Günter Bodin - Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt
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Nr. 4 · 2003 B INNENS CHIFFAHRTS<br />
Wassermangel und Frachtausfälle belasten das Gewerbe bundesweit<br />
Binnenschifffahrt leidet unter Niedrigwasser<br />
Die anhaltende Trockenheit belastete<br />
über Monate die Binnenschifffahrt in<br />
Deutschland. Im Rheinstromgebiet, wo<br />
ca. 80 % des gesamten Binnenschiffsgüterverkehrs<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
stattfindet, führte die anhaltende<br />
Trockenheit zu gravierenden Problemen:<br />
Große Schubverbände, die die<br />
regelmäßige Versorgung <strong>der</strong> Kraftwerke<br />
und <strong>der</strong> Großindustrie mit Erz und<br />
Kohle zwischen dem Hafen Rotterdam<br />
und Duisburg darstellen, konnten nur<br />
noch eingeschränkt Ladung aufnehmen<br />
und nur noch weniger als die<br />
Hälfte <strong>der</strong> üblichen Kapazität nutzen.<br />
Containertransporte auf dem Rhein<br />
waren gleichfalls nur noch eingeschränkt<br />
möglich.<br />
Groß war die Betroffenheit auch an Elbe<br />
und Donau. Auf <strong>der</strong> Elbe kam <strong>der</strong><br />
Schiffsverkehr über Wochen volständig<br />
zum Erliegen. Auf <strong>der</strong> Donau war<br />
<strong>der</strong> Bereich zwischen Straubing und<br />
Vilshofen, also auf einer Länge von 69<br />
Kilometern, über Monate nur noch<br />
durch wenige Schiffe passierbar. Auf<br />
Grund <strong>der</strong> Niedrigwassersituation kam<br />
es wie<strong>der</strong>holt zu kurzzeitigen Verlagerungen<br />
o<strong>der</strong> zu Rückstellungen bestimmter<br />
Verkehre, vor allem im Massengutbereich.<br />
Das Binnenschifffahrtsgewerbe<br />
ist jedoch zuversichtlich,<br />
dass dauerhafte Abwan<strong>der</strong>ungen von<br />
Gütertransporten auf an<strong>der</strong>e Verkehrsträger<br />
nicht zu erwarten sind.<br />
Die endlich einsetzenden Nie<strong>der</strong>schläge<br />
<strong>der</strong> vergangenen Tage haben die<br />
Situation bundesweit zwar deutlich<br />
verbessert; gut ist sie noch lange<br />
nicht. Es ist zu befürchten, dass die<br />
Pegel erneut fallen werden. Die Pegelstände<br />
können tagesaktuell im Internet<br />
unter www.elwis.de abgerufen werden.<br />
„Partielle Betroffenheit“ im<br />
Schifffahrtsgewerbe<br />
Der BDB hat in den vergangenen Wochen<br />
wie<strong>der</strong>holt deutlich gemacht,<br />
dass dieses Niedrigwasser auf Grund<br />
seiner Dimension ein völlig atypisches<br />
Ereignis darstellt und dem Gewerbe<br />
teilweise erhebliche Umsatzeinbußen<br />
beschert hat. Dies gilt namentlich für<br />
die Unternehmer an <strong>der</strong> Elbe, wo die<br />
Schifffahrt über Wochen komplett zum<br />
Erliegen kam, und an <strong>der</strong> Donau. Dies<br />
gilt aber auch zum Beispiel für den<br />
Containerverkehr am Rhein und die<br />
Unmöglichkeit, mo<strong>der</strong>nen Schiffsraum<br />
einzusetzen. Jahrhun<strong>der</strong>ttiefstände<br />
am Pegel Kaub machten etwa den<br />
Einsatz mo<strong>der</strong>ner Doppelhüllentankschiffe<br />
am Oberrhein unmöglich. Sogenannte<br />
„Kleinwasserzuschläge“, die<br />
den Unternehmen von den Verla<strong>der</strong>n<br />
gezahlt werden, min<strong>der</strong>ten zwar das<br />
Ausmaß des Schadens, konnten jedoch<br />
den Ausfall <strong>der</strong> Frachteinnahmen<br />
