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Teil 1 - Gemeinschaftsgrundschule Neu-Listernohl - Attendorn

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Die Geschichte unserer Schule in <strong>Listernohl</strong><br />

<strong>Teil</strong> 1: 1889 bis 1965<br />

Die Schulgeschichte in <strong>Listernohl</strong> ist verhältnismäßig jung. Ihre Anfänge reichen in<br />

das Jahr 1889 zurück, als in Klinke die erste Schule gebaut wurde. Zu ihrem Geburtstag<br />

1989 wurde eine Festschrift herausgegeben, die einen Überblick über die<br />

Entstehung und Entwicklung der Schule aufzeigt.<br />

So heißt es in der Schulchronik:<br />

„Der Schulort Klinke liegt etwas 1 Km nordwestlich vom Bahnhof <strong>Listernohl</strong> [und] der<br />

Biggetalbahn im Tale der Lister, eines Zuflusses der Bigge. Klinke zählt gegenwärtig<br />

(1908) 69 katholische und 1 evangelischen Bewohner. Der Name Klinke wird urkundlich<br />

schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts erwähnt. Um diese Zeit gab es auf der<br />

Klinke einen großen Bauernhof, der den Namen des jetzigen Ortes führt. Im 17.<br />

Jahrhundert wird als Besitzer des Gutes ein gewisser Rüsche genannt, welcher dem<br />

Kloster Ewig jährlich mit seinem ganzen Gesinde 1 Woche fronen mußte. Zu dem<br />

Gute gehörte alles, was an Ländereien, Wiese und Wald in der Umgebung des Dorfes<br />

Klinke liegt. Das genannte Gut ist noch heute, wenn auch wesentlich kleiner, im<br />

Besitz der Familie Rüsche“.<br />

Bereits 1839 wird erwähnt, daß die Kinder von <strong>Listernohl</strong> und 22 anderen Orten die<br />

Schule in Listerscheid besuchen mußten. Bis zum Jahre 1885 stieg jedoch die Schülerzahl<br />

auf 132, so daß eine zweite Schulklasse erforderlich wurde.<br />

Schulvorstand und Gemeindevertretung entschlossen sich daher zur Errichtung einer<br />

eigenen Schule im Listertal; der Bauplatz wurde dem Landwirt Schnütgen zu Weuste<br />

abgekauft.<br />

Am 1. Mai 1889 wurde die neue einklassige Schule zur Klinke ihrer Bestimmung<br />

übergeben und in der Schulchronik wie folgt beschrieben:<br />

„Das Schulgebäude, ein massiver Bau, enthält außer einem nach Westen gelegenen<br />

etwa 54 qm großen Schulzimmer geräumige Keller und 5 zur Lehrerwohnung bestimmte<br />

Räume und einen Bodenraum. Ursprünglich war zur Beschaffung des nötigen<br />

Trinkwassers neben der Eingangstreppe ein tiefer Brunnen mit Pumpe angelegt.<br />

Da sich das Wasser jedoch als gesundheitlich nicht einwandfrei erwies, wurde auf<br />

Betreiben des Lehrers Wippermann eine Wasserleitung angelegt, welche genügend<br />

und gutes Trinkwasser liefert.<br />

Nach Westen liegt ein 150 qm großer Spielplatz der mit 13 Linden umpflanzt ist. Auf<br />

demselben sind die Turngeräte, ein Barren und ein Reck, welch letzteres zugleich<br />

als Springgestell dient, angebracht.<br />

Nördlich des Schulhauses liegt ein eingefriedeter Schulgarten. Daran schließt sich<br />

ein Stück Land, welches etwa ½ Morgen groß ist. Beides steht dem Lehrer, bzw. Inhaber<br />

der Schulstelle, kostenlos zur Verfügung.<br />

Östlich des Schulhauses befindet sich in einem besonderen kleinen Gebäude die<br />

