Im Sinkflug - GEW
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10<br />
Praxis<br />
Integration<br />
Fortbildungen<br />
bezuschusst<br />
Die Qualifizierungsmaßnahmen für<br />
Lehrkräfte werden vom Bundesamt<br />
für Migration und Flüchtlinge<br />
(BAMF) bezuschusst.Während der<br />
Pilotphase, die noch bis etwa Mai<br />
läuft, zahlt das BAMF an die Träger<br />
400 Euro pro Teilnehmer für die<br />
Fortbildung mit 70 Unterrichtseinheiten<br />
(UE) und 800 Euro für die<br />
Fortbildung mit 140 Unterrichtseinheiten.Welche<br />
Kosten darüber hinaus<br />
anfallen, hängt vom Träger und<br />
von der Art des Angebots ab. Die<br />
Träger entscheiden dann, wie viel<br />
Kursgebühren sie von den künftigen<br />
Lehrkräften nehmen. Schon jetzt ist<br />
die Bandbreite groß: von kostenlos<br />
bis 380 Euro. Hinzu kommen gegebenenfalls<br />
die Fahrtkosten und der<br />
Einkommensverlust während des<br />
Unterrichtsausfalls in der Zeit der<br />
Qualifikationsmaßnahme. Nach<br />
Abschluss der Pilotphase wird die<br />
Qualifizierung der Lehrkräfte bundesweit<br />
ausgeschrieben. Der<br />
Zuschuss des BAMF an die Träger<br />
wird künftig eher geringer sein.<br />
Es empfiehlt sich, die Angebote zu<br />
vergleichen. Inge Müller<br />
Der informative Klick<br />
● www.stiftung-warentest.de/<br />
online/bildung_soziales/<br />
weiterbildung.html<br />
Zwei Checklisten zum Thema berufliche<br />
Weiterbildung hat die Stiftung<br />
Warentest herausgegeben. Die<br />
„Checkliste Weiterbildung für<br />
Berufstätige“ und die „Checkliste<br />
Weiterbildung für Arbeitslose“<br />
sollen Weiterbildungsinteressierten<br />
helfen, sich optimal auf ein<br />
Beratungsgespräch vorzubereiten.<br />
● www.bmbf.de/de/1366.php.<br />
Eine Studie über die berufliche und<br />
soziale Lage von Lehrenden in<br />
Weiterbildungseinrichtungen führt<br />
das Institut Wirtschafts- und Sozialforschung<br />
(WSF) im Auftrag des<br />
Bundesbildungsministeriums<br />
(BMBF) durch. Um ein möglichst<br />
repräsentatives Bild der sozialen<br />
Lage zu bekommen, bittet das<br />
BMBF Träger und Einrichtungen um<br />
Unterstützung. Die Pilotstudie und<br />
weitere Informationen sind auf der<br />
Website des BMBF zu finden.<br />
Honorare<br />
<strong>Im</strong> <strong>Sinkflug</strong><br />
Seit es keinen bundesweit verbindlichen<br />
Honorarsatz des<br />
Sprachverbandes mehr gibt,<br />
bleibt die Festsetzung der Honorarhöhe<br />
den Trägern überlassen.<br />
Eine angemessene Bezahlung<br />
von Weiterbildnern ist damit in<br />
weite Ferne gerückt.<br />
Mit dem In-Kraft-Treten<br />
des neuen Integrationskurskonzepts<br />
Anfang<br />
2005 wurde der einzige bundesweit<br />
verbindliche Honorarsatz von<br />
23,01 Euro (West) und 19,94 Euro<br />
(Ost) für die ehemaligen Kurse des<br />
Sprachverbandes gestrichen. Jetzt<br />
können die Träger nach Belieben<br />
die Höhe des Honorarsatzes festlegen.<br />
Weil die Maßnahmen mit<br />
2,05 Euro pro Teilnehmer und<br />
Unterrichtsstunde nicht zu finanzieren<br />
sind, bleibt ihnen kein<br />
allzu großer Spielraum. Deshalb<br />
