Faszination Seele 03/07 - Psychiatrie aktuell
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MEDIEN<br />
Grenzen überschreiten<br />
D<br />
Der Autor Jens Clausen geht der Frage nach, ob die<br />
Erfahrung der Fremde als besondere<br />
Auslösesituation einer psychischen Krise<br />
angesehen werden kann. Auf Reisen zu<br />
gehen, ferne Welten aufzusuchen, festgelegte<br />
Rollen hinter sich zu lassen und<br />
vorzustoßen in Räume voller Erwartung<br />
und Verheißung – dies ist der Dreh- und<br />
Angelpunkt eines zerbrechlichen Glücks<br />
und zugleich gefahrvoller Moment seelischen<br />
Scheiterns.<br />
Clausen findet literarische Reisebeschreibungen,<br />
die eindrucksvoll zeigen, wie Menschen<br />
auf Reisen ihr Selbst verlieren können: Angst- und Panikattacken<br />
verunsichern, Dissoziationen verändern die<br />
Wahrnehmung, Depressionen machen handlungsunfähig,<br />
Psychosen konfrontieren mit der Schwierigkeit innerer<br />
und äußerer Abgrenzung. Schriftsteller wie Goethe,<br />
Hölderlin, Rilke, Schwarzenbach, Brinkmann, Sebald,<br />
Kertész und viele andere kommen hier zu Wort. (sys) ●<br />
Jens clausen: das Selbst und die Fremde<br />
Über psychische grenzerfahrungen auf reisen<br />
edition das narrenschiff, bonn 20<strong>07</strong><br />
ISbn 978-3-88414-422-0<br />
340 Seiten, 24.90 euro<br />
22 <strong>Faszination</strong> <strong>Seele</strong> - III/20<strong>07</strong><br />
Das Ärztehasserbuch<br />
ZZuerst hasste eine Mutter alle Lehrer. Heraus kam das „Lehrerhasserbuch“.<br />
Dann wollte eine Sekretärin den Chefs dieser Welt an den<br />
Kragen („Und morgen bringe ich ihn um.“), jetzt hat es auch die medizinische<br />
Zunft erwischt. Im „Ärztehasserbuch“ rechnet Werner Bartens,<br />
früher praktizierender Mediziner an den Universitätskliniken Freiburg<br />
und Würzburg, heute Medizinredakteur bei der Süddeutschen Zeitung,<br />
mit seinen Standesgenossen ab. Die eigene „Leidensgeschichte“ aufzuschreiben<br />
und als anklagenden Rundumschlag zu veröffentlichen,<br />
scheint in zu sein.<br />
Gefährlich ist nur, dass diese Neuerscheinung das Vertrauen kranker<br />
Menschen in Ärzte und ihre Heilkunst wohl vollständig zerstören könnte.<br />
Anhand zahlreicher, teils beängstigender, Beispiele veranschaulicht<br />
Bartens, wie Ärzte mit ihren Patienten umgehen, was sie tatsächlich<br />
von ihren Patienten denken und wie Arroganz und Frust schon mal<br />
einem Menschen das Leben kosten können. Nach eigenen Angaben<br />
schildert er auf den 240 Seiten sowohl eigene Erfahrungen als auch<br />
Ereignisse, die ihm zugetragen wurden..<br />
Und die Reihe medizinischer Vergehen ist lang: Kaiserschnitt-Konkurrenzkämpfe,<br />
bei denen angeblich Schwangere verbluten, Ärzte, die<br />
so genannte „AOK-Schweine“ durch Strafliegen auf dem Krankenhausflur<br />
erziehen und Patienten, nach Darstellung des Autors, zum<br />
Sterben in der Besenkammer abstellen sollen. Der medizinische Laie<br />
kann angesichts solcher Beschreibungen nur noch hoffen, niemals<br />
selbst in die Fänge der „Teufel in Weiß“ zu geraten. Oder gibt es<br />
etwa auch gute Ärzte?<br />
Tatsächlich, im allerletzten Kapitel des Buches finden<br />
sich einige versöhnliche Sätze, in denen der Autor,<br />
der auch schon das „Lexikon der Medizinirrtümer“<br />
verfasst hat, darauf hinweist, dass es ja auch vorbildhafte<br />
Mediziner gäbe. Den einen oder anderen<br />
vielleicht! (nec) ●<br />
Werner bartens: das Ärztehasserbuch<br />
ISbn 978-3-426-77976-7<br />
Taschenbuch, 240 Seiten<br />
knaur Taschenbuch Verlag 20<strong>07</strong><br />
7,95 euro