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Fisch <strong>de</strong>s Jahres 2012: Das Neunauge<br />
Die Neunaugen Foto: Herbert Frei<br />
Die Neunaugen (Petromyzontidae)<br />
(pi). Neunaugen, <strong>de</strong>ren Entwicklung rund 400 bis 500 Millionen<br />
Jahre zurückreicht, gehören zur ältesten, noch leben<strong>de</strong>n<br />
Wirbeltierklasse <strong>de</strong>r Erdgeschichte. Streng genommen zählen<br />
sie nicht zu <strong>de</strong>n „Fischen“, son<strong>de</strong>rn zu <strong>de</strong>n so genannten<br />
Rundmäulern. Aufgrund von Schutzmaßnahmen haben sich<br />
die Neunaugenbestän<strong>de</strong> in unseren heimischen Gewässern in<br />
<strong>de</strong>n vergangenen Jahren allmählich erholt. Mit <strong>de</strong>r Wahl zum<br />
Fisch <strong>de</strong>s Jahres soll aber auch darauf hingewiesen wer<strong>de</strong>n,<br />
dass weitere Anstrengungen unternommen wer<strong>de</strong>n müssen,<br />
um <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>r einzelnen Arten zu sichern.<br />
Arten in Deutschland<br />
In Deutschland gibt es vier Neunaugenarten: Bach- und<br />
Flussneunauge, Ukrainisches Neunauge sowie das Meerneunauge.<br />
Statt <strong>de</strong>s gewöhnlichen Fischmauls mit Ober- und<br />
Unterkiefer haben alle Arten einen kreisförmigen, innen bezahnten<br />
Saugmund auf <strong>de</strong>r unteren Seite <strong>de</strong>s Kopfes. Der<br />
Körper ist aalförmig und hat keine Schuppen. Die <strong>de</strong>utsche<br />
Bezeichnung Neunauge ist sehr alt und entstand durch ungenaue<br />
Beobachtung. Die eigentlichen Augen, die nur einfach<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Nasenöff nung und die sieben seitlich gelegenen<br />
Kiemenöff nungen erwecken bei fl üchtigem Betrachten <strong>de</strong>n<br />
Eindruck, das Tier hätte neun Augen auf je<strong>de</strong>r Körperseite.<br />
Vermehrung und Entwicklung<br />
Alle Neunaugen laichen im Süßwasser ab und kommen dort<br />
zur Welt. Während die Bachneunaugen das ganze Leben im<br />
Süßwasser verbringen, han<strong>de</strong>lt es sich beim Fluss- und Meer-<br />
61. KETSCHER<br />
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neunauge um Wan<strong>de</strong>rarten. Direkt nach <strong>de</strong>r Umwandlung<br />
zum erwachsenen Tier wan<strong>de</strong>rn sie ab in die Brackwasserregionen<br />
o<strong>de</strong>r ins Meer. Dort ernähren sie sich parasitisch, in<strong>de</strong>m<br />
sie sich an Fischen festsaugen und mit ihrem Zungenkopf die<br />
Haut aufraspeln. Dabei nehmen sie Blut und Gewebeteile<br />
auf. Zum Teil bohren sie sich sogar bis in die Körperhöhle<br />
<strong>de</strong>s Opfers vor. Im Gegensatz dazu nehmen Bachneunaugen<br />
im erwachsenen Zustand keine Nahrung mehr zu sich und<br />
wer<strong>de</strong>n somit auch nicht als Fischschädlinge auff ällig. Mit<br />
<strong>de</strong>m Erreichen <strong>de</strong>r Geschlechtsreife erlischt bei allen Arten<br />
die Nahrungsaufnahme.<br />
Zur Fortpfl anzung steigen Fluss- und Meerneunaugen oft<br />
mehrere hun<strong>de</strong>rt Kilometer in die Flüsse zu ihren Laichgebieten<br />
auf (sog. Lang-Distanz Wan<strong>de</strong>rer). Im Frühling bil<strong>de</strong>n<br />
sich Laichgesellschaften, die unter aktiven Paarungsspielen<br />
Laichgruben ausheben, in<strong>de</strong>m sie mit Hilfe <strong>de</strong>s Saugmaules<br />
Steine aufsammeln und entfernen. Nach <strong>de</strong>m Laichakt sterben<br />
die Neunaugen an Entkräftung.<br />
Die geschlüpften blin<strong>de</strong>n Larven, Quer<strong>de</strong>r genannt, vergraben<br />
sich im Sand o<strong>de</strong>r Schlamm. Der Kopf bleibt frei und<br />
fi ltert feine Nahrungspartikel wie Kleinlebewesen o<strong>de</strong>r Pfl anzenteilchen<br />
aus <strong>de</strong>m Wasser. Das Larvenstadium ist die längste<br />
Phase im Leben <strong>de</strong>r Neunaugen. Es dauert min<strong>de</strong>stens fünf<br />
Jahre. Anschließend vollziehen die Tiere einen erstaunlichen<br />
Gestaltwan<strong>de</strong>l vom Larven- zum Erwachsenenstadium.<br />
Verbreitung<br />
Im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt waren Neunaugen in unseren heimischen<br />
Gewässern noch sehr häufi g und weit verbreitet. Sie<br />
wur<strong>de</strong>n durch die Fischerei genutzt und waren als Nahrungsmittel<br />
<strong>de</strong>s Menschen bis ins 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt beliebt. Durch<br />
Verschmutzung und Verbau <strong>de</strong>r Gewässer sind sie stark<br />
zurückgegangen. Wo durch Regulierungen keine sandigen<br />
Sedimentbänke mehr vorkommen o<strong>de</strong>r durch Aufstau kiesige<br />
Laichplätze verloren gegangen sind und Sandbänke von<br />
Schlamm über<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n, verschwin<strong>de</strong>n auch die Neunaugen.<br />
Hin<strong>de</strong>rnisse wie Querverbauungen können sie nicht<br />
überwin<strong>de</strong>n und auch so manche Fischaufstiegshilfen nicht<br />
passieren.<br />
Sollte <strong>de</strong>r Ausbau von Wasserkraftwerken und Querbauwerken<br />
vorangetrieben wer<strong>de</strong>n, ist zu befürchten, dass sich <strong>de</strong>r<br />
mancherorts inzwischen wie<strong>de</strong>r gebesserte Erhaltungszustand<br />
<strong>de</strong>r Neunaugen wie<strong>de</strong>r verschlechtern könnte.<br />
Ausführliche Informationen über die Fische <strong>de</strong>s Jahres unter:<br />
www.vdsf.<strong>de</strong> Fisch <strong>de</strong>s Jahres<br />
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