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Im Sinkflug - GEW

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prekär<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft • Zeitung für die Beschäftigten in der Weiterbildung Nr. 14 / April 2005<br />

Politische Bildung<br />

Am Rande der Resignation<br />

Wie nie zuvor wird der politischen<br />

Bildung der Geldhahn<br />

zugedreht. Dabei arbeitet sie seit<br />

den 90er-Jahren zunehmend<br />

erfolgreich mit neuen, modernen<br />

Konzepten.<br />

Otmar Gad ist ein politischer<br />

Bildner, wie man<br />

ihn erfinden müsste,<br />

wenn es ihn nicht schon gäbe.<br />

Jung, politisch, bewegt zog er<br />

1966 nach West-Berlin ans Otto-<br />

Suhr-Institut der Freien Universität.<br />

Fünf Jahre und zahlreiche<br />

studentenbewegte Erfahrungen<br />

später begann er im Jugendhof<br />

Steinkimmen zwischen Bremen<br />

und Oldenburg, Jugendliche aus<br />

Betrieben politisch zu unterrichten.<br />

Später arbeitete er an der<br />

Volkshochschule, beim Jugendamt<br />

und im Sozialen Dienst. Politische<br />

Bildner, so seine These, müssten<br />

zu den Menschen gehen – nicht<br />

umgekehrt. Er besuchte junge<br />

Menschen, wo sie waren,<br />

führte sie zu ökologischen<br />

Praxisseminaren<br />

auf den Grünflächen<br />

inmitten<br />

der Hochhäuser.<br />

2004 kehrte er<br />

an den Jugendhof<br />

zurück.<br />

Unter seiner<br />

Leitung sollte<br />

dieser zu<br />

einem Zentrum<br />

der Multiplikatorenschulung<br />

werden.<br />

„Zukunftsfähig“,<br />

so der Auftrag der Landesregierung,<br />

sollte das Konzept sein.<br />

Viel Zeit hat man ihm nicht gelassen:<br />

Ein halbes Jahr später und<br />

noch bevor ein überaus positiver<br />

Evaluationsbericht über die Arbeit<br />

des Jugendhofs veröffentlicht<br />

wurde, fuhr das Land Niedersachsen<br />

den Zuschuss von 454 000<br />

Euro auf null zurück. Gad: „Ein<br />

halbes Jahrhundert Arbeit – und<br />

dann hat man nicht einmal Zeit,<br />

ein neues Konzept zu schreiben.“<br />

Zurzeit lebt Steinkimmen von<br />

Erspartem; im Mai steht vermutlich<br />

die Insolvenz bevor.<br />

Vielleicht hat der Jugendhof<br />

besonders viel Pech, weil die Landesregierung<br />

in Niedersachsen<br />

zurzeit radikal Strukturen politischer<br />

Bildung zerschlägt. Unangefochtener<br />

Höhepunkt: die Abschaf<br />

Schärft den Blick:<br />

fung der Landeszentrale für politische<br />

Bildung. Doch auch anderswo<br />

ist die finanzielle Krise groß.<br />

Statistische Angaben zum Abbau<br />

gibt es angesichts einer Geldgeberpalette,<br />

die schon auf staatlicher<br />

Seite von Kommune über Länder<br />

und Bund bis zur EU reicht,<br />

nicht. Der Arbeitskreis Deutscher<br />

Bildungsstätten (ADB), der in Berlin<br />

180 freie Träger vertritt,<br />

schätzt, dass der Anteil der öffentlichen<br />

Förderung für politische<br />

Bildungsmaßnahmen inzwischen<br />

bei unter 30 Prozent liegt. „Viele<br />

schreiben nur noch Anträge“, sagt<br />

ADB-Geschäftsführerin Mechthild<br />

Merfeld, „oder sie verlegen<br />

sich notgedrungen auf Angebote,<br />

die mit Politik kaum noch etwas<br />

zu tun haben. Gesundheitsförderung<br />

oder Sozialrecht beispielsweise.“<br />

Auch der Kontakt zur Wirtschaft<br />

ist kein Tabu mehr<br />

– schließlich engagieren<br />

sich viele Konzerne<br />

von<br />

BASF bis<br />

Volkswagen längst für politische<br />

Bildung. Der Essener Professor für<br />

Erwachsenenbildung, Klaus Ahlheim,<br />

warnt: „Drittmittel machen<br />

abhängig. Unternehmerisches<br />

Denken greift per se die Grundprinzipien<br />

politischer Bildung<br />

an.“<br />

Nicht marktfähig<br />

Siegfried Schiele hat weniger<br />

Berührungsängste. Doch der<br />

jüngst in den Ruhestand getretene<br />

langjährige Leiter der Landeszentrale<br />

für politische Bildung Baden-<br />

Württemberg kennt auch die<br />

Grenzen: „Politische Bildung ist<br />

kein marktfähiges Produkt“, sagt<br />

er. „Hier und da“ könne man<br />

„schon mal fünftausend Euro<br />

ergattern“. Letztlich sei politische<br />

Bildung aber „eine originäre Verpflichtung<br />

des demokratischen<br />

Staats zum Selbsterhalt“. Außerdem<br />

lockten private Angebote<br />

gerne mit fetzig aufbereiteten<br />

Events. Schiele: „Ich habe nichts<br />

Fortsetzung auf Seite 2<br />

Karikaturen: Plaßmann<br />

Inhalt<br />

Schwerpunkt: Politische Bildung<br />

In Bedrängnis<br />

Ein Gespräch mit dem Bildungsexperten<br />

Theo Länge über die<br />

Zukunft der politischen Bildung.<br />

Seite 3<br />

Kampf gegen Rechts<br />

Die politische Bildung muss an<br />

den Erfahrungen der Teilnehmer<br />

ansetzen. Seite 4<br />

Lästiger Störfaktor<br />

Die Demokratie braucht politische<br />

Bildung. Eine Argumentationshilfe.<br />

Seite 5<br />

Bildungsfinanzierung<br />

Ein Gespräch mit Staatssekretär<br />

Wolf-Michael Catenhusen (SPD)<br />

über die Pläne des Bundesbildungsministeriums.<br />

Seite 8<br />

Klares Votum<br />

Die Leserbefragung zeigt:<br />

„prekär“-Leser wollen die Fortführung<br />

der Weiterbildungszeitung.<br />

Seite 9<br />

Positives Signal<br />

Der neue Tarifvertrag für den<br />

öffentlichen Dienst bringt Vorteile<br />

für Weiterbildner. Seite 11<br />

Kompetenzwirrwarr<br />

Das SGB II ist in Kraft. Was die<br />

neuen Instrumente bringen, bleibt<br />

unklar. Seite 12<br />

Neue Perspektiven<br />

Volkshochschulen könnten zu<br />

pädagogischen Partnern der<br />

Ganztagsschule werden.<br />

Seite 13<br />

www.gew.de


2<br />

Editorial<br />

Schwerpunkt<br />

Liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen,<br />

vielleicht haltet ihr gerade die<br />

letzte Ausgabe der <strong>GEW</strong>-Weiterbildungszeitung<br />

„prekär“ in<br />

den Händen. Der Grund: Bisher<br />

sind Produktion und Vertrieb<br />

der „prekär“ als gemeinsames<br />

Projekt von Hauptvorstand<br />

und Landesverbänden<br />

im Rahmen des Organisationsprozesses<br />

gelaufen – und<br />

finanziert worden. Diese Phase<br />

ist jetzt beendet. Auf dem<br />

Gewerkschaftstag, der vom 23.<br />

bis 27. April in Erfurt stattfindet,<br />

entscheiden die Delegierten,<br />

ob „prekär“ eingestellt<br />

oder in den Aufgaben-Kanon<br />

der <strong>GEW</strong> übernommen wird.<br />

Es gibt viele gute Gründe für<br />

Letzteres. Andererseits muss<br />

Ulf Rödde,<br />

verantwortlicher<br />

Redakteur<br />

von „prekär“<br />

die Organisation politisch<br />

genau abwägen, welche Arbeiten<br />

Priorität haben. Denn eins<br />

steht fest: Das Geld der <strong>GEW</strong>,<br />

die Beiträge der Mitglieder,<br />

lässt sich nicht beliebig vermehren.<br />

Der Projektbeirat und die<br />

Redaktion meinen, dass die<br />

Evaluation des „prekär“-Experiments<br />

für die Delegierten<br />

eine gute Entscheidungsgrundlage<br />

für ein positives Votum<br />

ist. Sie empfehlen dem<br />

Gewerkschaftstag, die Zeitung<br />

weiter zu führen. Auch die<br />

sehr ermutigenden Ergebnisse<br />

der Leserbefragung, für die der<br />

renommierte Hamburger<br />

Kommunikationswissenschaftler<br />

Professor Jürgen Prott verantwortlich<br />

zeichnet (s. Seite<br />

neun), liefern viele Argumente<br />

dafür, mit „prekär“ auch künftig<br />

regelmäßig über den Weiterbildungsbereich<br />

zu berichten.<br />

Bei allen Unwägbarkeiten ist<br />

eins allerdings sicher: Dies<br />

wird das letzte „Editorial“ der<br />

„prekär“-Geschichte. Denn<br />

auch das hat die Befragung<br />

gezeigt: Das „Editorial“ halten<br />

die Leserinnen und Leser für<br />

die Rubrik, auf die man am<br />

ehesten verzichten kann.<br />

Ulf Rödde<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

gegen Konzerte. Aber der politische<br />

Gehalt darf nicht fehlen.“<br />

Zu der finanziellen Krise kommt<br />

spätestens seit den 90er-Jahren<br />

eine weitere: Politische Bildung,<br />

heißt es, müsse sich modernisieren,<br />

marktgängiger und nachfrageorientierter<br />

werden. Der Gießener<br />

Politikwissenschaftler Karsten<br />

Rudolf stellte in seinem „Bericht<br />

politische Bildung 2002“ eine<br />

ganze Reihe provokanter Thesen<br />

auf: Eine politische Bildung, die<br />

nicht „das Klagelied der neoliberalen<br />

Durchkapitalisierung der Gesellschaft“<br />

singe, könne nicht wie<br />

heute nur fünf, sondern bis zu 39<br />

Prozent der Bürger erreichen. Statt<br />

tief schürfender Minderheitenseminare<br />

forderte er aktuelle, konkrete<br />

und das Informationsbedürfnis<br />

befriedigende Angebote: Broschüren,<br />

Bürgertelefone, Infostände.<br />

Der Präsident der Bundeszentrale<br />

für politische Bildung,<br />

Thomas Krüger, ist nicht ganz so<br />

radikal, wird aber auch deutlich:<br />

„Die politische Bildung ist zur<br />

Modernisierung verurteilt.“ Sie<br />

müsse mehr mit modernen Medien<br />

arbeiten und neue – auch<br />

politikferne – Zielgruppen erschließen.<br />

Krüger selbst hat<br />

seit 2000 viel Energie in die Bundeszentrale<br />

gesteckt: unter anderem<br />

in einen attraktiven Online-<br />

Auftritt und in das Jugendmagazin<br />

„fluter“.<br />

Längst ist die Palette der Angebote<br />

breiter als viele meinen. „Wir diskutieren<br />

schon lange nicht mehr<br />

auf der Alm über Parteiendemokratie“,<br />

sagt Schiele. Vor allem jene<br />

Angebote seien erfolgreich, die<br />

Menschen Teilhabe ermöglichen:<br />

beispielsweise die von der Stuttgarter<br />

Landeszentrale unterstützten<br />

Jugendgemeinderäte in all jenen<br />

Gemeinden, in denen sie ernst<br />

genommen und in politische Entscheidungen<br />

einbezogen würden;<br />

politische Stände auf Marktplätzen,<br />

wenn sich politisch Verantwortliche<br />

außerhalb des Wahlkampfs<br />

den Fragen der Menschen<br />

stellten. Für den harten Kern politisch<br />

Interessierter, sagt Schiele,<br />

müssten weiterhin tiefgründige<br />

Angebote gemacht werden: „Das<br />

sind wir ihnen schuldig.“<br />

Kleinteilige Angebote<br />

Auch der stellvertretende Leiter der<br />

niedersächsischen Volkshochschulen,<br />

Jürgen Heinen-Tenrich, konstatiert<br />

eine enorme Veränderung:<br />

„Die großen politischen Themen<br />

sind tot“, sagt er, „aber mit kleinteiligen<br />

Angeboten erreicht man die<br />

Leute doch.“ Also: Statt fünftägiger<br />

Seminare „Lange Abende“ zu<br />

einem Thema, das von verschiedenen<br />

Seiten aufgearbeitet wird.<br />

Erfolg habe alles, sagt Heinen-Tenrich,<br />

was „aktuell, punktuell, verwendungs-<br />

und verwertungsorientiert“<br />

sei. Bedauern schwingt mit:<br />

„Vor zehn Jahren haben wir sokratische<br />

Gespräche angeboten – das ist<br />

heute undenkbar.“<br />

Die Frage, wie die Wirksam- und<br />

Verwertbarkeit politischer Bildung<br />

sichergestellt werden sollen, stellt<br />

sich insbesondere in ihrem vielleicht<br />

wichtigsten Aufgabenfeld:<br />

der Erziehung zur Demokratie<br />

beziehungsweise der Bekämpfung<br />

und Prävention von Antisemitismus<br />

und Rassismus. „Kein<br />

Mensch macht aus Glatzköpfen<br />

mal eben multikulturelle Demokraten“,<br />

sagt Matthias Heyl,<br />

pädagogischer Leiter der Gedenkstätte<br />

Ravensbrück in Brandenburg,<br />

„unsere Arbeit ist nicht<br />

messbar. Aber ist sie deswegen<br />

nicht förderungswürdig?“ Das hat<br />

sich offenbar auch die nordrheinwestfälische<br />

Landesregierung gefragt.<br />

Ihre Antwort: <strong>Im</strong> Februar<br />

2004 strich sie den gesamten Etat<br />

für Gedenkstättenfahrten.<br />

Neue Argumente<br />

Ein irrsinniger Beschluss, findet<br />

Klaus Ahlheim: „Es geht nicht an,<br />

dass die wesentlichsten bildungspolitischen<br />

Anstöße aus den Rechnungshöfen<br />

kommen.“ Um den<br />

Vertretern der politischen Bildung<br />

schlagkräftige Argumente zu liefern,<br />

arbeitet der Essener Professor<br />

deshalb zurzeit an einer Studie zur<br />

Nachhaltigkeit politischer Bildung.<br />

Ahlheim: „Der engagierte politische<br />

Bildner von heute ist nichts<br />

Geringeres als ein dynamischer<br />

Optimist am ständigen Rande der<br />

Resignation. Er braucht unsere<br />

Unterstützung.“<br />

Jeannette Goddar<br />

Kommentar<br />

Werkstätten der Demokratie<br />

Ein Blick in die Realität zeigt:<br />

Politische Bildung ist unverzichtbar.<br />

Arbeitsplätze sind vorrangig,<br />

Sozialhilfe ist wichtig,<br />

die Schulen müssen<br />

dramatische Rückstände aufholen<br />

– viele Prioritäten der Politik<br />

scheinen sonnenklar. Und wer<br />

braucht politische Erwachsenenbildung?<br />

Junge Leute brauchen politische<br />

Erwachsenenbildung: Die<br />

These, junge Leute kämen politisch<br />

gebildet aus der Schule,<br />

ignoriert die Zwänge dieser Institution.<br />

Jüngere nehmen wegen<br />

ihrer Mobilität weniger an der<br />

formellen politischen Erwachsenenbildung<br />

teil – aber sie machen<br />

die Erfahrung, dass die politische<br />

Debatte unter den Bedingungen<br />

einer Bildungsstätte oder<br />

Volkshochschule (VHS) eine<br />

neue Dimension hat. Sie ist dort<br />

offener, differenzierter, weil mehrere<br />

Generationen an der Diskussion<br />

beteiligt sind, näher an der<br />

Realität, weil hier schneller als in<br />

der Richtlinienmaschinerie neue<br />

Fragen, Ergebnisse und Kontroversen<br />

aufgenommen werden<br />

können.<br />

Alte Menschen brauchen politische<br />

Erwachsenenbildung: Die<br />

wachsende Gruppe älterer Teilnehmer<br />

hat besonders viel an Wandel<br />

zu verarbeiten. Und sie trägt zum<br />

Erfahrungstransfer bei: Welche<br />

Erfahrungen mit gesellschaftlichen<br />

Zwängen und Freiheiten haben<br />

die Älteren gemacht, wie wurden<br />

„ Politische<br />

Standpunkt: Bildung muss<br />

Jens Schmidt,<br />

sich heute mehr<br />

„Arbeit und Leben“, Hamburg<br />

denn je Fragen<br />

wie Solidarität, Demokratie und<br />

Verteilung von Ressourcen stellen.<br />

Sie sollte lebendig und erlebnisorientiert<br />

sein und aktuelle<br />

sozialpolitische Fragestellungen wie<br />

Gender Mainstreaming oder interkulturelles<br />

Lernen berücksichtigen.<br />

“<br />

Lebenskrisen bewältigt, welche<br />

Orientierungsmuster für Gesellschaft<br />

und Lebensführung trugen,<br />

welche sind zerbrochen? Diese<br />

Fragen sind in systematische Bildungsangebote<br />

einzubringen, haben<br />

aber auch Raum in Erzählcafés<br />

oder Gesprächen zwischen<br />

den Generationen.<br />

Vereine, Verbände und Bürgerinitiativen<br />

brauchen politische<br />

Erwachsenenbildung: Sie bekommen<br />

ihr Handwerkszeug:<br />

„politisches Management“,<br />

Know-how in Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Rhetorik, das Gespräch<br />

mit Experten und Entscheidungsträgern<br />

in den Einrichtungen<br />

der politischen Bildung, von<br />

denen viele aus sozialen Bewegungen<br />

hervorgegangen sind.<br />

Politiker brauchen politische<br />

Erwachsenenbildung: Politische<br />

Bildung zeigt politische Gestaltbarkeit<br />

auf – die einzige Chance<br />

zur Identifikation mit dem politischen<br />

System. Die Politik<br />

braucht diese Arena auch als Ort<br />

der Vermittlung, als Raum der<br />

Argumentation und Abwägung<br />

von Alternativen, als Chance der<br />

Korrektur von Entscheidungen,<br />

die im „Raumschiff Politik“<br />

getroffen wurden – und auch<br />

weiterhin zur Schulung ihres<br />

Nachwuchses.<br />

Städte und Regionen brauchen<br />

politische Erwachsenenbildung:<br />

Für die Entwicklung der Kommunen<br />

stellen sich zurzeit<br />

schwierige Fragen: Welche Infrastruktur<br />

können wir uns noch<br />

leisten und wo? Wie ist Bürger-<br />

Norbert<br />

Reichling,<br />

Bildungswerk der<br />

Humanistischen<br />

Union<br />

engagement möglich? Wie können<br />

wir neue soziale Ausgrenzungen<br />

vermeiden, wie Zuwanderung<br />

gestalten? Gerade in Städten<br />

und Gemeinden gibt es<br />

große Partizipationsbereitschaft.<br />

Politische Bildung hat die Kompetenz,<br />

solche Abwägungsprozesse<br />

zu moderieren und Wissen<br />

einzubringen.<br />

Die Demokratie braucht politische<br />

Erwachsenenbildung:<br />

Ohne den Unterbau einer informierten<br />

„demokratischen Elite“<br />

kann Demokratie nicht funktionieren.<br />

Die Institutionen der<br />

politischen Bildung stellen einen<br />

Teil der Öffentlichkeit dar,<br />

in der die Entscheidungen der<br />

Politik präsentiert, abgewogen<br />

und korrigiert werden können –<br />

ein Raum der Mitgestaltung.<br />

Dazu gehören politisches Wissen<br />

und eine Debatte über Prioritäten,<br />

an der sich jeder beteiligen<br />

kann. Es wäre schön, wenn<br />

zehn oder 20 Prozent der Bürger<br />

zu dieser Elite gehörten. Jedenfalls<br />

kann sich kein Demokrat<br />

leisten, auf die fünf Prozent zu<br />

verzichten, die wir bisher erreicht<br />

haben – oder will da wer<br />

zurück zur „autoritären Ermächtigungsdemokratie“<br />

der<br />

50er-Jahre?<br />

Norbert Reichling


prekär-Gespräch<br />

„Die Wege zur politischen<br />

Bildung sind weiter geworden“<br />

Der politischen Bildung geht es<br />

finanziell an den Kragen. Doch<br />

sie ist heute wichtiger denn je.<br />

Ein Gespräch mit Theo W. Länge,<br />

Bundesgeschäftsführer von<br />

„Arbeit und Leben“ und Vorsitzender<br />

des Bundesausschusses<br />

Politische Bildung.<br />

prekär: Die Krise der Weiterbildung<br />

hat die politische Bildung<br />

erfasst. Es fehlen überall Mittel.<br />

2004 hat Niedersachsen seine<br />

Landeszentrale für politische<br />

Bildung geschlossen, ein erschreckendes<br />

Signal. Gibt es<br />

auch positive Anzeichen?<br />

Theo Länge: Die Bundeszentrale<br />

für politische Bildung (bpb) hat<br />

angesichts drohender Einschnitte<br />

bereits vor fünf Jahren Strukturveränderungen<br />

in Gang gesetzt.<br />

Sie hat die Entscheidungsstrukturen<br />

vereinfacht und ist mit einer<br />

modernen Marketingstrategie an<br />

die Öffentlichkeit gegangen, die<br />

der staatlichen politischen Bildung<br />

ihr verstaubtes <strong>Im</strong>age<br />

genommen hat. Die bpb bezog<br />

das Internet mehr ein, initiierte<br />

öffentliche Veranstaltungen, die<br />

auf einen breiteren Begriff von<br />

politischer Bildung setzen und<br />

baute ein breites Kooperationsnetz<br />

auf. Dadurch wurde die politische<br />

Bildung wieder beachtet,<br />

auch von der Politik. Von dieser<br />

<strong>Im</strong>agekampagne haben auch die<br />

freien Träger profitiert.<br />

Das Bundesinnenministerium<br />

(BMI) hat 2005 den Förderetat<br />

der bpb von 27,5 auf 25 Millionen<br />

Euro heruntergefahren...<br />

. . . das Problem dabei: Die bpb<br />

entscheidet ja über die Verteilung<br />

dieser Fördermittel. Während die<br />

freien Träger 2003 noch zehn Millionen<br />

aus dem Topf bekamen,<br />

überlässt die bpb uns in diesem<br />

Jahr nur noch etwa 7,8 Millionen.<br />

Das erzeugt große Verunsicherung<br />

bei den Trägern.<br />

Wie will die bpb dieses<br />

Geld unter den freien Trägern<br />

verteilen?<br />

Die bpb hat drei Kriterien vorgeschlagen:<br />

Erstens will sie mehr<br />

bei quersubventionierten Trägern<br />

kürzen, sofern diese Mittel über<br />

andere Einrichtungen bekommen,<br />

die ebenfalls vom BMI<br />

gefördert werden. Zweitens<br />

möchte sie nach Qualitätskriterien<br />

entscheiden. Dazu gehören:<br />

Welche Zielgruppen erreicht der<br />

Anbieter, welche Themen hat er<br />

im Programm, mit welchen<br />

Methoden arbeitet er? Doch nach<br />

welchen Bewertungsmaßstäben<br />

hier letztlich gemessen wird,<br />

bleibt unklar. Drittens sollen die<br />

neuen Länder weitgehend verschont<br />

bleiben, weil die politische<br />

Bildung dort recht schwach<br />

vertreten ist. Die Träger haben<br />

sich nun ohne die bpb versam-<br />

melt, um eigene Strategien zu<br />

entwickeln. Denn in den nächsten<br />

Jahren sind weitere Kürzungen<br />

zu erwarten.<br />

Mit welchen Kürzungen haben<br />

die freien Träger darüber hinaus<br />

zu kämpfen?<br />

Der Kinder- und Jugendplan des<br />

Bundesjugendministeriums sieht<br />

im zweiten Jahr hintereinander<br />

erhebliche Kürzungen für die politische<br />

Jugendbildung vor. Nachdem<br />

die Personalkostenförderung<br />

abgeschafft wurde, gab es 2004<br />

fünf Prozent weniger Mittel als im<br />

Vorjahr, 2005 sind es noch einmal<br />

vier bis sechs Prozent weniger.<br />

Überdies geht es der politischen<br />

Bildung in allen Bundesländern<br />

an den Kragen: In Hamburg wer-<br />

Theo W.<br />

Länge,<br />

Bundesgeschäftsführer<br />

von „Arbeit<br />

und Leben“<br />

den die Weiterbildungstitel bis<br />

2006 um ein Drittel gekürzt,<br />

Mecklenburg-Vorpommern hat<br />

seit 1999 drei Viertel seiner<br />

ursprünglichen Förderung eingestampft,<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

