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ME2BE Hiergeblieben 2018 2

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HIERGEBLIEBEN<br />

SCHULE<br />

COMPANIES<br />

AZUBIPORTRAITS<br />

Leidenschaft für maritimes handwerk<br />

Yacht- und Bootswerft Rathje in Kiel verbindet Bootsbautradition mit Hightech und<br />

bildet den Berufsnachwuchs aus<br />

TEXT Joachim Welding | FOTOS Sebastian Weimar<br />

Motorboote, Segelklassiker aus<br />

Holz, moderne Kunststoffboote<br />

und so manche Luxusyacht warten<br />

in den Hallen direkt an der Kieler Förde<br />

auf kundige Bootsbauerhände. „Wir haben<br />

meist immer etwa zwanzig Boote, um sie<br />

im Kundenauftrag zu reparieren, mit neuer<br />

Technik auszustatten oder für die neue Saison<br />

fit zu machen“, erzählt Edith Vonhoff,<br />

Inhaberin der Yacht- und Bootswerft Rathje<br />

in Kiel-Pries.<br />

Schwimmende Oldtimer aus edlen Hölzern<br />

werden bei der Traditionswerft außerdem<br />

fachmännisch restauriert, um die wertvollen<br />

Schmuckstücke für die Zukunft zu erhalten.<br />

In ihrer Branche gehe es nicht um anonyme,<br />

austauschbare Produkte: „Segelyachten<br />

haben eine besondere emotionale Bedeutung<br />

für die Eigner. Sie verbringen viel Zeit an<br />

Bord, oft mit der ganzen Familie; sie segeln<br />

in den Urlaub oder nehmen an Regatten teil.<br />

So manches gut gepflegte Boot segelt über<br />

Jahrzehnte“, weiß Edith Vonhoff, die den<br />

1922 gegründeten Familienbetrieb in dritter<br />

Generation führt.<br />

Weil Rathje in der maritimen Welt ein<br />

bekannter Name ist, kommt es immer mal<br />

wieder vor, dass Kunden der Werft 30 oder<br />

40 Jahre die Treue halten. „Einige Kunden<br />

kommen schon seit 60 Jahren zu uns, sodass<br />

auch enge persönliche Bindungen entstanden<br />

sind. Und wir kennen ihre Yachten<br />

natürlich bestens.“ Die Kunden schätzen<br />

die Qualitätsarbeit, für die Rathje als traditionsreicher<br />

Handwerksbetrieb seit bald<br />

100 Jahren steht. „Wir legen größten Wert<br />

auf Mitarbeiter mit fundierter Ausbildung<br />

und Liebe zum Handwerk. Nur gemeinsam<br />

mit unserem eingespielten und leistungsfähigen<br />

Team aus kompetenten Fachkräften<br />

können wir unseren Kunden herausragende<br />

Qualität bieten“, betont die Chefin. 23 Mitarbeiter<br />

bilden die „Mannschaft“, darunter<br />

zwei Bootsbaumeister, Bootsbauer, Motorenschlosser<br />

und sieben Azubis.<br />

Einer von ihnen ist Basti Kemper. Der<br />

24-Jährige kam aus Nordrhein-Westfalen an<br />

die Waterkant, um seinen Traumberuf zu<br />

erlernen – Bootsbauer in der Fachrichtung<br />

Neu- Aus- und Umbau. Bastis Vater ist selbst<br />

Handwerker, und schon als Kind war Basti<br />

ein begeisterter Segler. „Ich wollte diesen<br />

Beruf auf jeden Fall erlernen – und das geht<br />

nun mal meist nur an der Küste.“ So ist er<br />

schließlich nach Kiel zu Rathje gekommen,<br />

wo er schon im dritten Lehrjahr die Vielfalt<br />

des Handwerks lernt: „Wir gehen nicht<br />

nur mit verschiedenen Hölzern als Material<br />

um, sondern auch mit Stahl, Aluminium<br />

und faserverstärkten Kunststoffen (GFK),<br />

erzählt Basti, während er eine Stelle am<br />

Rumpf einer Yacht mit einem Schleifgerät<br />

so perfekt bearbeitet, dass von dem kleinen<br />

Unfallschaden schließlich nichts mehr zu<br />

sehen ist. Basti lernt, Boote selbst zu bauen,<br />

sie umfassend zu reparieren, mit Einbauten<br />

an Deck zu versehen und die Rümpfe im<br />

Unterwasserbereich speziell zu beschichten,<br />

damit das Salzwasser keine Schäden<br />

anrichten kann. „Wer mit wertvollen Booten<br />

arbeiten will, sollte den Anspruch<br />

haben, Top-Qualität abzuliefern“, sagt der<br />

24-Jährige selbstbewusst. „Wichtig ist auch,<br />

einen Sinn für Ästhetik zu entwickeln. Ich<br />

finde beispielsweise ein Deck aus Teakholz<br />

an Bord einer Traditionsyacht besonders<br />

schön“<br />

„Der Schulabschluss ist bei uns nicht ganz<br />

so wichtig“, ergänzt seine Chefin Edith Vonhoff.<br />

Dafür zählen handwerkliches Geschick,<br />

körperliche Fitness und Teamfähigkeit.<br />

„Denn in einer Werft arbeiten alle immer eng<br />

zusammen und Hand in Hand.“ Wert lege sie<br />

bei den Bewerber/innen außerdem auf gutes<br />

Benehmen, Höflichkeit und Zuverlässigkeit.<br />

„Auf jeden Fall sollten die jungen Leute Spaß<br />

daran haben, mit den Händen zu arbeiten.“<br />

Ob für sie der Beruf des Bootsbauers in Frage<br />

kommt, können Schüler in einem Praktikum<br />

ausprobieren. Auch Mädchen bekommen bei<br />

Rathje immer eine Chance, auch wenn die<br />

Mehrzahl der Azubis Jungen sind.<br />

Rund 50 Nachwuchskräfte hat Betriebsleiter<br />

und Meister Thomas Klotz bisher bei Rathje<br />

ausgebildet, darunter sechs junge Frauen.<br />

„Wir bekommen viele gute Bewerbungen<br />

von Jugendlichen. Den Beruf des Bootsbauers<br />

verknüpfen viele mit Fernweh, der<br />

Weite des Meeres und dem anspruchsvollen<br />

Umgang mit dem Material Holz.“ An guten<br />

Bewerbern mangele es dem Unternehmen<br />

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