Im Sinkflug - GEW
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prekär<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft • Zeitung für die Beschäftigten in der Weiterbildung Nr. 14 / April 2005<br />
Politische Bildung<br />
Am Rande der Resignation<br />
Wie nie zuvor wird der politischen<br />
Bildung der Geldhahn<br />
zugedreht. Dabei arbeitet sie seit<br />
den 90er-Jahren zunehmend<br />
erfolgreich mit neuen, modernen<br />
Konzepten.<br />
Otmar Gad ist ein politischer<br />
Bildner, wie man<br />
ihn erfinden müsste,<br />
wenn es ihn nicht schon gäbe.<br />
Jung, politisch, bewegt zog er<br />
1966 nach West-Berlin ans Otto-<br />
Suhr-Institut der Freien Universität.<br />
Fünf Jahre und zahlreiche<br />
studentenbewegte Erfahrungen<br />
später begann er im Jugendhof<br />
Steinkimmen zwischen Bremen<br />
und Oldenburg, Jugendliche aus<br />
Betrieben politisch zu unterrichten.<br />
Später arbeitete er an der<br />
Volkshochschule, beim Jugendamt<br />
und im Sozialen Dienst. Politische<br />
Bildner, so seine These, müssten<br />
zu den Menschen gehen – nicht<br />
umgekehrt. Er besuchte junge<br />
Menschen, wo sie waren,<br />
führte sie zu ökologischen<br />
Praxisseminaren<br />
auf den Grünflächen<br />
inmitten<br />
der Hochhäuser.<br />
2004 kehrte er<br />
an den Jugendhof<br />
zurück.<br />
Unter seiner<br />
Leitung sollte<br />
dieser zu<br />
einem Zentrum<br />
der Multiplikatorenschulung<br />
werden.<br />
„Zukunftsfähig“,<br />
so der Auftrag der Landesregierung,<br />
sollte das Konzept sein.<br />
Viel Zeit hat man ihm nicht gelassen:<br />
Ein halbes Jahr später und<br />
noch bevor ein überaus positiver<br />
Evaluationsbericht über die Arbeit<br />
des Jugendhofs veröffentlicht<br />
wurde, fuhr das Land Niedersachsen<br />
den Zuschuss von 454 000<br />
Euro auf null zurück. Gad: „Ein<br />
halbes Jahrhundert Arbeit – und<br />
dann hat man nicht einmal Zeit,<br />
ein neues Konzept zu schreiben.“<br />
Zurzeit lebt Steinkimmen von<br />
Erspartem; im Mai steht vermutlich<br />
die Insolvenz bevor.<br />
Vielleicht hat der Jugendhof<br />
besonders viel Pech, weil die Landesregierung<br />
in Niedersachsen<br />
zurzeit radikal Strukturen politischer<br />
Bildung zerschlägt. Unangefochtener<br />
Höhepunkt: die Abschaf<br />
Schärft den Blick:<br />
fung der Landeszentrale für politische<br />
Bildung. Doch auch anderswo<br />
ist die finanzielle Krise groß.<br />
Statistische Angaben zum Abbau<br />
gibt es angesichts einer Geldgeberpalette,<br />
die schon auf staatlicher<br />
Seite von Kommune über Länder<br />
und Bund bis zur EU reicht,<br />
nicht. Der Arbeitskreis Deutscher<br />
Bildungsstätten (ADB), der in Berlin<br />
180 freie Träger vertritt,<br />
schätzt, dass der Anteil der öffentlichen<br />
Förderung für politische<br />
Bildungsmaßnahmen inzwischen<br />
bei unter 30 Prozent liegt. „Viele<br />
schreiben nur noch Anträge“, sagt<br />
ADB-Geschäftsführerin Mechthild<br />
Merfeld, „oder sie verlegen<br />
sich notgedrungen auf Angebote,<br />
die mit Politik kaum noch etwas<br />
zu tun haben. Gesundheitsförderung<br />
oder Sozialrecht beispielsweise.“<br />
Auch der Kontakt zur Wirtschaft<br />
ist kein Tabu mehr<br />
– schließlich engagieren<br />
sich viele Konzerne<br />
von<br />
BASF bis<br />
Volkswagen längst für politische<br />
Bildung. Der Essener Professor für<br />
Erwachsenenbildung, Klaus Ahlheim,<br />
warnt: „Drittmittel machen<br />
abhängig. Unternehmerisches<br />
Denken greift per se die Grundprinzipien<br />
politischer Bildung<br />
an.“<br />
Nicht marktfähig<br />
Siegfried Schiele hat weniger<br />
Berührungsängste. Doch der<br />
jüngst in den Ruhestand getretene<br />
langjährige Leiter der Landeszentrale<br />
für politische Bildung Baden-<br />
Württemberg kennt auch die<br />
Grenzen: „Politische Bildung ist<br />
kein marktfähiges Produkt“, sagt<br />
er. „Hier und da“ könne man<br />
„schon mal fünftausend Euro<br />
ergattern“. Letztlich sei politische<br />
Bildung aber „eine originäre Verpflichtung<br />
des demokratischen<br />
Staats zum Selbsterhalt“. Außerdem<br />
lockten private Angebote<br />
gerne mit fetzig aufbereiteten<br />
Events. Schiele: „Ich habe nichts<br />
Fortsetzung auf Seite 2<br />
Karikaturen: Plaßmann<br />
Inhalt<br />
Schwerpunkt: Politische Bildung<br />
In Bedrängnis<br />
Ein Gespräch mit dem Bildungsexperten<br />
Theo Länge über die<br />
Zukunft der politischen Bildung.<br />
Seite 3<br />
Kampf gegen Rechts<br />
Die politische Bildung muss an<br />
den Erfahrungen der Teilnehmer<br />
ansetzen. Seite 4<br />
Lästiger Störfaktor<br />
Die Demokratie braucht politische<br />
Bildung. Eine Argumentationshilfe.<br />
Seite 5<br />
Bildungsfinanzierung<br />
Ein Gespräch mit Staatssekretär<br />
Wolf-Michael Catenhusen (SPD)<br />
über die Pläne des Bundesbildungsministeriums.<br />
Seite 8<br />
Klares Votum<br />
Die Leserbefragung zeigt:<br />
„prekär“-Leser wollen die Fortführung<br />
der Weiterbildungszeitung.<br />
Seite 9<br />
Positives Signal<br />
Der neue Tarifvertrag für den<br />
öffentlichen Dienst bringt Vorteile<br />
für Weiterbildner. Seite 11<br />
Kompetenzwirrwarr<br />
Das SGB II ist in Kraft. Was die<br />
neuen Instrumente bringen, bleibt<br />
unklar. Seite 12<br />
Neue Perspektiven<br />
Volkshochschulen könnten zu<br />
pädagogischen Partnern der<br />
Ganztagsschule werden.<br />
Seite 13<br />
www.gew.de
2<br />
Editorial<br />
Schwerpunkt<br />
Liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen,<br />
vielleicht haltet ihr gerade die<br />
letzte Ausgabe der <strong>GEW</strong>-Weiterbildungszeitung<br />
„prekär“ in<br />
den Händen. Der Grund: Bisher<br />
sind Produktion und Vertrieb<br />
der „prekär“ als gemeinsames<br />
Projekt von Hauptvorstand<br />
und Landesverbänden<br />
im Rahmen des Organisationsprozesses<br />
gelaufen – und<br />
finanziert worden. Diese Phase<br />
ist jetzt beendet. Auf dem<br />
Gewerkschaftstag, der vom 23.<br />
bis 27. April in Erfurt stattfindet,<br />
entscheiden die Delegierten,<br />
ob „prekär“ eingestellt<br />
oder in den Aufgaben-Kanon<br />
der <strong>GEW</strong> übernommen wird.<br />
Es gibt viele gute Gründe für<br />
Letzteres. Andererseits muss<br />
Ulf Rödde,<br />
verantwortlicher<br />
Redakteur<br />
von „prekär“<br />
die Organisation politisch<br />
genau abwägen, welche Arbeiten<br />
Priorität haben. Denn eins<br />
steht fest: Das Geld der <strong>GEW</strong>,<br />
die Beiträge der Mitglieder,<br />
lässt sich nicht beliebig vermehren.<br />
Der Projektbeirat und die<br />
Redaktion meinen, dass die<br />
Evaluation des „prekär“-Experiments<br />
für die Delegierten<br />
eine gute Entscheidungsgrundlage<br />
für ein positives Votum<br />
ist. Sie empfehlen dem<br />
Gewerkschaftstag, die Zeitung<br />
weiter zu führen. Auch die<br />
sehr ermutigenden Ergebnisse<br />
der Leserbefragung, für die der<br />
renommierte Hamburger<br />
Kommunikationswissenschaftler<br />
Professor Jürgen Prott verantwortlich<br />
zeichnet (s. Seite<br />
neun), liefern viele Argumente<br />
dafür, mit „prekär“ auch künftig<br />
regelmäßig über den Weiterbildungsbereich<br />
zu berichten.<br />
Bei allen Unwägbarkeiten ist<br />
eins allerdings sicher: Dies<br />
wird das letzte „Editorial“ der<br />
„prekär“-Geschichte. Denn<br />
auch das hat die Befragung<br />
gezeigt: Das „Editorial“ halten<br />
die Leserinnen und Leser für<br />
die Rubrik, auf die man am<br />
ehesten verzichten kann.<br />
Ulf Rödde<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
gegen Konzerte. Aber der politische<br />
Gehalt darf nicht fehlen.“<br />
Zu der finanziellen Krise kommt<br />
spätestens seit den 90er-Jahren<br />
eine weitere: Politische Bildung,<br />
heißt es, müsse sich modernisieren,<br />
marktgängiger und nachfrageorientierter<br />
werden. Der Gießener<br />
Politikwissenschaftler Karsten<br />
Rudolf stellte in seinem „Bericht<br />
politische Bildung 2002“ eine<br />
ganze Reihe provokanter Thesen<br />
auf: Eine politische Bildung, die<br />
nicht „das Klagelied der neoliberalen<br />
Durchkapitalisierung der Gesellschaft“<br />
singe, könne nicht wie<br />
heute nur fünf, sondern bis zu 39<br />
Prozent der Bürger erreichen. Statt<br />
tief schürfender Minderheitenseminare<br />
forderte er aktuelle, konkrete<br />
und das Informationsbedürfnis<br />
befriedigende Angebote: Broschüren,<br />
Bürgertelefone, Infostände.<br />
Der Präsident der Bundeszentrale<br />
für politische Bildung,<br />
Thomas Krüger, ist nicht ganz so<br />
radikal, wird aber auch deutlich:<br />
„Die politische Bildung ist zur<br />
Modernisierung verurteilt.“ Sie<br />
müsse mehr mit modernen Medien<br />
arbeiten und neue – auch<br />
politikferne – Zielgruppen erschließen.<br />
Krüger selbst hat<br />
seit 2000 viel Energie in die Bundeszentrale<br />
gesteckt: unter anderem<br />
in einen attraktiven Online-<br />
Auftritt und in das Jugendmagazin<br />
„fluter“.<br />
Längst ist die Palette der Angebote<br />
breiter als viele meinen. „Wir diskutieren<br />
schon lange nicht mehr<br />
auf der Alm über Parteiendemokratie“,<br />
sagt Schiele. Vor allem jene<br />
Angebote seien erfolgreich, die<br />
Menschen Teilhabe ermöglichen:<br />
beispielsweise die von der Stuttgarter<br />
Landeszentrale unterstützten<br />
Jugendgemeinderäte in all jenen<br />
Gemeinden, in denen sie ernst<br />
genommen und in politische Entscheidungen<br />
einbezogen würden;<br />
politische Stände auf Marktplätzen,<br />
wenn sich politisch Verantwortliche<br />
außerhalb des Wahlkampfs<br />
den Fragen der Menschen<br />
stellten. Für den harten Kern politisch<br />
Interessierter, sagt Schiele,<br />
müssten weiterhin tiefgründige<br />
Angebote gemacht werden: „Das<br />
sind wir ihnen schuldig.“<br />
Kleinteilige Angebote<br />
Auch der stellvertretende Leiter der<br />
niedersächsischen Volkshochschulen,<br />
Jürgen Heinen-Tenrich, konstatiert<br />
eine enorme Veränderung:<br />
„Die großen politischen Themen<br />
sind tot“, sagt er, „aber mit kleinteiligen<br />
Angeboten erreicht man die<br />
Leute doch.“ Also: Statt fünftägiger<br />
Seminare „Lange Abende“ zu<br />
einem Thema, das von verschiedenen<br />
Seiten aufgearbeitet wird.<br />
Erfolg habe alles, sagt Heinen-Tenrich,<br />
was „aktuell, punktuell, verwendungs-<br />
und verwertungsorientiert“<br />
sei. Bedauern schwingt mit:<br />
„Vor zehn Jahren haben wir sokratische<br />
Gespräche angeboten – das ist<br />
heute undenkbar.“<br />
Die Frage, wie die Wirksam- und<br />
Verwertbarkeit politischer Bildung<br />
sichergestellt werden sollen, stellt<br />
sich insbesondere in ihrem vielleicht<br />
wichtigsten Aufgabenfeld:<br />
der Erziehung zur Demokratie<br />
beziehungsweise der Bekämpfung<br />
und Prävention von Antisemitismus<br />
und Rassismus. „Kein<br />
Mensch macht aus Glatzköpfen<br />
mal eben multikulturelle Demokraten“,<br />
sagt Matthias Heyl,<br />
pädagogischer Leiter der Gedenkstätte<br />
Ravensbrück in Brandenburg,<br />
„unsere Arbeit ist nicht<br />
messbar. Aber ist sie deswegen<br />
nicht förderungswürdig?“ Das hat<br />
sich offenbar auch die nordrheinwestfälische<br />
Landesregierung gefragt.<br />
Ihre Antwort: <strong>Im</strong> Februar<br />
2004 strich sie den gesamten Etat<br />
für Gedenkstättenfahrten.<br />
Neue Argumente<br />
Ein irrsinniger Beschluss, findet<br />
Klaus Ahlheim: „Es geht nicht an,<br />
dass die wesentlichsten bildungspolitischen<br />
Anstöße aus den Rechnungshöfen<br />
kommen.“ Um den<br />
Vertretern der politischen Bildung<br />
schlagkräftige Argumente zu liefern,<br />
arbeitet der Essener Professor<br />
deshalb zurzeit an einer Studie zur<br />
Nachhaltigkeit politischer Bildung.<br />
Ahlheim: „Der engagierte politische<br />
Bildner von heute ist nichts<br />
Geringeres als ein dynamischer<br />
Optimist am ständigen Rande der<br />
Resignation. Er braucht unsere<br />
Unterstützung.“<br />
Jeannette Goddar<br />
Kommentar<br />
Werkstätten der Demokratie<br />
Ein Blick in die Realität zeigt:<br />
Politische Bildung ist unverzichtbar.<br />
Arbeitsplätze sind vorrangig,<br />
Sozialhilfe ist wichtig,<br />
die Schulen müssen<br />
dramatische Rückstände aufholen<br />
– viele Prioritäten der Politik<br />
scheinen sonnenklar. Und wer<br />
braucht politische Erwachsenenbildung?<br />
Junge Leute brauchen politische<br />
Erwachsenenbildung: Die<br />
These, junge Leute kämen politisch<br />
gebildet aus der Schule,<br />
ignoriert die Zwänge dieser Institution.<br />
Jüngere nehmen wegen<br />
ihrer Mobilität weniger an der<br />
formellen politischen Erwachsenenbildung<br />
teil – aber sie machen<br />
die Erfahrung, dass die politische<br />
Debatte unter den Bedingungen<br />
einer Bildungsstätte oder<br />
Volkshochschule (VHS) eine<br />
neue Dimension hat. Sie ist dort<br />
offener, differenzierter, weil mehrere<br />
Generationen an der Diskussion<br />
beteiligt sind, näher an der<br />
Realität, weil hier schneller als in<br />
der Richtlinienmaschinerie neue<br />
Fragen, Ergebnisse und Kontroversen<br />
aufgenommen werden<br />
können.<br />
Alte Menschen brauchen politische<br />
Erwachsenenbildung: Die<br />
wachsende Gruppe älterer Teilnehmer<br />
hat besonders viel an Wandel<br />
zu verarbeiten. Und sie trägt zum<br />
Erfahrungstransfer bei: Welche<br />
Erfahrungen mit gesellschaftlichen<br />
Zwängen und Freiheiten haben<br />
die Älteren gemacht, wie wurden<br />
„ Politische<br />
Standpunkt: Bildung muss<br />
Jens Schmidt,<br />
sich heute mehr<br />
„Arbeit und Leben“, Hamburg<br />
denn je Fragen<br />
wie Solidarität, Demokratie und<br />
Verteilung von Ressourcen stellen.<br />
Sie sollte lebendig und erlebnisorientiert<br />
sein und aktuelle<br />
sozialpolitische Fragestellungen wie<br />
Gender Mainstreaming oder interkulturelles<br />
Lernen berücksichtigen.<br />
“<br />
Lebenskrisen bewältigt, welche<br />
Orientierungsmuster für Gesellschaft<br />
und Lebensführung trugen,<br />
welche sind zerbrochen? Diese<br />
Fragen sind in systematische Bildungsangebote<br />
einzubringen, haben<br />
aber auch Raum in Erzählcafés<br />
oder Gesprächen zwischen<br />
den Generationen.<br />
Vereine, Verbände und Bürgerinitiativen<br />
brauchen politische<br />
Erwachsenenbildung: Sie bekommen<br />
ihr Handwerkszeug:<br />
„politisches Management“,<br />
Know-how in Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Rhetorik, das Gespräch<br />
mit Experten und Entscheidungsträgern<br />
in den Einrichtungen<br />
der politischen Bildung, von<br />
denen viele aus sozialen Bewegungen<br />
hervorgegangen sind.<br />
Politiker brauchen politische<br />
Erwachsenenbildung: Politische<br />
Bildung zeigt politische Gestaltbarkeit<br />
auf – die einzige Chance<br />
zur Identifikation mit dem politischen<br />
System. Die Politik<br />
braucht diese Arena auch als Ort<br />
der Vermittlung, als Raum der<br />
Argumentation und Abwägung<br />
von Alternativen, als Chance der<br />
Korrektur von Entscheidungen,<br />
die im „Raumschiff Politik“<br />
getroffen wurden – und auch<br />
weiterhin zur Schulung ihres<br />
Nachwuchses.<br />
Städte und Regionen brauchen<br />
politische Erwachsenenbildung:<br />
Für die Entwicklung der Kommunen<br />
stellen sich zurzeit<br />
schwierige Fragen: Welche Infrastruktur<br />
können wir uns noch<br />
leisten und wo? Wie ist Bürger-<br />
Norbert<br />
Reichling,<br />
Bildungswerk der<br />
Humanistischen<br />
Union<br />
engagement möglich? Wie können<br />
wir neue soziale Ausgrenzungen<br />
vermeiden, wie Zuwanderung<br />
gestalten? Gerade in Städten<br />
und Gemeinden gibt es<br />
große Partizipationsbereitschaft.<br />
Politische Bildung hat die Kompetenz,<br />
solche Abwägungsprozesse<br />
zu moderieren und Wissen<br />
einzubringen.<br />
Die Demokratie braucht politische<br />
Erwachsenenbildung:<br />
Ohne den Unterbau einer informierten<br />
„demokratischen Elite“<br />
kann Demokratie nicht funktionieren.<br />
Die Institutionen der<br />
politischen Bildung stellen einen<br />
Teil der Öffentlichkeit dar,<br />
in der die Entscheidungen der<br />
Politik präsentiert, abgewogen<br />
und korrigiert werden können –<br />
ein Raum der Mitgestaltung.<br />
Dazu gehören politisches Wissen<br />
und eine Debatte über Prioritäten,<br />
an der sich jeder beteiligen<br />
kann. Es wäre schön, wenn<br />
zehn oder 20 Prozent der Bürger<br />
zu dieser Elite gehörten. Jedenfalls<br />
kann sich kein Demokrat<br />
leisten, auf die fünf Prozent zu<br />
verzichten, die wir bisher erreicht<br />
haben – oder will da wer<br />
zurück zur „autoritären Ermächtigungsdemokratie“<br />
der<br />
50er-Jahre?<br />
Norbert Reichling
prekär-Gespräch<br />
„Die Wege zur politischen<br />
Bildung sind weiter geworden“<br />
Der politischen Bildung geht es<br />
finanziell an den Kragen. Doch<br />
sie ist heute wichtiger denn je.<br />
Ein Gespräch mit Theo W. Länge,<br />
Bundesgeschäftsführer von<br />
„Arbeit und Leben“ und Vorsitzender<br />
des Bundesausschusses<br />
Politische Bildung.<br />
prekär: Die Krise der Weiterbildung<br />
hat die politische Bildung<br />
erfasst. Es fehlen überall Mittel.<br />
2004 hat Niedersachsen seine<br />
Landeszentrale für politische<br />
Bildung geschlossen, ein erschreckendes<br />
Signal. Gibt es<br />
auch positive Anzeichen?<br />
Theo Länge: Die Bundeszentrale<br />
für politische Bildung (bpb) hat<br />
angesichts drohender Einschnitte<br />
bereits vor fünf Jahren Strukturveränderungen<br />
in Gang gesetzt.<br />
Sie hat die Entscheidungsstrukturen<br />
vereinfacht und ist mit einer<br />
modernen Marketingstrategie an<br />
die Öffentlichkeit gegangen, die<br />
der staatlichen politischen Bildung<br />
ihr verstaubtes <strong>Im</strong>age<br />
genommen hat. Die bpb bezog<br />
das Internet mehr ein, initiierte<br />
öffentliche Veranstaltungen, die<br />
auf einen breiteren Begriff von<br />
politischer Bildung setzen und<br />
baute ein breites Kooperationsnetz<br />
auf. Dadurch wurde die politische<br />
Bildung wieder beachtet,<br />
auch von der Politik. Von dieser<br />
<strong>Im</strong>agekampagne haben auch die<br />
freien Träger profitiert.<br />
Das Bundesinnenministerium<br />
(BMI) hat 2005 den Förderetat<br />
der bpb von 27,5 auf 25 Millionen<br />
Euro heruntergefahren...<br />
. . . das Problem dabei: Die bpb<br />
entscheidet ja über die Verteilung<br />
dieser Fördermittel. Während die<br />
freien Träger 2003 noch zehn Millionen<br />
aus dem Topf bekamen,<br />
überlässt die bpb uns in diesem<br />
Jahr nur noch etwa 7,8 Millionen.<br />
Das erzeugt große Verunsicherung<br />
bei den Trägern.<br />
Wie will die bpb dieses<br />
Geld unter den freien Trägern<br />
verteilen?<br />
Die bpb hat drei Kriterien vorgeschlagen:<br />
Erstens will sie mehr<br />
bei quersubventionierten Trägern<br />
kürzen, sofern diese Mittel über<br />
andere Einrichtungen bekommen,<br />
die ebenfalls vom BMI<br />
gefördert werden. Zweitens<br />
möchte sie nach Qualitätskriterien<br />
entscheiden. Dazu gehören:<br />
Welche Zielgruppen erreicht der<br />
Anbieter, welche Themen hat er<br />
im Programm, mit welchen<br />
Methoden arbeitet er? Doch nach<br />
welchen Bewertungsmaßstäben<br />
hier letztlich gemessen wird,<br />
bleibt unklar. Drittens sollen die<br />
neuen Länder weitgehend verschont<br />
bleiben, weil die politische<br />
Bildung dort recht schwach<br />
vertreten ist. Die Träger haben<br />
sich nun ohne die bpb versam-<br />
melt, um eigene Strategien zu<br />
entwickeln. Denn in den nächsten<br />
Jahren sind weitere Kürzungen<br />