2005 zum zweiten Mal die Zuschüsse<br />

um 15 Prozent gestrichen,<br />

in Brandenburg wurden die Mittel<br />

für die Landeszentrale für Politische<br />

Bildung von 760 000 auf<br />

430 000 Euro gekürzt. Zudem werden<br />

auf Bundesebene Subventionen<br />

abgebaut, davon ist auch die<br />

politische Bildung betroffen. Deshalb<br />

kämpfen wir als Bundesausschuss<br />

Politische Bildung dafür,<br />

dass endlich realisiert wird, was<br />

die Politik proklamiert, nämlich<br />

Bildung und Jugend von Kürzungen<br />

auszunehmen. Wir müssen<br />

begreifen, dass Fördermittel für<br />

die politische Bildung Investitionen<br />

in die Zukunft sind, keine<br />

Subventionen.<br />

Welche Auswirkungen haben<br />

diese Kürzungen auf die Arbeit<br />

der politischen Bildung?<br />

Die Kürzungen treffen ins Mark.<br />

Einige Träger müssen Insolvenz<br />

anmelden. Allmählich merken die<br />

Politiker, dass es ans Eingemachte<br />

geht. Doch auch sie können und<br />

wollen prinzipiell auf politische<br />

Bildung nicht verzichten. Schon<br />

jetzt steht fest: Durch die Kürzungen<br />

steigen die Teilnehmerbeiträge<br />

und die Aufwendungen der Einrichtungen.<br />

Und wenn Jugendliche<br />

70 bis 100 Euro für eine Weiterbildung<br />

zahlen müssen, entscheiden<br />

sie sich eher für CDs<br />

und Computer als für ein Seminar.<br />

Die Folge: Viele Träger verändern<br />

ihr Profil, bieten berufliche<br />

Bildung an oder Themen, die<br />

marktgängig sind. Gesundheitsförderung<br />

oder Rhetorik zum Beispiel.<br />

Grundlegende, fachorientierte<br />

politische Bildung droht auf<br />

der Strecke zu bleiben. Das Profil<br />

der Profession kann sich dabei<br />

erheblich verändern.<br />

In Zeiten knapper Kassen gerät<br />

politische Bildung zunehmend<br />

unter Rechtfertigungszwang.<br />

Wozu brauchen wir sie heute?<br />

Die Gesellschaft hat einen dramatischen<br />

Wandel zu verkraften. Die<br />

radikale Ökonomisierung verunsichert<br />

die Menschen, die Macht<br />

ökonomischer Sachzwänge wirkt<br />

entdemokratisierend und entsolidarisierend.<br />

Das gesellschaftliche<br />

Klima verändert sich, Konkurrenz<br />

und Verteilungsängste verschärfen<br />

sich unter den Bedingungen der<br />

Globalisierung, die Gegensätzlichkeit<br />

der Kulturen schafft neue<br />

Konflikte in der Gesellschaft.<br />

Angesichts dieser Probleme wird<br />

politische Bildung immer wichtiger.<br />

Sie kann dazu beitragen, den<br />

Wandel zu begreifen und mitzugestalten.<br />

Unsere Gesellschaft ist für<br />

viele Menschen kaum noch durchschaubar.<br />

Wer versteht denn noch<br />

die Strukturen und Entscheidungsmechanismen<br />

unseres politischen<br />

Systems? Doch eine Gesellschaft,<br />

in der die Bürger nicht mitreden<br />

können, droht, entdemokratisiert<br />

zu werden. Politische<br />

Bildung hat dabei drei Aufgaben:<br />

Wissen vermitteln, die Urteilsbildung<br />

schärfen, zur Mitwirkung<br />

anregen.<br />

Wie muss politische Bildung<br />

gestrickt sein, um im Medienzeitalter<br />

die actionverwöhnten<br />

Menschen zu erreichen, gerade<br />

aus bildungsfernen Schichten?<br />

Die Wege zur politischen Bildung<br />

sind in unserer komplexen Gesellschaft<br />

weiter geworden. Wir müssen<br />

politische, berufliche und allgemeine<br />

Bildung mehr miteinander<br />

verzahnen, ohne daraus einen<br />

Einheitsbrei zu machen. Oft finden<br />

wir erst auf Umwegen einen<br />

Zugang zu den Menschen. Die<br />

Kunst besteht darin, sich für andere<br />

Weiterbildungsbereiche zu öffnen,<br />

ohne den grundlegenden<br />

Auftrag aus den Augen zu verlieren.<br />

Wie könnte das aussehen?<br />

In Bayern beispielsweise bietet<br />

Arbeit und Leben ein drejähriges<br />

Weiterbildungsprojekt zum<br />

Thema „Netprofession“ an. Über<br />

die Arbeit mit neuen Medien,<br />

mit Internet und Fernsehen,<br />

schaffen wir es, Jugendliche für<br />

Politik zu begeistern. Die jungen<br />

Menschen lernen, wie sie Sendungen<br />

vorbereiten, Stücke<br />

schneiden, Sachverhalte darstellen<br />

können. Sie wählen die Themen<br />

selbst aus – von Drogenpolitik<br />

bis zum Ausbildungsplatz-<br />

mangel – und setzen sich in<br />

ihren Medienbeiträgen kritisch<br />

mit ihnen auseinander – ein Akt<br />

der politischen Bildung. Ein<br />

anderes Beispiel<br />

gibt es in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Dort machen<br />

wir auf<br />

Anregung von JugendlichenÜberlebenstrainings,<br />

obwohl das<br />

eigentlich gar<br />

nicht zu unseren<br />

Aufgaben gehört.<br />

Das Projekt ist<br />

sehr erfolgreich,<br />

denn auf diesem<br />

Weg kommen wir Vassiliki Zisi,<br />

mit den Jugendlichen<br />

zu grundlegendenDiskussionen:<br />

Warum<br />

wollt ihr so ein<br />

Überlebenstraining,<br />

wogegen<br />

müsst ihr euch<br />

verteidigen, wie<br />

fühlt ihr euch in<br />

eurer Stadt, in<br />

eurer Umgebung?<br />

Natürlich muss<br />

die politische Bildung<br />

auch die<br />

ohnehin Aktiven<br />

berücksichtigen.<br />

Indem sie etwa<br />

Seminare zu Themen<br />

wie Zukunft<br />

der Arbeit, soziale<br />

Sicherheit oder<br />

Zusammenleben<br />

in einer Zuwanderungsgesellschaft<br />

anbietet.<br />

Aktuelle Studien<br />

zeigen: Das Interesse<br />

junger<br />

Menschen an Politik hat eher<br />

zu- als abgenommen. Ebenso<br />

ihre Bereitschaft zum Engagement.<br />

Doch sie gehen lieber zu<br />

Initiativen wie attac als zu<br />

staatlichen Institutionen und<br />

Parteien. Nicht Politik- sondern<br />

Parteienverdrossenheit scheint<br />

das Thema zu sein.<br />

In der Tat ist das Vertrauen der<br />

Bürger in die Politik zur Zeit nicht<br />

eben groß. Das schlechte <strong>Im</strong>age<br />

färbt auf die politische Bildung<br />

ab. Gerade deshalb müssen wir<br />

die Menschen durch Aktivitäten<br />

vor Ort gewinnen. Indem wir<br />

beispielsweise politische Gestaltungsmöglichkeiten<br />

in der Stadt<br />

thematisieren, Verkehrsplanung<br />

etwa oder Kinderbetreuung. So<br />

wird Politik anschaulich und<br />

erfahrbar. Dafür bräuchten wir<br />

Fördersysteme, die uns mehr<br />

Spielraum geben. Ob das erreichbar<br />

ist, wissen wir nicht. Wir arbeiten<br />

daran.<br />

Das Gespräch führte Anja Dilk.<br />

Schwerpunkt<br />

„<br />

Standpunkt:<br />

Auszubildende beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />

Politische Bildung<br />

sollte unser<br />

politisches System<br />

erklären und zeigen,<br />

was man verbessern<br />

könnte.Wenn ich<br />

verstehen würde,<br />

wie unser System<br />

funktioniert, würde<br />

mich Politik mehr<br />

interessieren.<br />

“<br />

Lesetipp<br />

Die Publikation „Praxis Politische<br />

Bildung – Materialien,Analysen,<br />

Diskussionen“ erscheint viermal<br />

jährlich im Juventa Verlag. Herausgegeben<br />

wird die Fachzeitschrift<br />

vom Bundesausschuss Politische<br />

Bildung.Themenschwerpunkte der<br />

vergangenen Ausgaben waren:<br />

● 01/2004:<br />

Was ist politische Bildung wert?<br />

● 04/2004:<br />

Was ist der Politik politische<br />

Bildung wert (Teil I)?<br />

● 01/2005:<br />

Was ist der Politik politische<br />

Bildung wert (Teil II)?<br />

Bezug über:<br />

Juventa Verlag GmbH<br />

Ehretstraße 3<br />

69469 Weinheim<br />

Tel.: 0 62 01/90 20-0<br />

Mail: juventa@juventa.de<br />

www.juventa.de<br />

3


4<br />

Schwerpunkt<br />

„<br />

Klaus Tovar,<br />

Leiter SPD-Parteischule<br />

Standpunkt:<br />

Wenn ich mich<br />

politisch bilde, will<br />

ich einen freudvollen<br />

Lernprozess erleben,<br />

Wissensvorsprünge,<br />

Erkenntniszuwachs<br />

und neue Möglichkeiten<br />

gewinnen.<br />

Politische Bildung<br />

sollte Werte und<br />

Haltungen thematisieren<br />

und Partei<br />

für die Demokratie<br />

ergreifen.<br />

“<br />

Rechtsextremismus<br />

Keine Selbstbilder zementieren<br />

<strong>Im</strong> Kampf gegen Rechtsextremismus<br />

spielt die politische Bildung<br />

eine wichtige Rolle. Sie kann<br />

nur erfolgreich sein, wenn sie<br />

an den Erfahrungen der Teilnehmer<br />

ansetzt.<br />

Wenn rechtsextreme<br />

Parteien bei Landtagswahlenüberdurchschnittlich<br />

viele Stimmen<br />

bekommen, wie jüngst in Teilen<br />

Sachsens mit 20 Prozent, ertönt<br />

der Ruf nach der politischen Bildung.<br />

Häufig folgt der Vorwurf,<br />

die politische Bildung habe versagt.<br />

Selten wird gefragt, ob die<br />

Wahlergebnisse nicht auch Ausdruck<br />

gesellschaftlicher Veränderungen<br />

und Folge neuer Strategien<br />

rechtsextremer Parteien<br />

sind. Wie die der NPD Sachsen,<br />

die sich auf die Entwicklung<br />

einer rechtsextremen und antidemokratischen<br />

Kultur in bestimmten<br />

Regionen konzentrierte, auf<br />

Gewalttaten verzichtete, Biedermänner<br />

einband und<br />

damit höchst erfolgreich<br />

war. Selten wird<br />

dem Einstellungswandel<br />

in der Bevölkerung,<br />

den fremdenfeindlichenVorurtei-<br />

Evaluationsstudie<br />

Startschuss für Diskussionen<br />

<strong>Im</strong> Auftrag von<br />

Bundesjugend- und<br />

Bundesbildungsministerium<br />

ist die<br />

politische JugendundErwachsenenbildung<br />

in Deutschland<br />

erstmals evaluiert<br />

worden. Die<br />

Ergebnisse liefern<br />

eine solide Basis für<br />

Debatten über die<br />

Perspektiven der<br />

politischen Bildungsarbeit.<br />

Wenn man<br />

nach der<br />

Wertschätzung<br />

politischer<br />

Bildung fragt, geben<br />

weniger die offiziellen<br />

Statements, die<br />

stets die öffentliche<br />

Verantwortung betonen,<br />

als vielmehr der<br />

faktische Rückbau<br />

der politischen Bildung<br />

Auskunft. Derzeit<br />

machen der<br />

Jugend- und Erwachsenenbildungförderungspolitische<br />

Restriktionen zu schaffen<br />

(siehe Interview Seite drei). In<br />

einer solchen Lage entdeckt die<br />

Politik gern einen Klärungsbedarf<br />

eigener Art: Sie lässt evaluieren.<br />

Das heißt, sie lässt den Betrieb<br />

len und seinen Ursachen auf den<br />

Grund gegangen.<br />

Rechtsextreme und antidemokratische<br />

Einstellungen dürfen in der<br />

politischen Debatte weder legitimiert<br />

noch verharmlost werden;<br />

notwendig ist die Auseinandersetzung<br />

mit den strukturellen Ursachen.<br />

Dies gilt gleichermaßen für<br />

staatliche Stellen und Parteien<br />

wie für gesellschaftliche Organisationen.<br />

Aufgabe der politischen<br />

Bildung, verstanden als Förderung<br />

des demokratischen Bewusstseins,<br />

ist es, gemeinsam mit<br />

anderen Bildungsbereichen, Menschen<br />

anzuregen, aktiv am politischen<br />

Leben teilzunehmen. Dieser<br />

Auftrag ist letztlich nur zu<br />

erfüllen, wenn er parteiisch umgesetzt<br />

wird: Indem er die Menschen-<br />

und Minderheitenrechte<br />

sowie die Grundwerte unserer<br />

Verfassung unterstützt.<br />

Angesichts der Zunahme rechtsextremer<br />

Einstellungen scheint es<br />

zumindest fraglich, ob die vorhandenen<br />

Konzeptionen und<br />

pädagogischen Programme der<br />

politischen Bildung zur Bekämpfung<br />

des Rechtsextremismus zwei<br />

Herausforderungen hinreichend<br />

wahrnehmen: Erstens die gesellschaftlichen<br />

Bedingungen und<br />

von externer, wissenschaftlicher<br />

Seite systematisch aus- und<br />

bewerten – neben seinem Berichts-<br />

und Auswertungswesen,<br />

neben der laufenden organisatorischen<br />

und pädagogischen<br />

Selbstreflexion.<br />

Zwei Evaluationen<br />

Die Evaluation der politischen<br />

Jugend- und Erwachsenenbildung<br />

haben auf Bundesebene zwei wissenschaftliche<br />

Teams vorgenommen.<br />

<strong>Im</strong> Auftrag des Bundesjugendministeriums<br />

untersuchte ein<br />

Team unter Leitung von Achim<br />

Schröder, Professor für Kulturpädagogik<br />

und Jugendarbeit an<br />

der Fachhochschule Darmstadt,<br />

die Jugendbildung. Lothar Böhnisch,<br />

Professor für Sozialisation<br />

der Lebensalter an der Technischen<br />

Universität Dresden, und<br />

seine Mitarbeiter evaluierten im<br />

Auftrag des Bundesbildungsministeriums<br />

die Erwachsenendbildung.<br />

Start für Diskussion<br />

Der groß angelegte Prozess endete<br />

im Dezember 2004. Der Abschluss<br />

hatte den Charakter eines<br />

Startschusses: Jetzt kann über<br />

Sachstand, Leistungsfähigkeit und<br />

Perspektiven der Bildungsarbeit<br />

auf einer verlässlichen, detaillierten<br />

Materialbasis diskutiert werden.<br />

Darin waren sich die Exper-<br />

Ursachen des Rechtsextremismus,<br />

zweitens die mit der Einwanderungsgesellschaft<br />

verbundenen<br />

Konfliktfelder. Die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer der außerschulischen<br />

Demokratiebildung<br />

bringen eigene gesellschaftliche<br />

Erfahrungen und oft verfestigte<br />

politische Orientierungen mit.<br />

Eine Pädagogik, die diese Erfahrungen<br />

ignoriert, wird allenfalls<br />

Daten und Fakten zur Zementierung<br />

der Selbst- und Fremdbilder<br />

beitragen.<br />

An Erfahrungen ansetzen<br />

Notwendig ist es, die pädagogischen<br />

Prozesse als Prozesse zur<br />

Selbstbildung zu verstehen – egal,<br />

ob es um Menschenrechtspädagogik,<br />

interkulturelle Bildung oder<br />

Diversity-Trainings geht. Die politische<br />

Bildung muss an der Erfahrung<br />

der Teilnehmer ansetzen und<br />

sich mit ihnen über die Wertmaßstäbe<br />

des Grundgesetzes und der<br />

Gesellschaft auseinandersetzen.<br />

Politische Bildung hat auch die<br />

Aufgabe, die Partizipationsmöglichkeiten<br />

von Minderheiten zu<br />

verbessern, indem sie die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer in die<br />

Lage versetzt, ihre Interessen zu<br />

artikulieren und Strategien zur<br />

ten aus Politik, Wissenschaft und<br />

Bildungspraxis einig – trotz einzelner<br />

Anfragen zu Methoden<br />

und Interpretationen der Erhebung.<br />

Die drei wichtigsten Ergebnisse:<br />

● <strong>Im</strong> außerschulischen Bereich<br />

mit seinen zahlreichen gesellschaftlichen<br />

Organisationen und<br />

Initiativen – vom großen, bundeszentralen<br />

Bildungswerk bis zum<br />

lokalen Ein-Mann-Betrieb – ist<br />

eine breite Infrastruktur mit<br />

einem pluralen und vielschichtigen<br />

Angebot entstanden. Das ist<br />

ein eindeutiges Plus für den deutschen<br />

Bildungsstandort. Das breit<br />

gefächerte Angebot trifft dabei auf<br />

große Nachfrage, muss sich aber<br />

weiter flexibilisieren.<br />

● Bei den hauptamtlichen pädagogischen<br />

Mitarbeiterinnen und<br />

Eine Kurzfassung des Berichts zur<br />

Jugendbildung wurde in Praxis<br />

Politische Bildung 1/04, zur Erwachsenenbildung<br />

in Praxis Politische<br />

Bildung 1/05 veröffentlicht.<br />

Literatur<br />

Schröder,Achim und andere:<br />

Politische Jugendbildung auf dem<br />

Prüfstand – Ergebnisse einer<br />

bundesweiten Evaluation.<br />

Juventa Verlag.Weinheim u.a.<br />

2004. 232 Seiten.<br />

18,– Euro. (im Buchhandel)<br />

politischen Teilhabe zu entwickeln.<br />

Um in der Bildungspraxis<br />

entsprechende Grundlagen zu verankern,<br />

müssen die Lehrkräfte<br />

nachhaltig aus- und weitergebildet<br />

und begleitet werden.<br />

Strategisch einbetten<br />

Auch kurzzeitpädagogische Maßnahmen<br />

der politischen Bildung<br />

und die dort gewonnenen Erfahrungen<br />

und Anregungen lassen<br />

sich für die Auseinandersetzung<br />

mit dem Rechtsextremismus nutzen.<br />

Politische Bildung stößt dort<br />

an ihre Grenzen, wo Ausgrenzung<br />

und Rassismus toleriert werden<br />

sowie politisches und gesellschaftliches<br />

Handeln gegen rechtsextreme<br />

Gewalt fehlen. Politische Bildung<br />

muss daher eingebettet sein<br />

in eine Strategie, die darauf<br />

abzielt, Menschen unabhängig<br />

von sozialer und ethnischer Herkunft,<br />

Hautfarbe, Religion, Behinderung,<br />

Geschlecht, Alter und<br />

sexueller Identität als gleichberechtigt<br />

anzuerkennen.<br />

Volker Roßocha, DGB-Bundesvorstand,<br />

Referat Migrationspolitik, AG Rechtsextremismus<br />

Weitere Infos:<br />

Schwerpunkt Rechtsextremismus<br />

in der März-Ausgabe der „Erziehung<br />

und Wissenschaft“<br />

Mitarbeitern in der politischen<br />

Jugend- und Erwachsenenbildung<br />

hat sich ein professionelles<br />

Profil herausgebildet, das über<br />

die unterrichtende Tätigkeit weit<br />

hinausgeht und Planung, Konzeptbildung,<br />

Bildungsberatung,<br />

Marketing, Vernetzung einbezieht.<br />

Dieses breite Kompetenzspektrum<br />

ist ein wichtiges Element<br />

der Infrastruktur und muss<br />

durch eine zielgerichtete Förderungspolitik<br />

sichergestellt werden.<br />

● Eine besondere Stärke des<br />

außerschulischen Bildungssektors<br />

besteht darin, dass er sich konsequent<br />

um Innovationen bemüht.<br />

Er fungiert als Experimentierort<br />

für das gesamte Bildungssystem.<br />

„Die außerschulische politische<br />

Bildung nimmt“, so heißt es im<br />

Abschlussbericht zur Jugendbildung,<br />

„eine Vorreiterrolle in der<br />

Entwicklung neuer Lernformen<br />

und Methoden ein.“<br />

Jetzt kommt es darauf an, dass<br />

sich die pädagogischen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in den<br />

