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„Martern aller Arten“ – Mozarts „Sinfonia Concertante“ - Wiener Oboe

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auf unterster Organisationsebene, galt aber laut<br />

Verbotsgesetz 47 als minderbelastet, da er keine<br />

Leitungsfunktion (vom Ortsgruppenführer aufwärts)<br />

bekleidet hatte. Ungeachtet des Gnadengesuchs und<br />

der Amnestie konnte er laut Gesetz eine Lehrbefugnis<br />

erst ab April 1950 erhalten <strong>–</strong> bis zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte er als ehemaliges Parteimitglied weder in der<br />

Hofburgkapelle spielen noch im Konservatorium<br />

unterrichten dürfen. Die schwammigen biografischen<br />

Angaben sind demnach <strong>–</strong> erwartungsgemäß oder<br />

überraschend? <strong>–</strong> aufgefüllt.<br />

In welcher Beziehung hat diese Geschichte für uns<br />

Relevanz? Ist Hans Hadamowsky für heutige Studenten<br />

nicht eher ein von historischen Nebeln verhüllter,<br />

verblassender Mythos der Urväter-Generation ohne<br />

reale Bedeutung? Wir könnten seine Vita auf sich<br />

beruhen lassen, gäbe es da nicht seine Schriften, die<br />

unter der neu eröffneten Perspektive wohl anders<br />

gelesen werden müssen (falls sie noch jemand liest).<br />

Dass er seinen Schülern gegenüber keine Reue- und<br />

Schuldbekenntnisse ablegte, ist in den Jahrzehnten<br />

allgemeinen Schweigens über die Verstrickungen<br />

der Vergangenheit begreiflich. Doch die idealischen<br />

10<br />

Journal - <strong>Wiener</strong> <strong>Oboe</strong><br />

Postulate, die großen Reden von „Höchstwertbekenntnissen“<br />

und der „uns wesensgemäßen Kultur“, die es<br />

zu bewahren gelte, erweisen sich als höchst wertlos<br />

und legen bedenkenswertes Zeugnis ab von der Nähe<br />

solcher Phrasen zu inhumanen, letztlich mörderischen<br />

Praktiken. „Seid nüchtern und wachet“, ist man versucht<br />

zu sagen <strong>–</strong> wäre nicht auch dies schon zu pathetisch.<br />

Die Konsequenz des veränderten Blickwinkels auf die<br />

höchst ambivalente Gestalt eines bisher allzu kritiklos<br />

verehrten Verfechters „unseres <strong>Wiener</strong> Bläserstils“<br />

kann nur die kühle Entideologisierung seiner<br />

Hinterlassenschaft, die linguistische Überprüfung<br />

seiner Schriften auf ideologische, semantisch überbaute<br />

und transformierte Restbestände nationalsozialistischer<br />

Rhetorik sowie die konsequente<br />

Reduktion auf ein technisches Lehrwerk sein. Wenn<br />

dieses den heutigen Anforderungen und Erwartungen<br />

noch gerecht wird, ist schon viel gewonnen <strong>–</strong> auch<br />

für das neu zu bewertende, aber wohl zu Recht<br />

weiter bestehende Ansehen des Doktors, eines im<br />

Umgang liebenswerten, weltfremden, vielschichtigen<br />

Menschen, den zu verurteilen uns ebenso ferne steht,<br />

wie er selbst uns Alten vielleicht bisher zu nahe stand,<br />

um seinem Bild klare Konturen geben zu können.

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