zu erwarten.<br />
Mit welchen Kürzungen haben<br />
die freien Träger darüber hinaus<br />
zu kämpfen?<br />
Der Kinder- und Jugendplan des<br />
Bundesjugendministeriums sieht<br />
im zweiten Jahr hintereinander<br />
erhebliche Kürzungen für die politische<br />
Jugendbildung vor. Nachdem<br />
die Personalkostenförderung<br />
abgeschafft wurde, gab es 2004<br />
fünf Prozent weniger Mittel als im<br />
Vorjahr, 2005 sind es noch einmal<br />
vier bis sechs Prozent weniger.<br />
Überdies geht es der politischen<br />
Bildung in allen Bundesländern<br />
an den Kragen: In Hamburg wer-<br />
Theo W.<br />
Länge,<br />
Bundesgeschäftsführer<br />
von „Arbeit<br />
und Leben“<br />
den die Weiterbildungstitel bis<br />
2006 um ein Drittel gekürzt,<br />
Mecklenburg-Vorpommern hat<br />
seit 1999 drei Viertel seiner<br />
ursprünglichen Förderung eingestampft,<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
2005 zum zweiten Mal die Zuschüsse<br />
um 15 Prozent gestrichen,<br />
in Brandenburg wurden die Mittel<br />
für die Landeszentrale für Politische<br />
Bildung von 760 000 auf<br />
430 000 Euro gekürzt. Zudem werden<br />
auf Bundesebene Subventionen<br />
abgebaut, davon ist auch die<br />
politische Bildung betroffen. Deshalb<br />
kämpfen wir als Bundesausschuss<br />
Politische Bildung dafür,<br />
dass endlich realisiert wird, was<br />
die Politik proklamiert, nämlich<br />
Bildung und Jugend von Kürzungen<br />
auszunehmen. Wir müssen<br />
begreifen, dass Fördermittel für<br />
die politische Bildung Investitionen<br />
in die Zukunft sind, keine<br />
Subventionen.<br />
Welche Auswirkungen haben<br />
diese Kürzungen auf die Arbeit<br />
der politischen Bildung?<br />
Die Kürzungen treffen ins Mark.<br />
Einige Träger müssen Insolvenz<br />
anmelden. Allmählich merken die<br />
Politiker, dass es ans Eingemachte<br />
geht. Doch auch sie können und<br />
wollen prinzipiell auf politische<br />
Bildung nicht verzichten. Schon<br />
jetzt steht fest: Durch die Kürzungen<br />
steigen die Teilnehmerbeiträge<br />
und die Aufwendungen der Einrichtungen.<br />
Und wenn Jugendliche<br />
70 bis 100 Euro für eine Weiterbildung<br />
zahlen müssen, entscheiden<br />
sie sich eher für CDs<br />
und Computer als für ein Seminar.<br />
Die Folge: Viele Träger verändern<br />
ihr Profil, bieten berufliche<br />
Bildung an oder Themen, die<br />
marktgängig sind. Gesundheitsförderung<br />
oder Rhetorik zum Beispiel.<br />
Grundlegende, fachorientierte<br />
politische Bildung droht auf<br />
der Strecke zu bleiben. Das Profil<br />
der Profession kann sich dabei<br />
erheblich verändern.<br />
In Zeiten knapper Kassen gerät<br />
politische Bildung zunehmend<br />
unter Rechtfertigungszwang.<br />
Wozu brauchen wir sie heute?<br />
Die Gesellschaft hat einen dramatischen<br />
Wandel zu verkraften. Die<br />
radikale Ökonomisierung verunsichert<br />
die Menschen, die Macht<br />
ökonomischer Sachzwänge wirkt<br />
entdemokratisierend und entsolidarisierend.<br />
Das gesellschaftliche<br />
Klima verändert sich, Konkurrenz<br />
und Verteilungsängste verschärfen<br />
sich unter den Bedingungen der<br />
Globalisierung, die Gegensätzlichkeit<br />
der Kulturen schafft neue<br />
Konflikte in der Gesellschaft.<br />
Angesichts dieser Probleme wird<br />
politische Bildung immer wichtiger.<br />
Sie kann dazu beitragen, den<br />
Wandel zu begreifen und mitzugestalten.<br />
Unsere Gesellschaft ist für<br />
viele Menschen kaum noch durchschaubar.<br />
Wer versteht denn noch<br />
die Strukturen und Entscheidungsmechanismen<br />
unseres politischen<br />
Systems? Doch eine Gesellschaft,<br />
in der die Bürger nicht mitreden<br />
können, droht, entdemokratisiert<br />
zu werden. Politische<br />
Bildung hat dabei drei Aufgaben:<br />
Wissen vermitteln, die Urteilsbildung<br />
schärfen, zur Mitwirkung<br />
anregen.<br />
Wie muss politische Bildung<br />
gestrickt sein, um im Medienzeitalter<br />
die actionverwöhnten<br />
Menschen zu erreichen, gerade<br />
aus bildungsfernen Schichten?<br />
Die Wege zur politischen Bildung<br />
sind in unserer komplexen Gesellschaft<br />
weiter geworden. Wir müssen<br />
politische, berufliche und allgemeine<br />
Bildung mehr miteinander<br />
verzahnen, ohne daraus einen<br />
Einheitsbrei zu machen. Oft finden<br />
wir erst auf Umwegen einen<br />
Zugang zu den Menschen. Die<br />
Kunst besteht darin, sich für andere<br />
Weiterbildungsbereiche zu öffnen,<br />
ohne den grundlegenden<br />
Auftrag aus den Augen zu verlieren.<br />
Wie könnte das aussehen?<br />
In Bayern beispielsweise bietet<br />
Arbeit und Leben ein drejähriges<br />
Weiterbildungsprojekt zum<br />
Thema „Netprofession“ an. Über<br />
die Arbeit mit neuen Medien,<br />
mit Internet und Fernsehen,<br />
schaffen wir es, Jugendliche für<br />
Politik zu begeistern. Die jungen<br />
Menschen lernen, wie sie Sendungen<br />
vorbereiten, Stücke<br />
schneiden, Sachverhalte darstellen<br />
können. Sie wählen die Themen<br />
selbst aus – von Drogenpolitik<br />
bis zum Ausbildungsplatz-<br />
mangel – und setzen sich in<br />
ihren Medienbeiträgen kritisch<br />
mit ihnen auseinander – ein Akt<br />
der politischen Bildung. Ein<br />
anderes Beispiel<br />
gibt es in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Dort machen<br />
wir auf<br />
Anregung von JugendlichenÜberlebenstrainings,<br />
obwohl das<br />
eigentlich gar<br />
nicht zu unseren<br />
Aufgaben gehört.<br />
Das Projekt ist<br />
sehr erfolgreich,<br />
denn auf diesem<br />
Weg kommen wir Vassiliki Zisi,<br />
mit den Jugendlichen<br />
zu grundlegendenDiskussionen:<br />
Warum<br />
wollt ihr so ein<br />
Überlebenstraining,<br />
wogegen<br />
müsst ihr euch<br />
verteidigen, wie<br />
fühlt ihr euch in<br />
eurer Stadt, in<br />
eurer Umgebung?<br />
Natürlich muss<br />
die politische Bildung<br />
auch die<br />
ohnehin Aktiven<br />
berücksichtigen.<br />
Indem sie etwa<br />
Seminare zu Themen<br />
wie Zukunft<br />
der Arbeit, soziale<br />
Sicherheit oder<br />
Zusammenleben<br />
in einer Zuwanderungsgesellschaft<br />
anbietet.<br />
Aktuelle Studien<br />
zeigen: Das Interesse<br />
junger<br />
Menschen an Politik hat eher<br />
zu- als abgenommen. Ebenso<br />
ihre Bereitschaft zum Engagement.<br />
Doch sie gehen lieber zu<br />
Initiativen wie attac als zu<br />
staatlichen Institutionen und<br />
Parteien. Nicht Politik- sondern<br />
Parteienverdrossenheit scheint<br />
das Thema zu sein.<br />
In der Tat ist das Vertrauen der<br />
Bürger in die Politik zur Zeit nicht<br />
eben groß. Das schlechte <strong>Im</strong>age<br />
färbt auf die politische Bildung<br />
ab. Gerade deshalb müssen wir<br />
die Menschen durch Aktivitäten<br />
vor Ort gewinnen. Indem wir<br />
beispielsweise politische Gestaltungsmöglichkeiten<br />
in der Stadt<br />
thematisieren, Verkehrsplanung<br />
etwa oder Kinderbetreuung. So<br />
wird Politik anschaulich und<br />
erfahrbar. Dafür bräuchten wir<br />
Fördersysteme, die uns mehr<br />
Spielraum geben. Ob das erreichbar<br />
ist, wissen wir nicht. Wir arbeiten<br />
daran.<br />
Das Gespräch führte Anja Dilk.<br />
Schwerpunkt<br />
„<br />
Standpunkt:<br />
Auszubildende beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />
Politische Bildung<br />
sollte unser<br />
politisches System<br />
erklären und zeigen,<br />
was man verbessern<br />
könnte.Wenn ich<br />
verstehen würde,<br />
wie unser System<br />
funktioniert, würde<br />
mich Politik mehr<br />
interessieren.<br />
“<br />
Lesetipp<br />
Die Publikation „Praxis Politische<br />
Bildung – Materialien,Analysen,<br />
Diskussionen“ erscheint viermal<br />
jährlich im Juventa Verlag. Herausgegeben<br />
wird die Fachzeitschrift<br />
vom Bundesausschuss Politische<br />
Bildung.Themenschwerpunkte der<br />
vergangenen Ausgaben waren:<br />
● 01/2004:<br />
Was ist politische Bildung wert?<br />
● 04/2004:<br />
Was ist der Politik politische<br />
Bildung wert (Teil I)?<br />
● 01/2005:<br />
Was ist der Politik politische<br />
Bildung wert (Teil II)?<br />
Bezug über:<br />
Juventa Verlag GmbH<br />
Ehretstraße 3<br />
69469 Weinheim<br />
Tel.: 0 62 01/90 20-0<br />
Mail: juventa@juventa.de<br />
www.juventa.de<br />
3
4<br />
Schwerpunkt<br />
„<br />
Klaus Tovar,<br />
Leiter SPD-Parteischule<br />
Standpunkt:<br />
Wenn ich mich<br />
politisch bilde, will<br />
ich einen freudvollen<br />
Lernprozess erleben,<br />
Wissensvorsprünge,<br />
Erkenntniszuwachs<br />
und neue Möglichkeiten<br />
gewinnen.<br />
Politische Bildung<br />
sollte Werte und<br />
Haltungen thematisieren<br />
und Partei<br />
für die Demokratie<br />
ergreifen.<br />
“<br />
Rechtsextremismus<br />
Keine Selbstbilder zementieren<br />
<strong>Im</strong> Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
spielt die politische Bildung<br />
eine wichtige Rolle. Sie kann<br />
nur erfolgreich sein, wenn sie<br />
an den Erfahrungen der Teilnehmer<br />
ansetzt.<br />
Wenn rechtsextreme<br />
Parteien bei Landtagswahlenüberdurchschnittlich<br />
viele Stimmen<br />
bekommen, wie jüngst in Teilen<br />
Sachsens mit 20 Prozent, ertönt<br />
der Ruf nach der politischen Bildung.<br />
Häufig folgt der Vorwurf,<br />
die politische Bildung habe versagt.<br />
Selten wird gefragt, ob die<br />
Wahlergebnisse nicht auch Ausdruck<br />
gesellschaftlicher Veränderungen<br />
und Folge neuer Strategien<br />
rechtsextremer Parteien<br />
sind. Wie die der NPD Sachsen,<br />
die sich auf die Entwicklung<br />
einer rechtsextremen und antidemokratischen<br />
Kultur in bestimmten<br />
Regionen konzentrierte, auf<br />
Gewalttaten verzichtete, Biedermänner<br />
einband und<br />
damit höchst erfolgreich<br />
war. Selten wird<br />
dem Einstellungswandel<br />
in der Bevölkerung,<br />
den fremdenfeindlichenVorurtei-<br />
Evaluationsstudie<br />
Startschuss für Diskussionen<br />
<strong>Im</strong> Auftrag von<br />
Bundesjugend- und<br />
Bundesbildungsministerium<br />
ist die<br />
politische JugendundErwachsenenbildung<br />
in Deutschland<br />
erstmals evaluiert<br />
worden. Die<br />
Ergebnisse liefern<br />
eine solide Basis für<br />
Debatten über die<br />
Perspektiven der<br />
politischen Bildungsarbeit.<br />
Wenn man<br />
nach der<br />
Wertschätzung<br />
politischer<br />
Bildung fragt, geben<br />
weniger die offiziellen<br />
Statements, die<br />
stets die öffentliche<br />
Verantwortung betonen,<br />
als vielmehr der<br />
faktische Rückbau<br />
der politischen Bildung<br />
Auskunft. Derzeit<br />
machen der<br />
Jugend- und Erwachsenenbildungförderungspolitische<br />
Restriktionen zu schaffen<br />
(siehe Interview Seite drei). In<br />
einer solchen Lage entdeckt die<br />
Politik gern einen Klärungsbedarf<br />
eigener Art: Sie lässt evaluieren.<br />
Das heißt, sie lässt den Betrieb<br />
len und seinen Ursachen auf den<br />
Grund gegangen.<br />
Rechtsextreme und antidemokratische<br />
Einstellungen dürfen in der<br />
politischen Debatte weder legitimiert<br />
noch verharmlost werden;<br />
notwendig ist die Auseinandersetzung<br />
mit den strukturellen Ursachen.<br />
Dies gilt gleichermaßen für<br />
staatliche Stellen und Parteien<br />
wie für gesellschaftliche Organisationen.<br />
Aufgabe der politischen<br />
Bildung, verstanden als Förderung<br />
des demokratischen Bewusstseins,<br />
ist es, gemeinsam mit<br />
anderen Bildungsbereichen, Menschen<br />
anzuregen, aktiv am politischen<br />
Leben teilzunehmen. Dieser<br />
Auftrag ist letztlich nur zu<br />
erfüllen, wenn er parteiisch umgesetzt<br />
wird: Indem er die Menschen-<br />
und Minderheitenrechte<br />
sowie die Grundwerte unserer<br />
Verfassung unterstützt.<br />
Angesichts der Zunahme rechtsextremer<br />
Einstellungen scheint es<br />
zumindest fraglich, ob die vorhandenen<br />
Konzeptionen und<br />
pädagogischen Programme der<br />
politischen Bildung zur Bekämpfung<br />
des Rechtsextremismus zwei<br />
Herausforderungen hinreichend<br />
wahrnehmen: Erstens die gesellschaftlichen<br />
Bedingungen und<br />
von externer, wissenschaftlicher<br />
Seite systematisch aus- und<br />
bewerten – neben seinem Berichts-<br />
und Auswertungswesen,<br />
neben der laufenden organisatorischen<br />
und pädagogischen<br />
Selbstreflexion.<br />
Zwei Evaluationen<br />
Die Evaluation der politischen<br />
Jugend- und Erwachsenenbildung<br />
haben auf Bundesebene zwei wissenschaftliche<br />
Teams vorgenommen.<br />
<strong>Im</strong> Auftrag des Bundesjugendministeriums<br />
untersuchte ein<br />
Team unter Leitung von Achim<br />
Schröder, Professor für Kulturpädagogik<br />
und Jugendarbeit an<br />
der Fachhochschule Darmstadt,<br />
die Jugendbildung. Lothar Böhnisch,<br />
Professor für Sozialisation<br />
der Lebensalter an der Technischen<br />
Universität Dresden, und<br />
seine Mitarbeiter evaluierten im<br />
Auftrag des Bundesbildungsministeriums<br />
die Erwachsenendbildung.<br />
Start für Diskussion<br />
Der groß angelegte Prozess endete<br />
im Dezember 2004. Der Abschluss<br />
hatte den Charakter eines<br />
Startschusses: Jetzt kann über<br />
Sachstand, Leistungsfähigkeit und<br />
Perspektiven der Bildungsarbeit<br />
auf einer verlässlichen, detaillierten<br />
Materialbasis diskutiert werden.<br />
Darin waren sich die Exper-<br />
Ursachen des Rechtsextremismus,<br />
zweitens die mit der Einwanderungsgesellschaft<br />
verbundenen<br />
Konfliktfelder. Die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer der außerschulischen<br />
Demokratiebildung<br />
bringen eigene gesellschaftliche<br />
Erfahrungen und oft verfestigte<br />
politische Orientierungen mit.<br />
Eine Pädagogik, die diese Erfahrungen<br />
ignoriert, wird allenfalls<br />
Daten und Fakten zur Zementierung<br />
der Selbst- und Fremdbilder<br />
beitragen.<br />
An Erfahrungen ansetzen<br />
Notwendig ist es, die pädagogischen<br />
Prozesse als Prozesse zur<br />
Selbstbildung zu verstehen – egal,<br />
ob es um Menschenrechtspädagogik,<br />
interkulturelle Bildung oder<br />
Diversity-Trainings geht. Die politische<br />
Bildung muss an der Erfahrung<br />
der Teilnehmer ansetzen und<br />
sich mit ihnen über die Wertmaßstäbe<br />
des Grundgesetzes und der<br />
Gesellschaft auseinandersetzen.<br />
Politische Bildung hat auch die<br />
Aufgabe, die Partizipationsmöglichkeiten<br />
von Minderheiten zu<br />
verbessern, indem sie die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer in die<br />
Lage versetzt, ihre Interessen zu<br />
artikulieren und Strategien zur<br />
ten aus Politik, Wissenschaft und<br />
Bildungspraxis einig – trotz einzelner<br />
Anfragen zu Methoden<br />
und Interpretationen der Erhebung.<br />
Die drei wichtigsten Ergebnisse:<br />
● <strong>Im</strong> außerschulischen Bereich<br />
mit seinen zahlreichen gesellschaftlichen<br />
Organisationen und<br />
Initiativen – vom großen, bundeszentralen<br />
Bildungswerk bis zum<br />
lokalen Ein-Mann-Betrieb – ist<br />
eine breite Infrastruktur mit<br />
einem pluralen und vielschichtigen<br />
Angebot entstanden. Das ist<br />
ein eindeutiges Plus für den deutschen<br />
Bildungsstandort. Das breit<br />
gefächerte Angebot trifft dabei auf<br />
große Nachfrage, muss sich aber<br />
weiter flexibilisieren.<br />
● Bei den hauptamtlichen pädagogischen<br />
Mitarbeiterinnen und<br />
Eine Kurzfassung des Berichts zur<br />
Jugendbildung wurde in Praxis<br />
Politische Bildung 1/04, zur Erwachsenenbildung<br />
in Praxis Politische<br />
Bildung 1/05 veröffentlicht.<br />
Literatur<br />
Schröder,Achim und andere:<br />
Politische Jugendbildung auf dem<br />
Prüfstand – Ergebnisse einer<br />
bundesweiten Evaluation.<br />
Juventa Verlag.Weinheim u.a.<br />
2004. 232 Seiten.<br />
18,– Euro. (im Buchhandel)<br />
politischen Teilhabe zu entwickeln.<br />
Um in der Bildungspraxis<br />
entsprechende Grundlagen zu verankern,<br />
müssen die Lehrkräfte<br />
nachhaltig aus- und weitergebildet<br />
und begleitet werden.<br />
Strategisch einbetten<br />
Auch kurzzeitpädagogische Maßnahmen<br />
der politischen Bildung<br />
und die dort gewonnenen Erfahrungen<br />
und Anregungen lassen<br />
sich für die Auseinandersetzung<br />
mit dem Rechtsextremismus nutzen.<br />
Politische Bildung stößt dort<br />
an ihre Grenzen, wo Ausgrenzung<br />
und Rassismus toleriert werden<br />
sowie politisches und gesellschaftliches<br />
Handeln gegen rechtsextreme<br />
Gewalt fehlen. Politische Bildung<br />
muss daher eingebettet sein<br />
in eine Strategie, die darauf<br />
abzielt, Menschen unabhängig<br />
von sozialer und ethnischer Herkunft,<br />
Hautfarbe, Religion, Behinderung,<br />
Geschlecht, Alter und<br />
sexueller Identität als gleichberechtigt<br />
anzuerkennen.<br />
Volker Roßocha, DGB-Bundesvorstand,<br />
Referat Migrationspolitik, AG Rechtsextremismus<br />
Weitere Infos:<br />
Schwerpunkt Rechtsextremismus<br />
in der März-Ausgabe der „Erziehung<br />
und Wissenschaft“<br />
Mitarbeitern in der politischen<br />
Jugend- und Erwachsenenbildung<br />
hat sich ein professionelles<br />
Profil herausgebildet, das über<br />
die unterrichtende Tätigkeit weit<br />
hinausgeht und Planung, Konzeptbildung,<br />
Bildungsberatung,<br />
Marketing, Vernetzung einbezieht.<br />
Dieses breite Kompetenzspektrum<br />
ist ein wichtiges Element<br />
der Infrastruktur und muss<br />
durch eine zielgerichtete Förderungspolitik<br />
sichergestellt werden.<br />
● Eine besondere Stärke des<br />
außerschulischen Bildungssektors<br />
besteht darin, dass er sich konsequent<br />
um Innovationen bemüht.<br />
Er fungiert als Experimentierort<br />
für das gesamte Bildungssystem.<br />
„Die außerschulische politische<br />
Bildung nimmt“, so heißt es im<br />
Abschlussbericht zur Jugendbildung,<br />
„eine Vorreiterrolle in der<br />
Entwicklung neuer Lernformen<br />
und Methoden ein.“<br />
Jetzt kommt es darauf an, dass<br />
sich die pädagogischen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter in den<br />
weiteren Diskussionsprozess einschalten.<br />
Denn die Interpretation<br />
der Ergebnisse bedarf gerade der<br />
Erfahrung derjenigen, die die Arbeit<br />
in der Praxis leisten.<br />
Johannes Schillo,<br />
Redakteur der vom Bundesausschuss Politische<br />
Bildung (bap) herausgegebenen Fachzeitschrift<br />
Praxis Politische Bildung
Gegen politische Bildung werden<br />
mit wachsender Vehemenz<br />
Argumente ins Feld geführt. Denn<br />
die Wirtschaft setzt lieber auf<br />
schnell qualifizierte Menschen,<br />
statt am Grundsätzlichen zu<br />
kratzen. Doch die Demokratie<br />
braucht politische Bildung.<br />
Eine Argumentationshilfe.<br />
Wer sich heute für den<br />
Fortbestand oder aberwitziger<br />
Weise gar für<br />
den Ausbau der politischen Bildung<br />
– gemeint ist die außerschulische<br />
Jugend- und Erwachsenenbildung<br />
– engagiert, dem schlägt ein<br />
Wind von Widersprüchen ins<br />
Gesicht. Mit wachsender Vehemenz<br />
wird eine Reihe von Argumenten<br />
gegen die politische Bildung ins<br />
Feld geführt. Sie lassen sich leicht<br />
widerlegen. Sieben Vorwürfe, sieben<br />
Entgegnungen.<br />
1. Politische Bildung in Deutschland<br />
hat ihre Wurzeln in der<br />
Nachkriegszeit.Als „Reeducation“<br />
war sie einst notwendig,<br />
doch heute sind die Deutschen<br />
gute Demokraten.<br />
Es stimmt, die Nachkriegszeit ist<br />
vorbei und Deutschland ist eine<br />
etablierte Demokratie. Aber diejenigen,<br />
die nachwachsen, sollten auch<br />
überzeugte Demokraten sein. Das<br />
wird man nicht durch Geburt.<br />
„Demokratie ist die einzige Staatsform,<br />
die gelernt werden muss“<br />
