />

Joseph A. Becherer, Bernhard Cazeau, Pèter Esterhàzy, Peter Femfert, Gereard Xuriguera,<br />

in: Château de Biron, Les Jardins du Manoir d‘ Eyrignac, Es Baluard, Palma de Mallorca,<br />

Die Galerie, Frankfurt 2010<br />

Christina Ossowski, meamorph, Ausstellungskatalog der Galerie Terminus, München<br />

2010<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Château de Biron, La Chapelle, Logis et Tribunal, Ausstellungskatalog,<br />

Frankfurt 2010<br />

2011<br />

Peter Femfert, in: Perspectives 2011, Frankfurt 2011<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Mochental, Ausstellungskatalog, Schloß Mochental 2011<br />

Barbara Renftle, in: beflügelt,Zum Motiv des Vogel im 20. und 21. Jh.,Biberach 2011<br />

Ewald Schrade u.a., in: Von der Freude mit der Kunst zu leben, Schloß Mochental, 2011<br />

2012<br />

Jan Teeuwisse, Christian K. Scheffel u.a., in: Blickachsen 8, Bad Homburg v.d.H. 2012<br />

Rolf und Esther Hohmeister, in: Bad Ragartz, 5.Schweizerische Triennale der Skulptur in<br />

Bad Ragaz und Vaduz, Bad Ragaz 2012<br />

Yvonne Weber, in: Von Hand, Künstlerzeichnungen in Katalogen, Eppingen 2012<br />

Friedemann Pfäfflin, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Sebastianskapelle, Stuttgart 2012<br />

Peter Femfert, in: Perspectives 2012, Frankfurt 2012<br />

2013<br />

Joseph. A. Becherer, Martin Blach, in: Blickachsen 9, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Kloster Eberbach,<br />

Bad Homburg v.d.H. / Stuttgart 2013<br />

Alfred Meyerhuber, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Sitzbilder - eine Genealogie, Stuttgart 2013<br />

Alfred Meyerhuber, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Paar: Konstruktionen!, Stuttgart 2013<br />

2014<br />

Anna-Maria Ehrmann-Schindlbeck, in: Paare, Ausstellungskatalog der Galerie der Stadt<br />

Tuttlingen, 2014<br />

Lukas Kundert, in: Tangere. Skulpturen im Kreuzgang des Basler Münsters. Austellungskatalog<br />

Basel / Stuttgart 2014<br />

Alfred Meyerhuber, Ales Silhanek, in: Zamek Slavkov - Austerlitz. Katalog 2014<br />

Klaus Bode, in: <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> Skulpturen, Daegu, Süd Korea, 2014<br />

2015<br />

Willi Stöhr, in: Et - und, auch... , Stillschweigende Dialoge in St. Sebald und St. Egidien,<br />

Nürnberg, 2015


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182


Biografie<br />

1954 geboren in Heiligenstadt/Eichsfeld<br />

1973-1980 Studium der Freien Grafik , Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart<br />

(Peter Grau, Gunther Böhmer, Rudolf Schoofs)<br />

1980-1984 Studium der Bildhauerei, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart<br />

(Herbert Baumann, Alfred Hrdlicka)<br />

1994 Felix-Hollenberg-Preis für Radierung<br />

Lebt und arbeitet in Weidelbach, Mittelfranken.<br />

Einzelausstellungen<br />

2015 · Skulpturenmeile Ansbach · Bode Galerie, Nürnberg · Galerie Weise Chemnitz mit Harry Meyer · Skulpturen<br />

in St.Sebald und St.Egidien,Nürnberg · 2014 · Galerie im Venet-Haus, Neu Ulm · Projectspace Daegu, Bode Galerie,<br />

Daegu, Südkorea · Zamek Slavkov - Austerlitz, Tschechien · Angela Berney Fine Arts, Basel, Schweiz · Kreuzgang<br />

des Basler Münsters, Basel · Kulturzentrum Englische Kirche Bad Homburg v.d.H., Magistrat der Stadt Bad Homburg<br />

und Galerie Scheffel · Städt. Galerie Tuttlingen · 2013 · Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Galerie Schloß Mochental mit Christopher<br />