Abortanlage für Lehrer und Schüler.“


Der erste Lehrer auf der Klinke war Karl Hussing aus Irmgarteichen. Nach der von<br />

ihm angelegten Schülerstatistik unterrichtete er im Jahre 1897 62 Kinder, die sich auf<br />

folgende Ortschaften verteilten.<br />

Klinke 4 Schulkinder<br />

<strong>Listernohl</strong> 15 Schulkinder<br />

Maiwormshammer 2 Schulkinder<br />

Langenohl 1 Schulkind<br />

<strong>Neu</strong>e Weuste 3 Schulkinder<br />

Alte Weuste 3 Schulkinder<br />

Eichen 16 Schulkinder<br />

Lantenbach 9 Schulkinder<br />

Uelhof 7 Schulkinder<br />

Voßsiepen 1 Schulkind<br />

Wörmge -<br />

Eicherhammer 1 Schulkind<br />

Zur gleichen Zeit wurde die Schule in Listerscheid unter der damaligen Leitung des<br />

Lehrers Arns von 61 Kindern besucht.<br />

Im Jahre 1898 wurde Lehrer Hussing nach Drolshagen versetzt. Die letzte Zeit seines<br />

Lebens verbrachte er in Bochum, wo er am 15. September 1938 starb, er wurde<br />

in <strong>Listernohl</strong> begraben.<br />

Der Nachfolger von Lehrer Hussing war Anton Wippermann aus Dortmund. Dieser<br />

blieb jedoch nur vier Jahre und unterrichtete dann – auf eigenen Wunsch – in seiner<br />

Heimatstadt weiter.<br />

Im Sauerländischen Volksblatt war damals zu lesen, daß am 30. Oktober 1903 in<br />

Klinke unter dem Vorsitz des Kreisschulinspektors Frese Lehrprobe mit Amtskonferenz<br />

stattfand, an der sich sämtliche Lehrpersonen mit Einschluß der beiden pensionierten<br />

Lehrer Arns und Kaiser (Schule Listerscheid) sowie alle Ortsschulinspektoren<br />

von Stadt und Amt <strong>Attendorn</strong> beteiligten.<br />

Zu dieser Zeit und auch in den folgenden Jahren fanden regelmäßig Revisionen und<br />

Entlassungsprüfungen in den Schulen statt. Diese wurden von 1902 bis 1911 vom<br />

Kreisschulinspektor Frese, der zugleich auch das Amt des Schulrats bekleidete, und<br />

den Lokalschulinspektoren Dechant Sauer (Helden) und Pfarrer Menne (<strong>Attendorn</strong>)<br />

durchgeführt.<br />

Im Jahre 1912 wurde Schulrat Frese durch den Schulinspektor Kerb abgelöst. Diesem<br />

folgte 1919 der Kreisschulinspektor Dr. Konradi aus Siegburg.<br />

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Schulinspektion aufgehoben. Nachfolger von Dr.<br />

Konradi wurde bereits im Juli 1920 Schulrat Braun; er dürfte den älteren Bewohnern<br />

<strong>Neu</strong>-<strong>Listernohl</strong>s noch in Erinnerung sein. Er erlag auf dem Wege zur Kreislehrerkonferenz<br />

am 2. Dezember 1938 einem Herzschlag. An seine Stelle trat daraufhin Schulrat<br />

Schiffner, der nach dem Zusammenbruch 1945 seinen Abschied nehmen mußte.<br />

Nachfolger wurde Schulrat Bartmeier, dem 1964 die Schulrätin Bartmann folgte.


Im Jahre 1902 übernahm der Lehrer Heinrich Voß aus Wenningloh im Kreis Arnsberg<br />

den Unterricht in Klinke.<br />

Der Freudenrausch über die neue Schule war noch nicht ganz verklungen, als steigende<br />

Schülerzahlen infolge der fortschreitenden Industrialisierung <strong>Listernohl</strong>s größeren<br />

Raumbedarf erforderlich machten.<br />

Die Statistik zeigt einen Anstieg der Schülerzahlen von 68 Schülern im Jahre 1902<br />

auf 113 Schüler im Jahre 1909.<br />

Gemäß Beschluß der Organe des Schulverbandes <strong>Attendorn</strong>-Land und nach Genehmigung<br />

durch die Königliche Regierung in Arnsberg wurde am 1. April 1909 eine<br />

zweite Lehrerstelle eingerichtet. Gleichzeitig wurde im Saalbau des Hauses Heinrich<br />

