NEUMANN Juni 2018
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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34<br />
Tonträger<br />
UNTERHALTUNG<br />
Florence + the Machine betören wieder<br />
Schöner schwelgen<br />
Es gibt Bands, auf die man sich blind<br />
verlassen kann. Nicht allzu viele, aber<br />
es gibt sie. Eine davon ist Florence +<br />
the Machine. Grund dafür ist die Ausnahmekünstlerin<br />
Florence Welch, die<br />
die Indie-Welt in den letzten Jahren<br />
so geprägt hat wie wenige andere<br />
Künstlerinnen. Diese Stimme, diese<br />
Aura, dieses Charisma – eine Wucht,<br />
die auf musikalischer Ebene alle Register<br />
zieht – auch auf „High As<br />
Hope“, dem mittlerweile vierten<br />
Studioalbum. Melancholisch klingen<br />
Florence + the Machine immer noch,<br />
jedoch war ihre Melancholie nie eine<br />
der Aufgabe und des Zusammenbruchs.<br />
Vielmehr liegt eine unfassbare<br />
Kraft in ihren Songs und in ihrer<br />
Stimme. Eine Kraft, die Verletzlichkeit<br />
zulässt, diese aber in Zuversicht<br />
umwandelt. All das macht „High As<br />
Hope“ zu einem schillernden, einem<br />
zeitgeistigen, einem mitreißenden<br />
Album. Entstanden in Südlondon<br />
(verewigt im wunderbaren „South<br />
London Forever“), Los Angeles und<br />
New York, ist „High As Hope“ Welchs<br />
bislang vielschichtigstes Werk. Und<br />
doch eines, das auch das traumwandlerische<br />
Schwelgen oder den bombastischen<br />
Trademark-Pomp nicht vernachlässigt.<br />
jono<br />
FLORENCE+ THE MACHINE<br />
High As Hope<br />
Island/Universal Music<br />
IMMORTAL Northern Chaos Gods<br />
Nachdem Ex-Sänger Abbath sich – laut Aussagen<br />
seiner Mitmusiker – mit den gemeinsam geschriebenen<br />
Songs der norwegischen Black-Metal-Legende<br />
Immortal aus dem Staub machte, um diese unter<br />
eigenem Namen zu veröffentlichen, sahen sich die<br />
verbliebenen Mitglieder gezwungen, ein komplett<br />
neues Album aufzunehmen. Dafür kann man Abbath<br />
nachträglich nur dankbar sein, denn das, was die<br />
zum Duo geschrumpften Immortal mit Produzent<br />
Peter Tägtgren als Studiobassisten abliefern, ist<br />
von einer Wucht und einem Furor wie lange nicht<br />
mehr. Nach dem eher durchwachsenen Vorgänger<br />
„All Shall Fall“ knüpfen Immortal mit „Northern<br />
Chaos God“ jetzt<br />
an ganz große<br />
Zeiten an und legen<br />
ein Werk vor,<br />
welches das Zeug<br />
zum Klassiker<br />
hat. Nuclear Blast<br />
TEITUR<br />
I Want To Be Kind<br />
Teitur hat sich für sein neues Album viel Zeit gelassen, erschien dessen<br />
Vorgänger doch bereits vor fünf Jahren. Zwischenzeitlich wirkte<br />
der Liedermacher von den Färöer Inseln an der Entstehung von<br />
Judith Holofernes zweitem Soloalbum mit und begleitete diese auf<br />
der folgenden Tour. Im Gegenzug unterstützte die Sängerin ihn auf<br />
der ersten Single des Albums, der feinen, eingängigen Pianoballade<br />
„Sara“. Die ist für die Verhältnisse des Gitarristen und Sängers fast<br />
schon opulent inszeniert und sticht damit aus dem restlichen, äußerst<br />
ruhigen, auf Dauer fast schon ein wenig zu stillen Song-Kanon<br />
angenehm heraus. Warner Music<br />
CARLA BOZULICH Quieter<br />
Als Sängerin, Songwriterin oder Schriftstellerin und mit Bands wie The<br />
Geraldine Fibers und Evangelista mischt die in Los Angeles beheimatete<br />
Künstlerin Carla Bozulich seit Jahren den US-Underground auf.<br />
Nach dem gefeierten „Boy“ legt sie mit „Quieter“ ihr zweites Solowerk<br />
auf – erneut eine atemberaubende, vielfältige Zusammenstellung wunderschöner,<br />
sperriger, teils obskurer Kompositionen zwischen Klangfragment<br />
und verquerem Popsong. So unterschiedlich die musikalische<br />
Ausrichtung der Stücke auch sein mag, Bozulichs spröde und gefühlvolle<br />
Stimme sorgt für die Klammer, die alles zusammenhält. Constellation<br />
kompakt<br />
SAMUEL HOPE Other Man<br />
Im für Popmusiker durchaus fortgeschrittenen Alter von 34<br />
Jahren legt Samuel Hope sein Debütalbum vor und so sollte<br />
der erste Versuch dann auch gleich sitzen. Der New Yorker hat<br />
ein Team zusammengestellt, dessen Mitglieder schon mit New<br />
Order oder Muse gearbeitet haben. Die können allerdings auch<br />
nicht verhindern, dass „Other<br />
Man“ zwar nett produziert und<br />
einschmeichelnd klingt, der soulige,<br />
elektronische Pop Hopes<br />
aber stets an der Oberfläche<br />
bleibt und Tiefgang weitestgehend<br />
vermissen lässt. Sony Music<br />
BLACKOUT PROBLEMS Kaos<br />
Mit dem Debüt „Holy“ gelang den<br />
Münchnern ein Überraschungserfolg,<br />
der es bis in die Top 50 der<br />
deutschen Albumcharts schaffte.<br />
Nach vielen Touren mit etablierten<br />
Namen wie Royal Republic<br />
oder Apologies, I Have None will<br />
das Quartett mit „Kaos“ nun den nächsten Schritt gehen. Die<br />
Qualität dazu hat das neue Album. Es bewegt sich zwischen Alternative<br />
und Post-Hardcore, zwischen Rise Against, Alexisonfire<br />
sowie Blackmail und die Band zeigt sich darauf in Sachen<br />
Songwriting versierter als beim Vorgänger. Munich Warehouse<br />
PELAGOS Revolve<br />
Circle ist die wohl bekannteste, experimentelle Rockband<br />
Finnlands, die seit jeher einen unglaublich- kreativen Ausstoß<br />
hat. Nun hat sich um zwei Ex-Bandmitglieder das<br />
Quartett Pelagos formiert, um das Konzept des großen<br />
musikalischen Bruders weiterzuführen. Der minimalistische<br />
Post-Industrial des Debüts<br />
„Revolve“ wird durch harte Riffs<br />
und sphärische Synthesizerklänge<br />
ergänzt, die den melancholischen<br />
und epischen Songs<br />
ein herausragendes Format<br />
verpassen. Svart Records<br />
Foto: o.l. Vincent Haycock/Universal Music<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2018</strong>