haben die meisten Einrichtungen<br />
die Honorare gesenkt. In den<br />
Volkshochschulen (VHS) wurden<br />
die Honorare für Integrationskurse<br />
an die Standardhonorare in der<br />
jeweiligen Einrichtung beziehungsweise<br />
an das bestehende Regelhonorar<br />
für Kurse in Deutsch als<br />
Fremdsprache (DAF) auf der<br />
Grundstufe gekürzt. Das bedeutet<br />
Honorarstreichungen von bis zu<br />
sechs Euro. Besonders krass hat es<br />
die Lehrkräfte an der VHS Ludwigshafen<br />
getroffen: Ihre Honorare<br />
wurden von 23,01 Euro auf<br />
15,34 Euro gekürzt.<br />
Sie haben Fragen zur Sozialversicherung?<br />
Sie wollen wissen,<br />
welches Honorar Sie verlangen<br />
können? Sie brauchen Rat für<br />
Ihre berufliche Orientierung?<br />
Schreiben Sie uns oder rufen Sie<br />
an. Unsere Expertin Barbara<br />
Weisel beantwortet Ihre Fragen.<br />
Gaby R. meldet sich. Aufgeregt<br />
prasseln ihre Fragen<br />
durch das Telefon. „Ich<br />
weiß nicht mehr, was ich machen<br />
soll, jeder sagt mir etwas anderes.<br />
Kann ich ALG II bekommen oder<br />
nicht? Wieso bin ich als selbstständige<br />
Lehrerin rentenversicherungspflichtig,<br />
soll aber nach Auskunft<br />
der Arbeitsagentur nicht selbstständig<br />
sein? Es hieß doch immer, wir<br />
seien nicht krankenversicherungspflichtig,<br />
sind wir’s mit ALG II<br />
nun doch? Und sind Sozialversicherungsbeiträge<br />
wirklich Betriebskosten?<br />
Muss mein Mitbewohner<br />
wirklich sein Einkommen offen<br />
legen? Was hat der mit meinem<br />
geringen Einkommen zu tun? Wie<br />
soll jemand von 345 Euro leben,<br />
darf ich dazu verdienen? Meine<br />
Schule zahlt nicht monatlich, kann<br />
Die Honorarsätze für Integrationskurse<br />
und andere öffentlich<br />
finanzierte Maßnahmen sowie die<br />
Regelhonorare von Volkshochschulen<br />
und anderen Trägern<br />
bewegen sich zwischen zwölf und<br />
25 Euro. In einigen Fällen liegen<br />
sie unter zwölf Euro. Extrem niedrige<br />
Honorare zwischen 15 und<br />
sieben Euro werden in den östlichen<br />
Bundesländern gezahlt. Konkrete<br />
Zahlen liegen nicht vor,<br />
denn weder Lehrkräfte noch Träger<br />
möchten damit an die Öffentlichkeit.<br />
Honorare ab 30 Euro aufwärts<br />
bekommen Dozenten für Kurse<br />
und Seminare mit höheren Teilnehmerbeiträgen<br />
oder besonderen<br />
Anforderungen. Zum Beispiel in<br />
der betrieblichen Weiterbildung<br />
oder auf der Basis von Tagesvereinbarungen.<br />
Zuschüsse möglich<br />
Wer Honorarsätze vergleichen will,<br />
muss Zuschüsse zu Renten- und/<br />
oder Krankenversicherung oder<br />
andere Zuwendungen einbeziehen,<br />
die manche Volkshochschulen<br />
ihren Lehrkräften zahlen. So können<br />
Lehrkräfte in Berlin und<br />
Frankfurt die Hälfte ihres Krankenund<br />
Rentenversicherungsbeitrags<br />
von der VHS bekommen. In Berlin<br />
umfassen die Zuschüsse auch<br />
ein Urlaubsgeld für „arbeitnehmerähnliche<br />
Personen“, in Frankfurt<br />
kann es ergänzend gezahlt<br />
werden. Die Möglichkeit, als „ar-<br />
ich die jetzt dazu zwingen? Zum<br />