Lehmpfuhl · Kloster Eberbach, Blickachsen 9 · Bode Galerie, Nürnberg · 2012 · Sebastianskapelle Ulm · 2011 · Ga lerie Schloß<br />

Mochental · Mochental bei Ehingen/Donau · Städtische Galerie Tettnang mit Raimund Wäschle · 2010 · Jardins du Manoir d‘Eyringnac,<br />

Perigord, Frankreich · Château de Biron, Perigord, Frankreich · Galerie Terminus, München mit Eckhard Kremers · Es Baluard Museu d‘Art<br />

Modern i Contemporani de Palma, Palma de Mallorca, Spanien · 2009 · Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Galerie Schrade, Schloß<br />

Mochental · Neue Galerie Landshut, mit Michael Jochum · 2008 · Die Galerie, Frankfurt/Main · Musei della Maremma, Provincia di<br />

Grosseto, Italien · Galerie Terminus, München · 2007 · Galerie Orangerie-Reinz, Köln · Galerie Bäumler, Regensburg · Ateliergalerie<br />

Oberländer, Augsburg · Galerieverein Leonberg, mit Michael Storz · Galerie von Braunbehrens, München 2006 · Die Galerie, Frankfurt/<br />

Main, mit Eckhard Kremers · 2005 · Museum Küppersmühle Sammlung Grothe, Duisburg · Galerie Orangerie-Reinz, Köln · Frederik Meijer<br />

Gardens & Sculpture Park, Grand Rapids, Michigan · Gertsev Gallery, Moskau, mit Christina Roederer · Worthington Gallery, Chicago ·<br />

Galerie Schloß Mochental, Art Karlsruhe · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 2004 · Galerie von Braunbehrens, München · Donna Tribby<br />

Fine Art, West Palm Beach · 2003 · Galerie Schloß Mochental · Galerie Weise, Chemnitz · Stadtkirche Darmstadt · Galerie Schrade, Karlsruhe<br />

· Galerie Orangerie-Reinz, Köln, mit Christina Roederer · 2002 · DRK Kliniken Westend Berlin, mit Rolf Szymanski · Galerie Bäumler,<br />

Regensburg · Galerie von Braunbehrens, München · Kunst Mammern, Schweiz, mit Burkhard Held · Kamp’s Galerie, Keitum, Sylt ·<br />

Galería Joanna Kunstmann, Palma de Mallorca, Spanien · Art Selection Gilg, Zürich · 2001 · Galerie Orangerie-Reinz, Art Cologne ·<br />

Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft, Freiburg i.Br. · Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd · Galerie im Prediger, Schwäbisch<br />

Gmünd · Galerie Schloß Mochental · Galerie Titan, Frankfurt am Main · Wessenberg Galerie, Konstanz, mit Alexej von Jawlensky · Ateliergalerie<br />

Oberländer, Augsburg, mit Ulrike Kirbach · 2000 · Stiftung für Bildhauerei, Berlin · Galerie von Braunbehrens, München · Galerie<br />

Orangerie-Reinz, Köln · Galerie Bäumler, Regensburg · 1999 · Sammlung Dahlström, Weinheim · Galerie Titan, Frankfurt am Main ·<br />

Galerie Orangerie-Reinz, Köln · 1998 · Galerie von Braunbehrens, Art Cologne · Galerie von Braunbehrens, München · Galerie Kerkhoff, Verl ·<br />

Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Kilianskirche Heilbronn · 1997 · Galerie Fahlbusch, Mannheim · Mannheimer Kunstverein · Sebastianskapelle<br />

Ulm · 1996 · Galerie von Braunbehrens, München · Kulturzentrum Templin, mit Werner Liebmann · IG-Metall Galerie, Frankfurt am Main ·<br />

