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city magazin - Wetter Wiener Neustadt

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unsterblich macht ...<br />

den Künstler war ambivalent. Hauer hatte<br />

seit Längerem den Kontakt zu Schönberg<br />

gesucht. Nach einer persönlichen Begegnung<br />

im Jahr 1917 äußerte er sich privat<br />

eher abfällig. Dennoch kam es Anfang der<br />

1920er-Jahre noch einmal zu einem Gedankenaustausch.<br />

Hauer widmete Schönberg<br />

1922 seine Neun Etüden (op. 22) für<br />

Klavier und Schönberg unterbreitete Hauer<br />

in einem Brief vom 1. Dezember 1923 verschiedene<br />

Vorschläge für eine praktische<br />

Zusammenarbeit. Diese Pläne wurden jedoch<br />

nicht verwirklicht. Hauer gründete<br />

seinen eigenen Kreis von Privatschülern,<br />

der von dem der Schönberg-Schüler getrennt<br />

blieb. Ab 1937 setzte er in Briefen<br />

neben seine Unterschrift einen Stempel<br />

mit den Worten: „Der geistige Urheber und<br />

(trotz vielen Nachahmern!) immer noch der<br />

einzige Kenner und Könner der Zwölftonmusik“.<br />

Vater-Verehrung<br />

1914 wurde Hauer zum Militär einberufen.<br />

1915 übersiedelte er nach Wien. 1918 wurde<br />

er aus dem Heer entlassen; 1919 schied<br />

er krankheitsbedingt aus dem Schuldienst<br />

aus. Ab 1922 nannte er sich zu Ehren seines<br />

Vaters, für den er große Bewunderung<br />

hegte, Josef Matthias Hauer. Hauers Vater<br />

förderte seit früherster Kindheit den Schaffensdrang<br />

seines Kindes. „Mit fünf Jahren<br />

wollte ich in die Schule gehen, und unter<br />

Heulen und Tränen bat ich meine Mutter,<br />

sie möge mich doch endlich in die Schule<br />

schicken, ich sei schon groß und gescheit<br />

genug. Meine Mutter wußte sich nicht zu<br />

helfen. Mein Vater aber, der meinen Schaffensdrang<br />

in gute Bahnen lenken wollte,<br />

entschloß sich, mir Zitherunterricht zu erteilen.<br />

Ich bekam einige Stunden, in denen<br />

ich trotz meiner kleinen Hände die nötigen<br />

Griffe erlernte. Bald konnte ich auch die Zither<br />

stimmen und hatte sogleich den Quinten-<br />

und Quartenzirkel, die Tonarten und<br />

ihre Vorzeichen gelernt. Das Notenlesen<br />

und -schreiben verursachten mir gar keine<br />

Schwierigkeiten, so daß ich also schon Notenschreiben<br />

und Zitherspielen konnte, bevor<br />

ich in die Volksschule eintrat“, erinnert<br />

sich Hauer in dem Buch „Deutung des Melos.<br />

Eine Frage an die Künstler und Denker<br />

unserer Zeit.“<br />

Der junge Hauer war sehr begabt und wissbegierig<br />

und lernte vom Vater alles über<br />

die Musiklehre, aber nicht auf der Ebene<br />

der Theorie, sondern immer in der Praxis.<br />

„Mein Vater wußte nichts von Stufen, vom<br />

Quartsextakkord und seiner Schlußwirkung,<br />

er spielte mir einfach alle Kadenzen, die er<br />

kannte, in den verschiedenen Ton- und<br />

Taktarten vor. Wenn ich nun irgendwo ein<br />

Liedel oder einen Tanz hörte, so konnte ich<br />

das Gehörte aufschreiben oder auch gleich<br />

spielen. Dadurch bekam ich bei den Leuten<br />

ein gewisses Ansehen, und die praktische<br />

Verwendung dieser Fertigkeiten zur<br />

Unterhaltung kleiner Gesellschaften war<br />

gegeben“, so Hauer weiter. Im Laufe seiner<br />

Auseinandersetzung mit der Musik stellte<br />

er aber fest, dass er eigentlich alles, was<br />

man in Europa an Musik erlernen konnte,<br />

schon zwischen seinem fünften und zehnten<br />