Sozialamt wollte ich nicht gehen.<br />
Ich dachte, wir gehören jetzt auch<br />
zu den Arbeitslosen, aber die Mitarbeiter<br />
in den Arbeitsagenturen<br />
kennen sich nicht aus.“<br />
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
den Arbeitsagenturen kennen sich nicht<br />
aus, diese Erfahrung teilt Gaby R. mit<br />
vielen Anrufern. Gaby R. arbeitet seit<br />
zwei Jahren an einer Volkshochschule<br />
(VHS) mit Honorarverträgen. Ob ihre<br />
Kurse zustande kommen, weiß sie vorher<br />
nicht. Ob sie die vertraglich vereinbarten<br />
Stunden halten kann, auch nicht. Wenn<br />
sie etwa so krank wird, dass sie beim<br />
besten Willen nicht unterrichten kann. In<br />
beiden Fällen heißt das: kein Geld, nichts<br />
ist planbar. Ihre Schule zahlt nach Kursende,<br />
auf Antrag auch einen Abschlag.<br />
Das ist die Regel. Es gibt aber durchaus<br />
Träger die monatlich das Honorar für<br />
die nachgewiesenen Unterrichtsstunden<br />
zahlen. Beantragen kann sie das, erzwingen<br />
nicht.<br />
Ihr Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur<br />
wird lernen müssen mit derart ungeregelten,<br />
unsicheren Beschäftigungen adäquat<br />
umzugehen, und sich fortbilden. Als<br />
Honorarkraft an der VHS ist Gaby R.<br />
selbstständige Lehrerin, da sie mehr als<br />
beitnehmerähnlichePerson“ anerkannt zu<br />
werden, ist in der<br />
Honorarordnung der<br />
Frankfurter VHS verankert.<br />
Abwärtsspirale<br />
Das Ziel „angemessene<br />
Honorare für Weiterbildungslehrkräfte“<br />
ist<br />
durch die gegenwärtigenHonorarsenkungen<br />
erst recht in weite<br />
Ferne gerückt. Es steht<br />
zu befürchten, dass<br />
sich die Abwärtsspirale<br />
fortsetzt. Denkbar sind<br />
weitere Absenkungen<br />
bei den Integrationskursen,<br />
da die Träger<br />
Schwierigkeiten haben,<br />
unter den gegenwärtigen<br />
Bedingungen<br />
kostendeckend zu<br />
arbeiten. Dem fatalen<br />
Signal „Honorare runter“,<br />
stellt sich die<br />
<strong>GEW</strong> entgegen. Es<br />
kann nicht hingenommen<br />
werden, dass<br />
hoch qualifizierte<br />
Lehrkräfte in öffentlich<br />
finanzierten Weiterbildungsmaßnahmen<br />
in Existenznot<br />
Stichprobe<br />
geraten. Die Lehrkräfte müssen<br />
endlich Anerkennung, soziale<br />
Absicherung und angemessene<br />
Honorare bekommen. Denn sie<br />
geringfügig verdient hat (zuletzt nur noch<br />
700 Euro im Monatsschnitt, da viele ihrer<br />
Kurse gestrichen wurden). Die Konsequenz:<br />
Sie muss die vollen Rentenversicherungsbeiträge<br />
zahlen. Sozialversicherungsbeiträge<br />
gelten nicht als Betriebskosten.<br />
Ihre Betriebskosten muss sie<br />
außerdem von dem Einkommen abziehen,<br />
das auf ALG II anzurechnen ist.<br />
Als selbstständige Lehrerin ist Gaby R.<br />
nicht krankenversicherungspflichtig. Sie<br />
hatte sich auch nicht mehr krankenversichert,<br />
weil sie die Beiträge nicht bezahlen<br />
konnte. Für ALG II aber gilt Krankenversicherungspflicht.<br />
Wenn sie hilfsbedürftig ist, bekommt<br />
Gaby R. selbstverständlich Leistungen<br />
nach ALG II. Sie kann dazu verdienen,<br />