weiteren Diskussionsprozess einschalten.<br />

Denn die Interpretation<br />

der Ergebnisse bedarf gerade der<br />

Erfahrung derjenigen, die die Arbeit<br />

in der Praxis leisten.<br />

Johannes Schillo,<br />

Redakteur der vom Bundesausschuss Politische<br />

Bildung (bap) herausgegebenen Fachzeitschrift<br />

Praxis Politische Bildung


Gegen politische Bildung werden<br />

mit wachsender Vehemenz<br />

Argumente ins Feld geführt. Denn<br />

die Wirtschaft setzt lieber auf<br />

schnell qualifizierte Menschen,<br />

statt am Grundsätzlichen zu<br />

kratzen. Doch die Demokratie<br />

braucht politische Bildung.<br />

Eine Argumentationshilfe.<br />

Wer sich heute für den<br />

Fortbestand oder aberwitziger<br />

Weise gar für<br />

den Ausbau der politischen Bildung<br />

– gemeint ist die außerschulische<br />

Jugend- und Erwachsenenbildung<br />

– engagiert, dem schlägt ein<br />

Wind von Widersprüchen ins<br />

Gesicht. Mit wachsender Vehemenz<br />

wird eine Reihe von Argumenten<br />

gegen die politische Bildung ins<br />

Feld geführt. Sie lassen sich leicht<br />

widerlegen. Sieben Vorwürfe, sieben<br />

Entgegnungen.<br />

1. Politische Bildung in Deutschland<br />

hat ihre Wurzeln in der<br />

Nachkriegszeit.Als „Reeducation“<br />

war sie einst notwendig,<br />

doch heute sind die Deutschen<br />

gute Demokraten.<br />

Es stimmt, die Nachkriegszeit ist<br />

vorbei und Deutschland ist eine<br />

etablierte Demokratie. Aber diejenigen,<br />

die nachwachsen, sollten auch<br />

überzeugte Demokraten sein. Das<br />

wird man nicht durch Geburt.<br />

„Demokratie ist die einzige Staatsform,<br />

die gelernt werden muss“<br />

(Oskar Negt). Politische Bildung<br />

bietet hierzu die Möglichkeit – in<br />

Diktaturen gibt es diese Möglichkeit<br />

nicht.<br />

2. Politische Bildung ist langweilig<br />

und erreicht die Menschen<br />

einer „Erlebnisgesellschaft“<br />

nicht.<br />

Langweilig? In der politischen Bildung<br />

werden Entwicklungstendenzen<br />

von Staat und Gesellschaft dargestellt.<br />

Bewertet wird das Ausmaß<br />

oder die Begrenzung von Freiheit<br />

und Gerechtigkeit in Entscheidungen<br />

der Tagespolitik und in aktuellen<br />

Situationen. Analysiert werden<br />

Sozialdaten, beispielsweise die Bevölkerungsentwicklung<br />

oder das<br />

Verhältnis von Armut und Reichtum<br />

in der Bundesrepublik oder<br />

der gesamten Welt. Erhellt werden<br />

Schlagworte wie Globalisierung,<br />

Mediengesellschaft oder Gender-<br />

Mainstreaming. Gefragt wird danach,<br />

wer im Staat und in der<br />

Gesellschaft mächtig oder ohnmächtig<br />

ist. Problematisiert wird,<br />

ob das alles mit den Grundsätzen<br />

einer Demokratie zu vereinbaren<br />

ist. Diskutiert wird mit spannenden<br />

Menschen, die mit ihren Thesen<br />

für Aufsehen gesorgt haben. Erinnert<br />

wird, wenn Zeitzeugen – etwa<br />

ehemalige Insassen von Konzentrationslagern<br />

– zu Wort kommen.<br />

Gewarnt wird vor Hass, Intoleranz,<br />

Diskriminierung und Menschenverachtung.<br />

Geübt wird Zivilcourage,<br />

gehandelt wird in Initiativen,<br />

die sich um die Geschichte eines<br />

Ortes kümmern, den Erhalt einer<br />

Wohngegend oder die Zukunft<br />

ihrer Stadt sichern wollen. Dabei ist<br />

in der politischen Bildung eine<br />

Fülle von kreativen Lern- und<br />

Arbeitsmethoden entwickelt worden.<br />

Allerdings: Politische Bildung<br />

ist kein Teil der „Spaßgesellschaft“<br />

– Humor kann eine große Rolle bei<br />

der politischen Bildung spielen,<br />

aber es geht auch um sehr ernste<br />

Themen, zum Beispiel um Lebensund<br />

Überlebensfragen, um Krieg<br />

und Frieden.<br />

3. Politische Bildung will<br />

missionieren.<br />

Trotz hartnäckigen Wiederholens<br />

bleibt dieser Vorwurf unsinnig.<br />

Denn welcher halbwegs vernünftige<br />

Mensch lässt sich allen Ernstes in<br />

seiner knapp bemessenen Freizeit<br />

missionieren, mit geistiger Gewalt<br />

auf eine Linie bringen, gar agitieren?<br />

Dieses Zerrbild vom eifernden<br />

und geifernden, larmoyanten und<br />

arroganten, bekennerischen und<br />

besserwisserischen Missionar in der<br />

politischen Bildung ist weder empirisch<br />

belegt noch lernpsychologisch<br />

plausibel. Zu Recht hat es der Hannoveraner<br />

Erwachsenenbildner<br />

Horst Siebert auf die Formel<br />

gebracht „Erwachsene sind lernfähig,<br />

aber unbelehrbar“. Zunächst<br />

halten sie an gewohnten Bildern<br />

fest. Und wer zur politischen Bildung<br />

kommt, der will sich bilden<br />

und nicht überrumpeln lassen.<br />

4. Die Massenmedien bieten eine<br />

Fülle von Informationen. Sie<br />

sind zudem aktuell. Hier kann<br />

sich jeder politisch bilden.<br />

Umgekehrt wird ein Schuh daraus:<br />

Bei der Fülle der Informationen<br />

stehen unterschiedslos Wichtiges<br />

und Banales nebeneinander, Spektakuläres<br />

beherrscht die Schlagzeilen.<br />

Rasche Bilder, schnelle Schnitte<br />

und 30-Sekunden-Statements<br />

reduzieren, verzerren, trivialisieren<br />

die Mitteilungen. Die Welt wird<br />

zwar bunt, aber auch beliebig – sie<br />

zerfällt in Info-Scherben. Hinter<br />

ihnen stehen Konkurrenz- und Profitinteressen<br />

der herrschenden Medienkonzerne.<br />

Politische Bildung<br />

aber nimmt sich Zeit, hilft die<br />

Informationen zu filtern, zu sortieren,<br />

in Zusammenhänge zu bringen<br />

und kritisch einzuordnen. Information<br />

wird zu Wissen und aus<br />

ihr wird Bildung.<br />

5. Politische Bildung erreicht nur<br />

eine kleine Minderheit der<br />

erwachsenen Menschen.<br />

Es ist eine Legende, dass die Politische<br />

Bildung nur eine kleine Minderheit<br />

der Bevölkerung erreicht.<br />

Die Zahl ist nur deswegen klein,<br />

weil sie verglichen wird mit anderen<br />

Weiterbildungsbereichen (Sprachen,<br />

Gesundheit, Computerlernen).<br />

Absolut gesehen besuchen<br />

jährlich ungefähr 2,4 Millionen<br />

Erwachsene in ihrer Freizeit Veranstaltungen<br />

zur politischen Bildung<br />

– das sind mehr, als es Parteimitglieder<br />

in Deutschland gibt (ca. 1,6<br />

Millionen). Allein in Nordrhein-<br />

Westfalen nehmen jährlich zwischen<br />

700 000 und 750 000 Erwachsene<br />

die diversen Angebote von<br />

Volkshochschulen, Bildungsstätten,<br />

Bildungswerken oder Akademien<br />

wahr. So viele Menschen begeben<br />

sich abends oder an den Wochenenden<br />

in die Kurse und Seminare,<br />

hören bei Vorträgen zu, verfolgen<br />

Podiumsdiskussionen, sind<br />

bei Studienfahrten und Exkursionen<br />

dabei oder engagieren sich in<br />

Workshops.<br />

6. Der Nutzen von politischer<br />

Bildung ist zweifelhaft.<br />

Der Nutzen von Bildung ist nicht<br />

unmittelbar sichtbar. Abgefragt<br />

werden kann er sowieso nicht,<br />

dafür sind die Lernwege erwachsener<br />

Menschen viel zu verschlungen.<br />

Sie haben eine Vorgeschichte,<br />

die hineinspielt, eventuell aufgearbeitet<br />

und an einigen Punkten korrigiert<br />

werden muss. Die eine<br />

Erfahrung verschränkt sich mit<br />

einer neuen, möglicherweise durch<br />

ein Bildungserlebnis ausgelöste.<br />

Dann muss der eigene Standpunkt,<br />

das Menschenbild oder Politikverständnis<br />

unter Umständen korrigiert<br />

werden. Solche Prozesse dauern<br />

und vollziehen sich eher beiläufig,<br />

Schritt für Schritt. Unter Umständen<br />

tritt eine Wirkung viel<br />

später nach dem Anlass ein. So<br />

gesehen ist zu bezweifeln, ob es<br />

überhaupt möglich sein kann, die<br />

Wirkung einer politischen Bil-<br />

Gewitterstimmung:<br />

die politische Bildung<br />

unter Beschuss<br />

Essay<br />

Lästiger Störfaktor<br />

dungsveranstaltung kausal zu rekonstruieren,<br />

geschweige denn zu<br />

prognostizieren.<br />

7. Politische Bildung ist teuer.<br />

Zu teuer.<br />

Ein Kontrast: „Elf Millionen Euro<br />

Grundgehalt, Bonus, Aktienrechte<br />

und Optionen kassierte Ackermann<br />

im vergangenen Jahr“<br />

(2003, Manager Magazin).<br />

<strong>Im</strong> selben Jahr<br />

beliefen sich die Gesamtausgaben<br />

der Landeszentrale<br />

für politische<br />

Bildung Nordrhein-Westfalen<br />

– einer<br />

im Vergleich mit anderen<br />

großzügig ausgestatteten<br />

Landeszentrale –<br />

auf 7,3 Millionen Euro.<br />

Natürlich hinkt der<br />

direkte Vergleich der<br />

Tantiemen des Chefs<br />

der Deutschen Bank Willi Rehfeld,<br />

mit den Zuwendungen<br />

einer Landeszentrale für<br />

politische Bildung, aber<br />

dennoch sagt er Einiges<br />

aus über die Wertigkeiten<br />

in dieser Gesellschaft.<br />

Absurd ist der<br />

Zahlenfetischismus allemal,<br />

denn größer als die<br />

Investitionen in Bildung<br />

sind die Kosten<br />

für Sozialbetreuung,<br />

Schuldenberatung, Bewährungshilfe<br />

und Gefängnisse.<br />

Warum ist die politische<br />

Bildung so in<br />

Rechtfertigungszwänge<br />

geraten, obwohl sie<br />

doch gute Argumente<br />

hat? Vielleicht deswegen:<br />

Der Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland<br />

fordert die permanente<br />

Qualifizierung des<br />

„Humankapitals“, will<br />

flexible und cool auftretende„Ich-Unternehmer“.<br />

Bildung dagegen<br />

will die Mündigkeit, Autonomie<br />

und Empathie<br />

der Menschen. Bildung ist langwierig,<br />

sie geht indirekte Wege, sucht,<br />

macht nachdenklich, geht ans<br />

Grundsätzliche. Bildung hindert<br />

am flotten Konsum. Die Demokratie<br />

braucht politische Bildung, die<br />

Wirtschaft eher nicht. Da eine<br />

betriebswirtschaftliche Total-Ideologie<br />

wie Mehltau über dem Land<br />

liegt, stört politische Bildung.<br />

Klaus-Peter Hufer<br />

Schwerpunkt<br />

Standpunkt:<br />

Dialog Bildungswerk„<br />

Bleistiftzeichnung: Dialog<br />

Politische Bildung<br />

sollte Menschen zur<br />

Beteiligung an der<br />

Gesellschaft ermutigen<br />

und befähigen.Wir<br />

dürfen Entscheidungen<br />

nicht Lobbyisten und<br />

Verbänden überlassen.<br />

Um Einfluss nehmen<br />

und uns auch ungefragt<br />

einmischen zu<br />

können, müssen wir<br />

analysieren lernen und<br />

verstehen, wie Macht<br />

funktioniert.<br />

“<br />

5


6<br />

Aus Bund und Ländern<br />

Fortbildungen in<br />

Alphabetisierung<br />

Unter der Überschrift „Lesen und<br />

Schreiben lehren und lernen<br />

unter erschwerten Bedingungen“<br />

bietet der Verein Kreisel eine<br />

Fortbildung mit Peter Hubertus,<br />

Geschäftsführer des Bundesverbands<br />

Alphabetisierung, an.<br />

Hamburg: Fr./Sa. 27./28. 05.<br />

Kontakt: Kreisel<br />

Tel.: 0 40/38 61 23 71<br />

Fortbildung@KreiselHH.de<br />

Eine Fortbildung zum Thema<br />

„Neues von der Schriftsprache?<br />

Schreibenlernen und Rechtschreibung<br />

in der Alphabetisierung“<br />

bietet der Landesverband<br />

der Volkshochschulen Niedersachsen<br />

an. Geleitet wird der Kurs<br />

von Andreas Klepp und Bernd<br />

Müller.<br />

Hannover: Fr., 15. 04. – Sa.,16. 04.<br />

Kontakt: Landesverband<br />

der Volkshochschulen Niedersachsen<br />

Tel.: 05 11/34 84 10<br />

info@vhs-nds.de<br />

„Einführung in die Alphabetisierung“<br />

ist das Thema einer zweiteiligen<br />

Fortbildung mit Peter<br />

Hubertus, Geschäftsführer des<br />

Bundesverbands Alphabetisierung,<br />

die das hvv-Institut des<br />

Hessischen Volkshochschulverbands<br />

anbietet. Sie richtet sich an<br />

Kursleiterinnen und Kursleiter,<br />

die in diesem Bereich tätig sind<br />

oder werden wollen.<br />

Fulda: Fr./Sa., 22./23. 04. und<br />

Fr./Sa., 20./21. 05.<br />

Kontakt:<br />

hvv-Institut des Hessischen<br />

Volkshochschulverbands<br />

Tel.: 069/5 60 00 80<br />

schlereth@vhs-in-hessen.de<br />

oder<br />

Thüringer<br />

Volkshochschulverband<br />

Tel.: 0 36 41/62 09 03<br />

Angelika.mede@vhs-th.de<br />

Gewerkschaftstag in Erfurt<br />

Auf dem <strong>GEW</strong>-Gewerkschaftstag Ende April fallen<br />

wichtige Entscheidungen für den Vorstandsbereich<br />

Berufliche Bildung und Weiterbildung in den kommenden<br />

Jahren.<br />

„Bildung in Europa. Bildung für die Welt“ – unter diesem<br />

Leitthema findet vom 23. bis 27. April 2005 in der<br />

Messe Erfurt der 25. Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> statt.<br />

Hier werden auch für die Weiterbildung personell,<br />

finanziell und inhaltlich die Weichen für die nächsten<br />

Jahre gestellt.<br />

Als Leiterin des Vorstandsbereichs Berufliche Bildung<br />

und Weiterbildung und damit Nachfolgerin von Ursula<br />

Herdt, die nach acht Jahren nicht mehr für dieses Amt<br />

kandidiert, ist Stephanie Odenwald vorgeschlagen worden.<br />

Odenwald ist Vorsitzende des <strong>GEW</strong>-Landesverbands<br />

Hamburg. Als Nachfolger von Eva-Maria Stange,<br />

die nach zwei Legislaturperioden aus persönlichen Gründen<br />

nicht mehr für den Vorsitz der <strong>GEW</strong> zur Verfügung<br />

steht, kandidiert Ulrich Thöne, Vorsitzender des Landesverbands<br />

Berlin.<br />

Der Vorstandsbereich, die Bundesfachgruppe Erwachsenenbildung<br />

und andere Antragssteller haben mehrere<br />

Anträge an den Gewerkschaftstag gerichtet, die den<br />

Bereich der Weiterbildung betreffen. Das Themenspektrum<br />

reicht von den Hartz-Gesetzen über Ein-<br />

Euro-Jobs und Tarifregelungen von Projektarbeit bis zu<br />

Forderungen an die Weiterbildungspolitik des Bunds.<br />

Anträge, die über verschiedene Bildungsbereiche greifen,<br />

liegen unter anderem mit dem Bildungspolitischen<br />

Reformkonzept und dem Antrag zur Bildungsfinanzierung<br />

vor (s. „Erziehung und Wissenschaft“ 4/2005).<br />

Für die Weiterführung der „prekär“ und der Hotline für<br />

Honorarlehrkräfte im Rahmen des Prozesses der Organisationsentwicklung<br />

(OE) sprechen sich unter anderem<br />

der Landesverband Rheinland-Pfalz und die Bundesfachgruppe<br />

Erwachsenenbildung aus. Die <strong>GEW</strong> hat<br />

eine Leserbefragung zur „prekär“ in Auftrag gegeben,<br />

die Ergebnisse liegen bereits vor (siehe Bericht Seite<br />

neun). Die Entscheidung über die Fortführung der Projekte<br />

wird mit zwei Anträgen des Hauptvorstands fallen,<br />

die die Fortführung der Weiterbildungs-Projekte<br />

„prekär“ und Hotline in veränderter Form vorschlagen,<br />

gleichzeitig aber auch die Halbierung der bisherigen<br />

OE-Mittel vorsehen. Torsten Fust<br />

Weitere Informationen und alle Anträge an den<br />

Gewerkschaftstag sind zu finden unter:<br />

www.gew.de/Gewerkschaftstag_2005.html<br />

Dozentenvertretungen anerkennen<br />

Die Arbeitsgemeinschaft der Dozentenvertretungen<br />

fordert mehr Engagement vom Bayerischen<br />

Volkshochschulverband.<br />

Die Arbeitsgemeinschaft der Dozentenvertretungen<br />

an bayerischen Volkshochschulen hat dem<br />

neuen Vorsitzenden des Bayerischen Volkshochschulverbands<br />

(BVV), Karl-Heinz Eisfeld, vorgeschlagen,<br />

den knapp 220 Volkshochschulen in<br />

Bayern die Anerkennung von Dozentenvertretungen<br />

zu empfehlen.<br />

Der BVV solle auf Landesebene selbst dafür sorgen,<br />

dass über Honorare und Sozialversicherung für freiberufliche Dozentinnen<br />

und Dozenten ernsthaft verhandelt wird. Wenn der Verband so sehr auf<br />

Qualitätsmanagement in der öffentlichen Erwachsenenbildung setze, müsse<br />

er an einer Aufwertung von Einkommen, sozialer Sicherheit und Mitbestimmung<br />

der Lehrkräfte interessiert sein.<br />

<strong>Im</strong> Gespräch mit Gisela Gildemeister, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft,<br />

versicherten Eisfeld und Verbandsdirektor Wilhelm F. Lang, die Forderungen<br />

im Vorstand zu behandeln und für einen Ausbau der Zusammenarbeit zu<br />

werben. Gemeinsame Interessen gebe es vor allem in der Abwehr weiterer<br />

Kürzungen staatlicher Mittel. pw<br />

Infos unter www.ad-vhs-bayern.de und mggildemeister@t-online.de<br />

Warnstreik beim Internationalen Bund<br />

Die Beschäftigten machen sich für ein Zukunftskonzept des Weiterbildungsträgers<br />

stark.<br />

500 Beschäftigte haben sich Mitte März an<br />

den bundesweiten Warnstreiks beim Internationalen<br />

Bund (IB) beteiligt. <strong>GEW</strong> und<br />

ver.di hatten zu den Aktivitäten aufgerufen.<br />

Die Beschäftigten machten sich mit den<br />

Warnstreiks für ein zukunftsfähiges Konzept<br />

des Weiterbildungsträgers stark und wiesen<br />

die von der IB-Geschäftsleitung angedrohten<br />

Gehaltskürzungen von mehr als zehn Prozent<br />

zurück. Sie verlangten eine Erhöhung<br />

der Gehälter um einen monatlichen Festbe-<br />

trag von 150 Euro, einheitliche tarifvertragliche<br />

Regelungen für alle Beschäftigten im<br />

IB-Konzern und den Verzicht auf weitere<br />

Konzernausgründungen.<br />

Die Warnstreiks haben die Position der Gewerkschaften sichtbar gestärkt. In<br />

der dritten Verhandlungsrunde am 14. März signalisierte der IB unter anderem<br />

seine Bereitschaft, seine ursprüngliche Forderung von minus 10 Prozent<br />

Gehalt bei Altverträgen auf 2,5 Prozent zu reduzieren. Darüber hinaus ist der<br />

IB bereit, auf ein endgültiges Einfrieren des Gehaltsstufensprungs zu verzichten<br />

und Gehaltserhöhungen nur befristet auszusetzen, sofern der Tarifvertrag<br />

für drei Jahre festgelegt wird. Diese Angebote gehen den Gewerkschaften<br />

nicht weit genug. Die Verhandlungen gehen weiter.<br />

Der IB-Vorstand hatte den Gehaltstarifvertrag zum 31. Januar 2005 gekündigt.<br />

Der IB ist als Weiterbildungsträger in der Beruflichen Bildung und<br />

Sozialen Arbeit tätig. Aufgrund der veränderten Vergabepraxis der Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) hat der IB viele Ausschreibungen im Weiterbildungssektor<br />

nicht mehr gewonnen. Die Warnstreiks fanden insbesondere in<br />

Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland statt. Die<br />

Streikbereitschaft hält an.<br />

Weimarer Debatten<br />

Rückblick: Auf der Herbstakademie 2004 in Weimar wurde die Profession der Weiterbildner unter die Lupe<br />

genommen. Die Herbstakademie 2005 wird sich der Frage stellen: Welche Konsequenzen haben die PISA-<br />

Ergebnisse für die Weiterbildung?<br />

Die Profession der Weiterbildner ist im Umbruch. Doch inwiefern wird sich das Berufsbild der Lehrkräfte in der<br />

Erwachsenenbildung künftig verändern? Wie können die Erwachsenenbildner ihre pädagogischen Ansprüche<br />

umsetzen, ohne sich dem bedingungslosen Diktat der Ökonomie zu unterwerfen – und dabei auch in Zeiten<br />

radikalen Abbaus überleben? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen beschäftigte die Experten Ende 2004<br />

auf der <strong>GEW</strong>-Herbstakademie in Weimar (s. „Erziehung und Wissenschaft“ 12/2004). Wiltrud Gieseke,<br />

Professorin für Erwachsenenbildung an der Berliner Humboldt Universität, forderte: „Wir müssen die Formen<br />

professionellen Interpretierens, Denkens und Handels neu beleben und die Fähigkeit, unsere Arbeit zu begründen,<br />

schulen. Wie sonst sollen wir Bildungspolitikern klar machen, dass und warum Weiterbildung notwendig<br />

und berechtigt ist?“<br />

Diese grundsätzlichen Überlegungen werden freilich von aktuellen Problemen überlagert, denn die Rahmenbedingungen<br />

von Weiterbildung verschärfen sich erheblich. Es gäbe keine klaren Vorstellungen darüber, was berufliche<br />

Weiterbildung leisten solle, es fehle an einer umfassenden Evaluierung der Instrumente und einer ausreichenden<br />

Verbindung zwischen Gesetz und Tarifpolitik, sagte Heinrich Alt vom Vorstand der Bundesagentur für<br />

Arbeit (BA) in der politischen Diskussionsrunde der Herbstakademie. Auch in diesem Jahr wird der Organisationsbereich<br />

Berufliche Bildung und Weiterbildung beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand eine Herbstakademie veranstalten,<br />

geplant ist sie für den 24. bis 26. November 2005 in Weimar. Zentrales Thema werden voraussichtlich die<br />