Lebensjahr vom Vater vermittelt erhalten<br />

hatte.<br />

Große Auszeichnungen<br />

1927 erhielt Hauer den Kompostionspreis<br />

der Stadt Wien, 1954 den Professor-Titel<br />

und 1956 den Großen Österreichischen<br />

Staatspreis. Seine Lehre lebt in seinen<br />

Schriften und Schülern (siehe Infobox)<br />

weiter, während seine Kompositionen bis<br />

heute ein Schattendasein führen und als<br />

Nebenweg der Musik des 20. Jahrhunderts<br />

betrachtet werden.<br />

Am 22. September 1959 ist Hauer in Wien<br />

verstorben. Hauers Ehrengrab befi ndet<br />

sich auf dem Dornbacher Friedhof in Wien<br />

(Gruppe 12, Nummer 10).<br />

Die Hauer-Musikschule in <strong>Neustadt</strong><br />

Hauers Musizierpraxis ist heute an der Josef<br />

Matthias Hauer-Musikschule in <strong>Wiener</strong><br />

<strong>Neustadt</strong> auf der Basis einer von Hauer-<br />

Schüler Victor Sokolowski entwickelten<br />

Didaktik erlernbar. Sokolowski-Schüler Robert<br />

Michael Weiß leitet die Kurse für das<br />

Zwölftonspiel. Die Musikschule des <strong>Wiener</strong><br />

Neustädter Musikvereins wurde 1872<br />

ins Leben gerufen. Bereits 18 Jahre nach<br />

der Gründung besuchten sie 1377 Schüler.<br />

1976 erlangte die städtische Musikschule<br />

das Öffentlichkeitsrecht. Ein Jahr später<br />

wurde die Schule nach dem wohl bedeutendsten<br />

Komponisten der Stadt in „Josef<br />

Matthias Hauer Musikschule“ benannt.<br />

Dem Pioniergeist Josef Matthias Hauers<br />

entsprechend ist die Schule immer auf der<br />

Suche nach neuen Möglichkeiten und Perspektiven.<br />

Quellen:<br />

Josef Matthias Hauer-Musikschule /<br />

„Deutung des Melos. Eine Frage an die<br />

Künstler und Denker unserer Zeit.“ (1922:<br />

E.P. Tal & Co. Verlag / Wikipedia<br />

Werkverzeichnis (im Überblick):<br />

• Rund 90 Werke mit Opuszahlen,<br />

darunter 2 Opern, Kantaten,<br />

Gesänge, Konzerte, 8 Suiten für<br />

Orchester,<br />

• Tanzsuiten, Kammermusik,<br />

Klavier stücke und Zwölftonmusik-<br />

Werke (1912-1939).<br />

• Ab 1940 o. op. mehrere hundert,<br />

meist wenig umfangreiche<br />

Zwölftonspiele für verschiedenste<br />

Besetzungen.<br />

• Schriften: 5 größere<br />

Abhandlungen und Monographien<br />

sowie rund 30 Zeitschriftenaufsätze.<br />

Ausgewählte Werke auf Audio-CD:<br />

• Die Schwarze Spinne, Deutsches<br />

Singspiel in 2 Akten<br />

op.62 / <strong>Wiener</strong> Symphoniker<br />

(erschienen 1994, Extra)<br />

• Salambo – Complete Opera von<br />

Josef Matthias Hauer (erschienen<br />

2006, Import Megaphon)<br />

• Zwölftonspiele / Ensemble<br />

Avantgarde (erschienen 2001,<br />

mdg CODAEX)<br />

• Hauer, Atonale Musik op.20 /<br />

Steffen Schleiermacher, Klavier<br />

(erschienen 2003, Mdg CODAEX)<br />

Schüler von Josef Matthias Hauer:<br />

• Hermann Heiß (1897–1966;<br />

Komponist)<br />

• Othmar Steinbauer (1895–1962;<br />

Komponist, Musiktheoretiker)<br />

• Heinrich Simbriger (*1903–1976;<br />

Komponist, Musiktheoretiker)<br />

• Johann Ludwig Trepulka (1903–<br />

1945; Komponist, Pianist)<br />

• Viktor Sokolowski (1911–1982;<br />

Cembalist, Cembalist, Pianist,<br />

Organist, Musikpädagoge)<br />

• Arnold Keyserling (1922–2005;<br />

Philosoph)<br />

• Gerhard Rühm (*1930; Schriftsteller,<br />

Komponist, bildender<br />

Künstler)<br />

• Nikolaus Fheodoroff (*1931;<br />

Komponist, Dirigent)<br />

Stadtgespräch<br />

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