nicht kompensieren. Ernteausfälle auf<br />
Grund <strong>der</strong> anhaltenden Dürre führten<br />
als „Spätfolgen“ <strong>der</strong> anhaltenden<br />
Trockenheit dazu, dass Aufträge in <strong>der</strong><br />
Binnenschifffahrt storniert wurden.<br />
Verallgemeinern lässt sich diese „partielle<br />
Betroffenheit“ jedoch nicht, weshalb<br />
<strong>der</strong> BDB auch keine voreiligen<br />
Soforthilfemaßnahmen - etwa für ein in<br />
<strong>der</strong> Gesamtheit betroffenes Binnenschifffahrtsgewerbe<br />
- gefor<strong>der</strong>t hat.<br />
Um sich einen Überblick über die aktuelle<br />
Situation zu verschaffen, hat <strong>der</strong><br />
BDB in einem Rundschreiben an alle<br />
Mitglie<strong>der</strong> um Mitteilung gebeten, ob in<br />
den letzten Monaten existenzbedrohende<br />
Schäden entstanden sind.<br />
Infrastrukturmaßnahmen sind<br />
dringend erfor<strong>der</strong>lich<br />
„Die Verärgerung in<br />
<strong>der</strong> Binnenschifffahrt<br />
ist groß!“, gab BDB-<br />
Präsident Hofmann<br />
in den letzten Wochen<br />
wie<strong>der</strong>holt gegenüber<br />
den Journalisten<br />
die Stimmung<br />
im Gewerbe wie<strong>der</strong>.<br />
„Die klein- und mittelständischstrukturierten<br />
Unternehmen<br />
bekommen nun erneut<br />
die verfehlte<br />
Verkehrspolitik <strong>der</strong><br />
Bundesregierung zu<br />
spüren, die sich in<br />
<strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung<br />
im Herbst<br />
letzten Jahres gegen<br />
einen bedarfsgerechten<br />
Ausbau <strong>der</strong><br />
Wasserstraßeninfrastruktur<br />
entschieden<br />
hat.“ Wenn die Bundesregierung<br />
ihr Ziel<br />
<strong>der</strong> integrierten Verkehrspolitik<br />
wirklich<br />
ernst meine und die<br />
arteigenen Vorteile<br />
des Verkehrsträgers<br />
Binnenschiff wirklich<br />
nutzen wolle, führe<br />
7<br />
kein Weg an einem bedarfsgerechten<br />
Ausbau <strong>der</strong> Wasserstraßen vorbei. Die<br />
<strong>der</strong>zeitige Misere, vor allem an Elbe<br />
und Donau, zeige dies eindeutig. Erst<br />
mit dem bedarfsgerechten Ausbau <strong>der</strong><br />
Binnenwasserstraßen sei ein wichtiger<br />
Schritt für das Überleben <strong>der</strong> Unternehmen<br />
in <strong>der</strong> Binnenschifffahrt getan.<br />
Für die Donau erinnerte BDB-Präsident<br />
Hofmann daran, dass im letzten<br />
Jahr rund 6,2 Mio. t Güter im Wechsel<br />
zwischen Rheinstrom- und Donaustromgebiet<br />
durch die Schleuse Kelheim<br />
transportiert wurden. Diese Gütermengen<br />
drohen auf an<strong>der</strong>e Verkehrsträger<br />
abzuwan<strong>der</strong>n, wenn nicht<br />
endlich für sichere und stetige Fahrwasserverhältnisse<br />
gesorgt werde.<br />
Der „behutsame“ Ausbau <strong>der</strong> Donau in<br />
<strong>der</strong> Variante A - wie er im Bundesverkehrswegeplan<br />
beschlossen wurde -<br />
könne diese Sicherheit nicht geben<br />
und würde auch <strong>der</strong>zeit nicht dazu beitragen,<br />
die Abladesituation an <strong>der</strong> Donau<br />
zu verbessern. Nur ein Ausbau mit<br />
Staustufen nach den Varianten D1<br />
o<strong>der</strong> D2 bringe <strong>der</strong> Schifffahrt einen<br />
spürbaren Nutzen.<br />
Der Rhein wurde zum Badestrand: Das Befahren <strong>der</strong> engen Fahrrinne<br />
for<strong>der</strong>te den Binnenschiffern eine hohe Navigationskunst ab.