(Oskar Negt). Politische Bildung<br />
bietet hierzu die Möglichkeit – in<br />
Diktaturen gibt es diese Möglichkeit<br />
nicht.<br />
2. Politische Bildung ist langweilig<br />
und erreicht die Menschen<br />
einer „Erlebnisgesellschaft“<br />
nicht.<br />
Langweilig? In der politischen Bildung<br />
werden Entwicklungstendenzen<br />
von Staat und Gesellschaft dargestellt.<br />
Bewertet wird das Ausmaß<br />
oder die Begrenzung von Freiheit<br />
und Gerechtigkeit in Entscheidungen<br />
der Tagespolitik und in aktuellen<br />
Situationen. Analysiert werden<br />
Sozialdaten, beispielsweise die Bevölkerungsentwicklung<br />
oder das<br />
Verhältnis von Armut und Reichtum<br />
in der Bundesrepublik oder<br />
der gesamten Welt. Erhellt werden<br />
Schlagworte wie Globalisierung,<br />
Mediengesellschaft oder Gender-<br />
Mainstreaming. Gefragt wird danach,<br />
wer im Staat und in der<br />
Gesellschaft mächtig oder ohnmächtig<br />
ist. Problematisiert wird,<br />
ob das alles mit den Grundsätzen<br />
einer Demokratie zu vereinbaren<br />
ist. Diskutiert wird mit spannenden<br />
Menschen, die mit ihren Thesen<br />
für Aufsehen gesorgt haben. Erinnert<br />
wird, wenn Zeitzeugen – etwa<br />
ehemalige Insassen von Konzentrationslagern<br />
– zu Wort kommen.<br />
Gewarnt wird vor Hass, Intoleranz,<br />
Diskriminierung und Menschenverachtung.<br />
Geübt wird Zivilcourage,<br />
gehandelt wird in Initiativen,<br />
die sich um die Geschichte eines<br />
Ortes kümmern, den Erhalt einer<br />
Wohngegend oder die Zukunft<br />
ihrer Stadt sichern wollen. Dabei ist<br />
in der politischen Bildung eine<br />
Fülle von kreativen Lern- und<br />
Arbeitsmethoden entwickelt worden.<br />
Allerdings: Politische Bildung<br />
ist kein Teil der „Spaßgesellschaft“<br />
– Humor kann eine große Rolle bei<br />
der politischen Bildung spielen,<br />
aber es geht auch um sehr ernste<br />
Themen, zum Beispiel um Lebensund<br />
Überlebensfragen, um Krieg<br />
und Frieden.<br />
3. Politische Bildung will<br />
missionieren.<br />
Trotz hartnäckigen Wiederholens<br />
bleibt dieser Vorwurf unsinnig.<br />
Denn welcher halbwegs vernünftige<br />
Mensch lässt sich allen Ernstes in<br />
seiner knapp bemessenen Freizeit<br />
missionieren, mit geistiger Gewalt<br />
auf eine Linie bringen, gar agitieren?<br />
Dieses Zerrbild vom eifernden<br />
und geifernden, larmoyanten und<br />
arroganten, bekennerischen und<br />
besserwisserischen Missionar in der<br />
politischen Bildung ist weder empirisch<br />
belegt noch lernpsychologisch<br />
plausibel. Zu Recht hat es der Hannoveraner<br />
Erwachsenenbildner<br />
Horst Siebert auf die Formel<br />
gebracht „Erwachsene sind lernfähig,<br />
aber unbelehrbar“. Zunächst<br />
halten sie an gewohnten Bildern<br />
fest. Und wer zur politischen Bildung<br />
kommt, der will sich bilden<br />
und nicht überrumpeln lassen.<br />
4. Die Massenmedien bieten eine<br />
Fülle von Informationen. Sie<br />
sind zudem aktuell. Hier kann<br />
sich jeder politisch bilden.<br />
Umgekehrt wird ein Schuh daraus:<br />
Bei der Fülle der Informationen<br />
stehen unterschiedslos Wichtiges<br />
und Banales nebeneinander, Spektakuläres<br />
beherrscht die Schlagzeilen.<br />
Rasche Bilder, schnelle Schnitte<br />
und 30-Sekunden-Statements<br />
reduzieren, verzerren, trivialisieren<br />
die Mitteilungen. Die Welt wird<br />
zwar bunt, aber auch beliebig – sie<br />
zerfällt in Info-Scherben. Hinter<br />
ihnen stehen Konkurrenz- und Profitinteressen<br />
der herrschenden Medienkonzerne.<br />
Politische Bildung<br />
aber nimmt sich Zeit, hilft die<br />
Informationen zu filtern, zu sortieren,<br />
in Zusammenhänge zu bringen<br />
und kritisch einzuordnen. Information<br />
wird zu Wissen und aus<br />
ihr wird Bildung.<br />
5. Politische Bildung erreicht nur<br />
eine kleine Minderheit der<br />
erwachsenen Menschen.<br />
Es ist eine Legende, dass die Politische<br />
Bildung nur eine kleine Minderheit<br />
der Bevölkerung erreicht.<br />
Die Zahl ist nur deswegen klein,<br />
weil sie verglichen wird mit anderen<br />
Weiterbildungsbereichen (Sprachen,<br />
Gesundheit, Computerlernen).<br />
Absolut gesehen besuchen<br />
jährlich ungefähr 2,4 Millionen<br />
Erwachsene in ihrer Freizeit Veranstaltungen<br />
zur politischen Bildung<br />
– das sind mehr, als es Parteimitglieder<br />
in Deutschland gibt (ca. 1,6<br />
Millionen). Allein in Nordrhein-<br />
Westfalen nehmen jährlich zwischen<br />
700 000 und 750 000 Erwachsene<br />
die diversen Angebote von<br />
Volkshochschulen, Bildungsstätten,<br />
Bildungswerken oder Akademien<br />
wahr. So viele Menschen begeben<br />
sich abends oder an den Wochenenden<br />
in die Kurse und Seminare,<br />
hören bei Vorträgen zu, verfolgen<br />
Podiumsdiskussionen, sind<br />
bei Studienfahrten und Exkursionen<br />
dabei oder engagieren sich in<br />
Workshops.<br />
6. Der Nutzen von politischer<br />
Bildung ist zweifelhaft.<br />
Der Nutzen von Bildung ist nicht<br />
unmittelbar sichtbar. Abgefragt<br />
werden kann er sowieso nicht,<br />
dafür sind die Lernwege erwachsener<br />
Menschen viel zu verschlungen.<br />
Sie haben eine Vorgeschichte,<br />
die hineinspielt, eventuell aufgearbeitet<br />
und an einigen Punkten korrigiert<br />
werden muss. Die eine<br />
Erfahrung verschränkt sich mit<br />
einer neuen, möglicherweise durch<br />
ein Bildungserlebnis ausgelöste.<br />
Dann muss der eigene Standpunkt,<br />
das Menschenbild oder Politikverständnis<br />
unter Umständen korrigiert<br />
werden. Solche Prozesse dauern<br />
und vollziehen sich eher beiläufig,<br />
Schritt für Schritt. Unter Umständen<br />
tritt eine Wirkung viel<br />
später nach dem Anlass ein. So<br />
gesehen ist zu bezweifeln, ob es<br />
überhaupt möglich sein kann, die<br />
Wirkung einer politischen Bil-<br />
Gewitterstimmung:<br />
die politische Bildung<br />
unter Beschuss<br />
Essay<br />
Lästiger Störfaktor<br />
dungsveranstaltung kausal zu rekonstruieren,<br />
geschweige denn zu<br />
prognostizieren.<br />
7. Politische Bildung ist teuer.<br />
Zu teuer.<br />
Ein Kontrast: „Elf Millionen Euro<br />
Grundgehalt, Bonus, Aktienrechte<br />
und Optionen kassierte Ackermann<br />
im vergangenen Jahr“<br />
(2003, Manager Magazin).<br />
<strong>Im</strong> selben Jahr<br />
beliefen sich die Gesamtausgaben<br />
der Landeszentrale<br />
für politische<br />
Bildung Nordrhein-Westfalen<br />
– einer<br />
im Vergleich mit anderen<br />
großzügig ausgestatteten<br />
Landeszentrale –<br />
auf 7,3 Millionen Euro.<br />
Natürlich hinkt der<br />
direkte Vergleich der<br />
Tantiemen des Chefs<br />
der Deutschen Bank Willi Rehfeld,<br />
mit den Zuwendungen<br />
einer Landeszentrale für<br />
politische Bildung, aber<br />
dennoch sagt er Einiges<br />
aus über die Wertigkeiten<br />
in dieser Gesellschaft.<br />
Absurd ist der<br />
Zahlenfetischismus allemal,<br />
denn größer als die<br />
Investitionen in Bildung<br />
sind die Kosten<br />
für Sozialbetreuung,<br />
Schuldenberatung, Bewährungshilfe<br />
und Gefängnisse.<br />
Warum ist die politische<br />
Bildung so in<br />
Rechtfertigungszwänge<br />
geraten, obwohl sie<br />
doch gute Argumente<br />
hat? Vielleicht deswegen:<br />
Der Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland<br />
fordert die permanente<br />
Qualifizierung des<br />
„Humankapitals“, will<br />
flexible und cool auftretende„Ich-Unternehmer“.<br />
Bildung dagegen<br />
will die Mündigkeit, Autonomie<br />
und Empathie<br />
der Menschen. Bildung ist langwierig,<br />
sie geht indirekte Wege, sucht,<br />
macht nachdenklich, geht ans<br />
Grundsätzliche. Bildung hindert<br />
am flotten Konsum. Die Demokratie<br />
braucht politische Bildung, die<br />
Wirtschaft eher nicht. Da eine<br />
betriebswirtschaftliche Total-Ideologie<br />
wie Mehltau über dem Land<br />
liegt, stört politische Bildung.<br />
Klaus-Peter Hufer<br />
Schwerpunkt<br />
Standpunkt:<br />
Dialog Bildungswerk„<br />
Bleistiftzeichnung: Dialog<br />
Politische Bildung<br />
sollte Menschen zur<br />
Beteiligung an der<br />
Gesellschaft ermutigen<br />
und befähigen.Wir<br />
dürfen Entscheidungen<br />
nicht Lobbyisten und<br />
Verbänden überlassen.<br />
Um Einfluss nehmen<br />
und uns auch ungefragt<br />
einmischen zu<br />
können, müssen wir<br />
analysieren lernen und<br />
verstehen, wie Macht<br />
funktioniert.<br />
“<br />
5
6<br />
Aus Bund und Ländern<br />
Fortbildungen in<br />
Alphabetisierung<br />
Unter der Überschrift „Lesen und<br />
Schreiben lehren und lernen<br />
unter erschwerten Bedingungen“<br />
bietet der Verein Kreisel eine<br />
Fortbildung mit Peter Hubertus,<br />
Geschäftsführer des Bundesverbands<br />
Alphabetisierung, an.<br />
Hamburg: Fr./Sa. 27./28. 05.<br />
Kontakt: Kreisel<br />
Tel.: 0 40/38 61 23 71<br />
Fortbildung@KreiselHH.de<br />
Eine Fortbildung zum Thema<br />
„Neues von der Schriftsprache?<br />
Schreibenlernen und Rechtschreibung<br />
in der Alphabetisierung“<br />
bietet der Landesverband<br />
der Volkshochschulen Niedersachsen<br />
an. Geleitet wird der Kurs<br />
von Andreas Klepp und Bernd<br />
Müller.<br />
Hannover: Fr., 15. 04. – Sa.,16. 04.<br />
Kontakt: Landesverband<br />
der Volkshochschulen Niedersachsen<br />
Tel.: 05 11/34 84 10<br />
info@vhs-nds.de<br />
„Einführung in die Alphabetisierung“<br />
ist das Thema einer zweiteiligen<br />
Fortbildung mit Peter<br />
Hubertus, Geschäftsführer des<br />
Bundesverbands Alphabetisierung,<br />
die das hvv-Institut des<br />
Hessischen Volkshochschulverbands<br />
anbietet. Sie richtet sich an<br />
Kursleiterinnen und Kursleiter,<br />
die in diesem Bereich tätig sind<br />
oder werden wollen.<br />
Fulda: Fr./Sa., 22./23. 04. und<br />
Fr./Sa., 20./21. 05.<br />
Kontakt:<br />
hvv-Institut des Hessischen<br />
Volkshochschulverbands<br />
Tel.: 069/5 60 00 80<br />
schlereth@vhs-in-hessen.de<br />
oder<br />
Thüringer<br />
Volkshochschulverband<br />
Tel.: 0 36 41/62 09 03<br />
Angelika.mede@vhs-th.de<br />
Gewerkschaftstag in Erfurt<br />
Auf dem <strong>GEW</strong>-Gewerkschaftstag Ende April fallen<br />
wichtige Entscheidungen für den Vorstandsbereich<br />
Berufliche Bildung und Weiterbildung in den kommenden<br />
Jahren.<br />
„Bildung in Europa. Bildung für die Welt“ – unter diesem<br />
Leitthema findet vom 23. bis 27. April 2005 in der<br />
Messe Erfurt der 25. Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> statt.<br />
Hier werden auch für die Weiterbildung personell,<br />
finanziell und inhaltlich die Weichen für die nächsten<br />
Jahre gestellt.<br />
Als Leiterin des Vorstandsbereichs Berufliche Bildung<br />
und Weiterbildung und damit Nachfolgerin von Ursula<br />
Herdt, die nach acht Jahren nicht mehr für dieses Amt<br />
kandidiert, ist Stephanie Odenwald vorgeschlagen worden.<br />
Odenwald ist Vorsitzende des <strong>GEW</strong>-Landesverbands<br />
Hamburg. Als Nachfolger von Eva-Maria Stange,<br />
die nach zwei Legislaturperioden aus persönlichen Gründen<br />
nicht mehr für den Vorsitz der <strong>GEW</strong> zur Verfügung<br />
steht, kandidiert Ulrich Thöne, Vorsitzender des Landesverbands<br />
Berlin.<br />
Der Vorstandsbereich, die Bundesfachgruppe Erwachsenenbildung<br />
und andere Antragssteller haben mehrere<br />
Anträge an den Gewerkschaftstag gerichtet, die den<br />
Bereich der Weiterbildung betreffen. Das Themenspektrum<br />
reicht von den Hartz-Gesetzen über Ein-<br />
Euro-Jobs und Tarifregelungen von Projektarbeit bis zu<br />
Forderungen an die Weiterbildungspolitik des Bunds.<br />
Anträge, die über verschiedene Bildungsbereiche greifen,<br />
liegen unter anderem mit dem Bildungspolitischen<br />
Reformkonzept und dem Antrag zur Bildungsfinanzierung<br />
vor (s. „Erziehung und Wissenschaft“ 4/2005).<br />
Für die Weiterführung der „prekär“ und der Hotline für<br />
Honorarlehrkräfte im Rahmen des Prozesses der Organisationsentwicklung<br />
(OE) sprechen sich unter anderem<br />
der Landesverband Rheinland-Pfalz und die Bundesfachgruppe<br />
Erwachsenenbildung aus. Die <strong>GEW</strong> hat<br />
eine Leserbefragung zur „prekär“ in Auftrag gegeben,<br />
die Ergebnisse liegen bereits vor (siehe Bericht Seite<br />
neun). Die Entscheidung über die Fortführung der Projekte<br />
wird mit zwei Anträgen des Hauptvorstands fallen,<br />
die die Fortführung der Weiterbildungs-Projekte<br />
„prekär“ und Hotline in veränderter Form vorschlagen,<br />
gleichzeitig aber auch die Halbierung der bisherigen<br />
OE-Mittel vorsehen. Torsten Fust<br />
Weitere Informationen und alle Anträge an den<br />
Gewerkschaftstag sind zu finden unter:<br />
www.gew.de/Gewerkschaftstag_2005.html<br />
Dozentenvertretungen anerkennen<br />
Die Arbeitsgemeinschaft der Dozentenvertretungen<br />
fordert mehr Engagement vom Bayerischen<br />
Volkshochschulverband.<br />
Die Arbeitsgemeinschaft der Dozentenvertretungen<br />
an bayerischen Volkshochschulen hat dem<br />
neuen Vorsitzenden des Bayerischen Volkshochschulverbands<br />
(BVV), Karl-Heinz Eisfeld, vorgeschlagen,<br />
den knapp 220 Volkshochschulen in<br />
Bayern die Anerkennung von Dozentenvertretungen<br />
zu empfehlen.<br />
Der BVV solle auf Landesebene selbst dafür sorgen,<br />
dass über Honorare und Sozialversicherung für freiberufliche Dozentinnen<br />
und Dozenten ernsthaft verhandelt wird. Wenn der Verband so sehr auf<br />
Qualitätsmanagement in der öffentlichen Erwachsenenbildung setze, müsse<br />
er an einer Aufwertung von Einkommen, sozialer Sicherheit und Mitbestimmung<br />
der Lehrkräfte interessiert sein.<br />
<strong>Im</strong> Gespräch mit Gisela Gildemeister, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft,<br />
versicherten Eisfeld und Verbandsdirektor Wilhelm F. Lang, die Forderungen<br />
im Vorstand zu behandeln und für einen Ausbau der Zusammenarbeit zu<br />
werben. Gemeinsame Interessen gebe es vor allem in der Abwehr weiterer<br />
Kürzungen staatlicher Mittel. pw<br />
Infos unter www.ad-vhs-bayern.de und mggildemeister@t-online.de<br />
Warnstreik beim Internationalen Bund<br />
Die Beschäftigten machen sich für ein Zukunftskonzept des Weiterbildungsträgers<br />
stark.<br />
500 Beschäftigte haben sich Mitte März an<br />
den bundesweiten Warnstreiks beim Internationalen<br />
Bund (IB) beteiligt. <strong>GEW</strong> und<br />
ver.di hatten zu den Aktivitäten aufgerufen.<br />
Die Beschäftigten machten sich mit den<br />
Warnstreiks für ein zukunftsfähiges Konzept<br />
des Weiterbildungsträgers stark und wiesen<br />
die von der IB-Geschäftsleitung angedrohten<br />
Gehaltskürzungen von mehr als zehn Prozent<br />
zurück. Sie verlangten eine Erhöhung<br />
der Gehälter um einen monatlichen Festbe-<br />
trag von 150 Euro, einheitliche tarifvertragliche<br />
Regelungen für alle Beschäftigten im<br />
IB-Konzern und den Verzicht auf weitere<br />
Konzernausgründungen.<br />
Die Warnstreiks haben die Position der Gewerkschaften sichtbar gestärkt. In<br />
der dritten Verhandlungsrunde am 14. März signalisierte der IB unter anderem<br />
seine Bereitschaft, seine ursprüngliche Forderung von minus 10 Prozent<br />
Gehalt bei Altverträgen auf 2,5 Prozent zu reduzieren. Darüber hinaus ist der<br />
IB bereit, auf ein endgültiges Einfrieren des Gehaltsstufensprungs zu verzichten<br />
und Gehaltserhöhungen nur befristet auszusetzen, sofern der Tarifvertrag<br />
für drei Jahre festgelegt wird. Diese Angebote gehen den Gewerkschaften<br />
nicht weit genug. Die Verhandlungen gehen weiter.<br />
Der IB-Vorstand hatte den Gehaltstarifvertrag zum 31. Januar 2005 gekündigt.<br />
Der IB ist als Weiterbildungsträger in der Beruflichen Bildung und<br />
Sozialen Arbeit tätig. Aufgrund der veränderten Vergabepraxis der Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) hat der IB viele Ausschreibungen im Weiterbildungssektor<br />
nicht mehr gewonnen. Die Warnstreiks fanden insbesondere in<br />
Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland statt. Die<br />
Streikbereitschaft hält an.<br />
Weimarer Debatten<br />
Rückblick: Auf der Herbstakademie 2004 in Weimar wurde die Profession der Weiterbildner unter die Lupe<br />
genommen. Die Herbstakademie 2005 wird sich der Frage stellen: Welche Konsequenzen haben die PISA-<br />
Ergebnisse für die Weiterbildung?<br />
Die Profession der Weiterbildner ist im Umbruch. Doch inwiefern wird sich das Berufsbild der Lehrkräfte in der<br />
Erwachsenenbildung künftig verändern? Wie können die Erwachsenenbildner ihre pädagogischen Ansprüche<br />
umsetzen, ohne sich dem bedingungslosen Diktat der Ökonomie zu unterwerfen – und dabei auch in Zeiten<br />
radikalen Abbaus überleben? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen beschäftigte die Experten Ende 2004<br />
auf der <strong>GEW</strong>-Herbstakademie in Weimar (s. „Erziehung und Wissenschaft“ 12/2004). Wiltrud Gieseke,<br />
Professorin für Erwachsenenbildung an der Berliner Humboldt Universität, forderte: „Wir müssen die Formen<br />
professionellen Interpretierens, Denkens und Handels neu beleben und die Fähigkeit, unsere Arbeit zu begründen,<br />
schulen. Wie sonst sollen wir Bildungspolitikern klar machen, dass und warum Weiterbildung notwendig<br />
und berechtigt ist?“<br />
Diese grundsätzlichen Überlegungen werden freilich von aktuellen Problemen überlagert, denn die Rahmenbedingungen<br />
von Weiterbildung verschärfen sich erheblich. Es gäbe keine klaren Vorstellungen darüber, was berufliche<br />
Weiterbildung leisten solle, es fehle an einer umfassenden Evaluierung der Instrumente und einer ausreichenden<br />
Verbindung zwischen Gesetz und Tarifpolitik, sagte Heinrich Alt vom Vorstand der Bundesagentur für<br />
Arbeit (BA) in der politischen Diskussionsrunde der Herbstakademie. Auch in diesem Jahr wird der Organisationsbereich<br />
Berufliche Bildung und Weiterbildung beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand eine Herbstakademie veranstalten,<br />
geplant ist sie für den 24. bis 26. November 2005 in Weimar. Zentrales Thema werden voraussichtlich die<br />
Konsequenzen aus den PISA-Studien für die Weiterbildung sein. adi<br />
Zeichen setzen: Proteste gegen<br />
den Sparkurs in Stuttgart<br />
Das Berufsbild<br />
ändert sich:<br />
Der Weiterbildner<br />
wird zum<br />
Jongleur.<br />
Die Dokumentation der Herbstakademie 2004 „Jongleure der Wissensgesellschaft – Die Profession in der Weiterbildung im Wandel“ gibt es<br />
per Download unter: www.gew.de/Veranstaltungen_im_Bereich_Weiterbildung.html oder ist zu bestellen bei:<br />
<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand, Brigitte Kramer, Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt am Main, Tel.: 0 69/7 89 73-327 · Fax: 0 69-789 73-103,<br />
E-Mail: brigitte.kramer@gew.de<br />
Dienstleister<br />
Pädagoge<br />
Entertainer
Kahlschlag im Norden<br />
Auf Beschluss der Hamburger Bürgerschaft muss die<br />
Volkshochschule der Hansestadt jetzt mit zwei Millionen<br />
Euro weniger auskommen.<br />
Die angedrohten Kürzungen an der Hamburger Volkshochschule<br />
(VHS) wurden trotz vielfältigem Protest im<br />
Dezember 2004 von der CDU-Mehrheit in der Hamburger<br />
Bürgerschaft beschlossen: Zwei Millionen Euro,<br />
fast ein Drittel des Etats von 7,1 Millionen, sind gestrichen.<br />
Noch im Herbst 2004 war mit großen Worten der<br />
85-jährige Geburtstag der VHS gefeiert worden, weniger<br />
später wurde über den Kahlschlag dieser für Hamburgs<br />
Bevölkerung wertvollen, traditionsreichen Einrichtung<br />
entschieden.<br />
1919 gegründet ist die VHS die größte öffentliche Weiterbildungseinrichtung<br />
der Hansestadt. Ihr Kursangebot<br />