Konsequenzen aus den PISA-Studien für die Weiterbildung sein. adi<br />

Zeichen setzen: Proteste gegen<br />

den Sparkurs in Stuttgart<br />

Das Berufsbild<br />

ändert sich:<br />

Der Weiterbildner<br />

wird zum<br />

Jongleur.<br />

Die Dokumentation der Herbstakademie 2004 „Jongleure der Wissensgesellschaft – Die Profession in der Weiterbildung im Wandel“ gibt es<br />

per Download unter: www.gew.de/Veranstaltungen_im_Bereich_Weiterbildung.html oder ist zu bestellen bei:<br />

<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand, Brigitte Kramer, Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt am Main, Tel.: 0 69/7 89 73-327 · Fax: 0 69-789 73-103,<br />

E-Mail: brigitte.kramer@gew.de<br />

Dienstleister<br />

Pädagoge<br />

Entertainer


Kahlschlag im Norden<br />

Auf Beschluss der Hamburger Bürgerschaft muss die<br />

Volkshochschule der Hansestadt jetzt mit zwei Millionen<br />

Euro weniger auskommen.<br />

Die angedrohten Kürzungen an der Hamburger Volkshochschule<br />

(VHS) wurden trotz vielfältigem Protest im<br />

Dezember 2004 von der CDU-Mehrheit in der Hamburger<br />

Bürgerschaft beschlossen: Zwei Millionen Euro,<br />

fast ein Drittel des Etats von 7,1 Millionen, sind gestrichen.<br />

Noch im Herbst 2004 war mit großen Worten der<br />

85-jährige Geburtstag der VHS gefeiert worden, weniger<br />

später wurde über den Kahlschlag dieser für Hamburgs<br />

Bevölkerung wertvollen, traditionsreichen Einrichtung<br />

entschieden.<br />

1919 gegründet ist die VHS die größte öffentliche Weiterbildungseinrichtung<br />

der Hansestadt. Ihr Kursangebot<br />

umfasste 2003 etwa 5600 Veranstaltungen, die von 77 000<br />

Menschen besucht wurden. Für viele von ihnen ist ein<br />

wohnortnahes und günstiges Bildungsangebot unverzichtbar.<br />

Es trägt dazu bei, dass sehr unterschiedliche Menschen<br />

die Kurse der VHS besuchen und der soziale Zusammenhalt<br />

in den Stadtteilen gestärkt wird. Die VHS ist vor Ort<br />

verwurzelt, dadurch werden Menschen erreicht, für die die<br />

Teilhabe an Bildung alles andere als selbstverständlich ist.<br />

An der VHS machen sie Kurse zum Nachholen des<br />

Hauptschulabschlusses oder zur Sprachförderung für<br />

<strong>Im</strong>migranten. Nun werden die Kurse zum Nachholen des<br />

Hauptschulabschlusses in allgemeinbildende Schulen verlagert,<br />

also an Orte, die mit dem Scheitern dieser Menschen<br />

im Bildungssystem zu tun haben. Bisherige Gebührenermäßigungen<br />

für Rentner, Arbeitslose und Studenten<br />

soll es nur noch für jene geben, die ihre Bedürftigkeit<br />

nachweisen. Es ist zu befürchten, dass künftig<br />

möglicherweise ein Drittel der Stephanie<br />

Kurse gestrichen, ein Drittel Odenwald,<br />

der Beschäftigten entlassen und Vorsitzende<br />

Standorte geschlossen werden. des <strong>GEW</strong>-<br />

Dieser Kahlschlag ist unverantLandesverwortlich. Der Protest geht weibandsHamter. Stephanie Odenwald<br />

burg<br />

Schnitt durch die<br />

Mitte: Die Hälfte<br />

der Mittel wird<br />

gestrichen.<br />

Job oder Berufung?<br />

Kongress über den Beruf Kursleiter in Stuttgart.<br />

Ein Kongress zum Thema „Kursleiter – Beruf, Berufung oder Job?“ findet am<br />

14. April 2005 in Stuttgart, Treffpunkt Rotebühlplatz, statt. Veranstalter sind die<br />

VHS Stuttgart und die <strong>GEW</strong>. <strong>Im</strong> Mittelpunkt stehen die Kursleiter, ihre Position<br />

und ihre Arbeit als Honorarlehrkräfte in einem sich wandelnden Weiterbildungsmarkt.<br />

Nach seinem Einführungsreferat stellt sich Professor Klaus Meisel<br />

vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung der Diskussion.<br />

Am Nachmittag folgen vier Foren:<br />

1. Politische und marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen in der Erwachsenbildung<br />

(Inge Goerlich),<br />

2. Kursleiter und Kursleiterin als Beruf (Ursula Herdt),<br />

3. Diplomkursleiter-Abschlüsse als Qualitätsmerkmale? (Wolfgang Klenk),<br />

4. Neue Beschäftigungsmodelle (Barbara Weisel, Barbara Preussler).<br />

Gastkommentator ist Helmut Stockmar vom bundesweiten Dienstleister für<br />

Transfer-, Qualifizierungs- und Personalentwicklungsmanagement Mypegasus<br />

Stuttgart.<br />

Weitere Infos:<br />

Margrit Schatz, Referentin Weiterbildung, <strong>GEW</strong> Baden-Württemberg,<br />

Telefon: 0711/2103 03-46, E-Mail: weiterbildung@gew-bw.de<br />

Erboster Oberbürgermeister<br />

Podiumsdiskussion zum Thema Volkshochschule im Münchener DGB-Haus<br />

mit Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) endet beinahe mit einem Eklat.<br />

Der Saal des Münchner DGB-Hauses war brechend voll. Viele Dozentinnen<br />

und Dozenten waren Mitte Januar erschienen, um mit Podiumsdiskutanten aus<br />

Politik, Gewerkschaft, Wissenschaft und Volkshochschule ins Gespräch zu kommen.<br />

Sie wollten ihnen mitteilen, dass ihre Existenz endlich angemessener Entlohnung<br />

und sozialer Absicherung bedürfe.<br />

Was die Zuhörer bekamen, war eine Mischung aus guten Worten, Vorwürfen und<br />

Versprechungen. Erwähnenswert ist vor allem die Kontroverse zwischen Heiner<br />

Keupp, Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

und Oberbürgermeister (OB) Christian Ude (SPD), zugleich Aufsichtsratsvorsitzender<br />

der Münchener Volkshochschule (MVHS). Keupp wandte sich vehement<br />

gegen den Ruf nach dem „flexiblen, allseitig verfügbaren Menschen, anpassungsfähig,<br />

als Trabant um die Sonne des Kapitals kreisend“. Er forderte vom Staat kritische<br />

Distanz gegenüber Institutionen, „die den Menschen auf Außensteuerung<br />

programmieren“ und lediglich „Qualifikation im Rattenrennen“ böten. Seine<br />

Äußerungen erbosten Ude so sehr, dass der OB weitschweifig über die Berechtigung<br />

von Beruflicher Bildung dozierte. Dezent zur Ordnung gerufen, erging er<br />

sich in Publikumsbeschimpfung und warf, für die meisten Anwesenden unverständlich,<br />

Dozenten Unverschämtheiten im Vorfeld der Veranstaltung vor.<br />

Auf den Zwischenruf einer Dozentin, dass er sie nun als Wählerin verloren<br />

hätte, zur Besinnung gekommen, konterte er mit altbekannten Vorwürfen: Die<br />

Dozentenvertreter hätten es bislang versäumt, klare Kriterien zur Unterscheidung<br />

von hauptberuflichen und nebenberuflichen Dozentinnen und Dozenten<br />

vorzulegen. Daher sei es nicht möglich, die Gruppe derjenigen herauszufiltern,<br />

die von der Arbeit als Weiterbildner leben. Er erwarte konkrete Vorlagen der<br />

Betroffenen, so Ude. Zum Schluss bot er an, bei regelmäßig wiederkehrenden,<br />

inhaltsgleichen Kursen prüfen zu lassen, ob und wie es möglich wäre, Anstellungen<br />

oder anstellungsähnliche Verhältnisse für die Kursleiterinnen und Kursleiter<br />

zu schaffen. Dann entschwand er. Die Podiumsdiskussion wurde ohne Diskussion<br />

beendet, da die vorgegebene Zeit überschritten war. Zurück blieben frustrierte<br />

Dozentinnen und Dozenten mit der Aussicht auf viel zusätzliche Arbeit<br />

für den vom OB hingeworfenen Strohhalm. Otto Radauscher-Weidinger<br />

Minus 46 Prozent<br />

Zuschüsse für Erwachsenenbildung in Thüringen werden radikal gekürzt.<br />

Einen Haushalt mit massiven Kürzungen im Bildungsbereich hat der<br />

thüringische Landtag mit seiner knappen CDU-Mehrheit am<br />

25. Februar beschlossen. Standen den nach dem Erwachsenenbildungsgesetz<br />

anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung<br />

(Freie Träger, Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen)<br />

2004 8 700 100 Euro zur Verfügung, werden es 2005<br />

nur noch 4 700 000 Euro sein. Das ist ein Rückgang um 46<br />

Prozent. Außerdem haben diese Einrichtungen künftig<br />

keinen Rechtsanspruch auf Förderung mehr. Zuschüsse<br />

für die Träger der Erwachsenenbildung gibt es dann<br />

nur noch nach Maßgabe des Landeshaushaltes. Das<br />

wird kaum zur Deckung der Kosten reichen. Die<br />

Folgen sind absehbar: Das Angebot wird eingeschränkt,<br />

Mitarbeiter werden entlassen. Kleine Träger<br />

sind in Gefahr, und die Bedingungen für eine<br />

Kooperation mit Partnern werden schlechter, da<br />

diese nur auf der Basis langfristiger finanzieller<br />

Sicherheit möglich ist. Trotz Protestaktionen und<br />

einer Anhörung im Landtag stießen die Anliegen<br />

der Mitarbeiter bei den CDU-Abgeordneten auf<br />

taube Ohren. „Wir werden weiter für eine Rücknahme<br />

der Verschlechterungen kämpfen – auch in<br />

Hinblick auf den kommenden Doppelhaushalt<br />

2006/2007“, sagte <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender Jürgen<br />

Röhreich. Marlis Bremisch<br />

Aus Bund und Ländern<br />

Heftige Debatte<br />

An der Volkshochschule Fürth kämpfen<br />

Dozenten für soziale Sicherung.<br />

Eine heftige öffentliche Debatte<br />

über Honorare und Sozialbeiträge<br />

für Dozenten der Volkshochschule<br />

(VHS) wird in Fürth geführt.<br />

Mit 25,58 Euro pro Unterrichtsstunde<br />

und einem Zuschuss zur<br />

Kranken- und Rentenversicherung<br />

von bestimmten freiberuflichen<br />

Lehrkräften nimmt die VHS<br />

Fürth eine Spitzenstellung unter<br />

den deutschen Volkshochschulen<br />

ein.<br />

Doch um ein Defizit von ein paar<br />

tausend Euro auszugleichen, will<br />

die VHS-Leitung den Zuschuss zu<br />

Sozialversicherung streichen.<br />

Dozentenvertreterinnen Angela<br />

Reinhardt und Sigrid Ziegelmeir<br />

halten dagegen, eine genaue<br />

Betrachtung ergebe, dass selbst<br />

ein Spitzenhonorar wie an der<br />

VHS Fürth immer noch eine<br />

schlechte Bezahlung für eine qualifizierte<br />

Lehrtätigkeit ist. Zudem<br />

dürfe eine sozialpolitisch begründete<br />

minimale Sicherung gerade<br />

in einer Krise nicht angetastet<br />

werden.<br />

Auch Oberbürgermeister Thomas<br />

Jung (SPD), zugleich Vorsitzender<br />

des Aufsichtsrats der VHS, bekräftigt<br />

die Argumente der Dozentenvertreterinnen,<br />

die von Teilnehmenden<br />

und Lehrkräften massiv<br />

unterstützt werden. pw<br />

Infos bei<br />

angela.reinhardt@t-online.de<br />

7


8<br />

Bildungsfinanzierung<br />

Das Expertengutachten<br />

Am 6. Juli 2000 beauftragte der<br />

Bundestag die Bundesregierung,<br />

eine Expertenkommission<br />

einzusetzen, die Empfehlungen zur<br />

„Finanzierung Lebenslangen<br />

Lernens“ erarbeiten sollte.<br />

Fünf Wissenschaftler, vom Bildungsökonomen<br />

über Volks- und<br />

Betriebswirtschaftlerinnen bis zum<br />

Wirtschaftsoziologen und Sozialwissenschaftler,<br />

saßen mehr als drei<br />

Jahre zusammen, bereisten andere<br />

Länder und entwickelten ein<br />

Gesamtkonzept zur Finanzierung<br />

der Weiterbildung in Deutschland.<br />

Ende Juli 2004 legten die Experten<br />

Bundesbildungsministerium und<br />

Öffentlichkeit den Schlussbericht<br />

vor.<br />

www.lifelonglearning.de<br />

prekär-Gespräch<br />

Einmalige Chance<br />

Seit Sommer vergangenen Jahres<br />

liegt das Gutachten der Expertenkommission<br />

zur Finanzierung<br />

Lebenslangen Lernens auf dem<br />

Tisch. Was will die Politik umsetzen?<br />

Ein Gespräch mit Staatssekretär<br />

Wolf-Michael Catenhusen<br />

(SPD) aus dem Bundesbildungsministerium<br />

(BMBF).<br />

prekär: <strong>Im</strong> Juli 2004 hat die<br />

Expertenkommission ihr Gutachten<br />

zur Finanzierung Lebenslangen<br />

Lernens vorgelegt. Jetzt<br />

ist die Politik gefragt.Was haben<br />

Sie bisher getan?<br />

Wolf-Michael Catenhusen: Die<br />

Bundesregierung wird vor dem<br />

parlamentarischen Verfahren eine<br />

Stellungsnahme zum Kommissionsbericht<br />

vorlegen. Wir befinden<br />

uns derzeit in der Abstimmung.<br />

Der Bundestag soll von der<br />

Regierung das Signal erhalten, dass<br />

sie das Lebenslangen Lernen für<br />

strategisch bedeutend und notwendig<br />

hält und über seine Förderung<br />

eine offene Diskussion anstrebt.<br />

Der Kommissionsvorsitzende<br />

Dieter Timmermann hat es<br />

kürzlich im „prekär“-Interview<br />

auf den Punkt gebracht: „Wenn<br />

nichts passiert, entsteht ein<br />

gesellschaftliches Problem, das<br />

weit höhere Kosten verursacht<br />

als die jetzigen Vorschläge.“<br />

Warum wird Weiterbildung<br />

trotzdem immer noch wie ein<br />

Stiefkind der Bildungspolitik<br />

behandelt?<br />

Die Reform der Weiterbildung ist<br />

wegen der teilweise ungeklärten<br />

Zuständigkeiten zwischen Bund<br />

und Ländern schwierig. Dazu<br />

gehört auch die Uneinigkeit der<br />

Länder untereinander. So wurde<br />

etwa der Vorstoß des rheinlandpfälzischen<br />

Bildungsministers Jürgen<br />

Zöllner (SPD), dem Bund im<br />

Weiterbildungsbildungsbereich Zuständigkeiten<br />

zu geben, von keinem<br />

anderen Land aufgegriffen.<br />

Neben Bund und Ländern agieren<br />

hier zudem noch die Kommunen,<br />

die Unternehmen und die Tarifpartner.<br />

Wir müssen hier endlich<br />

zu einer sinnvollen Arbeits- und<br />

Aufgabenteilung kommen. Bei der<br />

Weiterbildung werden auch Fragen<br />

behandelt, die bisher noch keinen<br />

Platz im deutschen Bildungssystem<br />

haben. So gibt es etwa für Menschen,<br />

die im ersten Anlauf bestimmte<br />

Bildungsabschlüsse nicht<br />

erreicht haben, keine zweite Chance.<br />

Außerdem hat die Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA), seitdem die<br />

Weiterqualifizierung in der Arbeitsmarktpolitik<br />

nicht an erster Stelle<br />

steht, ihre Leistungen deutlich eingeschränkt.<br />

Die Kommission hat Vorschläge<br />

zum Thema „Zweite Chance“<br />

gemacht. Sie schlägt ein bundesweites<br />

Bildungsförderungsgesetz<br />

vor. <strong>Im</strong> ersten Schritt soll ein<br />

Erwachsenenbildungsförderungsgesetz<br />

eingeführt werden.<br />

Das wäre nach Berechnungen<br />

der Kommission gar nicht mal<br />

so teuer.Was halten Sie von<br />

diesem Vorschlag?<br />

In späteren Lebensphasen steigt<br />

die Eigenverantwortung der Betroffenen.<br />

Das gilt auch für die<br />

Beantwortung der Frage, ob es ein<br />

Zuschussmodell für Lernphasen<br />

nach der ersten Ausbildung geben<br />

kann und soll. Zudem sind BAföG<br />

und Meister-BaföG in den vergangenen<br />

Jahren erheblich nachfragt<br />

worden. Angesichts dieser an sich<br />

erfreulichen Entwicklung ist ein<br />

neues Leistungsgesetz in dieser<br />

Legislaturperiode finanziell nicht<br />

denkbar und aus dem Haushalt<br />

des Bundesministeriums für Bildung<br />

und Forschung auch nicht<br />

finanzierbar. Ich gehe allerdings<br />

davon aus, dass die Diskussion im<br />

Parlament Bewegung in diese<br />

Frage bringt.<br />

Auch wenn die Finanzmittel derzeit<br />

fehlen, Sie müssen reagieren:<br />

Bereits jetzt bleiben jedes<br />

Jahr etwa zehn Prozent der<br />

Menschen ohne Schulabschluss.<br />

Sie haben auf dem Arbeitsmarkt<br />

kaum eine Chance. Hinzu<br />

kommt der schlechte Bildungsstand<br />

vieler Abgänger, PISA hat<br />

daran keinen Zweifel gelassen.<br />

Die Fehlleistungen unseres Bildungssystems<br />

müssen sicher reduziert<br />

werden. Hierfür müssen<br />

offenkundig sowohl die schulische<br />

Erstausbildung als auch die berufliche<br />

Bildung am Lernort Schule<br />

verbessert werden. Ebenso müssen<br />

sich die kommunalen Verantwortungsträger<br />

mit Verantwortlichen<br />

der Wirtschaft, Trägern der Ausbildung<br />

der Wirtschaft, den Ländern<br />

und dem Bund besser vernetzen<br />

und fragen: Was können, was<br />

müssen wir leisten?<br />

<strong>Im</strong> SGB III-Bereich wurde<br />

massiv gekürzt und gestrichen.<br />

Das geht auch das BMBF an,<br />

denn hier geht es um Bildung.<br />

Was wollen Sie dagegen tun?<br />

Die allgemeinen Qualifizierungsmaßnahmen<br />

der BA verlieren<br />

tatsächlich an Bedeutung. Das<br />

BMBF diskutiert derzeit mit den<br />

anderen beteiligten Ressorts, wie die<br />

allgemeine Weiterbildung trotzdem<br />

voran gebracht werden kann. Dabei<br />

spielen die Qualifizierungsmaßnahmen<br />

im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik<br />

naturgemäß eine wichtige<br />

Rolle. Wir müssen hier eine offene<br />

politische Diskussion führen.<br />

Vorschlag Bildungssparen:Wer<br />

für Bildung Geld zurücklegt, soll<br />

Zuschüsse vom Staat bekommen.<br />

Diesen Ansatz hat das<br />

BMBF begrüßt. Doch Bildungssparen<br />

kann Einfallstor für eine<br />

höhere individuelle Kostenbeteiligung<br />

der Teilnehmer sein und<br />

erhöht kaum die Partizipation<br />

bildungsferner Schichten.Was<br />

versprechen Sie sich von diesem<br />

Instrument?<br />

Wir haben einen wachsenden<br />

Qualifizierungsbedarf in allen Teilen<br />

unserer Gesellschaft und die<br />

Eigenbeteiligung vieler Berufstätiger<br />

ist selbstverständlich geworden.<br />

Gerade auch der Normalverdiener<br />

hat einen Anspruch darauf,<br />

dass wir uns überlegen, wie wir die<br />

Vorsorge des Einzelnen verbessern<br />

können, wenn er in Bildung investieren<br />

will.<br />

Die Kommission mahnt, die<br />

Datenlage und die Beratung in<br />

der Weiterbildung zu verbessern.<br />

Damit sieht es derzeit nicht gut<br />

aus.<br />

In der Tat brauchen wir mehr<br />

Transparenz und mehr Beratung.<br />

Nach Auslaufen des Programms<br />

Lernende Regionen, das modellhaft<br />

regionale Weiterbildungsstrukturen<br />

gefördert hat, werden<br />

wir überlegen, wo wir die Schwerpunkte<br />

für die Errichtung von<br />

Weiterbildungsstrukturen legen<br />

sollen. Dazu gehört möglicherweise<br />

auch die Förderung der spezifischen<br />

Beratungen. Hier müssen<br />

wir sehen, wo die Kooperation<br />

mit Weiterbildungseinrichtungen<br />

sinnvoll ist, die sich als aktive<br />

Partner einbringen.<br />

Die Gutachter warnen davor,<br />

nur einzelne Vorschläge umzusetzen.<br />

Deutschland brauche ein<br />

konsistentes Gesamtsystem.<br />

Ich hoffe, dass sich alle Fraktionen<br />

bewusst sind, welche einmalige<br />

Chance wir jetzt haben, eine<br />

Strukturentwicklung in allen Sektoren<br />

des Weiterbildungssystems<br />

anzustoßen. Dazu gehört es auch<br />

zu überlegen, wie einzelne Bereiche<br />

der Weiterbildung zu sektorenübergreifenden<br />

Strukturen zusammengefasst<br />

und miteinander<br />

verzahnt werden können.<br />

Welche Institutionen könnten<br />

diesen Abstimmungsprozess<br />

organisieren?<br />

2004 war leider nicht das Jahr der<br />

Harmonie in der Bildungspolitik<br />

zwischen Bund und Ländern.<br />

Eine Verständigung gelingt nur,<br />

wenn die Akteure der Konzertierten<br />

Aktion Weiterbildung gemein-<br />

same strategische Erwartungen an<br />

die Politik herantragen und sich<br />

eine Möglichkeit zur Entkrampfung<br />

bietet.<br />

Wie könnte ein strategischer<br />

Konsens aussehen?<br />

Ich nenne als Beispiel die Einführung<br />

der so genannten Zweiten<br />

Chance in das Bildungssystem.<br />

Hier kann der Bund jederzeit auf<br />

Grund der Arbeitsmarktkonsequenzen<br />

eine Mitverantwortung<br />

reklamieren. Ich halte dies aber<br />

nur rückgekoppelt mit dem von<br />

den Ländern und Kommunen verantworteten<br />

öffentlichen Schulsystem<br />

für sinnvoll. Dann könnten<br />

sich auch sehr schnell Reformnotwendigkeiten<br />

ergeben, die nur<br />

von Bund, Ländern und Kommunen<br />

gemeinsam angegangen werden<br />

können.<br />

Angeregt durch den Timmermann-Bericht<br />

– ist es nicht an<br />

der Zeit, dass das Bildungsministerium<br />

eine Lanze für die<br />

Weiterbildung bricht?<br />

Gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium<br />

werden<br />

wir das Thema aktiver angehen.<br />

Ein positives Signal hierfür war<br />

die Berücksichtigung des BMBF<br />

bei der Besetzung des Verwaltungsrats<br />

der BA. Hier ist die<br />

Kompetenz für die berufliche<br />

Erstausbildung und die Qualifizierung<br />

für den Arbeitsmarkt gefragt.<br />

Natürlich steht das BMBF<br />

auch für die Weiterbildung in der<br />

Verantwortung. Wir müssen den<br />

Zusammenhang von Leistungsqualität,<br />

Defiziten im Bildungssystem<br />

und ihren Folgen für die<br />

Arbeitsmarktentwicklung nüchtern<br />

analysieren und Brücken<br />

bauen.<br />

Ihre Prognose:Wie wird das<br />

deutsche Weiterbildungssystem<br />

2015 aussehen?<br />

Es wird eine stärkere Profilbildung<br />

des Weiterbildungsmarktes geben<br />

und eine stärkere Professionalisierung.<br />

Bis dahin müssen auch die<br />

Qualitätssicherungssysteme fester<br />

verankert sein. Die berufliche Weiterbildung<br />

wird einen neuen<br />

Schwung bekommen, weil der<br />

Qualifizierungsbedarf in den<br />

Unternehmen wächst. Und weil<br />

mit der Bevölkerungsentwicklung<br />

die Schülerzahlen sinken, muss<br />

jeder junge Mensch so gut wie<br />

irgend möglich qualifiziert werden.<br />

Das Gespräch führten Ursula Herdt<br />

und Anja Dilk.<br />

Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen (ganz links) im Gespräch mit Anja Dilk (links) und Ursula Herdt, BMBF-Broschüre


