Faszination Seele 03/07 - Psychiatrie aktuell
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Darreichungsformen: Pflaster, Tabletten<br />
und osmotisch kontrollierte Freisetzung<br />
DDarüber hinaus sollten Medikamente bei vielen<br />
Erkrankungen auch einen möglichst lang andauernden<br />
und gleichmäßigen Wirkstoffspiegel<br />
aufweisen. Beispiel chronische Schmerzen: Die<br />
meisten Tabletten oder Tropfen wirken ein paar<br />
Stunden, dann lässt die Wirkung nach und<br />
der Schmerz flammt wieder auf. Damit das<br />
nicht passiert, müssen die Patienten „nach<br />
der Uhr leben“ und ihre Tabletten regelmäßig<br />
alle paar Stunden einnehmen. So genannte<br />
„retardierte“ Arzneimittel (retardiert = verzögert)<br />
geben ihren Wirkstoff über einen<br />
Zeitraum von bis zu acht, manchmal zwölf<br />
Stunden ab, dann ist Schluss. Immerhin,<br />
aber noch nicht lang genug, fanden Pharmakologen,<br />
und entwickelten innovative<br />
Darreichungsformen mit deutlich längeren<br />
Wirkdauern von bis zu drei Tagen. Gepaart<br />
mit einer möglichst einfachen Einnahme war<br />
dies eine echte Herausforderung.<br />
Zwei „Verpackungen“ haben sich für eine<br />
retardierte Wirkstoff-Freisetzung bislang besonders<br />
gut bewährt: Das Wirkstoff-Pflaster,<br />
das Patienten auf die Haut kleben können,<br />
und das „osmotisch kontrollierte Freisetzungs-System“,<br />
die so genannte OROS-<br />
Technologie. Dieses System sieht wie eine<br />
herkömmliche Tablette aus und wird auch so geschluckt,<br />
unterscheidet sich von herkömmlichen<br />
Tabletten aber in der Art der Wirkstoff-Freisetzung,<br />
indem sie nämlich den Wirkstoff über eine<br />
lange Zeit, dafür aber gleichmäßig abgeben.<br />
Pflaster geben den Wirkstoff durch eine speziell<br />
beschaffene Schicht (Matrix) über die Haut<br />
kontinuierlich ins Blut ab. So gibt es heute Hormonpflaster<br />
zur Verhütung, Nikotinpflaster zur<br />
Raucherentwöhnung oder Pflaster gegen Reiseübelkeit.<br />
Besonders gut bewährt hat sich diese<br />
Technologie bei chronischen Erkrankungen wie<br />
etwa ständigen sehr starken Schmerzen. Moderne<br />
Matrixpflaster wirken drei Tage lang, erst dann<br />
müssen sie erneuert werden.<br />
Bei der OROS®-Technologie handelt es sich um<br />
ein System, bei dem der Wirkstoff im Unterschied<br />
zu einer „normalen“ Tablette nicht einfach in run-<br />
Pharmakologen versuchen nicht nur, immer bessere und<br />
verträglichere Wirkstoffe herzustellen. Sondern auch, diese<br />
in Darreichungsformen zu „verpacken“, die dem Patienten<br />
eine möglichst einfache und reibungslose Einnahme<br />
ermöglichen. Besonders wichtig ist das für Menschen, die<br />
aufgrund länger andauernder oder gar chronischer Erkrankungen<br />
regelmäßig Medikamente einnehmen müssen.<br />
OROS-Technologie im Querschnitt<br />
der oder ovaler Form zusammengepresst, sondern in einer kleinen,<br />
wasserdurchlässigen Kapsel eingeschlossen ist. Diese Kapsel<br />
besteht im Inneren aus drei Schichten: Einer unteren Schicht<br />
mit einem Quellkörper und zwei Schichten mit dem Wirkstoff in<br />
unterschiedlichen Konzentrationen. Dringt nach dem Schlucken<br />
Wasser aus dem Magen in die Kapsel, dehnt sich der Quellkörper<br />
aus und drückt den Wirkstoff langsam und kontinuierlich durch<br />
zwei kleine lasergebohrte Öffnungen in der Kapselhülle nach<br />
außen – und zwar über 24 Stunden hinweg! Danach wird das<br />
System inaktiv, passiert weiter den Darm und wird später mit dem<br />
Stuhl ausgeschieden. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang und<br />
unbedenklich. Das System wird heutzutage bereits zur Therapie<br />
verschiedener Erkrankungen eingesetzt, zum Beispiel chronischer<br />
Schmerzen sowie auch psychischen Erkrankungen wie dem<br />
Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom ADHS oder Schizophrenie.<br />
Der Vorteil: Patienten müssen nur noch einmal am Tag ihr<br />
Medikament nehmen, sind rund um die Uhr geschützt und brauchen<br />
bis zum nächsten Morgen nicht mehr darüber nachzudenken.<br />
(Andrea Böttcher) ●<br />
MEDIzIN<br />
publIcIS VITAl pr<br />
<strong>Faszination</strong> <strong>Seele</strong> - III/20<strong>07</strong> 17