umfasste 2003 etwa 5600 Veranstaltungen, die von 77 000<br />
Menschen besucht wurden. Für viele von ihnen ist ein<br />
wohnortnahes und günstiges Bildungsangebot unverzichtbar.<br />
Es trägt dazu bei, dass sehr unterschiedliche Menschen<br />
die Kurse der VHS besuchen und der soziale Zusammenhalt<br />
in den Stadtteilen gestärkt wird. Die VHS ist vor Ort<br />
verwurzelt, dadurch werden Menschen erreicht, für die die<br />
Teilhabe an Bildung alles andere als selbstverständlich ist.<br />
An der VHS machen sie Kurse zum Nachholen des<br />
Hauptschulabschlusses oder zur Sprachförderung für<br />
<strong>Im</strong>migranten. Nun werden die Kurse zum Nachholen des<br />
Hauptschulabschlusses in allgemeinbildende Schulen verlagert,<br />
also an Orte, die mit dem Scheitern dieser Menschen<br />
im Bildungssystem zu tun haben. Bisherige Gebührenermäßigungen<br />
für Rentner, Arbeitslose und Studenten<br />
soll es nur noch für jene geben, die ihre Bedürftigkeit<br />
nachweisen. Es ist zu befürchten, dass künftig<br />
möglicherweise ein Drittel der Stephanie<br />
Kurse gestrichen, ein Drittel Odenwald,<br />
der Beschäftigten entlassen und Vorsitzende<br />
Standorte geschlossen werden. des <strong>GEW</strong>-<br />
Dieser Kahlschlag ist unverantLandesverwortlich. Der Protest geht weibandsHamter. Stephanie Odenwald<br />
burg<br />
Schnitt durch die<br />
Mitte: Die Hälfte<br />
der Mittel wird<br />
gestrichen.<br />
Job oder Berufung?<br />
Kongress über den Beruf Kursleiter in Stuttgart.<br />
Ein Kongress zum Thema „Kursleiter – Beruf, Berufung oder Job?“ findet am<br />
14. April 2005 in Stuttgart, Treffpunkt Rotebühlplatz, statt. Veranstalter sind die<br />
VHS Stuttgart und die <strong>GEW</strong>. <strong>Im</strong> Mittelpunkt stehen die Kursleiter, ihre Position<br />
und ihre Arbeit als Honorarlehrkräfte in einem sich wandelnden Weiterbildungsmarkt.<br />
Nach seinem Einführungsreferat stellt sich Professor Klaus Meisel<br />
vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung der Diskussion.<br />
Am Nachmittag folgen vier Foren:<br />
1. Politische und marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen in der Erwachsenbildung<br />
(Inge Goerlich),<br />
2. Kursleiter und Kursleiterin als Beruf (Ursula Herdt),<br />
3. Diplomkursleiter-Abschlüsse als Qualitätsmerkmale? (Wolfgang Klenk),<br />
4. Neue Beschäftigungsmodelle (Barbara Weisel, Barbara Preussler).<br />
Gastkommentator ist Helmut Stockmar vom bundesweiten Dienstleister für<br />
Transfer-, Qualifizierungs- und Personalentwicklungsmanagement Mypegasus<br />
Stuttgart.<br />
Weitere Infos:<br />
Margrit Schatz, Referentin Weiterbildung, <strong>GEW</strong> Baden-Württemberg,<br />
Telefon: 0711/2103 03-46, E-Mail: weiterbildung@gew-bw.de<br />
Erboster Oberbürgermeister<br />
Podiumsdiskussion zum Thema Volkshochschule im Münchener DGB-Haus<br />
mit Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) endet beinahe mit einem Eklat.<br />
Der Saal des Münchner DGB-Hauses war brechend voll. Viele Dozentinnen<br />
und Dozenten waren Mitte Januar erschienen, um mit Podiumsdiskutanten aus<br />
Politik, Gewerkschaft, Wissenschaft und Volkshochschule ins Gespräch zu kommen.<br />
Sie wollten ihnen mitteilen, dass ihre Existenz endlich angemessener Entlohnung<br />
und sozialer Absicherung bedürfe.<br />
Was die Zuhörer bekamen, war eine Mischung aus guten Worten, Vorwürfen und<br />
Versprechungen. Erwähnenswert ist vor allem die Kontroverse zwischen Heiner<br />
Keupp, Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
und Oberbürgermeister (OB) Christian Ude (SPD), zugleich Aufsichtsratsvorsitzender<br />
der Münchener Volkshochschule (MVHS). Keupp wandte sich vehement<br />
gegen den Ruf nach dem „flexiblen, allseitig verfügbaren Menschen, anpassungsfähig,<br />
als Trabant um die Sonne des Kapitals kreisend“. Er forderte vom Staat kritische<br />
Distanz gegenüber Institutionen, „die den Menschen auf Außensteuerung<br />
programmieren“ und lediglich „Qualifikation im Rattenrennen“ böten. Seine<br />
Äußerungen erbosten Ude so sehr, dass der OB weitschweifig über die Berechtigung<br />
von Beruflicher Bildung dozierte. Dezent zur Ordnung gerufen, erging er<br />
sich in Publikumsbeschimpfung und warf, für die meisten Anwesenden unverständlich,<br />
Dozenten Unverschämtheiten im Vorfeld der Veranstaltung vor.<br />
Auf den Zwischenruf einer Dozentin, dass er sie nun als Wählerin verloren<br />
hätte, zur Besinnung gekommen, konterte er mit altbekannten Vorwürfen: Die<br />
Dozentenvertreter hätten es bislang versäumt, klare Kriterien zur Unterscheidung<br />
von hauptberuflichen und nebenberuflichen Dozentinnen und Dozenten<br />
vorzulegen. Daher sei es nicht möglich, die Gruppe derjenigen herauszufiltern,<br />
die von der Arbeit als Weiterbildner leben. Er erwarte konkrete Vorlagen der<br />
Betroffenen, so Ude. Zum Schluss bot er an, bei regelmäßig wiederkehrenden,<br />
inhaltsgleichen Kursen prüfen zu lassen, ob und wie es möglich wäre, Anstellungen<br />
oder anstellungsähnliche Verhältnisse für die Kursleiterinnen und Kursleiter<br />
zu schaffen. Dann entschwand er. Die Podiumsdiskussion wurde ohne Diskussion<br />
beendet, da die vorgegebene Zeit überschritten war. Zurück blieben frustrierte<br />
Dozentinnen und Dozenten mit der Aussicht auf viel zusätzliche Arbeit<br />
für den vom OB hingeworfenen Strohhalm. Otto Radauscher-Weidinger<br />
Minus 46 Prozent<br />
Zuschüsse für Erwachsenenbildung in Thüringen werden radikal gekürzt.<br />
Einen Haushalt mit massiven Kürzungen im Bildungsbereich hat der<br />
thüringische Landtag mit seiner knappen CDU-Mehrheit am<br />
25. Februar beschlossen. Standen den nach dem Erwachsenenbildungsgesetz<br />
anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung<br />
(Freie Träger, Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen)<br />
2004 8 700 100 Euro zur Verfügung, werden es 2005<br />
nur noch 4 700 000 Euro sein. Das ist ein Rückgang um 46<br />
Prozent. Außerdem haben diese Einrichtungen künftig<br />
keinen Rechtsanspruch auf Förderung mehr. Zuschüsse<br />
für die Träger der Erwachsenenbildung gibt es dann<br />
nur noch nach Maßgabe des Landeshaushaltes. Das<br />
wird kaum zur Deckung der Kosten reichen. Die<br />
Folgen sind absehbar: Das Angebot wird eingeschränkt,<br />
Mitarbeiter werden entlassen. Kleine Träger<br />
sind in Gefahr, und die Bedingungen für eine<br />
Kooperation mit Partnern werden schlechter, da<br />
diese nur auf der Basis langfristiger finanzieller<br />
Sicherheit möglich ist. Trotz Protestaktionen und<br />
einer Anhörung im Landtag stießen die Anliegen<br />
der Mitarbeiter bei den CDU-Abgeordneten auf<br />
taube Ohren. „Wir werden weiter für eine Rücknahme<br />
der Verschlechterungen kämpfen – auch in<br />
Hinblick auf den kommenden Doppelhaushalt<br />
2006/2007“, sagte <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender Jürgen<br />
Röhreich. Marlis Bremisch<br />
Aus Bund und Ländern<br />
Heftige Debatte<br />
An der Volkshochschule Fürth kämpfen<br />
Dozenten für soziale Sicherung.<br />
Eine heftige öffentliche Debatte<br />
über Honorare und Sozialbeiträge<br />
für Dozenten der Volkshochschule<br />
(VHS) wird in Fürth geführt.<br />
Mit 25,58 Euro pro Unterrichtsstunde<br />
und einem Zuschuss zur<br />
Kranken- und Rentenversicherung<br />
von bestimmten freiberuflichen<br />
Lehrkräften nimmt die VHS<br />
Fürth eine Spitzenstellung unter<br />
den deutschen Volkshochschulen<br />
ein.<br />
Doch um ein Defizit von ein paar<br />
tausend Euro auszugleichen, will<br />
die VHS-Leitung den Zuschuss zu<br />
Sozialversicherung streichen.<br />
Dozentenvertreterinnen Angela<br />
Reinhardt und Sigrid Ziegelmeir<br />
halten dagegen, eine genaue<br />
Betrachtung ergebe, dass selbst<br />
ein Spitzenhonorar wie an der<br />
VHS Fürth immer noch eine<br />
schlechte Bezahlung für eine qualifizierte<br />
Lehrtätigkeit ist. Zudem<br />
dürfe eine sozialpolitisch begründete<br />
minimale Sicherung gerade<br />
in einer Krise nicht angetastet<br />
werden.<br />
Auch Oberbürgermeister Thomas<br />
Jung (SPD), zugleich Vorsitzender<br />
des Aufsichtsrats der VHS, bekräftigt<br />
die Argumente der Dozentenvertreterinnen,<br />
die von Teilnehmenden<br />
und Lehrkräften massiv<br />
unterstützt werden. pw<br />
Infos bei<br />
angela.reinhardt@t-online.de<br />
7
8<br />
Bildungsfinanzierung<br />
Das Expertengutachten<br />
Am 6. Juli 2000 beauftragte der<br />
Bundestag die Bundesregierung,<br />
eine Expertenkommission<br />
einzusetzen, die Empfehlungen zur<br />
„Finanzierung Lebenslangen<br />
Lernens“ erarbeiten sollte.<br />
Fünf Wissenschaftler, vom Bildungsökonomen<br />
über Volks- und<br />
Betriebswirtschaftlerinnen bis zum<br />
Wirtschaftsoziologen und Sozialwissenschaftler,<br />
saßen mehr als drei<br />
Jahre zusammen, bereisten andere<br />
Länder und entwickelten ein<br />
Gesamtkonzept zur Finanzierung<br />
der Weiterbildung in Deutschland.<br />
Ende Juli 2004 legten die Experten<br />
Bundesbildungsministerium und<br />
Öffentlichkeit den Schlussbericht<br />
vor.<br />
www.lifelonglearning.de<br />
prekär-Gespräch<br />
Einmalige Chance<br />
Seit Sommer vergangenen Jahres<br />
liegt das Gutachten der Expertenkommission<br />
zur Finanzierung<br />
Lebenslangen Lernens auf dem<br />
Tisch. Was will die Politik umsetzen?<br />
Ein Gespräch mit Staatssekretär<br />
Wolf-Michael Catenhusen<br />
(SPD) aus dem Bundesbildungsministerium<br />
(BMBF).<br />
prekär: <strong>Im</strong> Juli 2004 hat die<br />
Expertenkommission ihr Gutachten<br />
zur Finanzierung Lebenslangen<br />
Lernens vorgelegt. Jetzt<br />
ist die Politik gefragt.Was haben<br />
Sie bisher getan?<br />
Wolf-Michael Catenhusen: Die<br />
Bundesregierung wird vor dem<br />
parlamentarischen Verfahren eine<br />
Stellungsnahme zum Kommissionsbericht<br />
vorlegen. Wir befinden<br />
uns derzeit in der Abstimmung.<br />
Der Bundestag soll von der<br />
Regierung das Signal erhalten, dass<br />
sie das Lebenslangen Lernen für<br />
strategisch bedeutend und notwendig<br />
hält und über seine Förderung<br />
eine offene Diskussion anstrebt.<br />
Der Kommissionsvorsitzende<br />
Dieter Timmermann hat es<br />
kürzlich im „prekär“-Interview<br />
auf den Punkt gebracht: „Wenn<br />
nichts passiert, entsteht ein<br />
gesellschaftliches Problem, das<br />
weit höhere Kosten verursacht<br />
als die jetzigen Vorschläge.“<br />
Warum wird Weiterbildung<br />
trotzdem immer noch wie ein<br />
Stiefkind der Bildungspolitik<br />
behandelt?<br />
Die Reform der Weiterbildung ist<br />
wegen der teilweise ungeklärten<br />
Zuständigkeiten zwischen Bund<br />
und Ländern schwierig. Dazu<br />
gehört auch die Uneinigkeit der<br />
Länder untereinander. So wurde<br />
etwa der Vorstoß des rheinlandpfälzischen<br />
Bildungsministers Jürgen<br />
Zöllner (SPD), dem Bund im<br />
Weiterbildungsbildungsbereich Zuständigkeiten<br />
zu geben, von keinem<br />
anderen Land aufgegriffen.<br />
Neben Bund und Ländern agieren<br />
hier zudem noch die Kommunen,<br />
die Unternehmen und die Tarifpartner.<br />
Wir müssen hier endlich<br />
zu einer sinnvollen Arbeits- und<br />
Aufgabenteilung kommen. Bei der<br />
Weiterbildung werden auch Fragen<br />
behandelt, die bisher noch keinen<br />
Platz im deutschen Bildungssystem<br />
haben. So gibt es etwa für Menschen,<br />
die im ersten Anlauf bestimmte<br />
Bildungsabschlüsse nicht<br />
erreicht haben, keine zweite Chance.<br />
Außerdem hat die Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA), seitdem die<br />
Weiterqualifizierung in der Arbeitsmarktpolitik<br />
nicht an erster Stelle<br />
steht, ihre Leistungen deutlich eingeschränkt.<br />
Die Kommission hat Vorschläge<br />
zum Thema „Zweite Chance“<br />
gemacht. Sie schlägt ein bundesweites<br />
Bildungsförderungsgesetz<br />
vor. <strong>Im</strong> ersten Schritt soll ein<br />
Erwachsenenbildungsförderungsgesetz<br />
eingeführt werden.<br />
Das wäre nach Berechnungen<br />
der Kommission gar nicht mal<br />
so teuer.Was halten Sie von<br />
diesem Vorschlag?<br />
In späteren Lebensphasen steigt<br />
die Eigenverantwortung der Betroffenen.<br />
Das gilt auch für die<br />
Beantwortung der Frage, ob es ein<br />
Zuschussmodell für Lernphasen<br />
nach der ersten Ausbildung geben<br />
kann und soll. Zudem sind BAföG<br />
und Meister-BaföG in den vergangenen<br />
Jahren erheblich nachfragt<br />
worden. Angesichts dieser an sich<br />
erfreulichen Entwicklung ist ein<br />
neues Leistungsgesetz in dieser<br />
Legislaturperiode finanziell nicht<br />
denkbar und aus dem Haushalt<br />
des Bundesministeriums für Bildung<br />
und Forschung auch nicht<br />
finanzierbar. Ich gehe allerdings<br />
davon aus, dass die Diskussion im<br />
Parlament Bewegung in diese<br />
Frage bringt.<br />
Auch wenn die Finanzmittel derzeit<br />
fehlen, Sie müssen reagieren:<br />
Bereits jetzt bleiben jedes<br />
Jahr etwa zehn Prozent der<br />
Menschen ohne Schulabschluss.<br />
Sie haben auf dem Arbeitsmarkt<br />
kaum eine Chance. Hinzu<br />
kommt der schlechte Bildungsstand<br />
vieler Abgänger, PISA hat<br />
daran keinen Zweifel gelassen.<br />
Die Fehlleistungen unseres Bildungssystems<br />
müssen sicher reduziert<br />
werden. Hierfür müssen<br />
offenkundig sowohl die schulische<br />
Erstausbildung als auch die berufliche<br />
Bildung am Lernort Schule<br />
verbessert werden. Ebenso müssen<br />
sich die kommunalen Verantwortungsträger<br />
mit Verantwortlichen<br />
der Wirtschaft, Trägern der Ausbildung<br />
der Wirtschaft, den Ländern<br />
und dem Bund besser vernetzen<br />
und fragen: Was können, was<br />
müssen wir leisten?<br />
<strong>Im</strong> SGB III-Bereich wurde<br />
massiv gekürzt und gestrichen.<br />
Das geht auch das BMBF an,<br />
denn hier geht es um Bildung.<br />
Was wollen Sie dagegen tun?<br />
Die allgemeinen Qualifizierungsmaßnahmen<br />
der BA verlieren<br />
tatsächlich an Bedeutung. Das<br />
BMBF diskutiert derzeit mit den<br />
anderen beteiligten Ressorts, wie die<br />
allgemeine Weiterbildung trotzdem<br />
voran gebracht werden kann. Dabei<br />
spielen die Qualifizierungsmaßnahmen<br />
im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik<br />
naturgemäß eine wichtige<br />
Rolle. Wir müssen hier eine offene<br />
politische Diskussion führen.<br />
Vorschlag Bildungssparen:Wer<br />
für Bildung Geld zurücklegt, soll<br />
Zuschüsse vom Staat bekommen.<br />
Diesen Ansatz hat das<br />
BMBF begrüßt. Doch Bildungssparen<br />
kann Einfallstor für eine<br />
höhere individuelle Kostenbeteiligung<br />
der Teilnehmer sein und<br />
erhöht kaum die Partizipation<br />
bildungsferner Schichten.Was<br />
versprechen Sie sich von diesem<br />
Instrument?<br />
Wir haben einen wachsenden<br />
Qualifizierungsbedarf in allen Teilen<br />
unserer Gesellschaft und die<br />
Eigenbeteiligung vieler Berufstätiger<br />
ist selbstverständlich geworden.<br />
Gerade auch der Normalverdiener<br />
hat einen Anspruch darauf,<br />
dass wir uns überlegen, wie wir die<br />
Vorsorge des Einzelnen verbessern<br />
können, wenn er in Bildung investieren<br />
will.<br />
Die Kommission mahnt, die<br />
Datenlage und die Beratung in<br />
der Weiterbildung zu verbessern.<br />
Damit sieht es derzeit nicht gut<br />
aus.<br />
In der Tat brauchen wir mehr<br />
Transparenz und mehr Beratung.<br />
Nach Auslaufen des Programms<br />
Lernende Regionen, das modellhaft<br />
regionale Weiterbildungsstrukturen<br />
gefördert hat, werden<br />
wir überlegen, wo wir die Schwerpunkte<br />
für die Errichtung von<br />
Weiterbildungsstrukturen legen<br />
sollen. Dazu gehört möglicherweise<br />
auch die Förderung der spezifischen<br />
Beratungen. Hier müssen<br />
wir sehen, wo die Kooperation<br />
mit Weiterbildungseinrichtungen<br />
sinnvoll ist, die sich als aktive<br />
Partner einbringen.<br />
Die Gutachter warnen davor,<br />
nur einzelne Vorschläge umzusetzen.<br />
Deutschland brauche ein<br />
konsistentes Gesamtsystem.<br />
Ich hoffe, dass sich alle Fraktionen<br />
bewusst sind, welche einmalige<br />
Chance wir jetzt haben, eine<br />
Strukturentwicklung in allen Sektoren<br />
des Weiterbildungssystems<br />
anzustoßen. Dazu gehört es auch<br />
zu überlegen, wie einzelne Bereiche<br />
der Weiterbildung zu sektorenübergreifenden<br />
Strukturen zusammengefasst<br />
und miteinander<br />
verzahnt werden können.<br />
Welche Institutionen könnten<br />
diesen Abstimmungsprozess<br />
organisieren?<br />
2004 war leider nicht das Jahr der<br />
Harmonie in der Bildungspolitik<br />
zwischen Bund und Ländern.<br />
Eine Verständigung gelingt nur,<br />
wenn die Akteure der Konzertierten<br />
Aktion Weiterbildung gemein-<br />
same strategische Erwartungen an<br />
die Politik herantragen und sich<br />
eine Möglichkeit zur Entkrampfung<br />
bietet.<br />
Wie könnte ein strategischer<br />
Konsens aussehen?<br />
Ich nenne als Beispiel die Einführung<br />
der so genannten Zweiten<br />
Chance in das Bildungssystem.<br />
Hier kann der Bund jederzeit auf<br />
Grund der Arbeitsmarktkonsequenzen<br />
eine Mitverantwortung<br />
reklamieren. Ich halte dies aber<br />
nur rückgekoppelt mit dem von<br />
den Ländern und Kommunen verantworteten<br />
öffentlichen Schulsystem<br />
für sinnvoll. Dann könnten<br />
sich auch sehr schnell Reformnotwendigkeiten<br />
ergeben, die nur<br />
von Bund, Ländern und Kommunen<br />
gemeinsam angegangen werden<br />
können.<br />
Angeregt durch den Timmermann-Bericht<br />
– ist es nicht an<br />
der Zeit, dass das Bildungsministerium<br />
eine Lanze für die<br />
Weiterbildung bricht?<br />
Gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium<br />
werden<br />
wir das Thema aktiver angehen.<br />
Ein positives Signal hierfür war<br />
die Berücksichtigung des BMBF<br />
bei der Besetzung des Verwaltungsrats<br />
der BA. Hier ist die<br />
Kompetenz für die berufliche<br />
Erstausbildung und die Qualifizierung<br />
für den Arbeitsmarkt gefragt.<br />
Natürlich steht das BMBF<br />
auch für die Weiterbildung in der<br />
Verantwortung. Wir müssen den<br />
Zusammenhang von Leistungsqualität,<br />
Defiziten im Bildungssystem<br />
und ihren Folgen für die<br />
Arbeitsmarktentwicklung nüchtern<br />
analysieren und Brücken<br />
bauen.<br />
Ihre Prognose:Wie wird das<br />
deutsche Weiterbildungssystem<br />
2015 aussehen?<br />
Es wird eine stärkere Profilbildung<br />
des Weiterbildungsmarktes geben<br />
und eine stärkere Professionalisierung.<br />
Bis dahin müssen auch die<br />
Qualitätssicherungssysteme fester<br />
verankert sein. Die berufliche Weiterbildung<br />
wird einen neuen<br />
Schwung bekommen, weil der<br />
Qualifizierungsbedarf in den<br />
Unternehmen wächst. Und weil<br />
mit der Bevölkerungsentwicklung<br />
die Schülerzahlen sinken, muss<br />
jeder junge Mensch so gut wie<br />
irgend möglich qualifiziert werden.<br />
Das Gespräch führten Ursula Herdt<br />
und Anja Dilk.<br />
Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen (ganz links) im Gespräch mit Anja Dilk (links) und Ursula Herdt, BMBF-Broschüre
Lust auf Lektüre: Mehr als<br />
Dreiviertel der Leser halten die<br />
„prekär“ für unverzichtbar im<br />
Weiterbildungsbereich.<br />
Leserbefragung<br />
Klares Votum:Weitermachen<br />
Die Leserbefragung zur „prekär“<br />
zeichnet ein positives Bild. 82,9<br />
Prozent der Leser gaben der<br />
Zeitung die Note 1 oder 2. Sie<br />
fühlen sich gut und breit informiert.<br />
Kolleginnen und Kollegen,<br />
die Funktionen für die <strong>GEW</strong><br />
ausüben, wünschen sich dagegen<br />