Lust auf Lektüre: Mehr als<br />

Dreiviertel der Leser halten die<br />

„prekär“ für unverzichtbar im<br />

Weiterbildungsbereich.<br />

Leserbefragung<br />

Klares Votum:Weitermachen<br />

Die Leserbefragung zur „prekär“<br />

zeichnet ein positives Bild. 82,9<br />

Prozent der Leser gaben der<br />

Zeitung die Note 1 oder 2. Sie<br />

fühlen sich gut und breit informiert.<br />

Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Funktionen für die <strong>GEW</strong><br />

ausüben, wünschen sich dagegen<br />

deutlicher zugespitzte politische<br />

Positionen.<br />

2000 Leserinnen und Leser der<br />

„prekär“ erhielten Ende 2004<br />

einen Fragebogen. <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />

ebenso wie Nicht-Mitglieder,<br />

Funktionsträger ebenso wie die so<br />

genannten „einfachen“ Mitglieder.<br />

Sie alle sollten zu folgenden<br />

Fragekomplexen Stellung beziehen:<br />

● Wie bewerten Sie die Zeitung?<br />

● Was stört Sie an „prekär“, was<br />

gefällt Ihnen?<br />

● Welche Themen und Informationen<br />

bevorzugen beziehungsweise<br />

vermissen Sie?<br />

Hier die wichtigsten und spannendsten<br />

der sehr differenzierten<br />

Ergebnisse:<br />

● Bei der Gesamtbewertung haben<br />

82,9 Prozent der Befragten<br />

der „prekär“ die Noten 1 und 2<br />

gegeben. Dieser Wert ist für eine<br />

Fachzeitschrift, die in dieser Form<br />

erst seit knapp zwei Jahren und<br />

mit nur drei Ausgaben pro Jahr<br />

erscheint, erstaunlich hoch. Bei<br />

den seit Jahren etablierten Publikationen<br />

„Erziehung und Wissenschaft“<br />

(E&W: 83,6 Prozent), Berliner<br />

Lehrerzeitung (blz: 83,5 Prozent)<br />

und Hessische Lehrerzeitung<br />

(HLZ: 86,1 Prozent) liegen<br />

die Werte auf dem gleichen Level<br />

– und diese haben sich ihre hohen<br />

Zustimmungswerte über Jahre<br />

und mehrere Leserbefragungen<br />

hinweg hart erarbeiten müssen.<br />

● Die redaktionellen Inhalte werden<br />

von 76,8 Prozent der Befragten<br />

mit sehr gut und gut bewertet,<br />

wobei die positive Beurteilung<br />

von „einfachen“ Mitgliedern signifikant<br />

höher liegt als die der<br />

<strong>GEW</strong>-Funktionsträger.<br />

● Die Gestaltung der prekär ist<br />

noch ausbaufähig: Hier vergeben<br />

nur 63,4 Prozent der Leserinnen<br />

und Leser die Noten 1 und 2.<br />

● Die „prekär“ besitzt für mehr<br />

als Dreiviertel der Leser (78,3 Prozent)<br />

einen Exklusivstatus: Nach<br />

ihrer Aussage schließt „prekär“<br />

eine publizistische Lücke im Weiterbildungsbereich.<br />

Sie finden in<br />

diesem Blatt Informationen, die<br />

sie woanders nicht erhalten. Dieser<br />

Wert ist angesichts der von vielen<br />

Lesern zusätzlich genutzten<br />

Fachzeitschriften beachtlich hoch.<br />

Für 58,9 Prozent der Befragten ist<br />

die „prekär“ auch wichtiger als die<br />

E&W, im Vergleich „prekär“ und<br />

Landeszeitungen bezeichnen sogar<br />

63,1 Prozent die „prekär“ als<br />

die für sie relevantere Zeitschrift.<br />

Ein deutliches Signal dafür, dass<br />

Landes- und Bundeszeitungen<br />

dem Bereich der Weiterbildung<br />

nicht genügend Aufmerksamkeit<br />

widmen (können) – und ein klares<br />

Votum für die Existenzberechtigung<br />

der Spartenzeitung „prekär“.<br />

● Es gibt einen – auch im Vergleich<br />

mit anderen Publikationen<br />

– sehr hohen Anteil so genannter<br />

„Gründlichleser“ (26,6 Prozent),<br />

die (fast) immer alle Beiträge der<br />

„prekär“ lesen.<br />

● Auffällig ist, dass die <strong>GEW</strong>-<br />

Funktionsträger die „prekär“ in<br />

vielen Fragen signifikant anders<br />

bewerten als die Mitglieder: So<br />

erwarten sie beispielsweise deutlich<br />

häufiger, dass in der „prekär“<br />

politische Positionen zugespitzter<br />

zum Ausdruck kommen. Sie<br />

wünschen sich ein „Gewerkschaftsorgan“,<br />

das sie bei ihren<br />

gewerkschaftlichen Aktivitäten<br />

auf dem Feld der Weiterbildung<br />

unterstützt und Anregungen liefert.<br />

Die „einfachen“ Mitglieder<br />

sind dagegen wesentlich stärker<br />

an den berufsfachlichen Inhalten<br />

und der Darstellung unterschiedlicher<br />

Positionen interessiert.<br />

Diese Aussagen sind ein wichtiger<br />

Hinweis darauf, dass Funktionsträger<br />

ein anderes, zusätzliches<br />

Informationsmedium<br />

brauchen, das ihre spezifischen<br />

Interessen und Wünsche nach<br />

größerer Informationstiefe adäquat<br />

bedient.<br />

Zusätzlich haben die befragten<br />

Leserinnen und Leser der Redaktion<br />

sehr wichtige Anregungen<br />

und konkrete Verbesserungsvorschläge<br />

für die weitere Arbeit mit<br />

auf den Weg gegeben. Wir verstehen<br />

diese – verbunden mit den<br />

erfreulichen Befragungsergebnissen<br />

– als Auftrag und Verpflichtung,<br />

die „prekär“ entsprechend<br />

weiterzuentwickeln.<br />

An dieser Stelle wird explizit darauf<br />

hingewiesen, dass alle Ergebnisse<br />

der Studie auf einer Rücklaufquote<br />

von nur gut elf Prozent<br />

beruhen. Die Erfahrungen<br />

aus Untersuchungen anderer<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitschriften, in denen<br />

