Faszination Seele 03/07 - Psychiatrie aktuell
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D<br />
Alles so normal wie möglich<br />
„Eine steigende Anzahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit psychischen<br />
Auffälligkeiten findet kaum noch einen Einstieg in Berufausbildung und<br />
soziales Umfeld“, sagt Johannes Tack, Geschäftsführer der Sozialpsychiatrischen<br />
Initiative (SPI). Diese Entwicklung habe die SPI bewogen, in Zusammenarbeit<br />
mit dem Jugendamt Paderborn ein besonderes Angebot zu entwickeln.<br />
Die Jugendwohngruppe B.I.G. BEN (Begegnung – Integration – Gesundung)<br />
in Paderborn-Benhausen ist speziell auf die Bedürfnisse<br />
junger seelisch erkrankter Menschen zugeschnitten.<br />
B.I.G. BEN bietet jungen psychisch kranken Menschen<br />
von 14 bis 21 Jahren eine qualifizierte wohnortnahe<br />
pädagogisch-therapeutische Betreuung<br />
und Unterstützung bei der sozialen, schulischen<br />
und beruflichen Integration. „Alles so normal wie<br />
möglich“ handhaben und „eine familiäre Atmosphäre“<br />
seien wichtig, damit die Jugendlichen eine<br />
persönliche Lebensperspektive entwickeln können,<br />
betont Karl-Josef Schlottmann, Leiter der Jugendwohngruppe.<br />
Alle Teilnehmer erhalten ein individuell<br />
abgestimmtes Betreuungsprogramm<br />
und sind parallel in<br />
einer Schul- oder Berufsausbildung.<br />
Die Anforderungen<br />
an die selbstständige und<br />
eigenverantwortliche Lebensführung<br />
werden von<br />
der betreuungsintensiven<br />
Wohngruppe bis zur Trainings-<br />
und Verselbstständigungswohngruppe<br />
mit eigenem<br />
Haushaltsgeld stufenweise<br />
gesteigert.<br />
Für die Zunahme psychischer Erkrankungen<br />
bei Kindern und Jugendlichen<br />
gibt es zahlreiche Gründe: Gesellschaftliche Umbrüche, Leistungsdruck,<br />
Medieneinflüsse, Erziehungsfehler, milieubedingte Fehlanpassungen<br />
und individuelle Konstellationen wirken zusammen.<br />
Arbeitslosigkeit, Armut und psychische Erkrankungen der Eltern<br />
vervielfachen das Risiko der Kinder.<br />
Neben genetischen Faktoren gibt<br />
es geschlechtspezifische Unterschiede:<br />
Jungen leiden eher<br />
unter Symptomen, die nach<br />
außen gerichtet sind, wie<br />
Aggressivität, Hyperakti-<br />
Johannes Tack, Geschäfstführer<br />
der SPI Paderborn e. V.<br />
und Karl-Josef Schlottmann,<br />
SPI-Vorstandsmitglied<br />
Weitere<br />
Informationen:<br />
Informationen über die Angebote der<br />
Sozialpsychiatrischen Initiative im Internet<br />
unter www.spi-paderborn.de oder<br />
telefonisch unter 05251/3909690.<br />
SpI pAderborn (4)<br />
VoRGESTELLT<br />
Gemeinsam lernen, Musik<br />
machen oder Tischfußball<br />
spielen gehören zu den<br />
ganz normalen Aktivitäten<br />
in der Jugendwohngruppe.<br />
vität, Delinquenz und Störungen des<br />
Sozialverhaltens. Psychische Auffälligkeiten<br />
von Mädchen sind eher nach innen<br />
gerichtet und zeigen sich in autoaggressiven Verhaltensweisen<br />
wie Selbstverletzungen, Essstörungen, Ängsten<br />
und Depressionen.<br />
Die Jugendwohngruppe B.I.G. Ben ist eine von sieben<br />
Abteilungen der SPI, die das komplette Spektrum der medizinischen<br />
und beruflichen Rehabilitation sowie der psychiatrischen<br />
Nachsorge abdeckt und rund 250 psychisch kranke<br />
Menschen betreut. Darüber hinaus ist die SPI Gesellschafter des<br />
Integrationsunternehmens NovoStart, das psychisch kranken Menschen<br />
Arbeitsplätze bietet.<br />
Die Vereinsgründer Karl-Josef Schlottmann, Vorstandsmitglied<br />
der SPI und Johannes Tack verwirklichten ihren therapeutischen<br />
Ansatz zunächst im Übergangsheim für psychisch kranke Menschen,<br />
heute Rehabilitationshaus, indem sie auf verbliebene Ressourcen<br />
setzten und kreative Therapieverfahren zum Einsatz brachten. Heute<br />
blickt die Sozialpsychiatrische Initiative auf ein erfolgreiches 25-jähriges<br />
Bestehen zurück. Das Jubiläum wurde im April 20<strong>07</strong> mit einer<br />
Festveranstaltung und der sehr gut besuchten Fachtagung „Ohne<br />
Netz und doppelten Boden? Flankierende Therapieverfahren in der<br />
Sozialpsychiatrie“ im Apollo-Zirkuszelt in Paderborn gewürdigt. Das<br />
einmalige Ambiente dort will die SPI für ein neues Projekt nutzen,<br />
das Stereoprophylaxie-Festival am 11. Oktober 20<strong>07</strong>. Die Kombination<br />
einer Fachinformationsveranstaltung und eines Musikfestivals<br />
soll gezielt Jugendliche ansprechen und über psychische<br />
Erkrankungen, Suchtgefährdung und Hilfsangebote<br />
informieren. (sys) ●<br />
<strong>Faszination</strong> <strong>Seele</strong> - III/20<strong>07</strong>