auch mit selbstständiger Arbeit. Hilfsbedürftig<br />
ist sie dann, wenn sie ihren<br />
Lebensunterhalt und den mit ihr in einer<br />
Bedarfsgemeinschaft lebenden Menschen<br />
aus eigenen Kräften nicht oder<br />
nicht ausreichend decken kann. Das<br />
heißt: Ihr eigenes Einkommen und Vermögen<br />
wird geprüft und angerechnet.<br />
Das ihres Mitbewohners, falls er ihr<br />
Partner ist, auch. Aber ein Mitbewohner,<br />
mit dem man nur die Wohnung teilt, um<br />
beispielsweise Kosten zu sparen, muss<br />
sein Einkommen natürlich nicht offen<br />
Honorare im Überblick<br />
Bad Kreuznach<br />
VHS Regelhonorar 15,40 Euro<br />
IB Integrationskurse 15,00 Euro<br />
Privatschule Integrationskurse 12,00 Euro<br />
Berlin<br />
Mindesthonorar 21,50 Euro<br />
DaF-Kurse bis zu 23,60 Euro<br />
Duisburg<br />
VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />
VHS DaF-Kurse mit höheren<br />
Entgelten auch bis zu 23,00 Euro<br />
Erlangen<br />
VHS DaF 25,00 Euro<br />
Privatschule DaF 14,50 Euro<br />
Frankfurt<br />
VHS Mindesthonorar 15,40 Euro<br />
VHS DaF-Kurse mit Lehrwerk 20,00 Euro<br />
VHSA DaF-Kurse ohne Lehrwerk 21,50 Euro<br />
Gelsenkirchen<br />
Bildungszentrum des Handels Deutsch 14,50 Euro<br />
Private Wirtschaftsschule Sitzer:<br />
Rechnungswesen 18,00 Euro<br />
VHS Hamburg<br />
Integrationskurse 18,50 Euro<br />
Grundbildung 24,73 Euro<br />
Hannover<br />
VHS DaF-Kurse 19,50 Euro<br />
Kiel<br />
VHS Regelhonorar 17,90 Euro<br />
Privatschule 17,90 Euro<br />
Mainz<br />
DaF-Grundstufe 19,50 Euro<br />
DaF: Mittel- und Oberstufe 21,50 Euro<br />
Dazu kommen noch Korrekturhonorare<br />
Moers<br />
VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />
München<br />
VHS DaF-Kurse Grundstufe 19,00 Euro<br />
VHS DaF-Kurse über der Grundstufe 21,00 Euro<br />
IB Integrationskurse 20,00 Euro<br />
Klartext Integrationskurse 23,00 Euro<br />
BKK Integrationskurse 21, 00Euro<br />
tragen die Hauptverantwortung<br />
für das Lebenslange Lernen, das<br />
für unsere Gesellschaft ein unverzichtbares<br />
Gut ist. Inge Müller<br />
Hotline direkt<br />
Leser fragen, prekär antwortet<br />
legen. Er hat mit Gaby Rs ALG II-Berechtigung<br />
nichts zu tun.<br />
Und zuletzt, wie soll man von 345 Euro<br />
im Monat leben: Essen und Kleidung,<br />
Strom, Zeitung, Telefon bezahlen und<br />
womöglich noch am gesellschaftlichen<br />
Leben teilnehmen? Mit dem Regelsatz<br />
von 345 Euro (in den westlichen Bundesländern)<br />
hat der Gesetzgeber die Armutsgrenze<br />
festgelegt. Kriterien für diese Festsetzung<br />
fehlen, eine Anpassung dieses<br />
Regelsatzes an die Preissteigerungsrate<br />
ebenfalls. Viele Juristen sind überzeugt:<br />
Das ist ein Grundrechtsverstoß, gegen<br />
den Betroffene beim Bundesverfassungsgericht<br />
Beschwerde einlegen können.<br />
Noch Fragen? Schreiben Sie uns:<br />
Redaktion „prekär“<br />
E-Mail: prekaer@gew.de<br />
Barbara Weisel<br />
hilft auch<br />
telefonisch<br />
weiter.<br />
Hotline für<br />
Honorarkräfte:<br />
018 04-10 09 27<br />
montags 19 bis 23 Uhr,<br />
dienstags 9 bis 13 Uhr.<br />
0,24 Euro pro Anruf.