Galerie Brusberg Berlin, Berlin, mit Werner Liebmann ·1995 · Städtische Museen Heilbronn · Galerie im Heppächer, Esslingen · 1994 ·<br />

Galerie von Braunbehrens, München · Städtische Galerie Albstadt · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 1993 · Ateliergalerie Oberländer,<br />

Augsburg · 1992 · Sammlung Dahlström, Weinheim · Galerie im Heppächer, Esslingen · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 1990 · Galerie<br />

im Heppächer, Esslingen · Galerie Fahlbusch, Mannheim · 1989 · Ateliergemeinschaft Wilhelmstraße 16 e.V., Stuttgart<br />

183


Joseph Antenucci Becherer ist Gründungsdirektor und Kurator des Skulpturenprogrammes im<br />

Frederik Meijer Gardens and Sculpture Park in Grand Rapids, Michigan. Er arbeitet derzeit als leitender<br />

Kurator und Vize-Präsident von Horticulture and Sculpture, Collections and Exhibitions. Er hat<br />

gegenwärtig ebenfalls den Lena Meijer Lehrstuhl für Kunstgeschichte am Aquinas College inne und<br />

gibt dort Kurse in Renaissance-, in Moderner und Zeitgenössischer Kunst. Er hat zahlreiche Bücher<br />

und Artikel veröffentlicht und viele Ausstellungen mit Werken der Modernen und der Zeitgenössischen<br />

Kunst, sowie mit Kunstwerken aus der Renaissance- und der Barockzeit kuratiert. Erst vor Kurzem hat<br />

er Ausstellungen organisiert mit Werken von Jaume Plensa, Jonathan Borofsky, Andy Goldsworthy,<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Alexander Calder, Mark di Suvero, Henry Moore, George Segal, Richard Hunt, Auguste<br />

Rodin, Magdalena Abakanowicz, Anthony Caro, Jim Dine und Beverly Pepper. Er hat in zahlreichen<br />

städtischen Kunstberatungsgremien mitgearbeitet, so zum Beispiel in jenen, die größere Werke von<br />

Denis Oppenheim und von Maya Lin in Auftrag gegeben haben. Gegenwärtig ist er Vorsitzender des<br />

nationalen Ausschusses, der eine Skulptur von Präsident Gerald R. Ford für die Rotunde im US Capitol<br />

Gebäude in Auftrag gegeben hat. Als Mitglied von vielen Berufsorganisationen ist er im Direktorium<br />

der Midwest Art History Society und in beratenden Gremien für das Ox-Bow Programm des School of<br />

the Art Institute of Chicago und für das International Sculpture Center tätig. Und nicht zuletzt verfasst<br />

er eine monatliche Kolumne über bildende Kunst im Grand Rapids Magazine.<br />

184<br />

Alfred Meyerhuber Rechtsanwalt<br />

Walter Schweidler, geboren 1957, ist seit 2009 Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie an der<br />

Katholischen Universität Eichstätt. Von 2000 bis 2009 hatte er den Lehrstuhl für Praktische Philosophie<br />

an der Ruhr Universität Bochum inne, zuvor Professuren in Weingarten und Dortmund und<br />

Gastprofessuren in Salzburg, Freiburg, Minneapolis, Sydney und Kyoto. Er ist Träger des Deutschen<br />

Schulbuchpreises 2006 für das von seinem Lehrer Robert Spaemann, dessen Assistent an der Universität<br />

München er von 1986 bis 1992 war, zusammen mit ihm herausgegebene „Ethik. Lehr- und<br />

Lesebuch“. In Eichstätt initiierte er das Graduiertenkolleg „Philosophie des Ortes“ als interdisziplinären<br />

Forschungsverbund. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Bücher über Ludwig Wittgenstein,<br />

die „Überwindung der Metaphysik“, den „Guten Staat“, über die Begründung der Menschenrechte<br />

und den Begriff der Menschenwürde sowie zur Bioethik, zur interkulturellen Philosophie und zur<br />