deutlicher zugespitzte politische<br />
Positionen.<br />
2000 Leserinnen und Leser der<br />
„prekär“ erhielten Ende 2004<br />
einen Fragebogen. <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />
ebenso wie Nicht-Mitglieder,<br />
Funktionsträger ebenso wie die so<br />
genannten „einfachen“ Mitglieder.<br />
Sie alle sollten zu folgenden<br />
Fragekomplexen Stellung beziehen:<br />
● Wie bewerten Sie die Zeitung?<br />
● Was stört Sie an „prekär“, was<br />
gefällt Ihnen?<br />
● Welche Themen und Informationen<br />
bevorzugen beziehungsweise<br />
vermissen Sie?<br />
Hier die wichtigsten und spannendsten<br />
der sehr differenzierten<br />
Ergebnisse:<br />
● Bei der Gesamtbewertung haben<br />
82,9 Prozent der Befragten<br />
der „prekär“ die Noten 1 und 2<br />
gegeben. Dieser Wert ist für eine<br />
Fachzeitschrift, die in dieser Form<br />
erst seit knapp zwei Jahren und<br />
mit nur drei Ausgaben pro Jahr<br />
erscheint, erstaunlich hoch. Bei<br />
den seit Jahren etablierten Publikationen<br />
„Erziehung und Wissenschaft“<br />
(E&W: 83,6 Prozent), Berliner<br />
Lehrerzeitung (blz: 83,5 Prozent)<br />
und Hessische Lehrerzeitung<br />
(HLZ: 86,1 Prozent) liegen<br />
die Werte auf dem gleichen Level<br />
– und diese haben sich ihre hohen<br />
Zustimmungswerte über Jahre<br />
und mehrere Leserbefragungen<br />
hinweg hart erarbeiten müssen.<br />
● Die redaktionellen Inhalte werden<br />
von 76,8 Prozent der Befragten<br />
mit sehr gut und gut bewertet,<br />
wobei die positive Beurteilung<br />
von „einfachen“ Mitgliedern signifikant<br />
höher liegt als die der<br />
<strong>GEW</strong>-Funktionsträger.<br />
● Die Gestaltung der prekär ist<br />
noch ausbaufähig: Hier vergeben<br />
nur 63,4 Prozent der Leserinnen<br />
und Leser die Noten 1 und 2.<br />
● Die „prekär“ besitzt für mehr<br />
als Dreiviertel der Leser (78,3 Prozent)<br />
einen Exklusivstatus: Nach<br />
ihrer Aussage schließt „prekär“<br />
eine publizistische Lücke im Weiterbildungsbereich.<br />
Sie finden in<br />
diesem Blatt Informationen, die<br />
sie woanders nicht erhalten. Dieser<br />
Wert ist angesichts der von vielen<br />
Lesern zusätzlich genutzten<br />
Fachzeitschriften beachtlich hoch.<br />
Für 58,9 Prozent der Befragten ist<br />
die „prekär“ auch wichtiger als die<br />
E&W, im Vergleich „prekär“ und<br />
Landeszeitungen bezeichnen sogar<br />
63,1 Prozent die „prekär“ als<br />
die für sie relevantere Zeitschrift.<br />
Ein deutliches Signal dafür, dass<br />
Landes- und Bundeszeitungen<br />
dem Bereich der Weiterbildung<br />
nicht genügend Aufmerksamkeit<br />
widmen (können) – und ein klares<br />
Votum für die Existenzberechtigung<br />
der Spartenzeitung „prekär“.<br />
● Es gibt einen – auch im Vergleich<br />
mit anderen Publikationen<br />
– sehr hohen Anteil so genannter<br />
„Gründlichleser“ (26,6 Prozent),<br />
die (fast) immer alle Beiträge der<br />
„prekär“ lesen.<br />
● Auffällig ist, dass die <strong>GEW</strong>-<br />
Funktionsträger die „prekär“ in<br />
vielen Fragen signifikant anders<br />
bewerten als die Mitglieder: So<br />
erwarten sie beispielsweise deutlich<br />
häufiger, dass in der „prekär“<br />
politische Positionen zugespitzter<br />
zum Ausdruck kommen. Sie<br />
wünschen sich ein „Gewerkschaftsorgan“,<br />
das sie bei ihren<br />
gewerkschaftlichen Aktivitäten<br />
auf dem Feld der Weiterbildung<br />
unterstützt und Anregungen liefert.<br />
Die „einfachen“ Mitglieder<br />
sind dagegen wesentlich stärker<br />
an den berufsfachlichen Inhalten<br />
und der Darstellung unterschiedlicher<br />
Positionen interessiert.<br />
Diese Aussagen sind ein wichtiger<br />
Hinweis darauf, dass Funktionsträger<br />
ein anderes, zusätzliches<br />
Informationsmedium<br />
brauchen, das ihre spezifischen<br />
Interessen und Wünsche nach<br />
größerer Informationstiefe adäquat<br />
bedient.<br />
Zusätzlich haben die befragten<br />
Leserinnen und Leser der Redaktion<br />
sehr wichtige Anregungen<br />
und konkrete Verbesserungsvorschläge<br />
für die weitere Arbeit mit<br />
auf den Weg gegeben. Wir verstehen<br />
diese – verbunden mit den<br />
erfreulichen Befragungsergebnissen<br />
– als Auftrag und Verpflichtung,<br />
die „prekär“ entsprechend<br />
weiterzuentwickeln.<br />
An dieser Stelle wird explizit darauf<br />
hingewiesen, dass alle Ergebnisse<br />
der Studie auf einer Rücklaufquote<br />
von nur gut elf Prozent<br />
beruhen. Die Erfahrungen<br />
aus Untersuchungen anderer<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitschriften, in denen<br />
eine ähnlich hohe Bindung zwischen<br />
dem Leser als Gewerkschaftsmitglied<br />
und der Publikation<br />
„seiner“ Gewerkschaft unterstellt<br />
werden kann, hatten uns<br />
einen Rücklauf von knapp 20<br />
Prozent erwarten lassen. Die<br />
niedrige Rücklaufquote hat Auswirkungen<br />
sowohl auf die Ergebnisse<br />
selbst – in der Tendenz<br />
positivere Resultate – als auch<br />
auf die Aussagekraft der Daten.<br />
Diese kritische Sicht relativiert<br />
sich jedoch ein wenig, wenn man<br />
mit einkalkuliert, dass<br />
1. in der Stichprobe auch 350<br />
Leserinnen und Leser waren, die<br />
nicht Mitglied der <strong>GEW</strong> sind. Aus<br />
dieser Gruppe ist der Rücklauf fast<br />
gleich Null.<br />
2. auch die Auseinandersetzung<br />
um die „prekär“, die es vor rund<br />
zwei Jahren gab, bei der Befragung<br />
eine Rolle gespielt hat. Wir<br />
erhielten Briefe von Kolleginnen<br />
und Kollegen, die uns mitgeteilt<br />
haben, dass sie sich nicht an der<br />
Untersuchung beteiligen werden,<br />
weil sie die „neue“ „prekär“ nicht<br />
akzeptieren. Andere Kolleginnen<br />
und Kollegen haben die Untersuchung<br />
dagegen offenbar dazu<br />
genutzt, der „neuen“ „prekär“<br />
schlechte Noten zu geben.<br />
Verantwortlich für die Leserbefragung<br />
zeichnet der renommierte<br />
Hamburger Kommunikationswissenschaftler<br />
Professor Jürgen<br />
Prott. Er hat bereits vielfältige<br />
Erfahrungen mit Befragungen von<br />
Lesern der Gewerkschaftspresse.<br />
Prott hat unter anderem – zum<br />
Teil mehrfach – die E&W, die Berliner<br />
Lehrerzeitung, die Hessische<br />
Lehrerzeitung und die IG BCEkompakt<br />
untersucht.<br />
Wichtig sind die Ergebnisse der<br />
Studie aber nicht nur für die<br />
Redaktion. Sie dienen den Delegierten<br />
auf dem Gewerkschaftstag<br />
der <strong>GEW</strong>, der vom 23. bis 27.<br />
April in Erfurt stattfindet, als<br />
Entscheidungsgrundlage für die<br />
weitere Existenz der „prekär“.<br />
Bisher wird „prekär“ im Rahmen<br />
eines Projekts des Organisationsentwicklungsprozesses<br />
der <strong>GEW</strong><br />
herausgegeben. Wenn die Delegierten<br />
den Daumen heben, wird<br />
die Zeitung künftig fest in den<br />
Kanon der <strong>GEW</strong>-Publikationen<br />
aufgenommen. Torsten Fust, Ulf Rödde<br />
In eigener Sache<br />
Gewinner<br />
Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
der Leserbefragung haben<br />
wir drei CD-Pakete „Brockhaus Multimedial<br />
2004“ verlost.<br />
Die Gewinner sind:<br />
- Wolfgang Nenendorf (Berlin),<br />
- Martin Wittmann (Deggingen),<br />
- Friedhelm Kolasinsiki (Diekholzen).<br />
Die Redaktion gratuliert den Gewinnern<br />
sehr herzlich!<br />
9
10<br />
Praxis<br />
Integration<br />
Fortbildungen<br />
bezuschusst<br />
Die Qualifizierungsmaßnahmen für<br />
Lehrkräfte werden vom Bundesamt<br />
für Migration und Flüchtlinge<br />
(BAMF) bezuschusst.Während der<br />
Pilotphase, die noch bis etwa Mai<br />
läuft, zahlt das BAMF an die Träger<br />
400 Euro pro Teilnehmer für die<br />
Fortbildung mit 70 Unterrichtseinheiten<br />
(UE) und 800 Euro für die<br />
Fortbildung mit 140 Unterrichtseinheiten.Welche<br />
Kosten darüber hinaus<br />
anfallen, hängt vom Träger und<br />
von der Art des Angebots ab. Die<br />
Träger entscheiden dann, wie viel<br />
Kursgebühren sie von den künftigen<br />
Lehrkräften nehmen. Schon jetzt ist<br />
die Bandbreite groß: von kostenlos<br />
bis 380 Euro. Hinzu kommen gegebenenfalls<br />
die Fahrtkosten und der<br />
Einkommensverlust während des<br />
Unterrichtsausfalls in der Zeit der<br />
Qualifikationsmaßnahme. Nach<br />
Abschluss der Pilotphase wird die<br />
Qualifizierung der Lehrkräfte bundesweit<br />
ausgeschrieben. Der<br />
Zuschuss des BAMF an die Träger<br />
wird künftig eher geringer sein.<br />
Es empfiehlt sich, die Angebote zu<br />
vergleichen. Inge Müller<br />
Der informative Klick<br />
● www.stiftung-warentest.de/<br />
online/bildung_soziales/<br />
weiterbildung.html<br />
Zwei Checklisten zum Thema berufliche<br />
Weiterbildung hat die Stiftung<br />
Warentest herausgegeben. Die<br />
„Checkliste Weiterbildung für<br />
Berufstätige“ und die „Checkliste<br />
Weiterbildung für Arbeitslose“<br />
sollen Weiterbildungsinteressierten<br />
helfen, sich optimal auf ein<br />
Beratungsgespräch vorzubereiten.<br />
● www.bmbf.de/de/1366.php.<br />
Eine Studie über die berufliche und<br />
soziale Lage von Lehrenden in<br />
Weiterbildungseinrichtungen führt<br />
das Institut Wirtschafts- und Sozialforschung<br />
(WSF) im Auftrag des<br />
Bundesbildungsministeriums<br />
(BMBF) durch. Um ein möglichst<br />
repräsentatives Bild der sozialen<br />
Lage zu bekommen, bittet das<br />
BMBF Träger und Einrichtungen um<br />
Unterstützung. Die Pilotstudie und<br />
weitere Informationen sind auf der<br />
Website des BMBF zu finden.<br />
Honorare<br />
<strong>Im</strong> <strong>Sinkflug</strong><br />
Seit es keinen bundesweit verbindlichen<br />
Honorarsatz des<br />
Sprachverbandes mehr gibt,<br />
bleibt die Festsetzung der Honorarhöhe<br />
den Trägern überlassen.<br />
Eine angemessene Bezahlung<br />
von Weiterbildnern ist damit in<br />
weite Ferne gerückt.<br />
Mit dem In-Kraft-Treten<br />
des neuen Integrationskurskonzepts<br />
Anfang<br />
2005 wurde der einzige bundesweit<br />
verbindliche Honorarsatz von<br />
23,01 Euro (West) und 19,94 Euro<br />
(Ost) für die ehemaligen Kurse des<br />
Sprachverbandes gestrichen. Jetzt<br />
können die Träger nach Belieben<br />
die Höhe des Honorarsatzes festlegen.<br />
Weil die Maßnahmen mit<br />
2,05 Euro pro Teilnehmer und<br />
Unterrichtsstunde nicht zu finanzieren<br />
sind, bleibt ihnen kein<br />
allzu großer Spielraum. Deshalb<br />
haben die meisten Einrichtungen<br />
die Honorare gesenkt. In den<br />
Volkshochschulen (VHS) wurden<br />
die Honorare für Integrationskurse<br />
an die Standardhonorare in der<br />
jeweiligen Einrichtung beziehungsweise<br />
an das bestehende Regelhonorar<br />
für Kurse in Deutsch als<br />
Fremdsprache (DAF) auf der<br />
Grundstufe gekürzt. Das bedeutet<br />
Honorarstreichungen von bis zu<br />
sechs Euro. Besonders krass hat es<br />
die Lehrkräfte an der VHS Ludwigshafen<br />
getroffen: Ihre Honorare<br />
wurden von 23,01 Euro auf<br />
15,34 Euro gekürzt.<br />
Sie haben Fragen zur Sozialversicherung?<br />
Sie wollen wissen,<br />
welches Honorar Sie verlangen<br />
können? Sie brauchen Rat für<br />
Ihre berufliche Orientierung?<br />
Schreiben Sie uns oder rufen Sie<br />
an. Unsere Expertin Barbara<br />
Weisel beantwortet Ihre Fragen.<br />
Gaby R. meldet sich. Aufgeregt<br />
prasseln ihre Fragen<br />
durch das Telefon. „Ich<br />
weiß nicht mehr, was ich machen<br />
soll, jeder sagt mir etwas anderes.<br />
Kann ich ALG II bekommen oder<br />
nicht? Wieso bin ich als selbstständige<br />
Lehrerin rentenversicherungspflichtig,<br />
soll aber nach Auskunft<br />
der Arbeitsagentur nicht selbstständig<br />
sein? Es hieß doch immer, wir<br />
seien nicht krankenversicherungspflichtig,<br />
sind wir’s mit ALG II<br />
nun doch? Und sind Sozialversicherungsbeiträge<br />
wirklich Betriebskosten?<br />
Muss mein Mitbewohner<br />
wirklich sein Einkommen offen<br />
legen? Was hat der mit meinem<br />
geringen Einkommen zu tun? Wie<br />
soll jemand von 345 Euro leben,<br />
darf ich dazu verdienen? Meine<br />
Schule zahlt nicht monatlich, kann<br />
Die Honorarsätze für Integrationskurse<br />
und andere öffentlich<br />
finanzierte Maßnahmen sowie die<br />
Regelhonorare von Volkshochschulen<br />
und anderen Trägern<br />
bewegen sich zwischen zwölf und<br />
25 Euro. In einigen Fällen liegen<br />
sie unter zwölf Euro. Extrem niedrige<br />
Honorare zwischen 15 und<br />
sieben Euro werden in den östlichen<br />
Bundesländern gezahlt. Konkrete<br />
Zahlen liegen nicht vor,<br />
denn weder Lehrkräfte noch Träger<br />
möchten damit an die Öffentlichkeit.<br />
Honorare ab 30 Euro aufwärts<br />
bekommen Dozenten für Kurse<br />
und Seminare mit höheren Teilnehmerbeiträgen<br />
oder besonderen<br />
Anforderungen. Zum Beispiel in<br />
der betrieblichen Weiterbildung<br />
oder auf der Basis von Tagesvereinbarungen.<br />
Zuschüsse möglich<br />
Wer Honorarsätze vergleichen will,<br />
muss Zuschüsse zu Renten- und/<br />
oder Krankenversicherung oder<br />
andere Zuwendungen einbeziehen,<br />
die manche Volkshochschulen<br />
ihren Lehrkräften zahlen. So können<br />
Lehrkräfte in Berlin und<br />
Frankfurt die Hälfte ihres Krankenund<br />
Rentenversicherungsbeitrags<br />
von der VHS bekommen. In Berlin<br />
umfassen die Zuschüsse auch<br />
ein Urlaubsgeld für „arbeitnehmerähnliche<br />
Personen“, in Frankfurt<br />
kann es ergänzend gezahlt<br />
werden. Die Möglichkeit, als „ar-<br />
ich die jetzt dazu zwingen? Zum<br />
Sozialamt wollte ich nicht gehen.<br />
Ich dachte, wir gehören jetzt auch<br />
zu den Arbeitslosen, aber die Mitarbeiter<br />
in den Arbeitsagenturen<br />
kennen sich nicht aus.“<br />
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
den Arbeitsagenturen kennen sich nicht<br />
aus, diese Erfahrung teilt Gaby R. mit<br />
vielen Anrufern. Gaby R. arbeitet seit<br />
zwei Jahren an einer Volkshochschule<br />
(VHS) mit Honorarverträgen. Ob ihre<br />
Kurse zustande kommen, weiß sie vorher<br />
nicht. Ob sie die vertraglich vereinbarten<br />
Stunden halten kann, auch nicht. Wenn<br />
sie etwa so krank wird, dass sie beim<br />
besten Willen nicht unterrichten kann. In<br />
beiden Fällen heißt das: kein Geld, nichts<br />
ist planbar. Ihre Schule zahlt nach Kursende,<br />
auf Antrag auch einen Abschlag.<br />
Das ist die Regel. Es gibt aber durchaus<br />
Träger die monatlich das Honorar für<br />
die nachgewiesenen Unterrichtsstunden<br />
zahlen. Beantragen kann sie das, erzwingen<br />
nicht.<br />
Ihr Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur<br />
wird lernen müssen mit derart ungeregelten,<br />
unsicheren Beschäftigungen adäquat<br />
umzugehen, und sich fortbilden. Als<br />
Honorarkraft an der VHS ist Gaby R.<br />
selbstständige Lehrerin, da sie mehr als<br />
beitnehmerähnlichePerson“ anerkannt zu<br />
werden, ist in der<br />
Honorarordnung der<br />
Frankfurter VHS verankert.<br />
Abwärtsspirale<br />
Das Ziel „angemessene<br />
Honorare für Weiterbildungslehrkräfte“<br />
ist<br />
durch die gegenwärtigenHonorarsenkungen<br />
erst recht in weite<br />
Ferne gerückt. Es steht<br />
zu befürchten, dass<br />
sich die Abwärtsspirale<br />
fortsetzt. Denkbar sind<br />
weitere Absenkungen<br />
bei den Integrationskursen,<br />
da die Träger<br />
Schwierigkeiten haben,<br />
unter den gegenwärtigen<br />
Bedingungen<br />
kostendeckend zu<br />
arbeiten. Dem fatalen<br />
Signal „Honorare runter“,<br />
stellt sich die<br />
<strong>GEW</strong> entgegen. Es<br />
kann nicht hingenommen<br />
werden, dass<br />
hoch qualifizierte<br />
Lehrkräfte in öffentlich<br />
finanzierten Weiterbildungsmaßnahmen<br />
in Existenznot<br />
Stichprobe<br />
geraten. Die Lehrkräfte müssen<br />
endlich Anerkennung, soziale<br />
Absicherung und angemessene<br />
Honorare bekommen. Denn sie<br />
geringfügig verdient hat (zuletzt nur noch<br />
700 Euro im Monatsschnitt, da viele ihrer<br />
Kurse gestrichen wurden). Die Konsequenz:<br />
Sie muss die vollen Rentenversicherungsbeiträge<br />
zahlen. Sozialversicherungsbeiträge<br />
gelten nicht als Betriebskosten.<br />
Ihre Betriebskosten muss sie<br />
außerdem von dem Einkommen abziehen,<br />
das auf ALG II anzurechnen ist.<br />
Als selbstständige Lehrerin ist Gaby R.<br />
nicht krankenversicherungspflichtig. Sie<br />
hatte sich auch nicht mehr krankenversichert,<br />
weil sie die Beiträge nicht bezahlen<br />
konnte. Für ALG II aber gilt Krankenversicherungspflicht.<br />
Wenn sie hilfsbedürftig ist, bekommt<br />
Gaby R. selbstverständlich Leistungen<br />
nach ALG II. Sie kann dazu verdienen,<br />
auch mit selbstständiger Arbeit. Hilfsbedürftig<br />
ist sie dann, wenn sie ihren<br />
Lebensunterhalt und den mit ihr in einer<br />
Bedarfsgemeinschaft lebenden Menschen<br />
aus eigenen Kräften nicht oder<br />
nicht ausreichend decken kann. Das<br />
heißt: Ihr eigenes Einkommen und Vermögen<br />
wird geprüft und angerechnet.<br />
Das ihres Mitbewohners, falls er ihr<br />
Partner ist, auch. Aber ein Mitbewohner,<br />
mit dem man nur die Wohnung teilt, um<br />
beispielsweise Kosten zu sparen, muss<br />
sein Einkommen natürlich nicht offen<br />
Honorare im Überblick<br />
Bad Kreuznach<br />
VHS Regelhonorar 15,40 Euro<br />
IB Integrationskurse 15,00 Euro<br />
Privatschule Integrationskurse 12,00 Euro<br />
Berlin<br />
Mindesthonorar 21,50 Euro<br />
DaF-Kurse bis zu 23,60 Euro<br />
Duisburg<br />
VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />
VHS DaF-Kurse mit höheren<br />
Entgelten auch bis zu 23,00 Euro<br />
Erlangen<br />
VHS DaF 25,00 Euro<br />
Privatschule DaF 14,50 Euro<br />
Frankfurt<br />
VHS Mindesthonorar 15,40 Euro<br />
VHS DaF-Kurse mit Lehrwerk 20,00 Euro<br />
VHSA DaF-Kurse ohne Lehrwerk 21,50 Euro<br />
Gelsenkirchen<br />
Bildungszentrum des Handels Deutsch 14,50 Euro<br />
Private Wirtschaftsschule Sitzer:<br />
Rechnungswesen 18,00 Euro<br />
VHS Hamburg<br />
Integrationskurse 18,50 Euro<br />
Grundbildung 24,73 Euro<br />
Hannover<br />
VHS DaF-Kurse 19,50 Euro<br />
Kiel<br />
VHS Regelhonorar 17,90 Euro<br />
Privatschule 17,90 Euro<br />
Mainz<br />
DaF-Grundstufe 19,50 Euro<br />
DaF: Mittel- und Oberstufe 21,50 Euro<br />
Dazu kommen noch Korrekturhonorare<br />
Moers<br />
VHS DaF-Kurse 18,00 Euro<br />
München<br />
VHS DaF-Kurse Grundstufe 19,00 Euro<br />
VHS DaF-Kurse über der Grundstufe 21,00 Euro<br />
IB Integrationskurse 20,00 Euro<br />
Klartext Integrationskurse 23,00 Euro<br />
BKK Integrationskurse 21, 00Euro<br />
tragen die Hauptverantwortung<br />
für das Lebenslange Lernen, das<br />
für unsere Gesellschaft ein unverzichtbares<br />
Gut ist. Inge Müller<br />
Hotline direkt<br />
Leser fragen, prekär antwortet<br />
legen. Er hat mit Gaby Rs ALG II-Berechtigung<br />
nichts zu tun.<br />
Und zuletzt, wie soll man von 345 Euro<br />
im Monat leben: Essen und Kleidung,<br />
Strom, Zeitung, Telefon bezahlen und<br />
womöglich noch am gesellschaftlichen<br />
Leben teilnehmen? Mit dem Regelsatz<br />
von 345 Euro (in den westlichen Bundesländern)<br />
hat der Gesetzgeber die Armutsgrenze<br />
festgelegt. Kriterien für diese Festsetzung<br />
fehlen, eine Anpassung dieses<br />
Regelsatzes an die Preissteigerungsrate<br />
ebenfalls. Viele Juristen sind überzeugt:<br />
Das ist ein Grundrechtsverstoß, gegen<br />
den Betroffene beim Bundesverfassungsgericht<br />
Beschwerde einlegen können.<br />
Noch Fragen? Schreiben Sie uns:<br />
Redaktion „prekär“<br />
E-Mail: prekaer@gew.de<br />
Barbara Weisel<br />
hilft auch<br />
telefonisch<br />
weiter.<br />
Hotline für<br />
Honorarkräfte:<br />
018 04-10 09 27<br />
montags 19 bis 23 Uhr,<br />
dienstags 9 bis 13 Uhr.<br />
0,24 Euro pro Anruf.