Müller in <strong>Listernohl</strong> ein provisorischer Unterrichtsraum geschaffen. Die neue Lehrerstelle<br />

übernahm vorübergehend Lehrer Menne aus Echthausen, dem bereits am 1.<br />

April 1910 Theodor Schulte aus Werl folgte.<br />

1911 gab es bereits 142 Schüler, sodaß die Gründung inr 3. Klasse erfolgte – allerdings<br />

ohne Einrichtung einer 3. Lehrerstelle. Der weitere permanente Anstieg der<br />

Schülerzahlen machte schließlich den Bau einer neuen Schule notwendig. Die Planungen<br />

führten die Architekten Feldberg und Stockert aus Elberfeld durch, der Kostenvoranschlag<br />

belief sich auf 48.000 Mark. Die Grundsteinlegung erfolgte bereits<br />

am 4. September 1911, wobei sich die Erdarbeiten als äußerst schwierig erwiesen,<br />

da man unerwartet auf mächtige Felsen stieß. Nach gut einjähriger Bauzeit war das<br />

neue Gebäude fertiggestellt, so daß am 15. Oktober die Einweihung erfolgte. Drei<br />

Klassenräume und zwei Lehrerwohnungen konnten durch Pfarrer Menne aus <strong>Attendorn</strong><br />

gesegnet werden.<br />

Mit diesem Tage hörte die katholische Volksschule in Klinke auf zu existieren. Das<br />

alte Schulhaus kaufte der Landwirt Josef Langenohl aus Eicherhammer.<br />

Das neue Schulgrundstück war etwa zwei Morgen groß und befand sich in der Nähe<br />

der Kirche. Der Schulhof wurde von stattlichen Linden umsäumt und diente nicht nur<br />

dem Spiel in den Pausen, sondern auch zur Durchführung der Turnstunden. Der<br />

oberhalb des Schulgebäudes gelegene Schulgarten, angelegt durch Lehrer Voß unter<br />

Mitarbeit des Schulinspektors, wurde im Juni 1913 durch die Lehrpersonen des<br />

Kreises Olpe und Siegen besichtigt. Lehrer Voß besprach mit der Oberklasse die<br />

Entwicklung der Bohne. Daran knüpften sich Belehrungen über naturgemäße Behandlungen,<br />

Pflege und Anlage heimischer Pflanzen.<br />

1913 hatte die Schule 157 Schüler und Schülerinnen. In jedem Klassenraum wurden<br />

mehrere Jahrgänge unterrichtet; sie gliederten sich in Unterstufe, Mittelstufe und<br />

Oberstufe.<br />

Die Abortanlage war etwa 50 m entfernt vom Schulgebäude errichtet worden; sie enthielt<br />

sogenannte „Plumpsklosetts“. Hinter der Anlage wurden Asche und Kohleschlacken<br />

aus den großen metallenen Heizöfen der einzelnen Klassenräume sowie auch<br />

der Abfall aus den Lehrerwohnungen deponiert. Asche und Abfall wurden regelmäßig<br />

zu einem Sammelplatz gefahren.


Die beiden Lehrerwohnungen waren sehr geräumig, was den kinderreichen Familien<br />

der Lehrer Voß und Schulte sehr zugute kam. Die sanitären Anlagen ließen natürlich<br />

– an den heutigen Ansprüchen gemessen - sehr zu wünschen übrig. In jeder Wohnung<br />

befand sich eine Wasserstelle, und zwar in der Küche, die zur Entnahme des<br />

Trink- und Brauchwassers diente. Die Toiletten befanden sich im Treppenhaus, ein in<br />

der Mitte für die Familie des Hauptlehrers, eine andere am Kellereingang für die Familie<br />

des 2. Lehrers, beide ohne Wasserspülung. Diese Unbequemlichkeiten des Alltags<br />

gehörten damals beinahe als Selbstverständlichkeiten zum täglichen Leben. Die<br />

Anschaffung und Benutzung von Nachttöpfen war eine aus diesen Verhältnissen resultierende<br />