eine ähnlich hohe Bindung zwischen<br />

dem Leser als Gewerkschaftsmitglied<br />

und der Publikation<br />

„seiner“ Gewerkschaft unterstellt<br />

werden kann, hatten uns<br />

einen Rücklauf von knapp 20<br />

Prozent erwarten lassen. Die<br />

niedrige Rücklaufquote hat Auswirkungen<br />

sowohl auf die Ergebnisse<br />

selbst – in der Tendenz<br />

positivere Resultate – als auch<br />

auf die Aussagekraft der Daten.<br />

Diese kritische Sicht relativiert<br />

sich jedoch ein wenig, wenn man<br />

mit einkalkuliert, dass<br />

1. in der Stichprobe auch 350<br />

Leserinnen und Leser waren, die<br />

nicht Mitglied der <strong>GEW</strong> sind. Aus<br />

dieser Gruppe ist der Rücklauf fast<br />

gleich Null.<br />

2. auch die Auseinandersetzung<br />

um die „prekär“, die es vor rund<br />

zwei Jahren gab, bei der Befragung<br />

eine Rolle gespielt hat. Wir<br />

erhielten Briefe von Kolleginnen<br />

und Kollegen, die uns mitgeteilt<br />

haben, dass sie sich nicht an der<br />

Untersuchung beteiligen werden,<br />

weil sie die „neue“ „prekär“ nicht<br />

akzeptieren. Andere Kolleginnen<br />

und Kollegen haben die Untersuchung<br />

dagegen offenbar dazu<br />

genutzt, der „neuen“ „prekär“<br />

schlechte Noten zu geben.<br />

Verantwortlich für die Leserbefragung<br />

zeichnet der renommierte<br />

Hamburger Kommunikationswissenschaftler<br />

Professor Jürgen<br />

Prott. Er hat bereits vielfältige<br />

Erfahrungen mit Befragungen von<br />

Lesern der Gewerkschaftspresse.<br />

Prott hat unter anderem – zum<br />

Teil mehrfach – die E&W, die Berliner<br />

Lehrerzeitung, die Hessische<br />

Lehrerzeitung und die IG BCEkompakt<br />

untersucht.<br />

Wichtig sind die Ergebnisse der<br />

Studie aber nicht nur für die<br />

Redaktion. Sie dienen den Delegierten<br />

auf dem Gewerkschaftstag<br />

der <strong>GEW</strong>, der vom 23. bis 27.<br />

April in Erfurt stattfindet, als<br />

Entscheidungsgrundlage für die<br />

weitere Existenz der „prekär“.<br />

Bisher wird „prekär“ im Rahmen<br />

eines Projekts des Organisationsentwicklungsprozesses<br />

der <strong>GEW</strong><br />

herausgegeben. Wenn die Delegierten<br />

den Daumen heben, wird<br />

die Zeitung künftig fest in den<br />

Kanon der <strong>GEW</strong>-Publikationen<br />

aufgenommen. Torsten Fust, Ulf Rödde<br />

In eigener Sache<br />

Gewinner<br />

Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

der Leserbefragung haben<br />

wir drei CD-Pakete „Brockhaus Multimedial<br />

2004“ verlost.<br />

Die Gewinner sind:<br />

- Wolfgang Nenendorf (Berlin),<br />

- Martin Wittmann (Deggingen),<br />

- Friedhelm Kolasinsiki (Diekholzen).<br />

Die Redaktion gratuliert den Gewinnern<br />

sehr herzlich!<br />

9


10<br />

Praxis<br />

Integration<br />

Fortbildungen<br />

bezuschusst<br />

Die Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

Lehrkräfte werden vom Bundesamt<br />

für Migration und Flüchtlinge<br />

(BAMF) bezuschusst.Während der<br />

Pilotphase, die noch bis etwa Mai<br />

läuft, zahlt das BAMF an die Träger<br />

400 Euro pro Teilnehmer für die<br />

Fortbildung mit 70 Unterrichtseinheiten<br />

(UE) und 800 Euro für die<br />

Fortbildung mit 140 Unterrichtseinheiten.Welche<br />

Kosten darüber hinaus<br />

anfallen, hängt vom Träger und<br />

von der Art des Angebots ab. Die<br />

Träger entscheiden dann, wie viel<br />

Kursgebühren sie von den künftigen<br />

Lehrkräften nehmen. Schon jetzt ist<br />

die Bandbreite groß: von kostenlos<br />

bis 380 Euro. Hinzu kommen gegebenenfalls<br />

die Fahrtkosten und der<br />

Einkommensverlust während des<br />

Unterrichtsausfalls in der Zeit der<br />

Qualifikationsmaßnahme. Nach<br />

Abschluss der Pilotphase wird die<br />

Qualifizierung der Lehrkräfte bundesweit<br />

ausgeschrieben. Der<br />

Zuschuss des BAMF an die Träger<br />

wird künftig eher geringer sein.<br />

Es empfiehlt sich, die Angebote zu<br />

vergleichen. Inge Müller<br />

Der informative Klick<br />

● www.stiftung-warentest.de/<br />

online/bildung_soziales/<br />

weiterbildung.html<br />

Zwei Checklisten zum Thema berufliche<br />

Weiterbildung hat die Stiftung<br />

Warentest herausgegeben. Die<br />

„Checkliste Weiterbildung für<br />

Berufstätige“ und die „Checkliste<br />

Weiterbildung für Arbeitslose“<br />

sollen Weiterbildungsinteressierten<br />

helfen, sich optimal auf ein<br />

Beratungsgespräch vorzubereiten.<br />

● www.bmbf.de/de/1366.php.<br />

Eine Studie über die berufliche und<br />

soziale Lage von Lehrenden in<br />

Weiterbildungseinrichtungen führt<br />

das Institut Wirtschafts- und Sozialforschung<br />

(WSF) im Auftrag des<br />

Bundesbildungsministeriums<br />

(BMBF) durch. Um ein möglichst<br />

repräsentatives Bild der sozialen<br />

Lage zu bekommen, bittet das<br />

BMBF Träger und Einrichtungen um<br />

Unterstützung. Die Pilotstudie und<br />

weitere Informationen sind auf der<br />

Website des BMBF zu finden.<br />

Honorare<br />

<strong>Im</strong> <strong>Sinkflug</strong><br />

Seit es keinen bundesweit verbindlichen<br />

Honorarsatz des<br />

Sprachverbandes mehr gibt,<br />

bleibt die Festsetzung der Honorarhöhe<br />

den Trägern überlassen.<br />

Eine angemessene Bezahlung<br />

von Weiterbildnern ist damit in<br />

weite Ferne gerückt.<br />

Mit dem In-Kraft-Treten<br />

des neuen Integrationskurskonzepts<br />

Anfang<br />

2005 wurde der einzige bundesweit<br />

verbindliche Honorarsatz von<br />

23,01 Euro (West) und 19,94 Euro<br />

(Ost) für die ehemaligen Kurse des<br />

Sprachverbandes gestrichen. Jetzt<br />

können die Träger nach Belieben<br />

die Höhe des Honorarsatzes festlegen.<br />

Weil die Maßnahmen mit<br />

2,05 Euro pro Teilnehmer und<br />

Unterrichtsstunde nicht zu finanzieren<br />

sind, bleibt ihnen kein<br />

allzu großer Spielraum. Deshalb<br />

haben die meisten Einrichtungen<br />

die Honorare gesenkt. In den<br />

Volkshochschulen (VHS) wurden<br />

die Honorare für Integrationskurse<br />

an die Standardhonorare in der<br />

jeweiligen Einrichtung beziehungsweise<br />

an das bestehende Regelhonorar<br />

für Kurse in Deutsch als<br />

Fremdsprache (DAF) auf der<br />

Grundstufe gekürzt. Das bedeutet<br />

Honorarstreichungen von bis zu<br />

sechs Euro. Besonders krass hat es<br />

die Lehrkräfte an der VHS Ludwigshafen<br />

getroffen: Ihre Honorare<br />

wurden von 23,01 Euro auf<br />

15,34 Euro gekürzt.<br />

Sie haben Fragen zur Sozialversicherung?<br />

Sie wollen wissen,<br />

welches Honorar Sie verlangen<br />

können? Sie brauchen Rat für<br />

Ihre berufliche Orientierung?<br />

Schreiben Sie uns oder rufen Sie<br />

an. Unsere Expertin Barbara<br />

Weisel beantwortet Ihre Fragen.<br />

Gaby R. meldet sich. Aufgeregt<br />

prasseln ihre Fragen<br />

durch das Telefon. „Ich<br />

weiß nicht mehr, was ich machen<br />

soll, jeder sagt mir etwas anderes.<br />

Kann ich ALG II bekommen oder<br />

nicht? Wieso bin ich als selbstständige<br />

Lehrerin rentenversicherungspflichtig,<br />

soll aber nach Auskunft<br />

der Arbeitsagentur nicht selbstständig<br />

sein? Es hieß doch immer, wir<br />

seien nicht krankenversicherungspflichtig,<br />

sind wir’s mit ALG II<br />

nun doch? Und sind Sozialversicherungsbeiträge<br />

wirklich Betriebskosten?<br />

Muss mein Mitbewohner<br />

wirklich sein Einkommen offen<br />

legen? Was hat der mit meinem<br />

geringen Einkommen zu tun? Wie<br />

soll jemand von 345 Euro leben,<br />

darf ich dazu verdienen? Meine<br />

Schule zahlt nicht monatlich, kann<br />

Die Honorarsätze für Integrationskurse<br />

und andere öffentlich<br />

finanzierte Maßnahmen sowie die<br />

Regelhonorare von Volkshochschulen<br />

und anderen Trägern<br />

bewegen sich zwischen zwölf und<br />

25 Euro. In einigen Fällen liegen<br />

sie unter zwölf Euro. Extrem niedrige<br />

Honorare zwischen 15 und<br />

sieben Euro werden in den östlichen<br />

Bundesländern gezahlt. Konkrete<br />

Zahlen liegen nicht vor,<br />

denn weder Lehrkräfte noch Träger<br />

möchten damit an die Öffentlichkeit.<br />

Honorare ab 30 Euro aufwärts<br />

bekommen Dozenten für Kurse<br />

und Seminare mit höheren Teilnehmerbeiträgen<br />

oder besonderen<br />

Anforderungen. Zum Beispiel in<br />

der betrieblichen Weiterbildung<br />

oder auf der Basis von Tagesvereinbarungen.<br />

Zuschüsse möglich<br />

Wer Honorarsätze vergleichen will,<br />

muss Zuschüsse zu Renten- und/<br />

oder Krankenversicherung oder<br />

andere Zuwendungen einbeziehen,<br />

die manche Volkshochschulen<br />

ihren Lehrkräften zahlen. So können<br />

Lehrkräfte in Berlin und<br />

Frankfurt die Hälfte ihres Krankenund<br />

Rentenversicherungsbeitrags<br />

von der VHS bekommen. In Berlin<br />

umfassen die Zuschüsse auch<br />

ein Urlaubsgeld für „arbeitnehmerähnliche<br />

Personen“, in Frankfurt<br />

kann es ergänzend gezahlt<br />

werden. Die Möglichkeit, als „ar-<br />

ich die jetzt dazu zwingen? Zum<br />

Sozialamt wollte ich nicht gehen.<br />

Ich dachte, wir gehören jetzt auch<br />

zu den Arbeitslosen, aber die Mitarbeiter<br />

in den Arbeitsagenturen<br />

kennen sich nicht aus.“<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />

den Arbeitsagenturen kennen sich nicht<br />

aus, diese Erfahrung teilt Gaby R. mit<br />

vielen Anrufern. Gaby R. arbeitet seit<br />

zwei Jahren an einer Volkshochschule<br />

(VHS) mit Honorarverträgen. Ob ihre<br />

Kurse zustande kommen, weiß sie vorher<br />

nicht. Ob sie die vertraglich vereinbarten<br />

Stunden halten kann, auch nicht. Wenn<br />

sie etwa so krank wird, dass sie beim<br />

besten Willen nicht unterrichten kann. In<br />

beiden Fällen heißt das: kein Geld, nichts<br />

ist planbar. Ihre Schule zahlt nach Kursende,<br />

auf Antrag auch einen Abschlag.<br />

Das ist die Regel. Es gibt aber durchaus<br />

Träger die monatlich das Honorar für<br />

die nachgewiesenen Unterrichtsstunden<br />

zahlen. Beantragen kann sie das, erzwingen<br />

nicht.<br />

Ihr Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur<br />

wird lernen müssen mit derart ungeregelten,<br />

unsicheren Beschäftigungen adäquat<br />

umzugehen, und sich fortbilden. Als<br />

Honorarkraft an der VHS ist Gaby R.<br />

selbstständige Lehrerin, da sie mehr als<br />

beitnehmerähnlichePerson“ anerkannt zu<br />

werden, ist in der<br />

Honorarordnung der<br />

Frankfurter VHS verankert.<br />

Abwärtsspirale<br />

Das Ziel „angemessene<br />

Honorare für Weiterbildungslehrkräfte“<br />

ist<br />

durch die gegenwärtigenHonorarsenkungen<br />

erst recht in weite<br />

Ferne gerückt. Es steht<br />

zu befürchten, dass<br />

sich die Abwärtsspirale<br />

fortsetzt. Denkbar sind<br />

weitere Absenkungen<br />

bei den Integrationskursen,<br />

da die Träger<br />

Schwierigkeiten haben,<br />

unter den gegenwärtigen<br />

Bedingungen<br />

kostendeckend zu<br />

arbeiten. Dem fatalen<br />

Signal „Honorare runter“,<br />

stellt sich die<br />

<strong>GEW</strong> entgegen. Es<br />

kann nicht hingenommen<br />

werden, dass<br />

hoch qualifizierte<br />

Lehrkräfte in öffentlich<br />

finanzierten Weiterbildungsmaßnahmen<br />

in Existenznot<br />

Stichprobe<br />

geraten. Die Lehrkräfte müssen<br />

endlich Anerkennung, soziale<br />

Absicherung und angemessene<br />

Honorare bekommen. Denn sie<br />

geringfügig verdient hat (zuletzt nur noch<br />

700 Euro im Monatsschnitt, da viele ihrer<br />

Kurse gestrichen wurden). Die Konsequenz:<br />

Sie muss die vollen Rentenversicherungsbeiträge<br />

zahlen. Sozialversicherungsbeiträge<br />

gelten nicht als Betriebskosten.<br />

Ihre Betriebskosten muss sie<br />

außerdem von dem Einkommen abziehen,<br />

das auf ALG II anzurechnen ist.<br />

Als selbstständige Lehrerin ist Gaby R.<br />

nicht krankenversicherungspflichtig. Sie<br />

hatte sich auch nicht mehr krankenversichert,<br />

weil sie die Beiträge nicht bezahlen<br />

konnte. Für ALG II aber gilt Krankenversicherungspflicht.<br />

Wenn sie hilfsbedürftig ist, bekommt<br />

Gaby R. selbstverständlich Leistungen<br />

nach ALG II. Sie kann dazu verdienen,<br />

auch mit selbstständiger Arbeit. Hilfsbedürftig<br />

ist sie dann, wenn sie ihren<br />

Lebensunterhalt und den mit ihr in einer<br />

Bedarfsgemeinschaft lebenden Menschen<br />

aus eigenen Kräften nicht oder<br />

nicht ausreichend decken kann. Das<br />

heißt: Ihr eigenes Einkommen und Vermögen<br />

wird geprüft und angerechnet.<br />

Das ihres Mitbewohners, falls er ihr<br />

Partner ist, auch. Aber ein Mitbewohner,<br />

mit dem man nur die Wohnung teilt, um<br />

beispielsweise Kosten zu sparen, muss<br />

sein Einkommen natürlich nicht offen<br />

Honorare im Überblick<br />

Bad Kreuznach<br />

VHS Regelhonorar 15,40 Euro<br />

IB Integrationskurse 15,00 Euro<br />

Privatschule Integrationskurse 12,00 Euro<br />

Berlin<br />

Mindesthonorar 21,50 Euro<br />

DaF-Kurse bis zu 23,60 Euro<br />

Duisburg<br />

VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />

VHS DaF-Kurse mit höheren<br />

Entgelten auch bis zu 23,00 Euro<br />

Erlangen<br />

VHS DaF 25,00 Euro<br />

Privatschule DaF 14,50 Euro<br />

Frankfurt<br />

VHS Mindesthonorar 15,40 Euro<br />

VHS DaF-Kurse mit Lehrwerk 20,00 Euro<br />

VHSA DaF-Kurse ohne Lehrwerk 21,50 Euro<br />

Gelsenkirchen<br />

Bildungszentrum des Handels Deutsch 14,50 Euro<br />

Private Wirtschaftsschule Sitzer:<br />

Rechnungswesen 18,00 Euro<br />

VHS Hamburg<br />

Integrationskurse 18,50 Euro<br />

Grundbildung 24,73 Euro<br />

Hannover<br />

VHS DaF-Kurse 19,50 Euro<br />

Kiel<br />

VHS Regelhonorar 17,90 Euro<br />

Privatschule 17,90 Euro<br />

Mainz<br />

DaF-Grundstufe 19,50 Euro<br />

DaF: Mittel- und Oberstufe 21,50 Euro<br />

Dazu kommen noch Korrekturhonorare<br />

Moers<br />

VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />

München<br />

VHS DaF-Kurse Grundstufe 19,00 Euro<br />

VHS DaF-Kurse über der Grundstufe 21,00 Euro<br />

IB Integrationskurse 20,00 Euro<br />

Klartext Integrationskurse 23,00 Euro<br />

BKK Integrationskurse 21, 00Euro<br />

tragen die Hauptverantwortung<br />

für das Lebenslange Lernen, das<br />

für unsere Gesellschaft ein unverzichtbares<br />

Gut ist. Inge Müller<br />

Hotline direkt<br />

Leser fragen, prekär antwortet<br />

legen. Er hat mit Gaby Rs ALG II-Berechtigung<br />

nichts zu tun.<br />

Und zuletzt, wie soll man von 345 Euro<br />

im Monat leben: Essen und Kleidung,<br />

Strom, Zeitung, Telefon bezahlen und<br />

womöglich noch am gesellschaftlichen<br />

Leben teilnehmen? Mit dem Regelsatz<br />

von 345 Euro (in den westlichen Bundesländern)<br />

hat der Gesetzgeber die Armutsgrenze<br />

festgelegt. Kriterien für diese Festsetzung<br />

fehlen, eine Anpassung dieses<br />

Regelsatzes an die Preissteigerungsrate<br />

ebenfalls. Viele Juristen sind überzeugt:<br />

Das ist ein Grundrechtsverstoß, gegen<br />

den Betroffene beim Bundesverfassungsgericht<br />

Beschwerde einlegen können.<br />

Noch Fragen? Schreiben Sie uns:<br />

Redaktion „prekär“<br />

E-Mail: prekaer@gew.de<br />

Barbara Weisel<br />

hilft auch<br />

telefonisch<br />

weiter.<br />

Hotline für<br />

Honorarkräfte:<br />

018 04-10 09 27<br />

montags 19 bis 23 Uhr,<br />

dienstags 9 bis 13 Uhr.<br />

0,24 Euro pro Anruf.


Branchentarifverhandlungen<br />

Zeit zum Handeln<br />

Die berufliche Bildung braucht<br />

einen Tarifvertrag. Jetzt. Sonst<br />

gibt es auf dem erodierenden<br />

Weiterbildungsmarkt bald keine<br />

seriösen Verhandlungspartner<br />

mehr.<br />

In der Februarausgabe der<br />

„Erziehung und Wissenschaft“<br />

findet sich auf Seite 28 ein<br />

kleiner Kasten mit der Überschrift<br />

„Sondierung geht weiter“, Unterzeile:<br />

„Branchentarifvertrag Weiterbildung“.<br />

Hier erfährt der<br />

Leser, dass die Gewerkschaften<br />

<strong>GEW</strong> und ver.di mit Vertretern<br />

des Bildungsverbands weiterhin<br />

über die Möglichkeiten eines Tarifvertrags<br />

sprechen.<br />

Hat sich da etwas bewegt in der<br />

Frage Tarifvertrag für die berufliche<br />

Weiterbildung?<br />

<strong>Im</strong> Januar 2005 hat sich eine<br />

„Zweckgemeinschaft“, wie sie sich<br />

laut Satzung nennt, gebildet.<br />

Neun Mitglieder des „Bundesverbandes<br />

der Träger beruflicher Bildung“<br />

haben sich zu einem Bündnis<br />

zusammengeschlossen, das nur<br />

eine Aufgabe hat: Tarifverhandlungen<br />

führen. Mit diesem Auftrag<br />

traten die Arbeitgeber Anfang<br />

Februar an <strong>GEW</strong> und ver.di<br />

heran. Auch Ver.di und <strong>GEW</strong><br />

Der neue Tarifvertrag für den<br />

öffentlichen Dienst bringt viele<br />

Vorteile für Weiterbildner.<br />

Der neue einheitliche Tarifvertrag<br />

für den öffentlichen<br />

Dienst (TVöD)<br />

wird zum 1. Oktober 2005 beim<br />

Bund und bei der Vereinigung<br />

kommunaler Arbeitgeberverbände<br />

(VKA) in Kraft treten. Er ersetzt<br />

den mehr als 40 Jahre alten Bundesangestelltentarifvertrag<br />

(BAT).<br />

Die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse<br />

aus dem BAT/BAT-<br />

haben inzwischen Tarifkommissionen<br />

einberufen – allerdings<br />

jede Gewerkschaft für sich. Was<br />

aber nicht ausschließt, wie von<br />

den Betroffenen gewünscht, dass<br />

die Gewerkschaften gemeinsam<br />

beraten.<br />

Ist damit ein Anfang gemacht?<br />

Lange hatten die im „Arbeitskreis<br />

der Betriebsräte“ zusammengeschlossenen<br />

Kolleginnen und Kollegen<br />

ihre jeweiligen Gewerkschaften<br />

aufgefordert, mit ihnen gemeinsam<br />

das Projekt eines „Branchentarifvertrages“voranzutreiben.<br />

Vergeblich. Während die Gewerkschaften<br />

hauptsächlich das<br />

Fehlen einer Arbeitgeberorganisation<br />

als Verhandlungspartnerin<br />

bemängelten, sahen die Arbeitgeber<br />

nicht die Notwendigkeit, diese<br />

zu gründen.<br />

So vergingen die Jahre, und die<br />

warnenden Stimmen der Beschäftigten<br />

der Branche, die nach<br />

jedem Einschnitt in die aktive<br />

Weiterbildung lauter wurden, verhallten<br />

ungehört.<br />

Keine Einigkeit<br />

Leider waren sich auch die<br />

Beschäftigten selbst nicht einig.<br />

Diejenigen, die noch über einen<br />

relativ guten (Haus-)Tarifvertrag<br />

verfügten, sahen für sich in einem<br />

Branchentarifvertrag keine Vorteile.<br />

Beschäftigte bei kleinen und<br />

mittleren Bildungsträgern hofften<br />

indessen zumindest auf eine einigermaßen<br />

akzeptable Bezahlung<br />

sowie weniger oder keine prekären<br />

Beschäftigungsverhältnisse mehr.<br />

Endlich, im Mai 2002, gründete<br />

sich der „Bundesverband der Träger<br />

beruflicher Bildung“ (BBB),<br />

kurz „Bildungsverband“ genannt.<br />

Da allerdings nicht alle Bildungsverbands-Mitglieder<br />

auch Mitglied<br />

eines „Arbeitgeberverbandes“<br />

sein wollten, dauerte es noch<br />

bis zum Januar dieses Jahres, bis<br />

sich die „Zweckgemeinschaft“ bildete.<br />

Um herauszufinden, was unter<br />

den Bedingungen der existenzvernichtenden<br />

Krise in der Weiterbildung<br />

überhaupt noch gehen<br />

kann, werden jetzt Sondierungsgespräche<br />

geführt – wodurch der<br />

Beginn der dringend notwendigen<br />

Tarifverhandlungen leider weiter<br />

verzögert wird.<br />

Fest steht: Die Branche braucht<br />

jetzt einen Tarifvertrag. Die entscheidende<br />

Frage ist, ob es mit<br />

einem Tarifvertrag gelingen kann,<br />

Standards zu setzen, die den freien<br />

Fall der Einkommen der<br />

Beschäftigten stoppen, die noch<br />

bestehenden besseren Tarifverträge<br />

sichern und gleichzeitig von<br />

den Auftraggebern – zum Beispiel<br />

der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

– als ein Qualitätskriterium bei<br />

der Ausschreibung von Maßnahmen<br />

akzeptiert werden. Dies kann<br />

nur in Tarifverhandlungen geklärt<br />

werden.<br />

Lage verschärft sich<br />

Die Zeit drängt. Die Talfahrt der<br />

beruflichen Weiterbildung ist<br />

kaum noch aufzuhalten. Laut BBB<br />

gab es im Februar 2005 40 Prozent<br />

weniger Teilnehmer als im Vorjahresmonat,<br />

im Vergleich zum Februar<br />

2003 ist es sogar ein Minus von<br />

58,8 Prozent. Diese Situation wird<br />

sich in diesem Jahr weiter verschärfen,<br />

auch bei den berufsvorbereitenden<br />

Maßnahmen kam es wegen<br />

des Vergabeverfahrens und des<br />

Vorrangs von Preis- vor Qualitätskriterien<br />

zu Einbrüchen. Die Tarifparteien<br />

müssen sich bemühen, bis<br />

zur nächsten Ausschreibung der<br />

BA im Herbst zu einem Tarifvertrag<br />

zu kommen, sonst steht zu<br />

befürchten, dass dann kaum noch<br />

seriöse Verhandlungspartner für die<br />

Gewerkschaften übrig sind.<br />

Hans-Georg Klindt<br />

Tarifvertrag<br />

Positives Signal<br />

Ost werden in den TVöD überführt.<br />

BAT und BAT-Ost bleiben<br />

formal weiter bestehen. Dies soll<br />

verhindern, dass zwischenzeitlich<br />

öffentliche Arbeitgeber ihre Mitgliedschaft<br />

im Arbeitgeberverband<br />

mit dem Ziel aufkündigen, den<br />

neuen TVöD nicht anwenden zu<br />

müssen und im Falle einer formalen<br />

Kündigung des BAT, sich aus<br />

der Tarifbindung herausstehlen zu<br />

können. Da die Tarifgemeinschaft<br />

deutscher Länder (TdL) nicht mitverhandelt<br />

hat, gilt der Tarifabschluss<br />

zunächst nicht für die<br />

Beschäftigten bei den Ländern.<br />

Der Tarifstreit mit den Ländern<br />

um die Übernahme des Tarifergebnisses<br />

wird durch die Forderungen<br />

der Länderarbeitgeber<br />

blockiert: Sie verlangen eine<br />

„Nullrunde“, Arbeitsverlängerung<br />

bis zu 42 Stunden und die Streichung<br />

von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.<br />

Direkte Vorteile<br />

Angestellte, Arbeiterinnen und<br />

Arbeiter an kommunalen oder<br />

bundeseigenen Weiterbildungseinrichtungen<br />

profitieren unmittelbar<br />

vom neuen TVöD. Sie erhalten<br />

die jährlichen Einmalzahlungen<br />

für die Jahre 2005 bis 2007 sowie<br />

die Angleichungsschritte der Ost-<br />

Gehälter an das Westniveau.<br />

Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind<br />

gesichert. Die Beschäftigten der<br />

öffentlichen Volkshochschulen<br />

(VHS) bei den Gemeinden werden<br />

zum 1. Oktober in den TVöD<br />

überführt. Die im BAT geltenden<br />

besonderen Regelungen zum<br />

Kündigungsschutz und für Fristverträge<br />

(SR 2y) werden auch im<br />

neuen TVöD angewandt – allerdings<br />

weiterhin nur im Westen.<br />

Die Ausweitung auf das Tarifgebiet<br />

Ost konnte nicht durchgesetzt<br />

werden.<br />

BAT gilt weiter<br />

Für Beschäftigte an landeseigenen<br />

Weiterbildungseinrichtungen gilt<br />

weiterhin der BAT/BAT-Ost. Das<br />

trifft auch für Beschäftigte beim<br />

Land Hessen zu, da die Tarifbindung<br />

zum BAT trotz des Austritts<br />

aus der TdL fortbesteht. Für das<br />

Land Berlin gelten besondere<br />

Anwendungstarifverträge zur Umsetzung<br />

des BAT/BAT-Ost.<br />

Viele Freie Träger in der Weiterbildungsbranche<br />

wenden für Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer<br />

den BAT oder BAT/Ost an. Die<br />

arbeitsrechtliche Grundlage können<br />

gesonderte Tarifverträge mit<br />

<strong>GEW</strong> oder ver.di und Betriebsvereinbarungen<br />

mit Betriebsräten<br />

sein – oder die Arbeitgeber binden<br />

sich durch eine entsprechende<br />

Anwendungsklausel im Einzelarbeitsvertrag.<br />

Damit auch hier<br />

künftig der TVöD gilt, müssen die<br />

Vereinbarungen geändert werden.<br />

Dazu haben auch die Arbeitgeber<br />

ein Interesse, da ihnen der TVöD<br />

nützt. In den kommenden Jahren<br />

entstehen zwar zusätzliche Kosten<br />

für dynamisierte Besitzstandsregelungen.<br />

Aber mittelfristig ermöglicht<br />

der TVöD den Arbeitgebern -<br />

unter anderem durch die flexibleren<br />

Arbeitszeitbestimmungen –<br />

eine Kostenentlastung. Die Regelungen<br />

für zusätzliche leistungsorientierte<br />

Entgeltanteile können<br />

auch zur Qualitätsentwicklung der<br />

Arbeit in Weiterbildungseinrichtungen<br />

beitragen.<br />

Argumentationshilfe<br />

Leider sind wir weit davon entfernt,<br />

dass sich die Vertragsgestaltung<br />

für Honorarkräfte an Tarifen<br />

orientiert. Dennoch könnte die<br />

Neuorientierung des TVöD vielleicht<br />

doch für die eine oder andere<br />

Honorarkraft eine Argumentationshilfe<br />

bei der Vertragsaushandlung<br />

sein. Heiko Gosch<br />

Tarif aktuell<br />

<strong>Im</strong> Schneckentempo vorwärts<br />

Zähe Verhandlungen<br />

Der Tarifabschluss für die Beschäf-<br />

11<br />

tigten der Beruflichen Fortbildungszentren<br />

der Bayerischen Wirtschaft<br />

hängt am Konflikt über die Arbeitszeit.<br />

Über einen Mantel- und Entgelt-<br />

Tarifvertrag für die etwa 1800<br />

Beschäftigten der Beruflichen<br />

Fortbildungszentren der Bayerischen<br />

Wirtschaft (bfz) und die<br />

einiger Tochterfirmen verhandelt<br />

die <strong>GEW</strong> Bayern mit den bfz.<br />

Das Unternehmen ist eine Art<br />

Krisengewinnler. An seiner<br />

Größe gemessen gehört es zur<br />

Spitze der Branche, nach dem<br />

Gehaltsniveau liegt es im Mittelfeld.<br />

Die Verhandlungen ziehen<br />

sich schon über zwei Jahre hin.<br />

Der Entwurf für einen Manteltarifvertrag<br />

lässt viele Wünsche<br />

offen, könnte aber beispielsweise<br />

in den Fragen Urlaub und allgemeine<br />

Arbeitsbedingungen<br />

annehmbare Zustände sichern.<br />

Der Abschluss hängt am Konflikt<br />

über die Arbeitszeit. <strong>Im</strong> Unternehmen<br />

gilt die 39-Stunden-<br />

Woche, dazu haben die Beschäftigten<br />

Anspruch auf vier freie<br />

Tage. Die <strong>GEW</strong> will diesen Zustand<br />

tarifvertraglich sichern, die<br />

bfz verlangen mehr „Flexibilität“:<br />

Die Arbeitszeiten sollen in jedem<br />

Arbeitsvertrag einzeln geregelt<br />

werden. Wie immer, wenn es um<br />

einen Haus-Tarifvertrag geht,<br />

müssen die Beschäftigten sich<br />

ihre Wünsche selbst erfüllen. pw<br />

Infos der <strong>GEW</strong> Bayern,<br />

Büro für Weiterbildung,<br />

E-Mail:<br />

gew.peter.weiss@freenet.de


12<br />

Berufliche Bildung<br />

„Den<br />

Versprechungen<br />

der Regierung<br />

stehen die<br />

Realität des<br />

Arbeitsmarkts und<br />

die Konstruktion<br />

des SGB II<br />

entgegen.“<br />

SGB II<br />

Kompetenzwirrwarr<br />

und Reibungsverluste<br />

Ausschlaggebend für den Einsatz<br />

der SGB II-Instrumente darf<br />

nicht die schnelle Bereinigung<br />

der Arbeitslosenstatistik sein,<br />

sondern die Verbesserung langfristiger<br />

Integrationschancen –<br />

vor allem von Jugendlichen.<br />

Bessere Förderung ehemaliger<br />

Sozialhilfeempfänger<br />

durch den Zugang zu den<br />

arbeitsmarktpolitischen Leistungen<br />

des SGB III – mit diesem<br />

Bonbon versuchten die Verfechter<br />

von Hartz IV, allen voran Bundeswirtschaftsminister<br />

Wolfgang Clement<br />

(SPD), die sozialen Einschnitte<br />

zu versüßen, mit denen<br />

die Bezieher des Arbeitslosengelds<br />

(ALG) II seit dem 1. Januar konfrontiert<br />

sind. Wie sieht es damit<br />

konkret aus?<br />

Zunächst: Man kann die beiden<br />

Prinzipien Fördern und Fordern<br />

nicht quasi miteinander verrechnen.<br />

Das heißt: Selbst wenn einige<br />

ALG II-Bezieher durch die intensivere<br />

Förderung einen Arbeitsplatz<br />

finden, bleiben für die meisten<br />

Hartz IV-Opfer der materielle<br />

Verlust und das weitere Abrutschen<br />

in Armut. Vor allem stehen<br />

den Versprechungen der Regierung<br />

die Realität des Arbeitsmarkts<br />

und die Konstruktion des<br />

SGB II entgegen:<br />

Wie sollen ALG II-Empfänger, die<br />

als Langzeitarbeitslose meist „Ver-<br />

mittlungshemmnisse“ aufweisen,<br />

auf einem Arbeitsmarkt unterkommen,<br />

der auch Arbeitslose mit<br />

günstigeren Vorraussetzungen<br />

nicht aufnimmt und der von ständigem<br />

Arbeitsplatzabbau geprägt<br />

ist? Die Hauptursache der Massenarbeitslosigkeit<br />

liegt nicht in<br />

der fehlenden Flexibilität der Betroffenen<br />

und fehlender Vermittlungseffizienz,<br />

sondern am Mangel<br />

an Arbeitsplätzen. Auch wenn<br />

man genauer hinschaut, wie das<br />

mit dem Fördern in der Realität<br />

klappt, sind die Perspektiven eher<br />

düster:<br />

● Der Einsatz der verschiedenen<br />

Arbeitsmarktinstrumente wie die<br />

Qualifizierung nach dem SGB III<br />

ist seit 2003 radikal abgebaut worden.<br />

Das wurde 2005 durch einen<br />

weiteren Absturz der Finanzmittel<br />

fortgesetzt. Die nach SGB II vorgesehene<br />

Förderung für ALG II-<br />

Bezieher ist mit vielen Unsicherheiten<br />

behaftet. Es wurden gespaltene<br />

Zuständigkeiten geschaffen:<br />

Agenturen, Arbeitsgemeinschaften<br />

(ARGEN) und die Institutionen<br />

der optierenden Kommunen, die<br />

in eigener Regie die Betreuung der<br />

Hartz IV-Empfänger übernehmen.<br />

Das erschwert eine gezielte Förderung.<br />

Die Zusammenlegung von<br />

Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollte<br />

die Zuständigkeiten vereinfachen<br />

und „Beratung aus einer<br />

Hand“ gewährleisten. Stattdessen<br />

Kurz und knapp<br />

Expertenpool für Weiterbildner<br />

Ein unabhängiges, überparteiliches Sachverständigengremium für die<br />

Weiterbildung hat die Konzertierte Aktion Weiterbildung (KAW) eingerichtet.<br />

Der KAW gehören Träger,<br />

Institute und Verbände (darunter die<br />

<strong>GEW</strong>) an. Mit Hilfe des Expertenpools<br />

werden Interessenten, die beispielsweise<br />

eine Veranstaltung planen, bei der<br />

Suche nach kompetenten Autoren und<br />

Referenten unterstützt. Zur Themenpalette<br />

der Experten zählen Finanzierung<br />

Lebenslangen Lernens, Qualitätssicherung,<br />

allgemeine und politische Weiterbildung sowie Akkreditierung<br />

und Zertifizierung. Weitere Infos: www.kaw-info.de<br />

Zweiter Literaturwettbewerb für Analphabeten<br />

Den Literaturwettbewerb „wir schreiben“ startet zum zweiten Mal das<br />

Kooperationsprojekt des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV)<br />

und des Bundesverbands Alphabetisierung, APOLL. Teilnehmer aus<br />

Alphabetisierungskursen sind eingeladen, zu<br />

fünf Bildern Texte zu schreiben. Die Bilder sind<br />

den Themenwelten aus www.ich-will-schreiben-lernen.de<br />

entnommen. Eine Fachjury<br />

bewertet die Beiträge. Die Preisträger werden im<br />

September 2005 in Berlin ausgezeichnet.<br />

Einsendeschluss ist der 15. Mai 2005.<br />

Beim ersten Wettbewerb wurden mehr als 230 Texte eingereicht,<br />

30 davon sind in dem Buch Wörtersehnsucht veröffentlicht.<br />

Weitere Infos: www.wir-schreiben.de www.apoll-online.de<br />

www.alphabetisierung.de www.ich-will-schreiben-lernen.de<br />

Jugendliche in der Warteschleife:<br />

Welche Maßnahmen gewährt<br />

ihnen das SGB II?<br />

ist, insbesondere bei den Jugendlichen,<br />

das Gegenteil Realität:<br />

Kompetenzwirrwarr und Reibungsverluste.<br />

Bis heute ist ungeklärt,<br />

wer genau für die Berufsberatung<br />

und Ausbildungsstellenvermittlung<br />

der Jugendlichen (ALG<br />

II-Empfänger oder in einer Bedarfsgemeinschaft<br />

lebend) zuständig<br />

ist. Ob und wann diese euphemistisch<br />

Schnittstellenproblematik<br />

genannte Schwierigkeit überwunden<br />

ist, bleibt zweifelhaft.<br />

● Außerdem ist offen, wie die in<br />

SGB II vorgesehenen Förderinstrumente<br />

eingesetzt werden. Die<br />

Absichtserklärungen der Akteure<br />

deuten darauf hin, dass vor allem<br />

in Ein-Euro-Jobs („Arbeitsgelegenheiten“)<br />

vermittelt werden<br />

Datenbank ausgeweitet<br />

Einen breiten Überblick über die<br />

Bildungsangebote in der Region<br />

Rhein-Main bietet die überarbeitete<br />

Datenbank des Bildungsnetzes<br />

Rhein-Main. Besucher der<br />

online-Plattform können sich<br />

auf einen Blick über die Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

von<br />

mehr als hundert Bildungsträgern<br />

informieren. Der Service ist<br />

kostenlos. Bei Bedarf können<br />

Besucher mit unabhängigen Beratungsstellen<br />

der Walter-Kolb-<br />

Stiftung in Frankfurt und mit<br />

der Beratung der Stadt Offenbach<br />

verbunden werden. In<br />

der Dozentendatenbank können<br />

Träger nach Trainern und Ausbildern<br />

suchen.<br />

Weitere Infos:<br />

www.bildungsnetz-rhein-main.de<br />

wird, statt etwa in Qualifizierung<br />

oder ABM. Die von der Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) eingeführte„Kundengruppendifferenzierung“<br />