Branchentarifverhandlungen<br />
Zeit zum Handeln<br />
Die berufliche Bildung braucht<br />
einen Tarifvertrag. Jetzt. Sonst<br />
gibt es auf dem erodierenden<br />
Weiterbildungsmarkt bald keine<br />
seriösen Verhandlungspartner<br />
mehr.<br />
In der Februarausgabe der<br />
„Erziehung und Wissenschaft“<br />
findet sich auf Seite 28 ein<br />
kleiner Kasten mit der Überschrift<br />
„Sondierung geht weiter“, Unterzeile:<br />
„Branchentarifvertrag Weiterbildung“.<br />
Hier erfährt der<br />
Leser, dass die Gewerkschaften<br />
<strong>GEW</strong> und ver.di mit Vertretern<br />
des Bildungsverbands weiterhin<br />
über die Möglichkeiten eines Tarifvertrags<br />
sprechen.<br />
Hat sich da etwas bewegt in der<br />
Frage Tarifvertrag für die berufliche<br />
Weiterbildung?<br />
<strong>Im</strong> Januar 2005 hat sich eine<br />
„Zweckgemeinschaft“, wie sie sich<br />
laut Satzung nennt, gebildet.<br />
Neun Mitglieder des „Bundesverbandes<br />
der Träger beruflicher Bildung“<br />
haben sich zu einem Bündnis<br />
zusammengeschlossen, das nur<br />
eine Aufgabe hat: Tarifverhandlungen<br />
führen. Mit diesem Auftrag<br />
traten die Arbeitgeber Anfang<br />
Februar an <strong>GEW</strong> und ver.di<br />
heran. Auch Ver.di und <strong>GEW</strong><br />
Der neue Tarifvertrag für den<br />
öffentlichen Dienst bringt viele<br />
Vorteile für Weiterbildner.<br />
Der neue einheitliche Tarifvertrag<br />
für den öffentlichen<br />
Dienst (TVöD)<br />
wird zum 1. Oktober 2005 beim<br />
Bund und bei der Vereinigung<br />
kommunaler Arbeitgeberverbände<br />
(VKA) in Kraft treten. Er ersetzt<br />
den mehr als 40 Jahre alten Bundesangestelltentarifvertrag<br />
(BAT).<br />
Die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse<br />
aus dem BAT/BAT-<br />
haben inzwischen Tarifkommissionen<br />
einberufen – allerdings<br />
jede Gewerkschaft für sich. Was<br />
aber nicht ausschließt, wie von<br />
den Betroffenen gewünscht, dass<br />
die Gewerkschaften gemeinsam<br />
beraten.<br />
Ist damit ein Anfang gemacht?<br />
Lange hatten die im „Arbeitskreis<br />
der Betriebsräte“ zusammengeschlossenen<br />
Kolleginnen und Kollegen<br />
ihre jeweiligen Gewerkschaften<br />
aufgefordert, mit ihnen gemeinsam<br />
das Projekt eines „Branchentarifvertrages“voranzutreiben.<br />
Vergeblich. Während die Gewerkschaften<br />
hauptsächlich das<br />
Fehlen einer Arbeitgeberorganisation<br />
als Verhandlungspartnerin<br />
bemängelten, sahen die Arbeitgeber<br />
nicht die Notwendigkeit, diese<br />
zu gründen.<br />
So vergingen die Jahre, und die<br />
warnenden Stimmen der Beschäftigten<br />
der Branche, die nach<br />
jedem Einschnitt in die aktive<br />
Weiterbildung lauter wurden, verhallten<br />
ungehört.<br />
Keine Einigkeit<br />
Leider waren sich auch die<br />
Beschäftigten selbst nicht einig.<br />
Diejenigen, die noch über einen<br />
relativ guten (Haus-)Tarifvertrag<br />
verfügten, sahen für sich in einem<br />
Branchentarifvertrag keine Vorteile.<br />
Beschäftigte bei kleinen und<br />
mittleren Bildungsträgern hofften<br />
indessen zumindest auf eine einigermaßen<br />
akzeptable Bezahlung<br />
sowie weniger oder keine prekären<br />
Beschäftigungsverhältnisse mehr.<br />
Endlich, im Mai 2002, gründete<br />
sich der „Bundesverband der Träger<br />
beruflicher Bildung“ (BBB),<br />
kurz „Bildungsverband“ genannt.<br />
Da allerdings nicht alle Bildungsverbands-Mitglieder<br />
auch Mitglied<br />
eines „Arbeitgeberverbandes“<br />
sein wollten, dauerte es noch<br />
bis zum Januar dieses Jahres, bis<br />
sich die „Zweckgemeinschaft“ bildete.<br />
Um herauszufinden, was unter<br />
den Bedingungen der existenzvernichtenden<br />
Krise in der Weiterbildung<br />
überhaupt noch gehen<br />
kann, werden jetzt Sondierungsgespräche<br />
geführt – wodurch der<br />
Beginn der dringend notwendigen<br />
Tarifverhandlungen leider weiter<br />
verzögert wird.<br />
Fest steht: Die Branche braucht<br />
jetzt einen Tarifvertrag. Die entscheidende<br />
Frage ist, ob es mit<br />
einem Tarifvertrag gelingen kann,<br />
Standards zu setzen, die den freien<br />
Fall der Einkommen der<br />
Beschäftigten stoppen, die noch<br />
bestehenden besseren Tarifverträge<br />
sichern und gleichzeitig von<br />
den Auftraggebern – zum Beispiel<br />
der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
– als ein Qualitätskriterium bei<br />
der Ausschreibung von Maßnahmen<br />
akzeptiert werden. Dies kann<br />
nur in Tarifverhandlungen geklärt<br />
werden.<br />
Lage verschärft sich<br />
Die Zeit drängt. Die Talfahrt der<br />
beruflichen Weiterbildung ist<br />
kaum noch aufzuhalten. Laut BBB<br />
gab es im Februar 2005 40 Prozent<br />
weniger Teilnehmer als im Vorjahresmonat,<br />
im Vergleich zum Februar<br />
2003 ist es sogar ein Minus von<br />
58,8 Prozent. Diese Situation wird<br />
sich in diesem Jahr weiter verschärfen,<br />
auch bei den berufsvorbereitenden<br />
Maßnahmen kam es wegen<br />
des Vergabeverfahrens und des<br />
Vorrangs von Preis- vor Qualitätskriterien<br />
zu Einbrüchen. Die Tarifparteien<br />
müssen sich bemühen, bis<br />
zur nächsten Ausschreibung der<br />
BA im Herbst zu einem Tarifvertrag<br />
zu kommen, sonst steht zu<br />
befürchten, dass dann kaum noch<br />
seriöse Verhandlungspartner für die<br />
Gewerkschaften übrig sind.<br />
Hans-Georg Klindt<br />
Tarifvertrag<br />
Positives Signal<br />
Ost werden in den TVöD überführt.<br />
BAT und BAT-Ost bleiben<br />
formal weiter bestehen. Dies soll<br />
verhindern, dass zwischenzeitlich<br />
öffentliche Arbeitgeber ihre Mitgliedschaft<br />
im Arbeitgeberverband<br />
mit dem Ziel aufkündigen, den<br />
neuen TVöD nicht anwenden zu<br />
müssen und im Falle einer formalen<br />
Kündigung des BAT, sich aus<br />
der Tarifbindung herausstehlen zu<br />
können. Da die Tarifgemeinschaft<br />
deutscher Länder (TdL) nicht mitverhandelt<br />
hat, gilt der Tarifabschluss<br />
zunächst nicht für die<br />
Beschäftigten bei den Ländern.<br />
Der Tarifstreit mit den Ländern<br />
um die Übernahme des Tarifergebnisses<br />
wird durch die Forderungen<br />
der Länderarbeitgeber<br />
blockiert: Sie verlangen eine<br />
„Nullrunde“, Arbeitsverlängerung<br />
bis zu 42 Stunden und die Streichung<br />
von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.<br />
Direkte Vorteile<br />
Angestellte, Arbeiterinnen und<br />
Arbeiter an kommunalen oder<br />
bundeseigenen Weiterbildungseinrichtungen<br />
profitieren unmittelbar<br />
vom neuen TVöD. Sie erhalten<br />
die jährlichen Einmalzahlungen<br />
für die Jahre 2005 bis 2007 sowie<br />
die Angleichungsschritte der Ost-<br />
Gehälter an das Westniveau.<br />
Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind<br />
gesichert. Die Beschäftigten der<br />
öffentlichen Volkshochschulen<br />
(VHS) bei den Gemeinden werden<br />
zum 1. Oktober in den TVöD<br />
überführt. Die im BAT geltenden<br />
besonderen Regelungen zum<br />
Kündigungsschutz und für Fristverträge<br />
(SR 2y) werden auch im<br />
neuen TVöD angewandt – allerdings<br />
weiterhin nur im Westen.<br />
Die Ausweitung auf das Tarifgebiet<br />
Ost konnte nicht durchgesetzt<br />
werden.<br />
BAT gilt weiter<br />
Für Beschäftigte an landeseigenen<br />
Weiterbildungseinrichtungen gilt<br />
weiterhin der BAT/BAT-Ost. Das<br />
trifft auch für Beschäftigte beim<br />
Land Hessen zu, da die Tarifbindung<br />
zum BAT trotz des Austritts<br />
aus der TdL fortbesteht. Für das<br />
Land Berlin gelten besondere<br />
Anwendungstarifverträge zur Umsetzung<br />
des BAT/BAT-Ost.<br />
Viele Freie Träger in der Weiterbildungsbranche<br />
wenden für Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer<br />
den BAT oder BAT/Ost an. Die<br />
arbeitsrechtliche Grundlage können<br />
gesonderte Tarifverträge mit<br />
<strong>GEW</strong> oder ver.di und Betriebsvereinbarungen<br />
mit Betriebsräten<br />
sein – oder die Arbeitgeber binden<br />
sich durch eine entsprechende<br />
Anwendungsklausel im Einzelarbeitsvertrag.<br />
Damit auch hier<br />
künftig der TVöD gilt, müssen die<br />
Vereinbarungen geändert werden.<br />
Dazu haben auch die Arbeitgeber<br />
ein Interesse, da ihnen der TVöD<br />
nützt. In den kommenden Jahren<br />
entstehen zwar zusätzliche Kosten<br />
für dynamisierte Besitzstandsregelungen.<br />
Aber mittelfristig ermöglicht<br />
der TVöD den Arbeitgebern -<br />
unter anderem durch die flexibleren<br />
Arbeitszeitbestimmungen –<br />
eine Kostenentlastung. Die Regelungen<br />
für zusätzliche leistungsorientierte<br />
Entgeltanteile können<br />
auch zur Qualitätsentwicklung der<br />
Arbeit in Weiterbildungseinrichtungen<br />
beitragen.<br />
Argumentationshilfe<br />
Leider sind wir weit davon entfernt,<br />
dass sich die Vertragsgestaltung<br />
für Honorarkräfte an Tarifen<br />
orientiert. Dennoch könnte die<br />
Neuorientierung des TVöD vielleicht<br />
doch für die eine oder andere<br />
Honorarkraft eine Argumentationshilfe<br />
bei der Vertragsaushandlung<br />
sein. Heiko Gosch<br />
Tarif aktuell<br />
<strong>Im</strong> Schneckentempo vorwärts<br />
Zähe Verhandlungen<br />
Der Tarifabschluss für die Beschäf-<br />
11<br />
tigten der Beruflichen Fortbildungszentren<br />
der Bayerischen Wirtschaft<br />
hängt am Konflikt über die Arbeitszeit.<br />
Über einen Mantel- und Entgelt-<br />
Tarifvertrag für die etwa 1800<br />
Beschäftigten der Beruflichen<br />
Fortbildungszentren der Bayerischen<br />
Wirtschaft (bfz) und die<br />
einiger Tochterfirmen verhandelt<br />
die <strong>GEW</strong> Bayern mit den bfz.<br />
Das Unternehmen ist eine Art<br />
Krisengewinnler. An seiner<br />
Größe gemessen gehört es zur<br />
Spitze der Branche, nach dem<br />
Gehaltsniveau liegt es im Mittelfeld.<br />
Die Verhandlungen ziehen<br />
sich schon über zwei Jahre hin.<br />
Der Entwurf für einen Manteltarifvertrag<br />
lässt viele Wünsche<br />
offen, könnte aber beispielsweise<br />
in den Fragen Urlaub und allgemeine<br />
Arbeitsbedingungen<br />
annehmbare Zustände sichern.<br />
Der Abschluss hängt am Konflikt<br />
über die Arbeitszeit. <strong>Im</strong> Unternehmen<br />
gilt die 39-Stunden-<br />
Woche, dazu haben die Beschäftigten<br />
Anspruch auf vier freie<br />
Tage. Die <strong>GEW</strong> will diesen Zustand<br />
tarifvertraglich sichern, die<br />
bfz verlangen mehr „Flexibilität“:<br />
Die Arbeitszeiten sollen in jedem<br />
Arbeitsvertrag einzeln geregelt<br />
werden. Wie immer, wenn es um<br />
einen Haus-Tarifvertrag geht,<br />
müssen die Beschäftigten sich<br />
ihre Wünsche selbst erfüllen. pw<br />
Infos der <strong>GEW</strong> Bayern,<br />
Büro für Weiterbildung,<br />
E-Mail:<br />
gew.peter.weiss@freenet.de
12<br />
Berufliche Bildung<br />
„Den<br />
Versprechungen<br />
der Regierung<br />
stehen die<br />
Realität des<br />
Arbeitsmarkts und<br />
die Konstruktion<br />
des SGB II<br />
entgegen.“<br />
SGB II<br />
Kompetenzwirrwarr<br />
und Reibungsverluste<br />
Ausschlaggebend für den Einsatz<br />
der SGB II-Instrumente darf<br />
nicht die schnelle Bereinigung<br />
der Arbeitslosenstatistik sein,<br />
sondern die Verbesserung langfristiger<br />
Integrationschancen –<br />
vor allem von Jugendlichen.<br />
Bessere Förderung ehemaliger<br />
Sozialhilfeempfänger<br />
durch den Zugang zu den<br />
arbeitsmarktpolitischen Leistungen<br />
des SGB III – mit diesem<br />
Bonbon versuchten die Verfechter<br />
von Hartz IV, allen voran Bundeswirtschaftsminister<br />
Wolfgang Clement<br />
(SPD), die sozialen Einschnitte<br />
zu versüßen, mit denen<br />
die Bezieher des Arbeitslosengelds<br />
(ALG) II seit dem 1. Januar konfrontiert<br />
sind. Wie sieht es damit<br />
konkret aus?<br />
Zunächst: Man kann die beiden<br />
Prinzipien Fördern und Fordern<br />
nicht quasi miteinander verrechnen.<br />
Das heißt: Selbst wenn einige<br />
ALG II-Bezieher durch die intensivere<br />
Förderung einen Arbeitsplatz<br />
finden, bleiben für die meisten<br />
Hartz IV-Opfer der materielle<br />
Verlust und das weitere Abrutschen<br />
in Armut. Vor allem stehen<br />
den Versprechungen der Regierung<br />
die Realität des Arbeitsmarkts<br />
und die Konstruktion des<br />
SGB II entgegen:<br />
Wie sollen ALG II-Empfänger, die<br />
als Langzeitarbeitslose meist „Ver-<br />
mittlungshemmnisse“ aufweisen,<br />
auf einem Arbeitsmarkt unterkommen,<br />
der auch Arbeitslose mit<br />
günstigeren Vorraussetzungen<br />
nicht aufnimmt und der von ständigem<br />
Arbeitsplatzabbau geprägt<br />
ist? Die Hauptursache der Massenarbeitslosigkeit<br />
liegt nicht in<br />
der fehlenden Flexibilität der Betroffenen<br />
und fehlender Vermittlungseffizienz,<br />
sondern am Mangel<br />
an Arbeitsplätzen. Auch wenn<br />
man genauer hinschaut, wie das<br />
mit dem Fördern in der Realität<br />
klappt, sind die Perspektiven eher<br />
düster:<br />
● Der Einsatz der verschiedenen<br />
Arbeitsmarktinstrumente wie die<br />
Qualifizierung nach dem SGB III<br />
ist seit 2003 radikal abgebaut worden.<br />
Das wurde 2005 durch einen<br />
weiteren Absturz der Finanzmittel<br />
fortgesetzt. Die nach SGB II vorgesehene<br />
Förderung für ALG II-<br />
Bezieher ist mit vielen Unsicherheiten<br />
behaftet. Es wurden gespaltene<br />
Zuständigkeiten geschaffen:<br />
Agenturen, Arbeitsgemeinschaften<br />
(ARGEN) und die Institutionen<br />
der optierenden Kommunen, die<br />
in eigener Regie die Betreuung der<br />
Hartz IV-Empfänger übernehmen.<br />
Das erschwert eine gezielte Förderung.<br />
Die Zusammenlegung von<br />
Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollte<br />
die Zuständigkeiten vereinfachen<br />
und „Beratung aus einer<br />
Hand“ gewährleisten. Stattdessen<br />
Kurz und knapp<br />
Expertenpool für Weiterbildner<br />
Ein unabhängiges, überparteiliches Sachverständigengremium für die<br />
Weiterbildung hat die Konzertierte Aktion Weiterbildung (KAW) eingerichtet.<br />
Der KAW gehören Träger,<br />
Institute und Verbände (darunter die<br />
<strong>GEW</strong>) an. Mit Hilfe des Expertenpools<br />
werden Interessenten, die beispielsweise<br />
eine Veranstaltung planen, bei der<br />
Suche nach kompetenten Autoren und<br />
Referenten unterstützt. Zur Themenpalette<br />
der Experten zählen Finanzierung<br />
Lebenslangen Lernens, Qualitätssicherung,<br />
allgemeine und politische Weiterbildung sowie Akkreditierung<br />
und Zertifizierung. Weitere Infos: www.kaw-info.de<br />
Zweiter Literaturwettbewerb für Analphabeten<br />
Den Literaturwettbewerb „wir schreiben“ startet zum zweiten Mal das<br />
Kooperationsprojekt des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV)<br />
und des Bundesverbands Alphabetisierung, APOLL. Teilnehmer aus<br />
Alphabetisierungskursen sind eingeladen, zu<br />
fünf Bildern Texte zu schreiben. Die Bilder sind<br />
den Themenwelten aus www.ich-will-schreiben-lernen.de<br />
entnommen. Eine Fachjury<br />
bewertet die Beiträge. Die Preisträger werden im<br />
September 2005 in Berlin ausgezeichnet.<br />
Einsendeschluss ist der 15. Mai 2005.<br />
Beim ersten Wettbewerb wurden mehr als 230 Texte eingereicht,<br />
30 davon sind in dem Buch Wörtersehnsucht veröffentlicht.<br />
Weitere Infos: www.wir-schreiben.de www.apoll-online.de<br />
www.alphabetisierung.de www.ich-will-schreiben-lernen.de<br />
Jugendliche in der Warteschleife:<br />
Welche Maßnahmen gewährt<br />
ihnen das SGB II?<br />
ist, insbesondere bei den Jugendlichen,<br />
das Gegenteil Realität:<br />
Kompetenzwirrwarr und Reibungsverluste.<br />
Bis heute ist ungeklärt,<br />
wer genau für die Berufsberatung<br />
und Ausbildungsstellenvermittlung<br />
der Jugendlichen (ALG<br />
II-Empfänger oder in einer Bedarfsgemeinschaft<br />
lebend) zuständig<br />
ist. Ob und wann diese euphemistisch<br />
Schnittstellenproblematik<br />
genannte Schwierigkeit überwunden<br />
ist, bleibt zweifelhaft.<br />
● Außerdem ist offen, wie die in<br />
SGB II vorgesehenen Förderinstrumente<br />
eingesetzt werden. Die<br />
Absichtserklärungen der Akteure<br />
deuten darauf hin, dass vor allem<br />
in Ein-Euro-Jobs („Arbeitsgelegenheiten“)<br />
vermittelt werden<br />
Datenbank ausgeweitet<br />
Einen breiten Überblick über die<br />
Bildungsangebote in der Region<br />
Rhein-Main bietet die überarbeitete<br />
Datenbank des Bildungsnetzes<br />
Rhein-Main. Besucher der<br />
online-Plattform können sich<br />
auf einen Blick über die Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
von<br />
mehr als hundert Bildungsträgern<br />
informieren. Der Service ist<br />
kostenlos. Bei Bedarf können<br />
Besucher mit unabhängigen Beratungsstellen<br />
der Walter-Kolb-<br />
Stiftung in Frankfurt und mit<br />
der Beratung der Stadt Offenbach<br />
verbunden werden. In<br />
der Dozentendatenbank können<br />
Träger nach Trainern und Ausbildern<br />
suchen.<br />
Weitere Infos:<br />
www.bildungsnetz-rhein-main.de<br />
wird, statt etwa in Qualifizierung<br />
oder ABM. Die von der Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) eingeführte„Kundengruppendifferenzierung“<br />
(zutreffender wäre der<br />
Begriff „Segmentierung“), die sie<br />
auch auf die ARGEN übertragen<br />
will, verführt dazu, den „schwierigen<br />
Kunden“ in solche Arbeitsgelegenheiten<br />
zu vermitteln statt<br />
ihnen – kostenintensivere – Qualifizierung<br />
zukommen zu lassen.<br />
● Besonders kritisch ist die Situation<br />
bei den Jugendlichen: Zum<br />
einen ist ihnen laut Gesetz<br />
„unverzüglich“ ein Angebot zu<br />
unterbreiten, zum anderen reicht<br />
das Ausbildungsstellenangebot<br />
schon für Jugendliche ohne Problembiografie<br />
bei Weitem nicht<br />
aus. Obwohl auf dem Papier Qualifizierungsmaßnahmen<br />
Priorität<br />
eingeräumt ist, wird man wahrscheinlich<br />
viele Jugendliche in<br />
Maßnahmen und Arbeitsgelegenheiten<br />
unterbringen, die einer<br />
