FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2018
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OPEN AIR<br />
116<br />
lli Mäki hat etwas auf dem<br />
Herzen. Die Hoffnung seines<br />
ganzen Landes lastet<br />
auf ihm: Er soll als erster<br />
Finne den Weltmeister im<br />
Federgewicht schlagen. Bei der<br />
Pressekonferenz zum großen<br />
Kampf ist Olli mit seinen Gedanken<br />
und Blicken jedoch<br />
ganz woanders. Ob es ein Problem<br />
gebe, will sein Manager<br />
später wissen. „Ich weiß nicht<br />
genau“, meint Olli und fragt, ob<br />
er ehrlich sein solle. Natürlich,<br />
das müsse er sogar, meint der<br />
Manager. Olli kommt ins Stocken:<br />
„Weißt du, ich glaube, ich<br />
habe mich verliebt.“<br />
Gegen die Querschläge privater<br />
Gefühle hat (fast) jeder<br />
Impuls zum Kampf, jedes Karrieredenken,<br />
jeder Ausblick auf<br />
großen Reichtum kaum eine<br />
Chance. Das Boxfilm-Genre ist<br />
aus tiefstem Herzen romantisch,<br />
nicht nur, weil es vom<br />
Aufstieg der Nobodys und Underdogs<br />
erzählt, heraus aus der<br />
Arbeiterklasse, ganz nach oben,<br />
von null auf hundert, so wie es<br />
der amerikanischen Traum verspricht,<br />
sondern es stecken<br />
immer auch Liebesgeschichten<br />
in ihnen. Klar, die Liebe hat als<br />
Nebenplot in allen möglichen<br />
Spielarten des Films ihren Platz,<br />
aber mit dem Drill des Trainings<br />
und den Schlägen im Ring kann<br />
sie sich schön reiben. Der Disziplin<br />
bei der Vorbereitung für<br />
den Kampf steht das innere<br />
Chaos der Emotionen gegenüber,<br />
das sich eher schwierig bis<br />
gar nicht zügeln lässt.<br />
Im Falle von der glücklichste<br />
tag im leben des olli<br />
mäki gibt sich der Boxfilm dem<br />
Liebesfilm geschlagen. Das<br />
Glück des Paars etabliert Debütregisseur<br />
Juho Kuosmanen<br />
als erstes; dann taucht Olli<br />
wieder in seine Berufswelt ein<br />
und kriegt den Dreh zum Ehrgeiz<br />
einfach nicht mehr hin. Das<br />
ist ein Schlag für seinen Manager,<br />
der, wie so viele Manager<br />
(im Boxfilm), für eine Leistungsgesellschaft<br />
steht, die vor<br />
allem von Erfolgsdenken und<br />
Profitstreben angetrieben wird.<br />
Der Boxer ist ein Rädchen im<br />
kapitalistischen Getriebe, ein<br />
sehr motivierter Körperoptimierer<br />
wie man sie im Kleinen<br />
in den Fitnessstudios antreffen<br />
kann. Klar, ein gestählter Body<br />
macht attraktiv. Fett wirkt ungesund<br />
und macht träge. Siehe<br />
Robert De Niro, der sich, sehr<br />
ehrgeizig, knapp dreißig Kilo für<br />
den späten Jake LaMotta anfraß,<br />
weshalb der Dreh von wie<br />
ein wilder stier vier Monate<br />
unterbrochen werden musste.<br />
Aber vor Selbstbewusstsein<br />
strotzen nur die wenigsten<br />
Held*innen. Vielmehr sehnen<br />
sie sich nach Anerkennung. Der<br />
Underdog will endlich gesehen<br />
werden, die Treppen hoch,<br />
Arme hoch mit Blick auf die<br />
Stadt. Sein Talent liegt dabei<br />
nun mal in den Fäusten. Rocky<br />
hat das längst begriffen. Auf<br />
die klassische Frage „Warum<br />
kämpfst du?“ antwortet er treffend:<br />
„Weil ich weder tanzen<br />
noch singen kann.“ Der Kampf<br />
erscheint als Weg zum Ziel,<br />
aber Olli Mäkis Glück liegt woanders:<br />
Er möchte lieber mit<br />
seiner Geliebten Steine übers<br />
Wasser eines Sees ditschen<br />
lassen. Immerhin: In einem Bild<br />
vereinen sich kurz das Training<br />
und die Lust, sich von seinen<br />
Gefühlen leiten zu lassen: eine<br />
Gruppe Boxer, unter ihnen Olli,<br />
beim Dauerlauf. Vor ihnen, quasi<br />
als Köder: Ollis Freundin auf<br />
dem Fahrrad.<br />
Die Schwerkraft des<br />
Kampfes droht, den Boxfilm<br />
herunterzuziehen, aber es werden<br />
immer wieder Momente<br />
der Leichtigkeit zum Ausgleich<br />
inszeniert. Scorsese lässt seinen<br />
wilden Stier gleich am Anfang<br />
im Ring zu klassischer Musik<br />
in Zeitlupe tänzeln. Ralph<br />
Nelson gönnt Anthony Quinn<br />
als „Mountain“ Rivera in die<br />
faust im gesicht einen zaghaften<br />
Flirt mit einer Sozialarbeiterin:<br />
Sie erzählt ihm von der<br />
Schönheit der Musik, er hingegen<br />
kennt nur die US-Hymne.<br />
„The Star-Spangled Banner“<br />
SA 30.6. 22.00 UHR<br />
GASTEIG FORUM – OPEN AIR<br />
–<br />
KID GALAHAD<br />
KID GALAHAD –<br />
HARTE FÄUSTE, HEISSE LIEBE<br />
USA 1962 • Regie Phil Karlson<br />
Buch William Fay, Francis Wallace<br />
Darsteller Elvis Presley, Gig Young, Lola<br />
Albright, Joan Blackman, Charles Bronson<br />
Länge 95 Min. • OmeU • FSK 16<br />
SO 1.7. 22.00 UHR<br />
GASTEIG FORUM – OPEN AIR<br />
GIRLFIGHT<br />
GIRLFIGHT –<br />
AUF EIGENE FAUST<br />
USA 2000 • Buch und Regie Karyn Kusama<br />
Darsteller Michelle Rodriguez, Jaime Tirelli,<br />
Paul Calderon, Santiago Douglas, Ray Santiago<br />
• Länge 110 Min. • OF • FSK 6<br />
MO 2.7. 22.00 UHR<br />
GASTEIG FORUM – OPEN AIR<br />
REQUIEM FOR A HEAVYWEIGHT<br />
DIE FAUST IM GESICHT<br />
USA 1962 • Regie Ralph Nelson<br />
Buch Rod Serling • Darsteller Anthony<br />
Quinn, Jackie Gleason, Mickey Rooney, Julie<br />
Harris, Stanley Adams • Länge 95 Min.<br />
OmdU • FSK 12<br />
FR 3.7. 22.00 UHR<br />
GASTEIG FORUM – OPEN AIR<br />
THE BLEEDER<br />
CHUCK – DER WAHRE ROCKY<br />
USA 2016 • Regie Philippe Falardeau<br />
Darsteller Liev Schreiber, Naomi Watts,<br />
Elisabeth Moss, Ron Perlman, Jim Gaffigan<br />
Länge 99 Min. • OmdU • FSK 12<br />
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