(zutreffender wäre der<br />

Begriff „Segmentierung“), die sie<br />

auch auf die ARGEN übertragen<br />

will, verführt dazu, den „schwierigen<br />

Kunden“ in solche Arbeitsgelegenheiten<br />

zu vermitteln statt<br />

ihnen – kostenintensivere – Qualifizierung<br />

zukommen zu lassen.<br />

● Besonders kritisch ist die Situation<br />

bei den Jugendlichen: Zum<br />

einen ist ihnen laut Gesetz<br />

„unverzüglich“ ein Angebot zu<br />

unterbreiten, zum anderen reicht<br />

das Ausbildungsstellenangebot<br />

schon für Jugendliche ohne Problembiografie<br />

bei Weitem nicht<br />

aus. Obwohl auf dem Papier Qualifizierungsmaßnahmen<br />

Priorität<br />

eingeräumt ist, wird man wahrscheinlich<br />

viele Jugendliche in<br />

Maßnahmen und Arbeitsgelegenheiten<br />

unterbringen, die einer<br />

längerfristigen Integration kaum<br />

dienlich sind. Diese Gefahr ist<br />

angesichts des politischen Drucks,<br />

der von der rapide gestiegenen Jugendarbeitslosigkeit<br />

ausgeht, umso<br />

größer.<br />

Dennoch: In den nächsten Monaten<br />

müssen alle Beteiligten – Bildungsträger,<br />

Gewerkschaften, Beiräte<br />

– versuchen, auf die konkrete<br />

Gestaltung der von den<br />

ARGEN beziehungsweise optierenden<br />

Kommunen entwickelten<br />

Arbeitsprogramme Einfluss zu<br />

nehmen: Ausschlaggebend für den<br />

Einsatz der Instrumente darf nicht<br />

das schnelle, möglichst kostengünstige<br />

Verschwinden aus der<br />

Statistik sein, sondern die Verbesserung<br />

langfristiger Integrationschancen.<br />

Gerade bei Jugendlichen<br />

müssen dabei Qualifizierung und<br />

der Abschluss einer Ausbildung<br />

Vorrang haben. Ursula Herdt<br />

Ursula Herdt,<br />

Leiterin des Vorstandsbereichs<br />

Berufliche Bildung<br />

und Weiterbildung


Ganztagsschule<br />

Unvereinbare Professionen?<br />

Die Ganztagsschule soll kommen.<br />

Volkshochschulen könnten<br />

zu pädagogischen Partnern werden.<br />

Doch auf dem neuen Geschäftsfeld<br />

für die Weiterbildung<br />

lauern altbekannte Tücken.<br />

Vier Milliarden schwer ist<br />

das Programm „Zukunft<br />

Bildung und Betreuung“,<br />

mit dem die Bundesregierung den<br />

ganztägigen Betrieb an Schulen<br />

fördert. Für ein Ganztagsschulenprogramm,<br />

bei dem die Qualität<br />

im Vordergrund steht, setzt sich<br />

auch die <strong>GEW</strong> ein. Mit der<br />

Ganztagsschuleninitiative sind<br />

Volkshochschulen (VHS) als pädagogische<br />

Partner angesprochen.<br />

Ein reizvoller Rahmen, um Dozenten<br />

trotz Weiterbildungskrise<br />

zu beschäftigen und andere Formen<br />

des Lernens in Schulen zu<br />

tragen. Die Resonanz jedoch ist<br />

bisher schwach.<br />

Beispiel Rheinland-Pfalz. <strong>Im</strong> Mai<br />

2003 startete der Bund sein Programm<br />

„pro Ganztagsschule“. <strong>Im</strong><br />

März 2004 unterzeichneten der<br />

rheinland-pfälzische Landesbildungsminister<br />

Rolf Zöllner (SPD)<br />

und der Direktor des dortigen<br />

VHS-Verbands, Erich Zehnder, eine<br />

umfangreiche „Rahmenvereinbarung“.<br />

Die Volkshochschulen schlugen<br />

den Schulen eine breite Palette<br />

pädagogischer Angebote vor – zu<br />

Themen aus Politik und Umwelt,<br />

Arbeit und Beruf, Gesundheit und<br />

Sprachen. Ein Jahr später hat sich<br />

erst eines durchgesetzt: Das IT-<br />

Projekt der VHS, in dem Schüler<br />

den Europäischen Computerpass<br />

machen können.<br />

Große Berührungsängste<br />

Nur millimeterweise öffnen die<br />

Schulen ihre Tore. Das gilt fürs<br />

ganze Bundesgebiet, auch wenn es<br />

immer mal wieder engagierte<br />

Kooperationen gibt. Zu unentschieden<br />

stehen die Kultusverwaltungen<br />

der Ganztagsschule gegenüber:<br />

Unterricht plus offenes<br />

Programm danach? Lernen und<br />

Erholen im ganztägigen Wechsel<br />

(rhythmisierte Ganztagsschule)?<br />

Was zahlt der Bund, was das<br />

Land? Zu groß sind die Berührungsängste<br />

zwischen Schulpädagogen<br />

und Erwachsenenbildnern.<br />

Und zu oft steckt der Teufel im<br />

Detail: Ein freiwilliges Lernangebot<br />

im Pflichtbetrieb Schule –<br />

geht das überhaupt?<br />

Neue Arbeitschancen<br />

Claudia Schneider leitet die „Junge<br />

Volkshochschule“ in Hamburg. Sie<br />

kann den Schulen ein breites<br />

Nachmittagsprogramm bieten –<br />

von Gewaltprävention bis zu Entspannungstechniken.<br />

Sie möchte<br />

Schüler mit der VHS in Kontakt<br />

bringen und gleichzeitig Kursleitern<br />

neue Arbeitschancen in der<br />

Ganztagsschule eröffnen. Langsam<br />

laufe die Kooperation in Hamburg<br />

an, so Schneider, vor allem zu Themen<br />

der Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Gleichzeitig tauchen grundsätzliche<br />

Fragen auf: Ist es nicht<br />

besser, wenn ein Kompaktseminar<br />

über Konfliktregulierung an einem<br />

neutralen Ort statt am Tatort Schule<br />

stattfindet? Wer verantwortet die<br />

VHS-Projekte? Können Kursleiter<br />

in Lehrerkonferenzen einbringen,<br />

wie sie Jugendliche erleben? Alles<br />

hänge davon ab, sagt Schneider,<br />

„ob man die Professionen zusammenkriegt.“<br />

In München wirkt die Programmdirektorin<br />

der VHS, Susanne May,<br />

auf die Schulen offenbar zu schnell<br />

und forsch. Sie hat öffentlich von<br />

einer längst „überfälligen Zusammenarbeit“<br />

gesprochen und davon,<br />

dass „die VHS eine Art Frühwarnsystem<br />

ist für das, was an Schulen<br />

schief läuft“. Prompt wenden sich<br />

die potenziellen Partner ab. <strong>Im</strong><br />

Kultusministerium ist zu erfahren,<br />

man verhandle mit Volkshochschulverband,<br />

Sportbund und<br />

Musikrat auf Landesebene über<br />

mögliche Aktivitäten an Ganztagsschulen,<br />

„Zeithorizont völlig offen“.<br />

Und Eva-Maria Volland, Pressesprecherin<br />

im Münchner Schulreferat,<br />

erklärt für die kommunalen<br />

Einrichtungen klipp und klar: „Wir<br />

favorisieren die rhythmisierte<br />

Ganztagsschule. Da passen die Angebote<br />

der Volkshochschule nicht<br />

hinein.“ Helga Ballauf<br />

Berufsbild im Wandel<br />

Jongleure? Knowledge worker? Mittelbeschaffer?<br />

Berufsbilder verändern sich, auch in der Weiterbildung. Wie viel Fluch und wie viel Segen in diesem Prozess stecken, ob sich das Profil einer<br />

Profession schärfen lässt oder ein Sammelsurium an Tätigkeiten übrig bleibt, hängt von Engagement und Reflexion der Profis ab. Zwei Beispiele.<br />

Der Bildungsmanager<br />

Ein stabilerRahmen,<br />

berufliche<br />

Kontinuität<br />

seit<br />

mehr als<br />

25 Jahren:<br />

So sieht<br />

von<br />

Josef Mikschl,<br />

außen<br />

Leiter Grundbildung und betrachtet<br />

Integration,VHS Kiel Josef<br />

Mikschls<br />

Arbeit an der Volkshochschule<br />

(VHS) in Kiel aus. Der Buchhändler,<br />

der auf dem zweiten Bildungsweg<br />

Realschullehrer wurde, ging an<br />

Der Sponsorenjäger<br />

Erwachsenenbildung<br />

von<br />

der Regelförderungunabhängig<br />

machen<br />

und statt-<br />

Thomas Ritschel, dessen<br />

pädagogischer Leiter von Mal<br />

der Evangelischen zu Mal<br />

Erwachsenenbildung Jena um Mittel<br />

für<br />

Projekte kämpfen – das klingt<br />

kurios. Thomas Ritschel geht diesen<br />

Weg seit ein paar Jahren.<br />

Dass ihm die aktuelle Entwicklung<br />

recht gibt, freut den<br />

geschäftsführenden pädagogi-<br />

die Volkshochschule, gab Kurse<br />

zum Nachholen des Hauptschulabschlusses.<br />

Schließlich übernahm er<br />

die Leitung der Abteilung Grundbildung<br />

und Integration. Vom Lehrer<br />

zum Bildungsmanager – kein<br />

ungewöhnlicher Schritt für hauptamtliche<br />

Weiterbildner.<br />

„Mittlerweile ist das Ökonomische<br />

in den Vordergrund getreten“, sagt<br />

Mikschl. Die Kommune kürzt das<br />

VHS-Budget, die Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) vergibt Kurse bevorzugt<br />

an Billiganbieter, die Konkurrenz<br />

unter den Weiterbildungsträgern<br />

wächst. Der Bildungsmanager<br />

musste in den vergangenen zwei<br />

Jahren den Rückbau seiner Abtei-<br />

schen Leiter der Evangelischen<br />

Erwachsenenbildung (EEBT) in<br />

Jena nicht: Ohne Vorankündigung<br />

hat die thüringische Landesregierung<br />

ihren Zuschuss halbiert.<br />

Wie lange er sich auf regelmäßige<br />

Zuwendungen der Kirche<br />

verlassen kann, ist ebenso fraglich.<br />

Ritschel hat früh bei Stiftungen<br />

und Sponsoren in der<br />

Region angeklopft und eine<br />

regionale „Förderer-Datenbank“<br />

aufgebaut. Nun setzt er beim<br />

Spenden eintreiben (Fundraising)<br />

verstärkt auf die ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter. Vom gelernten Werkzeugbauer<br />

