campagnes medievales
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ZWEI MÜHLENWEISTÜMER AUS DER PICARDIE 219<br />
Stelle nachzuzeichnen versucht 5 . Die Mühle von Offoy übertrug nach einer<br />
Urkunde von 1170 zuerst Manasses, der Sohn des Robert von Offoy, an die<br />
Abtei Pr6montr6. Hinzu gehörte das Fischrecht und die Hälfte des Dammes.<br />
1212 sind die Besitzverhältnisse jedoch komplizierter. In Abschnitt 9-15 unserer<br />
Urkunde erscheint die Kirche von Pr6montr6 jeweils zusammen mit ihren<br />
Teilhabern (partionariLs), während auf der anderen Seite die Müller stehen.<br />
Die Einleitung des Textes hingegen nennt auf der einen Seite nur die Kirche,<br />
auf der anderen Seite zwei Laien, Roger Beton und Laurent von Athies, die<br />
nun ihrerseits Teilhaber vertreten. Eine Klärung habe ich hier nicht erreichen<br />
können.<br />
Auch die genaue Charakterisierung des Urkundentextes füllt nicht<br />
leicht. Eindeutig handelt es sich um einen Schiedsspruch (dicrum) zweier angesehener<br />
Persönlichkeiten der näheren Umgebung, Robert le Noir und Thomas<br />
von Ecany (zwischen Voyennes und Bdthancourt), nachdem eine förmliche<br />
Untersuchung (legitima inquisitio) stattgefunden hat. Die nachfolgenden Einzelregelungen<br />
nennen immer nur die Müller und nicht die oben genannten Prozeßgegner<br />
der Abtei. Man kann nur vermuten, daß Roger Beton, Laurent von<br />
Athies und deren Partner letztlich identisch mit den nachfolgenden Müllern<br />
sind. Im Französischen stellt die Formulierung charre de coutume als Kennzeichnung<br />
des Textes kein Problem. Im Deutschen bleibt die Wahl zwischen<br />
Müllerstatut und Mühlenweistum.Der Einzelinhalt stellt ebenfalls noch zahlreiche<br />
Interpretationsschwierigkeiten. Nur einige wesentliche Punkte seien hier<br />
im Vergleich zur Urkunde von 1188 noch angeführt<br />
1. Zugang zur Mühle<br />
In Bronnes bei Arras erfolgt 1188, wie schon angedeutet, der Antransport<br />
des Mahlgutes auf Eseln oder auf den Schultern der Mahlgäste ; ausdrücklich<br />
sind Bäcker (bolengaru) genannt. Der Müller stellt seine Esel gegen<br />
Entgeld (11). In Offoy 1212 hingegen erfolgt der Antransport mit Wagen. Als<br />
Zufahrt dienen der Steindamm (calcia.ta) und die Brücke; der Müller hat sie<br />
freizuhalten und hier keine Forderungen zu stellen (3). Der Wagen (biga)<br />
wendet auf sogenannten cavetia, die einbrechen können und dann mit Pfählen<br />
wieder herzustellen sind. Diese cavetla werden außerdem mit Mergel abgedeckt.<br />
Den Fahrbereich über ihnen müssen die Müller mit Schotter instand<br />
halten (10-1 1). Für das hier verwendete Verbum hardinare hat das Chartular<br />
des nahegelegenen Priorats Lihons-en-Santerre Parallelbelege, die bei Du<br />
Cange, s.v. hardina, ausführlich zitiert sind: pro caiciata reficienda, pro<br />
ponte reficiendo6.<br />
5. D. LOHRMANN, Barrages ei rnoulins sur la Somme au temps des chanoines rguliers<br />
(XHe-Xllle sicIes), Actes du colloque L'hydraulique monastique, Royaumont,<br />
1992 (im Druck).<br />
6, C. Du CANGE, Glossariurn mediae et infimae latiniratis, Paris, 1883-1887<br />
(Neudruck Graz, 1954), Bd. 4, p. 167, s.v. hardinea.