Philosophie der Zeit.<br />

Martin Frischauf, geboren 1954 in Stuttgart. Ausbildung zum Lithograf bei der Kunstanstalt<br />

Schuler, Stuttgart. Meisterprüfung an der Johannes Gutenberg Schule in Stuttgart. Lehrtätigkeit an<br />

der Johannes Gutenberg Schule. Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Medienbranche 1989 Gründung<br />

der Firma Schwabenrepro.<br />

Es folgen die „Frischauf Satz und Repro“ in Berlin, die Werbeagentur „Pars pro toto“, der „Neue<br />

Kunstverlag“, der „Neue Sportverlag“ und „Freshup Publishing“. Martin Frischauf ist Geschäftsführer,<br />

Verleger und Fotograf in Stuttgart.


Nachbemerkung<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Hanna und Alfred Meyerhuber bedanken für ihre Freundschaft,<br />

Gastfreundschaft und Hilfe an diesem Projekt. Alfred Meyerhuber hatte die Idee zu dieser<br />

Skulpturenmeile und half an allen Ecken und Enden, wann immer es Probleme zu lösen galt. Er<br />

führte auch die Verhandlungen mit den Verantwortlichen der einzelnen „Orte“.<br />

Bedanken möchte ich mich auch bei der Stadt Ansbach mit ihrer Oberbürgermeisterin Seidel,<br />

sowie Frau Ute Schlieker für die Möglichkeit dieses Projekt hier zu realisieren.<br />

Für die Bereitschaft, dass das Projekt an den diversen Orten realisiert werden konnte, danke<br />

ich Herrn Konstantin Buchner, Frau Gabriela Wallerer und Frau Silvia Grabs von der Ansbacher<br />

Schloss- und Gartenverwaltung, den Herren Landgerichtspräsidenten a.D. Dr. Ernst Metzger und<br />

dem jetzigen Landgerichtspräsidenten Dr. Gerhard Karl, sowie von den Kirchen Dekan Hans<br />

Stiegler, Pfarrer Dr. <strong>Dietrich</strong> Kuhn und Regionaldekan und Domkapitular Hans Kern. Für Ihre<br />

erhellenden Beiträge in dieser Publikation möchte ich mich bedanken bei Prof. Dr. Joe Becherer,<br />

Grand Rapids, USA, Prof. Dr. Walter Schweidler von der Universität Eichstätt, sowie Dr. Alfred<br />

Meyerhuber. Besonderer Dank auch an Herrn Klaus Bode und seiner Galerie, welche die Ausstellung<br />

nicht nur ideell, sondern auch finanziell unterstützte.<br />

Ein herzlicher Dank auch an Herrn Martin Frischauf, der Fotografien in bewährter Qualität<br />

machte, sowie seinem ganzen Team von Schwabenrepro, das in gewohnter Weise die Druckvorstufe<br />

für den Katalog erledigte.<br />

Last not least ein Dankeschön an meine Frau, die mir in der ganzen Zeit, die dieses Projekt benötigte,<br />

den Rücken freihielt.<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />

Impressum<br />

Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s in Ansbach,<br />

Skulpturmeile vom 20. Juni bis 27. September 2015<br />

© Freshup Publishing, Martin Frischauf, Joe Becherer, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Alfred Meyerhuber, Walter Schweidler<br />

BODE<br />

Galerie & Edition<br />

Galerie & Edition<br />

185<br />

Redaktion<br />

Stephanie Bleck, Christina Luff<br />

Fotografie<br />

Martin Frischauf<br />

Übersetzung<br />

Alfred Meyerhuber<br />

Typographie, Gestaltung, Reproduktion<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>, Mark Mulfinger, Rica Bock, Stephanie Hofer, Schwabenrepro GmbH<br />

Druck<br />

Rösler Druck, Schorndorf<br />

ISBN 978-3-944526-49-2<br />

Unser besonderer Dank für die freundliche Unterstützung gilt<br />

BODE<br />

Galerie & Edition


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