zum studierten Theologen<br />

– vom Lehrbeauftragten an<br />

der Fachhochschule zum Manager<br />

werteorientierter Erwachsenenbil-<br />

lung managen. Das bedeutet: Zusehen,<br />

dass Kollegen anderswo in der<br />

Stadtverwaltung eine interessante<br />

Aufgabe finden; die eigenen Angebote<br />

daraufhin durchforsten, was<br />

wegfallen kann. Auf Personal und<br />

Programm verzichten – ein schwieriges<br />

Unterfangen für engagierte<br />

Erwachsenenbildner. Mikschl: „Wir<br />

neigen dazu, alles über den eigenen<br />

Einsatz möglich zu machen. Doch<br />

irgendwann ist die Gesundheit in<br />

Gefahr und auch die Qualität der<br />

Arbeit.“ Der Punkt, an dem ein verantwortungsvoller<br />

Chef Nein sagen<br />

und weitere Zumutungen abwehren<br />

muss.<br />

„Manchmal ist es schwer, sich selbst<br />

dung: Für Ritschel öffneten sich<br />

mit dem Ende der DDR neue<br />

berufliche Perspektiven. Er nutzte<br />

die Chance und sagt heute: „Ich<br />

schöpfe wesentlich aus dieser Biografie<br />

und den Beziehungen, die<br />

dabei gewachsen sind.“<br />

Die EEBT ist ein Zusammenschluss<br />

evangelischer, vor allem<br />

aber kirchenunabhängiger Gruppen,<br />

die rund 2500 Veranstaltungen<br />

pro Jahr auf die Beine stellen.<br />

Das Programm lebt vom ehrenamtlichen<br />

Engagement. Festangestellte<br />

wie Ritschel begleiten und<br />

schulen: Telefonseelsorger, Freiwillige<br />

für die Hospizarbeit oder Seniorencoachs,<br />

die Schülern in den<br />

Beruf helfen. Ritschel: Qualität der<br />

Arbeit macht unser Profil aus.<br />

zu motivieren. Aber die Situation<br />

schärft auch den Blick für das<br />

Wesentliche“, sagt der Profi. Darum<br />

definiert die VHS Kiel nun die<br />

Aufgaben neu. Für Mikschls Abteilung<br />

heißt das: Die Integrationskurse<br />

für Zuwanderer samt Beratung<br />

und Betreuung bleiben das Kernstück.<br />

„Das entspricht dem gesellschaftspolitischen<br />

Auftrag der VHS<br />

und rechtfertigt die kommunalen<br />

Zuschüsse.“ Josef Mikschl hält auch<br />

den Kieler Weiterbildungsverbund,<br />

dessen Sprecher er ist, zusammen:<br />

„Wir Träger müssen andere Rahmenbedingungen<br />

für die Weiterbildung<br />

fordern. Dann kann die Krise<br />

auch eine Chance sein.“<br />

Es ist in Ostdeutschland nicht<br />

leicht, Firmenspenden zu bekommen.<br />

Nicht jeder Sponsor kommt<br />

in Frage: „Mit der Kulturstiftung<br />

der deutschen Atomwirtschaft<br />

machen wir nichts.“ Also muss Ritschel<br />

immer wieder Neues auftun –<br />

von Kunstprojekten bis zum<br />

generationsübergreifenden Lernen.<br />

Und dabei aufpassen, „etwas nicht<br />

nur deshalb zu machen, weil’s dafür<br />

gerade Mittel gibt“. Ein Korrektiv<br />

hat Ritschel im Leitungsteam, ein<br />

zweites im Jenaer Fundraising-<br />

Stammtisch: Dort laufen alle Fäden<br />

für gemeinnützige Kultur- und Bildungsaktivitäten<br />

der Stadt zusammen.<br />

Ein lebendiges Netzwerk als<br />

Rückhalt – wenn alle Gewissheiten<br />

wegbrechen. Helga Ballauf<br />

Arbeitsfeld Weiterbildung<br />

13<br />

„Nur millimeterweise<br />

öffnen die<br />

Schulen ihre Tore.<br />

Zu groß sind die<br />

Berührungsängste<br />

zwischen<br />

Schulpädagogen<br />

und<br />

Weiterbildnern.“


14<br />

Hintergrund<br />

„In Italien ist die<br />

Weiterbildungsbeteiligung<br />

von<br />

Region zu Region<br />

sehr unterschiedlich.“<br />

„<strong>Im</strong> Vergleich zur<br />

Erhebung aus<br />

dem Jahr 2000<br />

ging die Zahl der<br />

Teilnehmer in formal<br />

organisierter<br />

Weiterbildung auf<br />

41 Prozent<br />

zurück.“<br />

Wie machen<br />

es die Anderen?<br />

Das italienische Weiterbildungssystem<br />

ist weitgehend dezentral<br />

organisiert. Mit Bildungsgutscheinen<br />

wurden keine guten<br />

Erfahrungen gesammelt.<br />

In Italien gibt es weniger<br />

betriebliche Weiterbildung als<br />

in den meisten anderen europäischen<br />

Ländern. 1999 beteiligten<br />

sich lediglich 24 Prozent aller<br />

Unternehmen an der Weiterbildung<br />

der Beschäftigten (zum Vergleich:<br />

in Dänemark 96 Prozent,<br />

Schweden 91 Prozent, Deutschland<br />

75 Prozent). Trotzdem lohnt<br />

ein Blick auf die italienische Weiterbildungslandschaft,<br />

die – vor<br />

allem in der beruflichen Weiterbildung<br />

– durchaus interessante<br />

Details aufweist.<br />

Provinzen entscheiden<br />

Weiterbildung ist in Italien weitgehend<br />

dezentral organisiert. Über<br />

Struktur und Finanzierung entscheiden<br />

die Provinzen. Eine der<br />

Umgehorcht:<br />

Wer bildet sich weiter in<br />

Deutschland?<br />

Die Ergebnisse der Weiterbildungsumfrage<br />

2003 liegen jetzt<br />

auf dem Tisch. Das Berichtssystem<br />

Weiterbildung hat 7000<br />

Menschen befragt. Die Umfrage<br />

zeigt: Trotz großen Interesses<br />

nehmen immer weniger Menschen<br />

die Angebote wahr.<br />

Das Interesse an Weiterbildung<br />

ist in Deutschland<br />

ungebrochen, die Beteiligung<br />

an den Angeboten jedoch<br />

geht weiter zurück. Das ist das<br />

Ergebnis einer repräsentativen<br />

Umfrage des Berichtssystems Weiterbildung<br />

2003, die jetzt veröffentlicht<br />

worden ist.<br />

Von Februar bis Mai 2004 wurden<br />

bundesweit 7000 Menschen zwischen<br />

19 und 64 Jahren befragt,<br />

wie oft sie 2003 an einer Weiterbildung<br />

teilgenommen haben. <strong>Im</strong><br />

wichtigsten zentralen Regelungen<br />

wurde Anfang der 90er-Jahre mit<br />

dem Gesetz 236/1993 geschaffen.<br />

Es sieht ein individuelles Recht<br />

auf Weiterbildung vor. Darunter<br />

werden nicht nur individuelle<br />

Qualifizierungsmaßnahmen verstanden,<br />

die unmittelbar beruflich<br />

verwertbar sind, sondern auch<br />

Weiterbildungen, die über den<br />

konkreten beruflichen Bedarf hinausreichen.<br />

Um dies zu finanzieren,<br />

sollen die Unternehmen laut<br />

Gesetz 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme<br />

in einen Fonds einzahlen.<br />

Bisher ist dieser Fonds bei<br />

der nationalen Sozialversicherungsanstalt<br />

(INPS) angesiedelt.<br />

Künftig kann er von privatrechtlichen<br />

Organisationen verwaltet<br />

werden, um branchenspezifische<br />

Besonderheiten zu berücksichtigen.<br />

Ein Drittel der Fondsmittel<br />

wird für berufliche Weiterbildung<br />

festgeschrieben, zwei Drittel sollen<br />

dem öffentlichen Berufsbildungssystem<br />

zugute kommen,<br />

Vergleich zur Erhebung aus dem<br />

Jahr 2000 ging die Zahl der Teilnehmer<br />

in formal organisierter<br />

Weiterbildung wie Lehrgängen<br />

und Kursen um zwei Punkte auf<br />

41 Prozent zurück. Das betrifft<br />

vor allem die berufliche Weiterbildung,<br />

die gegenüber 2000 um drei<br />

Punkte auf 26 Prozent gesunken<br />

ist. Dies ist auch Folge der drastischen<br />

Kürzungen der nach SGB<br />

III geförderten Maßnahmen, die<br />

sich 2003 erstmals bemerkbar<br />

machten. Dagegen bleibt die<br />

Quote bei der allgemeinen Weiterbildung<br />

stabil: 26 Prozent. Am<br />

stärksten gefragt sind Weiterbildungen<br />

in EDV, Internet und<br />

Fremdsprachen. Bei den Erwerbstätigen<br />

ist die Beteiligung auch<br />

außerhalb von Lehrgängen oder<br />

Kursen um sechs Punkte auf 61<br />

Prozent zurückgegangen.<br />

Blick ins Ausland<br />

das auch die Erstausbildung umfasst.<br />

Recht auf Bildungsurlaub<br />

Wichtig ist zudem das Gesetz über<br />

Arbeitsfreistellungen im Rahmen<br />

von Ausbildungsmaßnahmen. Danach<br />

haben Arbeitnehmer, die<br />

mindestens seit fünf Jahren dem<br />

Betrieb angehören, das Recht auf<br />

Arbeitsfreistellung für Ausbildungsmaßnahmen<br />

bis zu elf<br />

Monaten. Der Staat, die Regionen<br />

und die Kommunen sollen ein<br />

angemessenes Ausbildungsangebot<br />

bereit stellen. Während dieses<br />

Bildungsurlaubs behält der Arbeitnehmer<br />

seinen Arbeitsplatz, hat<br />

aber keinen Anspruch auf Vergütung.<br />

Die Weiterbildung kann<br />

über den branchenübergreifenden<br />

Fonds finanziert werden.<br />

In Italien ist die Weiterbildungsbeteiligung<br />

von Region zu Region<br />

sehr unterschiedlich. Die Differenzen<br />

hängen mit der Autonomie<br />

der Provinzen bei der Gestaltung<br />

Insgesamt haben 68 Prozent der<br />

19- bis 64-Jährigen im Jahr 2003<br />

an einer oder mehreren Formen<br />

von Weiterbildung teilgenommen.<br />

Jüngere bilden sich weiter<br />

Die Erhebung bestätigt den Trend,<br />

dass sich vor allem jüngere und<br />

besser ausgebildete Menschen weiterbilden.<br />

In der Altersgruppe von<br />

19 bis 34 und 35 bis 49 Jahren lag<br />

die Weiterbildungsquote jeweils<br />

bei 46 Prozent, unter den 50 bis<br />

64-Jährigen werden dagegen nur<br />

31 Prozent erreicht. 59 Prozent<br />

der Befragten mit Abitur bilden<br />

sich weiter, aber nur 28 Prozent<br />

der Menschen mit einem niedrigeren<br />

Schulabschluss.<br />

Zu einem ähnlichen Ergebnis<br />

kommt die Untersuchung, wenn<br />

man den formalen Berufsabschluss<br />

und Weiterbildungsbereit-<br />

der Weiterbildung zusammen. Das<br />

gilt für die allgemeine ebenso wie<br />

für die betriebliche Weiterbildung.<br />

So bildet in Südtirol etwa jedes<br />

zweite Unternehmen weiter, im<br />

Rest des Landes liegt der Schnitt<br />

bei etwas über 25 Prozent. Südtirol<br />

hat weitere Besonderheiten:<br />

Nur hier gibt es eine duale Berufsausbildung<br />

entsprechend dem<br />

deutschen System. Südtirol ist<br />

zudem ausgesprochen experimentierfreudig<br />

in der Finanzierung<br />

von Weiterbildung. 1997 wurde<br />

beispielsweise ein Modell mit Bildungsgutscheinen<br />

erprobt. Bei<br />

Verwaltung, Politikern und beteiligten<br />

Bildungsinstitutionen war<br />

die Akzeptanz sehr hoch. Die<br />

Empfänger der Bildungsgutscheine<br />

allerdings blieben zurückhaltend:<br />

Nur sieben Prozent der Gutscheine<br />

wurden eingelöst. Die<br />

Erfahrungen in Südtirol haben<br />

gezeigt, dass Bildungsgutscheine<br />

kein effektives Instrument der Bildungspolitik<br />

sind. Roman Jaich<br />

Weiterbildungsstudie<br />

Interesse groß, Beteiligung sinkend<br />

schaft zueinander in Beziehung<br />

setzt. Demnach bilden sich 62<br />

Prozent der Akademiker weiter,<br />

ohne Berufsausbildung sind es<br />

nur 23 Prozent. Erwerbstätige<br />

nehmen häufiger an Weiterbildung<br />

teil (48 Prozent) als Nicht-<br />

Erwerbstätige (26 Prozent). Beamte<br />

beteiligen sich stärker (68 Prozent)<br />

als Selbstständige (55 Prozent),<br />

Angestellte (49 Prozent)<br />

und Arbeiter (31 Prozent).<br />

Frauen (40 Prozent) und Männern<br />

(42 Prozent) nutzen Weiterbildungen<br />

in etwa gleichem Umfang,<br />

Ausländer mit 29 Prozent wesentlich<br />

seltener als Deutsche (42 Prozent).<br />

tf<br />

Die Studie steht zum Download<br />

unter: www.bmbf.de/pub/<br />

berichtssystem_weiterbildung_9.pdf


In Baden-<br />

Württemberg<br />

liegen<br />

die Schulen<br />

des<br />

Zweiten<br />

Bildungsweges<br />

fast<br />

ausschließlich<br />

in der<br />

Hand privater<br />

Träger. 2005 müssen sie<br />

mit weniger Geld auskommen.<br />

Der Zweite Bildungsweg<br />

zum Realschulabschluss,<br />

zur Fachhochschulreife<br />

und zum Abitur wird in Baden-<br />

Württemberg nach dem Privatschulgesetz<br />

in der Fassung vom<br />

1. Januar 1990 geregelt. <strong>Im</strong> Ländle<br />

gibt es lediglich ein öffentliches<br />

Kolleg in Mannheim mit 91<br />

Teilnehmern. Weitere fünf Kollegs,<br />

43 Abendrealschulen und 19<br />

Abendgymnasien mit insgesamt<br />

6000 Teilnehmern sind nicht in<br />

öffentlicher Trägerschaft und somit<br />

eher „freie Unterrichtseinrichtungen“<br />

als Ersatzschulen.<br />

Insgesamt besuchen 6100 Schüler<br />

die allgemein bildenden Schulen<br />

des zweiten Bildungswegs. Das<br />

sind sieben Prozent mehr als im<br />

Vorjahr. <strong>Im</strong> Langzeitvergleich<br />

zum Schuljahr 1993/94 ist die<br />

Teilnehmerzahl an diesen Schulen<br />

um zwei Drittel gestiegen.<br />

Etwa ein Drittel der Teilnehmer<br />

und Teilnehmerinnen hat einen<br />

Migrationshintergrund.<br />

Da es nur ein Angebot für den<br />

Zweiten Bildungsweg in öffentlicher<br />

Trägerschaft gibt, wurden<br />

die privaten Abendrealschulen,<br />

Abendgymnasien und Kollegs<br />

vom Land stärker gefördert als<br />

andere private Schulen wie allgemeinbildende<br />

oder berufliche<br />

Schulen. Mit der Verabschiedung<br />

des Haushaltsstrukturgesetzes<br />

2005 wird das Privatschulgesetz<br />

geändert. Es legt die Höhe<br />

der Landeszuschüsse fest. Bisher<br />

wurden die privaten Ersatzschulen<br />

nominell mit 100 Prozent der<br />

Miet-, Sach- und Personalkosten<br />

vom Land gefördert. Verwaltungsund<br />

Hausmeisterkosten wurden<br />

nur geringfügig bezuschusst,<br />

Krankheitsvertretungen nicht. Die<br />

meisten Schulen erhoben von<br />

Initiative<br />

Bundesweiter Erfahrungsaustausch<br />

<strong>GEW</strong>-Arbeitsgruppe Zweiter Bildungsweg<br />

gegründet.<br />

Eine Arbeitsgruppe Abendschulen/ZweiterBildungsweg<br />

hat sich Ende vergangenen<br />

Jahres im Bereich Berufliche<br />

Bildung und Weiterbildung beim<br />

<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand gegründet.<br />

Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den<br />

Erfahrungs- und Informationsaus-<br />

tausch über die Arbeit im Zweiten<br />

Bildungsweg bundesweit zu verbessern.<br />

Die Arbeitsgruppe wird von<br />

Klaus Rampold, Mitglied im <strong>GEW</strong>-<br />

Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung,<br />

betreut.<br />

Das erste Treffen fand am 18. Dezember<br />

2004 in Frankfurt am Main<br />

statt. Vertreten waren Kolleginnen<br />

und Kollegen von Abendhauptund<br />

Abendrealschulen sowie von<br />

ihrer Klientel geringfügige Aufnahme-<br />

und Verwaltungsgebühren<br />

oder beides. Die Lehrkräfte werden<br />

in Baden-Württemberg laut<br />

Gesetz nach BAT bezahlt, angelehnt<br />

an die Vergütung gleich qualifizierter<br />

angestellter Lehrer im<br />

öffentlichen Dienst.<br />

Kurzfristig zurückgeschraubt<br />

Das Haushaltstrukturgesetz 2005<br />

sah zunächst eine Kürzung der<br />

bisherigen Leistungen des Lands<br />

auf 80 Prozent vor (s. „Erziehung<br />

und Wissenschaft“ 2/2005). Unter<br />

dem Druck einer zentralen Demonstration<br />

der Betroffenen in<br />

der weihnachtlich belebten Stuttgarter<br />

Innenstadt, unter dem<br />

Druck von 23.000 Protestunterschriften,<br />

eines beachtlichen Medieninteresses<br />

und heftiger Diskussionen<br />

im Landtag wurde diese<br />

Kürzung auf 90 Prozent zurückgeschraubt.<br />

Höhere Gebühren<br />

Kein Grund zur Entwarnung, meinen<br />

die Schulleitungen. Die Kolping<br />

Kollegs beabsichtigen, die<br />

zusätzlichen Kosten „rein markt-<br />

Abendgymnasien aus Hessen, Niedersachsen,<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

und Berlin. Themen waren die Eigenständigkeit<br />

dieses Bildungsbereiches,<br />

neue Verwaltungsregelungen,<br />

Qualitätssicherung und Bildungsinhalte,<br />

Kürzung öffentlicher<br />

Mittel, die Lage von Studierenden<br />

und Lehrkräften sowie Vergleichsarbeiten<br />

und zentrale Prüfungen.<br />

Die nächste Zusammenkunft wird<br />

Pauken zu höheren Gebühren:Wenn<br />

das Land den Geldhahn zudreht,<br />

wird es teuer für die Teilnehmer des<br />

Zweiten Bildungswegs.<br />

Baden-Württemberg<br />

Die Privaten führen Regie<br />

wirtschaftlich“ auf die Schüler<br />

umzulegen. Das würde eine Erhöhung<br />

der Gebühren von 35 auf<br />

80 Euro bedeuten. Einige der<br />

Schulen werden um ihr Überleben<br />

kämpfen müssen, denn nicht<br />

wenige ihrer Schüler leben von<br />

Bafög oder 400-Euro-Jobs. Am<br />

Mannheimer Abendgymnasium<br />

müsste die derzeitige Verwaltungsgebühr<br />

von monatlich 22 auf 72<br />

Euro erhöht werden. Die Folge:<br />

Die Schülerzahlen gehen zurück,<br />

mittelfristig werden die Gebühren<br />

weiter erhöht.<br />

Die Volkshochschule Stuttgart<br />

lehnt ein Abendgymnasium nur für<br />

Besserverdiener ab. Sie rechnet mit<br />

einem Haushaltloch von 300 000<br />

Euro im Jahr. Um dieses Loch zu<br />

stopfen, bemüht sie sich zurzeit um<br />

andere Fördergelder, beispielsweise<br />

von der Stadt. Ob dies gelingt,<br />

bleibt abzuwarten. Allenfalls käme<br />

für die Volkshochschule eine minimale<br />

Erhöhung der Gebühren in<br />

Frage. Sonst würde sie das ihr in<br />

der Nachkriegszeit erteilte Mandat,<br />

Träger des Zweiten Bildungsweges<br />

zu sein, an den Landtag zurückgeben.<br />

Margrit Schatz<br />

nach den Sommerferien in Kassel<br />

stattfinden. Wer an der Arbeitsgruppe<br />

teilnehmen möchte oder<br />

an Informationen über den Zweiten<br />

Bildungsweg und Abendschulen<br />

in den Bundesländern interessiert<br />

ist, kann sich beim <strong>GEW</strong>-<br />

Hauptvorstand, Bereich Berufliche<br />

Bildung und Weiterbildung, melden.<br />

Kontakt: 0 69/7 89 73-3 19 kr<br />

Serie: Zweiter Bildungsweg<br />

Der Zweite Bildungsweg ist<br />

in den Bundesländern<br />

unterschiedlich organisiert.<br />

In „prekär“ 13/2004 haben<br />

wir das Thema Zweiter<br />

Bildungsweg ausführlich<br />

dargestellt. Deutlich wurde:<br />

Kaum einer hat den<br />

Überblick. Deshalb führt<br />

die „prekär“ das Thema als<br />

Serie fort. Die Organisation<br />

des Zweiten Bildungswegs<br />

in den verschiedenen<br />

Bundesländern wird<br />

schrittweise vorgestellt.<br />

15<br />

„Unter dem<br />

Druck von<br />

Protestunterschriften<br />

und heftiger<br />

Diskussion im<br />

Landtag, wurde die<br />

Kürzung um<br />

90 Prozent zurückgeschraubt.“


16<br />

Vorname/Name<br />

Straße/Nr.<br />

PLZ/Ort<br />

Service<br />

Telefon Fax<br />

E-Mail<br />

<strong>Im</strong>pressum<br />

prekär<br />

Zeitung der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

für die Beschäftigten<br />

in der Weiterbildung<br />

ISSN 1612-4197<br />

Herausgeber:<br />

Hauptvorstand der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Postfach 90 04 09<br />

60444 Frankfurt am Main<br />

Telefon 0 69/7 89 73-0<br />

Telefax 0 69/7 89 73-2 01<br />

E-Mail: info@gew.de<br />

Internet: www.gew.de<br />

Redaktion:<br />

Ulf Rödde (verantwortlich)<br />

Anja Dilk<br />

Torsten Fust<br />

Michael Großkopf<br />

Frank-Michael Männicke<br />

Inge Müller<br />

Otto Radauscher-Weidinger<br />

Paul Weitkamp<br />

Fotos:<br />

zplusz, David Ausserhofer<br />

Karikaturen:<br />

Thomas Plaßmann<br />

Gestaltung:<br />

Werbeagentur Zimmermann GmbH,<br />

Frankfurt am Main<br />

Druck:<br />

apm AG, Darmstadt<br />

Auflage: 16 000<br />

April 2005<br />

Lamy Logo Set.<br />

Kuli und Druckbleistift im<br />

Lederetui.<br />

Für eine Werbung.<br />

Bitte schicken Sie mir das Lamy Logo Set. *<br />

Bitte schicken Sie mir den Prämienkatalog. *<br />

Fotomontage: zplusz<br />

Bitte ausschneiden<br />

und schicken an:<br />

Gewerkschaft Erziehung<br />

und Wissenschaft<br />

Hauptvorstand,<br />

Postfach 90 04 09,<br />

60444 Frankfurt am Main<br />

Ich habe die nebenstehend<br />

genannte Person als neues<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglied geworben.<br />

Stöbern und Studieren<br />

Bücher,Veröffentlichungen,<br />

Dokumente<br />

Eine Geschichte,<br />

die Mut macht<br />

Mit „Botschaft zum Glück“ hat<br />

Marion Döbert, Vorstands-Mitglied<br />

des Bundesverbands Alphabetisierung,<br />

eine Geschichte geschrieben,<br />

die Mut machen soll,<br />

auch als Erwachsener noch Lesen<br />

und Schreiben zu lernen. <strong>Im</strong> Mittelpunkt<br />

ihres Buchs steht Martin,<br />

der nicht richtig schreiben und<br />

lesen kann und der mit Hilfe seines<br />

Sohnes, dem Internet und<br />

einer e-Mail die Frau seiner Träume<br />

wiedersieht.<br />

Marion Döbert: Botschaft zum Glück –<br />

Eine Liebesgeschichte, 1.Auflage 2004,<br />

39 Seiten, 6,60 Euro. (im Buchhandel)<br />

Trends in der<br />

Weiterbildung<br />

Eine Studie über Trends in der<br />

beruflichen Weiterbildung hat der<br />

Deutsche Volkshochschulverband<br />

(DVV) veröffentlicht. Die Publikation<br />

des DVV zum Programmangebot<br />

von Volkshochschulen<br />

(VHS) basiert auf Auswertungen<br />

der Programmpläne von mehr als<br />

40 Einrichtungen. Daneben haben<br />

die Forscher Internetangebote untersucht<br />

und Telefoninterviews<br />

mit Programmplanern an den<br />

Volkshochschulen geführt. Die<br />

Studie richtet sich besonders an<br />

VHS-Programmplaner, die einen<br />

Überblick über Trends im Angebot<br />

und wichtige Anregungen für<br />

ihre tägliche Arbeit bekommen<br />

möchten.<br />

Die Publikation kann für 14,90 Euro<br />

plus zwei Euro Porto und Verpackung<br />

bestellt werden beim Deutschen Volkshochschulverband<br />

Sascha Rex<br />

Obere Wilhelmstraße 32<br />

53225 Bonn<br />

Tel.: 02 28/9 75 69-28<br />

Fax: 02 28/9 75 69-78<br />

rex@dvv-vhs.de<br />

Beitrittserklärung Bitte in Druckschrift ausfüllen.<br />

Vorname/Name<br />

Straße/Nr.<br />

Land/PLZ/Ort<br />

Geburtsdatum/Nationalität<br />

<strong>GEW</strong>-Dokumentationen<br />

zur Weiterbildung<br />

Der Organisationsbereich „Berufliche<br />

Bildung und Weiterbildung“<br />

beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand veröffentlicht<br />

regelmäßig aktuelle Informationen<br />

und Dokumentationen<br />

zu den Themen Berufliche<br />

Bildung und Weiterbildung. Die<br />

folgenden Titel können bestellt<br />

werden:<br />

29/2004: Bund Länder Kommission:<br />

Strategie für lebenslanges Lernen in der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

30/2004: Berufliche und soziale Lage von<br />

Lehrenden in der Weiterbildung –<br />

Bericht zur Pilotstudie von TNS Infratest<br />

Sozialforschung, hrsg. vom BMBF<br />

34/2004:Abschlussbericht der Expertenkommission<br />

zur Finanzierung Lebenslangen<br />

Lernens - Ergebnisprotokoll des<br />

<strong>GEW</strong>-Expertengesprächs<br />

38/2004: Gewerkschaftliche Bildungspolitik<br />

III/2004: „Thesen zur Berufs- und<br />

Weiterbildungsberatung von Ursula<br />

Herdt“<br />

42/2004: BMBF, Ministerium für Bildung,<br />

Wissenschaft, Forschung und Kultur des<br />

Landes Schleswig-Holstein: Stellungnahme<br />

zum Vorschlag der EU-Kommission<br />

für ein integriertes Aktionsprogramm im<br />

Bereich des lebenslangen Lernens<br />

48/2004:Verordnung der Bundesregierung<br />

über die Durchführung von Integrationskursen<br />

für Ausländer und Spätaussiedler<br />

(Integrationsverordnung – IntV)<br />

01/2005: Evaluation der Wirksamkeit des<br />

Weiterbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen<br />

– Gutachten der Sozialforschungsstelle<br />

Dortmund<br />

Bestelladresse:<br />

<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />

Brigitte Kramer<br />

Postfach 900409<br />

60444 Frankfurt am Main<br />

Tel.: 0 69/7 89 73-327<br />

Fax: 0 69/7 89 73-103<br />

brigitte.kramer@gew.de<br />

www.gew.de<br />

Bisher gewerkschaftlich organisiert bei von bis (Monat/Jahr)<br />

Jedes Mitglied der <strong>GEW</strong> ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten<br />

und seine Zahlungen daraufhin regelmäßig zu überprüfen.<br />

Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag erkenne ich die Satzung der <strong>GEW</strong> an und<br />

ermächtige die <strong>GEW</strong> zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag<br />

vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen.<br />

Ort/Datum Unterschrift<br />

?<br />

Seit Juni 2004 gibt es eine Verordnung<br />

„über das Verfahren zur<br />

Anerkennung von fachkundigen<br />

Stellen sowie zur Zulassung von<br />

Trägern und Maßnahmen der<br />

beruflichen Weiterbildung nach<br />

dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch“<br />

(SGB III). Ein langweiliger<br />

Titel, doch es geht um Einiges:<br />

Welche Einrichtungen dürfen<br />

welche Kurse im Bereich der<br />

Förderung beruflicher Weiterbildung<br />

nach SGB III durchführen.<br />

Bisher war dafür die Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) zuständig.<br />

Mit der neuen Verordnung<br />

wird diese Aufgabe ausgegliedert.<br />

Zukünftig gibt es ein zweistufiges<br />

Verfahren. Eine Anerkennungsstelle<br />

der BA beauftragt<br />

so genannte „Fachkundige<br />

Stellen“ damit, Träger und Maßnahmen<br />

auf ihre Solidität und<br />

Qualität zu prüfen. Die Verordnung<br />

hat für dieses Verfahren<br />

einen groben Rahmen formuliert.<br />

Der Teufel steckt jedoch im<br />

Detail.<br />

Ein Beispiel: Da nicht jede einzelne<br />

Maßnahme eines Trägers<br />

geprüft werden kann, soll es eine<br />

Referenz-Auswahl geben. Doch<br />

nach welchen Kriterien wird diese<br />

vorgenommen? Nach Stichprobe,<br />

jede zehnte Maßnahme oder jede<br />

zwanzigste? Ein anderes Beispiel:<br />

Träger müssen ein System zur<br />

Sicherung der Qualität vorweisen.<br />

Die Verordnung schreibt<br />

nicht vor, welches System das<br />

sein soll. Sie können<br />

unter einer Vielfalt von Qualitätssicherungssystemen<br />

wählen.<br />

Doch wie soll überprüft werden,<br />

ob die und wie die Qualitätssysteme<br />

eingehalten werden?<br />

Ihre Daten sind entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt.<br />

Telefon Fax<br />

E-Mail<br />

* Dieses Angebot gilt nicht in den <strong>GEW</strong>-Landesverbänden Bayern, Berlin und Sachsen.<br />

Vorgestellt: Institutionen der Weiterbildung<br />

Was macht eigentlich ...<br />

...der Anerkennungsbeirat?<br />

Details klären<br />

Die Klärung dieser Details<br />

gehört zu den Aufgaben eines<br />

Anerkennungsbeirats, der die<br />

Anerkennungsstelle durch Emp-<br />

Berufsbezeichnung/-ziel beschäftigt seit Fachgruppe<br />

Name/Ort der Bank<br />

Kontonummer BLZ<br />

Tarif-/Besoldungsgruppe Bruttoeinkommen Euro monatlich<br />

Betrieb/Dienststelle Träger<br />

Straße/Nr. des Betriebes/der Dienststelle PLZ/Ort<br />

fehlungen unterstützen soll.<br />

Dem Anerkennungsbeirat gehören<br />

neun Mitglieder an. Bisher<br />

benannt wurden: Je eine Vertreterin<br />

oder ein Vertreter der<br />

Länder, der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer, der Arbeitgeber,<br />

des Bundesministeriums für<br />

Wirtschaft und Arbeit (BMWA)<br />

und des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung (BMBF)<br />

sowie drei unabhängige Expertinnen<br />

und Experten. Wer mitgezählt<br />

hat, kommt nur auf acht<br />

Mitglieder. Der Sitz der Bildungsverbände<br />

ist noch vakant.<br />

Für die Bildungsverbände ist nur<br />

ein Sitz vorgesehen. Doch die<br />

Bildungslandschaft ist sehr heterogen.<br />

Die Bildungsträger haben<br />

sich in verschiedenen Verbänden<br />

zusammengeschlossen. Dabei<br />

gibt es welche, die man eher<br />

dem Arbeitnehmer-, und andere,<br />

die man eher dem Arbeitgeberlager<br />

zuordnen kann. Wie sollen<br />

sie sich auf einen Sitz einigen?<br />

Es gibt bisher jedoch keine Verständigung.<br />

Die Erfahrungen der<br />

Bildungsverbände sind jedoch<br />

sehr wichtig für die Arbeit des<br />

Anerkennungsbeirats. Deswegen<br />

ist eine schnelle Übereinkunft<br />

wünschenswert.<br />

Trübe Vorzeichen<br />

Der Anerkennungsbeirat hat erst<br />

in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen.<br />

Die Bewährungsprobe<br />

für die neue Verordnung steht<br />

noch bevor. Die Vorzeichen sind<br />

nicht verheißungsvoll. Die Teilnehmerzahlen<br />

an beruflichen<br />

Qualifizierungsmaßnahmen befinden<br />

sich im freien Fall. In den<br />

vergangenen Jahren sind sie jeweils<br />

um fast 30 Prozent für die<br />

SGB III-Maßnahmen gesunken.<br />

Hermann Nehls<br />

Mitglied des Anerkennungsbeirats für die<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

Kontakt: herman.nehls@bvv.dgb.de<br />

Beschäftigungsverhältnis<br />

angestellt<br />

beamtet<br />

Honorarkraft<br />

in Rente<br />

pensioniert<br />

Altersübergangsgeld<br />

arbeitslos<br />

beurlaubt ohne Bezüge<br />

teilzeitbeschäftigt mit<br />

Std./Woche<br />

im Studium<br />

ABM<br />

Vorbereitungsdienst/<br />

Berufspraktikum<br />

befristet bis<br />

Sonstiges<br />

Vielen Dank!<br />

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