längerfristigen Integration kaum<br />
dienlich sind. Diese Gefahr ist<br />
angesichts des politischen Drucks,<br />
der von der rapide gestiegenen Jugendarbeitslosigkeit<br />
ausgeht, umso<br />
größer.<br />
Dennoch: In den nächsten Monaten<br />
müssen alle Beteiligten – Bildungsträger,<br />
Gewerkschaften, Beiräte<br />
– versuchen, auf die konkrete<br />
Gestaltung der von den<br />
ARGEN beziehungsweise optierenden<br />
Kommunen entwickelten<br />
Arbeitsprogramme Einfluss zu<br />
nehmen: Ausschlaggebend für den<br />
Einsatz der Instrumente darf nicht<br />
das schnelle, möglichst kostengünstige<br />
Verschwinden aus der<br />
Statistik sein, sondern die Verbesserung<br />
langfristiger Integrationschancen.<br />
Gerade bei Jugendlichen<br />
müssen dabei Qualifizierung und<br />
der Abschluss einer Ausbildung<br />
Vorrang haben. Ursula Herdt<br />
Ursula Herdt,<br />
Leiterin des Vorstandsbereichs<br />
Berufliche Bildung<br />
und Weiterbildung
Ganztagsschule<br />
Unvereinbare Professionen?<br />
Die Ganztagsschule soll kommen.<br />
Volkshochschulen könnten<br />
zu pädagogischen Partnern werden.<br />
Doch auf dem neuen Geschäftsfeld<br />
für die Weiterbildung<br />
lauern altbekannte Tücken.<br />
Vier Milliarden schwer ist<br />
das Programm „Zukunft<br />
Bildung und Betreuung“,<br />
mit dem die Bundesregierung den<br />
ganztägigen Betrieb an Schulen<br />
fördert. Für ein Ganztagsschulenprogramm,<br />
bei dem die Qualität<br />
im Vordergrund steht, setzt sich<br />
auch die <strong>GEW</strong> ein. Mit der<br />
Ganztagsschuleninitiative sind<br />
Volkshochschulen (VHS) als pädagogische<br />
Partner angesprochen.<br />
Ein reizvoller Rahmen, um Dozenten<br />
trotz Weiterbildungskrise<br />
zu beschäftigen und andere Formen<br />
des Lernens in Schulen zu<br />
tragen. Die Resonanz jedoch ist<br />
bisher schwach.<br />
Beispiel Rheinland-Pfalz. <strong>Im</strong> Mai<br />
2003 startete der Bund sein Programm<br />
„pro Ganztagsschule“. <strong>Im</strong><br />
März 2004 unterzeichneten der<br />
rheinland-pfälzische Landesbildungsminister<br />
Rolf Zöllner (SPD)<br />
und der Direktor des dortigen<br />
VHS-Verbands, Erich Zehnder, eine<br />
umfangreiche „Rahmenvereinbarung“.<br />
Die Volkshochschulen schlugen<br />
den Schulen eine breite Palette<br />
pädagogischer Angebote vor – zu<br />
Themen aus Politik und Umwelt,<br />
Arbeit und Beruf, Gesundheit und<br />
Sprachen. Ein Jahr später hat sich<br />
erst eines durchgesetzt: Das IT-<br />
Projekt der VHS, in dem Schüler<br />
den Europäischen Computerpass<br />
machen können.<br />
Große Berührungsängste<br />
Nur millimeterweise öffnen die<br />
Schulen ihre Tore. Das gilt fürs<br />
ganze Bundesgebiet, auch wenn es<br />
immer mal wieder engagierte<br />
Kooperationen gibt. Zu unentschieden<br />
stehen die Kultusverwaltungen<br />
der Ganztagsschule gegenüber:<br />
Unterricht plus offenes<br />
Programm danach? Lernen und<br />
Erholen im ganztägigen Wechsel<br />
(rhythmisierte Ganztagsschule)?<br />
Was zahlt der Bund, was das<br />
Land? Zu groß sind die Berührungsängste<br />
zwischen Schulpädagogen<br />
und Erwachsenenbildnern.<br />
Und zu oft steckt der Teufel im<br />
Detail: Ein freiwilliges Lernangebot<br />
im Pflichtbetrieb Schule –<br />
geht das überhaupt?<br />
Neue Arbeitschancen<br />
Claudia Schneider leitet die „Junge<br />
Volkshochschule“ in Hamburg. Sie<br />
kann den Schulen ein breites<br />
Nachmittagsprogramm bieten –<br />
von Gewaltprävention bis zu Entspannungstechniken.<br />
Sie möchte<br />
Schüler mit der VHS in Kontakt<br />
bringen und gleichzeitig Kursleitern<br />
neue Arbeitschancen in der<br />
Ganztagsschule eröffnen. Langsam<br />
laufe die Kooperation in Hamburg<br />
an, so Schneider, vor allem zu Themen<br />
der Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Gleichzeitig tauchen grundsätzliche<br />
Fragen auf: Ist es nicht<br />
besser, wenn ein Kompaktseminar<br />
über Konfliktregulierung an einem<br />
neutralen Ort statt am Tatort Schule<br />
stattfindet? Wer verantwortet die<br />
VHS-Projekte? Können Kursleiter<br />
in Lehrerkonferenzen einbringen,<br />
wie sie Jugendliche erleben? Alles<br />
hänge davon ab, sagt Schneider,<br />
„ob man die Professionen zusammenkriegt.“<br />
In München wirkt die Programmdirektorin<br />
der VHS, Susanne May,<br />
auf die Schulen offenbar zu schnell<br />
und forsch. Sie hat öffentlich von<br />
einer längst „überfälligen Zusammenarbeit“<br />
gesprochen und davon,<br />
dass „die VHS eine Art Frühwarnsystem<br />
ist für das, was an Schulen<br />
schief läuft“. Prompt wenden sich<br />
die potenziellen Partner ab. <strong>Im</strong><br />
Kultusministerium ist zu erfahren,<br />
man verhandle mit Volkshochschulverband,<br />
Sportbund und<br />
Musikrat auf Landesebene über<br />
mögliche Aktivitäten an Ganztagsschulen,<br />
„Zeithorizont völlig offen“.<br />
Und Eva-Maria Volland, Pressesprecherin<br />
im Münchner Schulreferat,<br />
erklärt für die kommunalen<br />
Einrichtungen klipp und klar: „Wir<br />
favorisieren die rhythmisierte<br />
Ganztagsschule. Da passen die Angebote<br />
der Volkshochschule nicht<br />
hinein.“ Helga Ballauf<br />
Berufsbild im Wandel<br />
Jongleure? Knowledge worker? Mittelbeschaffer?<br />
Berufsbilder verändern sich, auch in der Weiterbildung. Wie viel Fluch und wie viel Segen in diesem Prozess stecken, ob sich das Profil einer<br />
Profession schärfen lässt oder ein Sammelsurium an Tätigkeiten übrig bleibt, hängt von Engagement und Reflexion der Profis ab. Zwei Beispiele.<br />
Der Bildungsmanager<br />
Ein stabilerRahmen,<br />
berufliche<br />
Kontinuität<br />
seit<br />
mehr als<br />
25 Jahren:<br />
So sieht<br />
von<br />
Josef Mikschl,<br />
außen<br />
Leiter Grundbildung und betrachtet<br />
Integration,VHS Kiel Josef<br />
Mikschls<br />
Arbeit an der Volkshochschule<br />
(VHS) in Kiel aus. Der Buchhändler,<br />
der auf dem zweiten Bildungsweg<br />
Realschullehrer wurde, ging an<br />
Der Sponsorenjäger<br />
Erwachsenenbildung<br />
von<br />
der Regelförderungunabhängig<br />
machen<br />
und statt-<br />
Thomas Ritschel, dessen<br />
pädagogischer Leiter von Mal<br />
der Evangelischen zu Mal<br />
Erwachsenenbildung Jena um Mittel<br />
für<br />
Projekte kämpfen – das klingt<br />
kurios. Thomas Ritschel geht diesen<br />
Weg seit ein paar Jahren.<br />
Dass ihm die aktuelle Entwicklung<br />
recht gibt, freut den<br />
geschäftsführenden pädagogi-<br />
die Volkshochschule, gab Kurse<br />
zum Nachholen des Hauptschulabschlusses.<br />
Schließlich übernahm er<br />
die Leitung der Abteilung Grundbildung<br />
und Integration. Vom Lehrer<br />
zum Bildungsmanager – kein<br />
ungewöhnlicher Schritt für hauptamtliche<br />
Weiterbildner.<br />
„Mittlerweile ist das Ökonomische<br />
in den Vordergrund getreten“, sagt<br />
Mikschl. Die Kommune kürzt das<br />
VHS-Budget, die Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) vergibt Kurse bevorzugt<br />
an Billiganbieter, die Konkurrenz<br />
unter den Weiterbildungsträgern<br />
wächst. Der Bildungsmanager<br />
musste in den vergangenen zwei<br />
Jahren den Rückbau seiner Abtei-<br />
schen Leiter der Evangelischen<br />
Erwachsenenbildung (EEBT) in<br />
Jena nicht: Ohne Vorankündigung<br />
hat die thüringische Landesregierung<br />
ihren Zuschuss halbiert.<br />
Wie lange er sich auf regelmäßige<br />
Zuwendungen der Kirche<br />
verlassen kann, ist ebenso fraglich.<br />
Ritschel hat früh bei Stiftungen<br />
und Sponsoren in der<br />
Region angeklopft und eine<br />
regionale „Förderer-Datenbank“<br />
aufgebaut. Nun setzt er beim<br />
Spenden eintreiben (Fundraising)<br />
verstärkt auf die ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter. Vom gelernten Werkzeugbauer<br />
zum studierten Theologen<br />
– vom Lehrbeauftragten an<br />
der Fachhochschule zum Manager<br />
werteorientierter Erwachsenenbil-<br />
lung managen. Das bedeutet: Zusehen,<br />
dass Kollegen anderswo in der<br />
Stadtverwaltung eine interessante<br />
Aufgabe finden; die eigenen Angebote<br />
daraufhin durchforsten, was<br />
wegfallen kann. Auf Personal und<br />
Programm verzichten – ein schwieriges<br />
Unterfangen für engagierte<br />
Erwachsenenbildner. Mikschl: „Wir<br />
neigen dazu, alles über den eigenen<br />
Einsatz möglich zu machen. Doch<br />
irgendwann ist die Gesundheit in<br />
Gefahr und auch die Qualität der<br />
Arbeit.“ Der Punkt, an dem ein verantwortungsvoller<br />
Chef Nein sagen<br />
und weitere Zumutungen abwehren<br />
muss.<br />
„Manchmal ist es schwer, sich selbst<br />
dung: Für Ritschel öffneten sich<br />
mit dem Ende der DDR neue<br />
berufliche Perspektiven. Er nutzte<br />
die Chance und sagt heute: „Ich<br />
schöpfe wesentlich aus dieser Biografie<br />
und den Beziehungen, die<br />
dabei gewachsen sind.“<br />
Die EEBT ist ein Zusammenschluss<br />
evangelischer, vor allem<br />
aber kirchenunabhängiger Gruppen,<br />
die rund 2500 Veranstaltungen<br />
pro Jahr auf die Beine stellen.<br />
Das Programm lebt vom ehrenamtlichen<br />
Engagement. Festangestellte<br />
wie Ritschel begleiten und<br />
schulen: Telefonseelsorger, Freiwillige<br />
für die Hospizarbeit oder Seniorencoachs,<br />
die Schülern in den<br />
Beruf helfen. Ritschel: Qualität der<br />
Arbeit macht unser Profil aus.<br />
zu motivieren. Aber die Situation<br />
schärft auch den Blick für das<br />
Wesentliche“, sagt der Profi. Darum<br />
definiert die VHS Kiel nun die<br />
Aufgaben neu. Für Mikschls Abteilung<br />
heißt das: Die Integrationskurse<br />
für Zuwanderer samt Beratung<br />
und Betreuung bleiben das Kernstück.<br />
„Das entspricht dem gesellschaftspolitischen<br />
Auftrag der VHS<br />
und rechtfertigt die kommunalen<br />
Zuschüsse.“ Josef Mikschl hält auch<br />
den Kieler Weiterbildungsverbund,<br />
dessen Sprecher er ist, zusammen:<br />
„Wir Träger müssen andere Rahmenbedingungen<br />
für die Weiterbildung<br />
fordern. Dann kann die Krise<br />
auch eine Chance sein.“<br />
Es ist in Ostdeutschland nicht<br />
leicht, Firmenspenden zu bekommen.<br />
Nicht jeder Sponsor kommt<br />
in Frage: „Mit der Kulturstiftung<br />
der deutschen Atomwirtschaft<br />
machen wir nichts.“ Also muss Ritschel<br />
immer wieder Neues auftun –<br />
von Kunstprojekten bis zum<br />
generationsübergreifenden Lernen.<br />
Und dabei aufpassen, „etwas nicht<br />
nur deshalb zu machen, weil’s dafür<br />
gerade Mittel gibt“. Ein Korrektiv<br />
hat Ritschel im Leitungsteam, ein<br />
zweites im Jenaer Fundraising-<br />
Stammtisch: Dort laufen alle Fäden<br />
für gemeinnützige Kultur- und Bildungsaktivitäten<br />
der Stadt zusammen.<br />
Ein lebendiges Netzwerk als<br />
Rückhalt – wenn alle Gewissheiten<br />
wegbrechen. Helga Ballauf<br />
Arbeitsfeld Weiterbildung<br />
13<br />
„Nur millimeterweise<br />
öffnen die<br />
Schulen ihre Tore.<br />
Zu groß sind die<br />
Berührungsängste<br />
zwischen<br />
Schulpädagogen<br />
und<br />
Weiterbildnern.“
14<br />
Hintergrund<br />
„In Italien ist die<br />
Weiterbildungsbeteiligung<br />
von<br />
Region zu Region<br />
sehr unterschiedlich.“<br />
„<strong>Im</strong> Vergleich zur<br />
Erhebung aus<br />
dem Jahr 2000<br />
ging die Zahl der<br />
Teilnehmer in formal<br />
organisierter<br />
Weiterbildung auf<br />
41 Prozent<br />
zurück.“<br />
Wie machen<br />
es die Anderen?<br />
Das italienische Weiterbildungssystem<br />
ist weitgehend dezentral<br />
organisiert. Mit Bildungsgutscheinen<br />
wurden keine guten<br />
Erfahrungen gesammelt.<br />
In Italien gibt es weniger<br />
betriebliche Weiterbildung als<br />
in den meisten anderen europäischen<br />
Ländern. 1999 beteiligten<br />
sich lediglich 24 Prozent aller<br />
Unternehmen an der Weiterbildung<br />
der Beschäftigten (zum Vergleich:<br />
in Dänemark 96 Prozent,<br />
Schweden 91 Prozent, Deutschland<br />
75 Prozent). Trotzdem lohnt<br />
ein Blick auf die italienische Weiterbildungslandschaft,<br />
die – vor<br />
allem in der beruflichen Weiterbildung<br />
– durchaus interessante<br />
Details aufweist.<br />
Provinzen entscheiden<br />
Weiterbildung ist in Italien weitgehend<br />
dezentral organisiert. Über<br />
Struktur und Finanzierung entscheiden<br />
die Provinzen. Eine der<br />
Umgehorcht:<br />
Wer bildet sich weiter in<br />
Deutschland?<br />
Die Ergebnisse der Weiterbildungsumfrage<br />
2003 liegen jetzt<br />
auf dem Tisch. Das Berichtssystem<br />
Weiterbildung hat 7000<br />
Menschen befragt. Die Umfrage<br />
zeigt: Trotz großen Interesses<br />
nehmen immer weniger Menschen<br />
die Angebote wahr.<br />
Das Interesse an Weiterbildung<br />
ist in Deutschland<br />
ungebrochen, die Beteiligung<br />
an den Angeboten jedoch<br />
geht weiter zurück. Das ist das<br />
Ergebnis einer repräsentativen<br />
Umfrage des Berichtssystems Weiterbildung<br />
2003, die jetzt veröffentlicht<br />
worden ist.<br />
Von Februar bis Mai 2004 wurden<br />
bundesweit 7000 Menschen zwischen<br />
19 und 64 Jahren befragt,<br />
wie oft sie 2003 an einer Weiterbildung<br />
teilgenommen haben. <strong>Im</strong><br />
wichtigsten zentralen Regelungen<br />
wurde Anfang der 90er-Jahre mit<br />
dem Gesetz 236/1993 geschaffen.<br />
Es sieht ein individuelles Recht<br />
auf Weiterbildung vor. Darunter<br />
werden nicht nur individuelle<br />
Qualifizierungsmaßnahmen verstanden,<br />
die unmittelbar beruflich<br />
verwertbar sind, sondern auch<br />
Weiterbildungen, die über den<br />
konkreten beruflichen Bedarf hinausreichen.<br />
Um dies zu finanzieren,<br />
sollen die Unternehmen laut<br />
Gesetz 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme<br />
in einen Fonds einzahlen.<br />
Bisher ist dieser Fonds bei<br />
der nationalen Sozialversicherungsanstalt<br />
(INPS) angesiedelt.<br />
Künftig kann er von privatrechtlichen<br />
Organisationen verwaltet<br />
werden, um branchenspezifische<br />
Besonderheiten zu berücksichtigen.<br />
Ein Drittel der Fondsmittel<br />
wird für berufliche Weiterbildung<br />
festgeschrieben, zwei Drittel sollen<br />
dem öffentlichen Berufsbildungssystem<br />
zugute kommen,<br />
Vergleich zur Erhebung aus dem<br />
Jahr 2000 ging die Zahl der Teilnehmer<br />
in formal organisierter<br />
Weiterbildung wie Lehrgängen<br />
und Kursen um zwei Punkte auf<br />
41 Prozent zurück. Das betrifft<br />
vor allem die berufliche Weiterbildung,<br />
die gegenüber 2000 um drei<br />
Punkte auf 26 Prozent gesunken<br />
ist. Dies ist auch Folge der drastischen<br />
Kürzungen der nach SGB<br />
III geförderten Maßnahmen, die<br />
sich 2003 erstmals bemerkbar<br />
machten. Dagegen bleibt die<br />
Quote bei der allgemeinen Weiterbildung<br />
stabil: 26 Prozent. Am<br />
stärksten gefragt sind Weiterbildungen<br />
in EDV, Internet und<br />
Fremdsprachen. Bei den Erwerbstätigen<br />
ist die Beteiligung auch<br />
außerhalb von Lehrgängen oder<br />
Kursen um sechs Punkte auf 61<br />
Prozent zurückgegangen.<br />
Blick ins Ausland<br />
das auch die Erstausbildung umfasst.<br />
Recht auf Bildungsurlaub<br />
Wichtig ist zudem das Gesetz über<br />
Arbeitsfreistellungen im Rahmen<br />
von Ausbildungsmaßnahmen. Danach<br />
haben Arbeitnehmer, die<br />
mindestens seit fünf Jahren dem<br />
Betrieb angehören, das Recht auf<br />
Arbeitsfreistellung für Ausbildungsmaßnahmen<br />
bis zu elf<br />
Monaten. Der Staat, die Regionen<br />
und die Kommunen sollen ein<br />
angemessenes Ausbildungsangebot<br />
bereit stellen. Während dieses<br />
Bildungsurlaubs behält der Arbeitnehmer<br />
seinen Arbeitsplatz, hat<br />
aber keinen Anspruch auf Vergütung.<br />
Die Weiterbildung kann<br />
über den branchenübergreifenden<br />
Fonds finanziert werden.<br />
In Italien ist die Weiterbildungsbeteiligung<br />
von Region zu Region<br />
sehr unterschiedlich. Die Differenzen<br />
hängen mit der Autonomie<br />
der Provinzen bei der Gestaltung<br />
Insgesamt haben 68 Prozent der<br />
19- bis 64-Jährigen im Jahr 2003<br />
an einer oder mehreren Formen<br />
von Weiterbildung teilgenommen.<br />
Jüngere bilden sich weiter<br />
Die Erhebung bestätigt den Trend,<br />
dass sich vor allem jüngere und<br />
besser ausgebildete Menschen weiterbilden.<br />
In der Altersgruppe von<br />
19 bis 34 und 35 bis 49 Jahren lag<br />
die Weiterbildungsquote jeweils<br />
bei 46 Prozent, unter den 50 bis<br />
64-Jährigen werden dagegen nur<br />
31 Prozent erreicht. 59 Prozent<br />
der Befragten mit Abitur bilden<br />
sich weiter, aber nur 28 Prozent<br />
der Menschen mit einem niedrigeren<br />
Schulabschluss.<br />
Zu einem ähnlichen Ergebnis<br />
kommt die Untersuchung, wenn<br />
man den formalen Berufsabschluss<br />
und Weiterbildungsbereit-<br />
der Weiterbildung zusammen. Das<br />
gilt für die allgemeine ebenso wie<br />
für die betriebliche Weiterbildung.<br />
So bildet in Südtirol etwa jedes<br />
zweite Unternehmen weiter, im<br />
Rest des Landes liegt der Schnitt<br />
bei etwas über 25 Prozent. Südtirol<br />
hat weitere Besonderheiten:<br />
Nur hier gibt es eine duale Berufsausbildung<br />
entsprechend dem<br />
deutschen System. Südtirol ist<br />
zudem ausgesprochen experimentierfreudig<br />
in der Finanzierung<br />
von Weiterbildung. 1997 wurde<br />
beispielsweise ein Modell mit Bildungsgutscheinen<br />
erprobt. Bei<br />
Verwaltung, Politikern und beteiligten<br />
Bildungsinstitutionen war<br />
die Akzeptanz sehr hoch. Die<br />
Empfänger der Bildungsgutscheine<br />
allerdings blieben zurückhaltend:<br />
Nur sieben Prozent der Gutscheine<br />
wurden eingelöst. Die<br />
Erfahrungen in Südtirol haben<br />
gezeigt, dass Bildungsgutscheine<br />
kein effektives Instrument der Bildungspolitik<br />
sind. Roman Jaich<br />
Weiterbildungsstudie<br />
Interesse groß, Beteiligung sinkend<br />
schaft zueinander in Beziehung<br />
setzt. Demnach bilden sich 62<br />
Prozent der Akademiker weiter,<br />
ohne Berufsausbildung sind es<br />
nur 23 Prozent. Erwerbstätige<br />
nehmen häufiger an Weiterbildung<br />
teil (48 Prozent) als Nicht-<br />
Erwerbstätige (26 Prozent). Beamte<br />
beteiligen sich stärker (68 Prozent)<br />
als Selbstständige (55 Prozent),<br />
Angestellte (49 Prozent)<br />
und Arbeiter (31 Prozent).<br />
Frauen (40 Prozent) und Männern<br />
(42 Prozent) nutzen Weiterbildungen<br />
in etwa gleichem Umfang,<br />
Ausländer mit 29 Prozent wesentlich<br />
seltener als Deutsche (42 Prozent).<br />
tf<br />
Die Studie steht zum Download<br />
unter: www.bmbf.de/pub/<br />
berichtssystem_weiterbildung_9.pdf
In Baden-<br />
Württemberg<br />
liegen<br />
die Schulen<br />
des<br />
Zweiten<br />
Bildungsweges<br />
fast<br />
ausschließlich<br />
in der<br />
Hand privater<br />
Träger. 2005 müssen sie<br />
mit weniger Geld auskommen.<br />
Der Zweite Bildungsweg<br />
zum Realschulabschluss,<br />
zur Fachhochschulreife<br />
und zum Abitur wird in Baden-<br />
Württemberg nach dem Privatschulgesetz<br />
in der Fassung vom<br />
1. Januar 1990 geregelt. <strong>Im</strong> Ländle<br />
gibt es lediglich ein öffentliches<br />
Kolleg in Mannheim mit 91<br />
Teilnehmern. Weitere fünf Kollegs,<br />
43 Abendrealschulen und 19<br />
Abendgymnasien mit insgesamt<br />
6000 Teilnehmern sind nicht in<br />
öffentlicher Trägerschaft und somit<br />
eher „freie Unterrichtseinrichtungen“<br />
als Ersatzschulen.<br />
Insgesamt besuchen 6100 Schüler<br />
die allgemein bildenden Schulen<br />
des zweiten Bildungswegs. Das<br />
sind sieben Prozent mehr als im<br />
Vorjahr. <strong>Im</strong> Langzeitvergleich<br />
zum Schuljahr 1993/94 ist die<br />
Teilnehmerzahl an diesen Schulen<br />
um zwei Drittel gestiegen.<br />
Etwa ein Drittel der Teilnehmer<br />
und Teilnehmerinnen hat einen<br />
Migrationshintergrund.<br />
Da es nur ein Angebot für den<br />
Zweiten Bildungsweg in öffentlicher<br />
Trägerschaft gibt, wurden<br />
die privaten Abendrealschulen,<br />
Abendgymnasien und Kollegs<br />
vom Land stärker gefördert als<br />
andere private Schulen wie allgemeinbildende<br />
oder berufliche<br />
Schulen. Mit der Verabschiedung<br />
des Haushaltsstrukturgesetzes<br />
2005 wird das Privatschulgesetz<br />
geändert. Es legt die Höhe<br />
der Landeszuschüsse fest. Bisher<br />
wurden die privaten Ersatzschulen<br />
nominell mit 100 Prozent der<br />
Miet-, Sach- und Personalkosten<br />
vom Land gefördert. Verwaltungsund<br />
Hausmeisterkosten wurden<br />
nur geringfügig bezuschusst,<br />
Krankheitsvertretungen nicht. Die<br />
meisten Schulen erhoben von<br />
Initiative<br />
Bundesweiter Erfahrungsaustausch<br />
<strong>GEW</strong>-Arbeitsgruppe Zweiter Bildungsweg<br />
gegründet.<br />
Eine Arbeitsgruppe Abendschulen/ZweiterBildungsweg<br />
hat sich Ende vergangenen<br />
Jahres im Bereich Berufliche<br />
Bildung und Weiterbildung beim<br />
<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand gegründet.<br />
Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den<br />
Erfahrungs- und Informationsaus-<br />
tausch über die Arbeit im Zweiten<br />
Bildungsweg bundesweit zu verbessern.<br />
Die Arbeitsgruppe wird von<br />
Klaus Rampold, Mitglied im <strong>GEW</strong>-<br />
Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung,<br />
betreut.<br />
Das erste Treffen fand am 18. Dezember<br />
2004 in Frankfurt am Main<br />
statt. Vertreten waren Kolleginnen<br />
und Kollegen von Abendhauptund<br />
Abendrealschulen sowie von<br />
ihrer Klientel geringfügige Aufnahme-<br />
und Verwaltungsgebühren<br />
oder beides. Die Lehrkräfte werden<br />
in Baden-Württemberg laut<br />
Gesetz nach BAT bezahlt, angelehnt<br />
an die Vergütung gleich qualifizierter<br />
angestellter Lehrer im<br />
öffentlichen Dienst.<br />
Kurzfristig zurückgeschraubt<br />
Das Haushaltstrukturgesetz 2005<br />
sah zunächst eine Kürzung der<br />
bisherigen Leistungen des Lands<br />
auf 80 Prozent vor (s. „Erziehung<br />
und Wissenschaft“ 2/2005). Unter<br />
dem Druck einer zentralen Demonstration<br />
der Betroffenen in<br />
der weihnachtlich belebten Stuttgarter<br />
Innenstadt, unter dem<br />
Druck von 23.000 Protestunterschriften,<br />
eines beachtlichen Medieninteresses<br />
und heftiger Diskussionen<br />
im Landtag wurde diese<br />
Kürzung auf 90 Prozent zurückgeschraubt.<br />
Höhere Gebühren<br />
Kein Grund zur Entwarnung, meinen<br />
die Schulleitungen. Die Kolping<br />
Kollegs beabsichtigen, die<br />
zusätzlichen Kosten „rein markt-<br />
Abendgymnasien aus Hessen, Niedersachsen,<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
und Berlin. Themen waren die Eigenständigkeit<br />
dieses Bildungsbereiches,<br />
neue Verwaltungsregelungen,<br />
Qualitätssicherung und Bildungsinhalte,<br />
Kürzung öffentlicher<br />
Mittel, die Lage von Studierenden<br />
und Lehrkräften sowie Vergleichsarbeiten<br />
und zentrale Prüfungen.<br />
Die nächste Zusammenkunft wird<br />
Pauken zu höheren Gebühren:Wenn<br />
das Land den Geldhahn zudreht,<br />
wird es teuer für die Teilnehmer des<br />
Zweiten Bildungswegs.<br />
Baden-Württemberg<br />
Die Privaten führen Regie<br />
wirtschaftlich“ auf die Schüler<br />
umzulegen. Das würde eine Erhöhung<br />
der Gebühren von 35 auf<br />
80 Euro bedeuten. Einige der<br />
Schulen werden um ihr Überleben<br />
kämpfen müssen, denn nicht<br />
wenige ihrer Schüler leben von<br />
Bafög oder 400-Euro-Jobs. Am<br />
Mannheimer Abendgymnasium<br />
müsste die derzeitige Verwaltungsgebühr<br />
von monatlich 22 auf 72<br />
Euro erhöht werden. Die Folge:<br />
Die Schülerzahlen gehen zurück,<br />
mittelfristig werden die Gebühren<br />
weiter erhöht.<br />
Die Volkshochschule Stuttgart<br />
lehnt ein Abendgymnasium nur für<br />
Besserverdiener ab. Sie rechnet mit<br />
einem Haushaltloch von 300 000<br />
Euro im Jahr. Um dieses Loch zu<br />
stopfen, bemüht sie sich zurzeit um<br />
andere Fördergelder, beispielsweise<br />
von der Stadt. Ob dies gelingt,<br />
bleibt abzuwarten. Allenfalls käme<br />
für die Volkshochschule eine minimale<br />
Erhöhung der Gebühren in<br />
Frage. Sonst würde sie das ihr in<br />
der Nachkriegszeit erteilte Mandat,<br />
Träger des Zweiten Bildungsweges<br />
zu sein, an den Landtag zurückgeben.<br />
Margrit Schatz<br />
nach den Sommerferien in Kassel<br />
stattfinden. Wer an der Arbeitsgruppe<br />
teilnehmen möchte oder<br />
an Informationen über den Zweiten<br />
Bildungsweg und Abendschulen<br />
in den Bundesländern interessiert<br />
ist, kann sich beim <strong>GEW</strong>-<br />
Hauptvorstand, Bereich Berufliche<br />
Bildung und Weiterbildung, melden.<br />
Kontakt: 0 69/7 89 73-3 19 kr<br />
Serie: Zweiter Bildungsweg<br />
Der Zweite Bildungsweg ist<br />
in den Bundesländern<br />
unterschiedlich organisiert.<br />
In „prekär“ 13/2004 haben<br />
wir das Thema Zweiter<br />
Bildungsweg ausführlich<br />
dargestellt. Deutlich wurde:<br />
Kaum einer hat den<br />
Überblick. Deshalb führt<br />
die „prekär“ das Thema als<br />
Serie fort. Die Organisation<br />
des Zweiten Bildungswegs<br />
in den verschiedenen<br />
Bundesländern wird<br />
schrittweise vorgestellt.<br />
15<br />
„Unter dem<br />
Druck von<br />
Protestunterschriften<br />
und heftiger<br />
Diskussion im<br />
Landtag, wurde die<br />
Kürzung um<br />
90 Prozent zurückgeschraubt.“
16<br />
Vorname/Name<br />
Straße/Nr.<br />
PLZ/Ort<br />
Service<br />
Telefon Fax<br />
E-Mail<br />
<strong>Im</strong>pressum<br />
prekär<br />
Zeitung der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
für die Beschäftigten<br />
in der Weiterbildung<br />
ISSN 1612-4197<br />
Herausgeber:<br />
Hauptvorstand der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Postfach 90 04 09<br />
60444 Frankfurt am Main<br />
Telefon 0 69/7 89 73-0<br />
Telefax 0 69/7 89 73-2 01<br />
E-Mail: info@gew.de<br />
Internet: www.gew.de<br />
Redaktion:<br />
Ulf Rödde (verantwortlich)<br />
Anja Dilk<br />
Torsten Fust<br />
Michael Großkopf<br />
Frank-Michael Männicke<br />
Inge Müller<br />
Otto Radauscher-Weidinger<br />
Paul Weitkamp<br />
Fotos:<br />
zplusz, David Ausserhofer<br />
Karikaturen:<br />
Thomas Plaßmann<br />
Gestaltung:<br />
Werbeagentur Zimmermann GmbH,<br />
Frankfurt am Main<br />
Druck:<br />
apm AG, Darmstadt<br />
Auflage: 16 000<br />
April 2005<br />
Lamy Logo Set.<br />
Kuli und Druckbleistift im<br />
Lederetui.<br />
Für eine Werbung.<br />
Bitte schicken Sie mir das Lamy Logo Set. *<br />
Bitte schicken Sie mir den Prämienkatalog. *<br />
Fotomontage: zplusz<br />
Bitte ausschneiden<br />
und schicken an:<br />
Gewerkschaft Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Hauptvorstand,<br />
Postfach 90 04 09,<br />
60444 Frankfurt am Main<br />
Ich habe die nebenstehend<br />
genannte Person als neues<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglied geworben.<br />
Stöbern und Studieren<br />
Bücher,Veröffentlichungen,<br />
Dokumente<br />
Eine Geschichte,<br />
die Mut macht<br />
Mit „Botschaft zum Glück“ hat<br />
Marion Döbert, Vorstands-Mitglied<br />
des Bundesverbands Alphabetisierung,<br />
eine Geschichte geschrieben,<br />
die Mut machen soll,<br />
auch als Erwachsener noch Lesen<br />
und Schreiben zu lernen. <strong>Im</strong> Mittelpunkt<br />
ihres Buchs steht Martin,<br />
der nicht richtig schreiben und<br />
lesen kann und der mit Hilfe seines<br />
Sohnes, dem Internet und<br />
einer e-Mail die Frau seiner Träume<br />
wiedersieht.<br />
Marion Döbert: Botschaft zum Glück –<br />
Eine Liebesgeschichte, 1.Auflage 2004,<br />
39 Seiten, 6,60 Euro. (im Buchhandel)<br />
Trends in der<br />
Weiterbildung<br />
Eine Studie über Trends in der<br />
beruflichen Weiterbildung hat der<br />
Deutsche Volkshochschulverband<br />
(DVV) veröffentlicht. Die Publikation<br />
des DVV zum Programmangebot<br />
von Volkshochschulen<br />
(VHS) basiert auf Auswertungen<br />
der Programmpläne von mehr als<br />
40 Einrichtungen. Daneben haben<br />
die Forscher Internetangebote untersucht<br />
und Telefoninterviews<br />
mit Programmplanern an den<br />
Volkshochschulen geführt. Die<br />
Studie richtet sich besonders an<br />
VHS-Programmplaner, die einen<br />
Überblick über Trends im Angebot<br />
und wichtige Anregungen für<br />
ihre tägliche Arbeit bekommen<br />
möchten.<br />
Die Publikation kann für 14,90 Euro<br />
plus zwei Euro Porto und Verpackung<br />
bestellt werden beim Deutschen Volkshochschulverband<br />
Sascha Rex<br />
Obere Wilhelmstraße 32<br />
53225 Bonn<br />
Tel.: 02 28/9 75 69-28<br />
Fax: 02 28/9 75 69-78<br />
rex@dvv-vhs.de<br />
Beitrittserklärung Bitte in Druckschrift ausfüllen.<br />
Vorname/Name<br />
Straße/Nr.<br />
Land/PLZ/Ort<br />
Geburtsdatum/Nationalität<br />
<strong>GEW</strong>-Dokumentationen<br />
zur Weiterbildung<br />
Der Organisationsbereich „Berufliche<br />
Bildung und Weiterbildung“<br />
beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand veröffentlicht<br />
regelmäßig aktuelle Informationen<br />
und Dokumentationen<br />
zu den Themen Berufliche<br />
Bildung und Weiterbildung. Die<br />
folgenden Titel können bestellt<br />
werden:<br />
29/2004: Bund Länder Kommission:<br />
Strategie für lebenslanges Lernen in der<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
30/2004: Berufliche und soziale Lage von<br />
Lehrenden in der Weiterbildung –<br />
Bericht zur Pilotstudie von TNS Infratest<br />
Sozialforschung, hrsg. vom BMBF<br />
34/2004:Abschlussbericht der Expertenkommission<br />
zur Finanzierung Lebenslangen<br />
Lernens - Ergebnisprotokoll des<br />
<strong>GEW</strong>-Expertengesprächs<br />
38/2004: Gewerkschaftliche Bildungspolitik<br />
III/2004: „Thesen zur Berufs- und<br />
Weiterbildungsberatung von Ursula<br />
Herdt“<br />
42/2004: BMBF, Ministerium für Bildung,<br />
Wissenschaft, Forschung und Kultur des<br />
Landes Schleswig-Holstein: Stellungnahme<br />
zum Vorschlag der EU-Kommission<br />
für ein integriertes Aktionsprogramm im<br />
Bereich des lebenslangen Lernens<br />
48/2004:Verordnung der Bundesregierung<br />
über die Durchführung von Integrationskursen<br />
für Ausländer und Spätaussiedler<br />
(Integrationsverordnung – IntV)<br />
01/2005: Evaluation der Wirksamkeit des<br />
Weiterbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen<br />
– Gutachten der Sozialforschungsstelle<br />
Dortmund<br />
Bestelladresse:<br />
<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />
Brigitte Kramer<br />
Postfach 900409<br />
60444 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 0 69/7 89 73-327<br />
Fax: 0 69/7 89 73-103<br />
brigitte.kramer@gew.de<br />
www.gew.de<br />
Bisher gewerkschaftlich organisiert bei von bis (Monat/Jahr)<br />
Jedes Mitglied der <strong>GEW</strong> ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten<br />
und seine Zahlungen daraufhin regelmäßig zu überprüfen.<br />
Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag erkenne ich die Satzung der <strong>GEW</strong> an und<br />
ermächtige die <strong>GEW</strong> zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag<br />
vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen.<br />
Ort/Datum Unterschrift<br />
?<br />
Seit Juni 2004 gibt es eine Verordnung<br />
„über das Verfahren zur<br />
Anerkennung von fachkundigen<br />
Stellen sowie zur Zulassung von<br />
Trägern und Maßnahmen der<br />
beruflichen Weiterbildung nach<br />
dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch“<br />
(SGB III). Ein langweiliger<br />
Titel, doch es geht um Einiges:<br />
Welche Einrichtungen dürfen<br />
welche Kurse im Bereich der<br />
Förderung beruflicher Weiterbildung<br />
nach SGB III durchführen.<br />
Bisher war dafür die Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) zuständig.<br />
Mit der neuen Verordnung<br />
wird diese Aufgabe ausgegliedert.<br />
Zukünftig gibt es ein zweistufiges<br />
Verfahren. Eine Anerkennungsstelle<br />
der BA beauftragt<br />
so genannte „Fachkundige<br />
Stellen“ damit, Träger und Maßnahmen<br />
auf ihre Solidität und<br />
Qualität zu prüfen. Die Verordnung<br />
hat für dieses Verfahren<br />
einen groben Rahmen formuliert.<br />
Der Teufel steckt jedoch im<br />
Detail.<br />
Ein Beispiel: Da nicht jede einzelne<br />
Maßnahme eines Trägers<br />
geprüft werden kann, soll es eine<br />
Referenz-Auswahl geben. Doch<br />
nach welchen Kriterien wird diese<br />
vorgenommen? Nach Stichprobe,<br />
jede zehnte Maßnahme oder jede<br />
zwanzigste? Ein anderes Beispiel:<br />
Träger müssen ein System zur<br />
Sicherung der Qualität vorweisen.<br />
Die Verordnung schreibt<br />
nicht vor, welches System das<br />
sein soll. Sie können<br />
unter einer Vielfalt von Qualitätssicherungssystemen<br />
wählen.<br />
Doch wie soll überprüft werden,<br />
ob die und wie die Qualitätssysteme<br />
eingehalten werden?<br />
Ihre Daten sind entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt.<br />
Telefon Fax<br />
E-Mail<br />
* Dieses Angebot gilt nicht in den <strong>GEW</strong>-Landesverbänden Bayern, Berlin und Sachsen.<br />
Vorgestellt: Institutionen der Weiterbildung<br />
Was macht eigentlich ...<br />
...der Anerkennungsbeirat?<br />
Details klären<br />
Die Klärung dieser Details<br />
gehört zu den Aufgaben eines<br />
Anerkennungsbeirats, der die<br />
Anerkennungsstelle durch Emp-<br />
Berufsbezeichnung/-ziel beschäftigt seit Fachgruppe<br />
Name/Ort der Bank<br />
Kontonummer BLZ<br />
Tarif-/Besoldungsgruppe Bruttoeinkommen Euro monatlich<br />
Betrieb/Dienststelle Träger<br />
Straße/Nr. des Betriebes/der Dienststelle PLZ/Ort<br />
fehlungen unterstützen soll.<br />
Dem Anerkennungsbeirat gehören<br />
neun Mitglieder an. Bisher<br />
benannt wurden: Je eine Vertreterin<br />
oder ein Vertreter der<br />
Länder, der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer, der Arbeitgeber,<br />
des Bundesministeriums für<br />
Wirtschaft und Arbeit (BMWA)<br />
und des Bundesministeriums für<br />
Bildung und Forschung (BMBF)<br />
sowie drei unabhängige Expertinnen<br />
und Experten. Wer mitgezählt<br />
hat, kommt nur auf acht<br />
Mitglieder. Der Sitz der Bildungsverbände<br />
ist noch vakant.<br />
Für die Bildungsverbände ist nur<br />
ein Sitz vorgesehen. Doch die<br />
Bildungslandschaft ist sehr heterogen.<br />
Die Bildungsträger haben<br />
sich in verschiedenen Verbänden<br />
zusammengeschlossen. Dabei<br />
gibt es welche, die man eher<br />
dem Arbeitnehmer-, und andere,<br />
die man eher dem Arbeitgeberlager<br />
zuordnen kann. Wie sollen<br />
sie sich auf einen Sitz einigen?<br />
Es gibt bisher jedoch keine Verständigung.<br />
Die Erfahrungen der<br />
Bildungsverbände sind jedoch<br />
sehr wichtig für die Arbeit des<br />
Anerkennungsbeirats. Deswegen<br />
ist eine schnelle Übereinkunft<br />
wünschenswert.<br />
Trübe Vorzeichen<br />
Der Anerkennungsbeirat hat erst<br />
in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen.<br />
Die Bewährungsprobe<br />
für die neue Verordnung steht<br />
noch bevor. Die Vorzeichen sind<br />
nicht verheißungsvoll. Die Teilnehmerzahlen<br />
an beruflichen<br />
Qualifizierungsmaßnahmen befinden<br />
sich im freien Fall. In den<br />
vergangenen Jahren sind sie jeweils<br />
um fast 30 Prozent für die<br />
SGB III-Maßnahmen gesunken.<br />
Hermann Nehls<br />
Mitglied des Anerkennungsbeirats für die<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
Kontakt: herman.nehls@bvv.dgb.de<br />
Beschäftigungsverhältnis<br />
angestellt<br />
beamtet<br />
Honorarkraft<br />
in Rente<br />
pensioniert<br />
Altersübergangsgeld<br />
arbeitslos<br />
beurlaubt ohne Bezüge<br />
teilzeitbeschäftigt mit<br />
Std./Woche<br />
im Studium<br />
ABM<br />
Vorbereitungsdienst/<br />
Berufspraktikum<br />
befristet bis<br />
Sonstiges<br />
Vielen Dank!<br />
Ihre <strong>GEW</strong>