Notwendigkeit.<br />

Die Schulchronik berichtet weiter über ein bemerkenswertes Ereignis:<br />

„Am 18. Oktober 1913 war der Schulplatz Festplatz der Jahrhundertfeier der<br />

Schlacht bei Leipzig. Außer den Schulen des Amtes <strong>Attendorn</strong> nahmen teil die Schulen<br />

von Stadt und Amt Olpe, Stadt <strong>Attendorn</strong>, Förde und Elspe. Etwa 1.500 Kinder<br />

mit ihren Lehrpersonen waren zugegen. Leiter der Feier war Schulrat Kerp. Als Gäste<br />

waren erschienen Landrat Geheimrat Freusberg, mehrere Amtmänner und die<br />

Ortsschulinspektoren obiger Schule. Deklamationen, gemeinschaftliche Lieder und<br />

Reden wechselten miteinander ab. Zum bleibenden Andenken wurden im Schulgarten<br />

drei Eichen gepflanzt.“<br />

Dank der Lehrer Voß und Schulte hatte der Unterricht in der neuen Schule einen guten<br />

Anfang genommen und entwickelte sich zum Nutzen und Wohle aller Beteiligten,<br />

bis am 2. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.<br />

„Am 4. August mußte uns Lehrer Schulte verlassen. Mit klingendem Spiele geleiteten<br />

wir ihn bis zum Sammelplatz der ausrückenden Krieger. Nach einem kurzen Abschiedsworte<br />

des Lehrers Voß und einem brausenden „Hoch“ auf das deutsche Heer<br />

verließ er uns nach kurzem Abschied. Am 27. Oktober desselben Jahres folgte ihm<br />

dann auch der erste Lehrer Voß.<br />

Während des Krieges wurden häufig für die älteren Kinder Beurlaubungen notwendig,<br />

weil Väter und Brüder im Felde standen, und die Feldarbeit erledigt werden<br />

mußte. Im Winter 1917/18 kamen viele Versäumnisse vor, wegen des fehlenden<br />

Schuhwerks. Die Schule beschaffte zur Behebung dieser Not 50 Paar Holzschuhe,<br />

welche aber auch sehr bald verbraucht waren. Ab Ostern 1917 gab es hauswirtschaftlichen<br />

Unterricht für die Mädchen des letzten Schuljahres. Ein Dachzimmer im<br />

Nordflügel wurde als Küche eingerichtet. Der Schulgarten diente als Gemüsegarten.“<br />

(Schulchronik)<br />

Nach Beendigung des Krieges normalisierte sich das Schulleben schnell wieder. Die<br />

Schülerzahl war auf 196 Kinder angewachsen. Aus diesem Grunde wurde am 1.<br />

April 1918 eine Lehrerinnenstelle eingerichtet, deren Verwaltung vorübergehend<br />

Fräulein Wilhelmine Boese aus Haardt übernahm.<br />

Im Jahre 1919 wurde der Lehrer Voß als Hauptlehrer ernannt, und ein Jahr später<br />

kam es zur Gründung der dritten Lehrerstelle (4. Schulstelle), die am 1. April 1921<br />

der Lehrer Ambrosius Sawatzki aus Westpreußen erhielt.


Da Lehrerin Boese verschiedene Hospitantenstellen besuchte, wurde das Lehrerkollegium<br />

am 1. Juli 1921 um Franziska Donner erweitert, die aber auf eigenen Wunsch<br />

nach fünf Jahren ausschied. Ihren Platz nahm Lehrerin Boese erneut ein.<br />

1931 wurde auf Anordnung der Regierung in Arnsberg die Bildung eines Eigenschulverbandes<br />

<strong>Attendorn</strong>-Land vollzogen. Hierzu gehörten die Ortschaften <strong>Listernohl</strong>,<br />

Ackerschott, Bruchwalze, Dumicke, Eichen, Imminghausen, Klinke, Langehohl, Listertalsperre,<br />

Maiwormshammer, Uelhof, Voßsiepen, Waldenburg, Weuste, Weusterhammer<br />

und Wörmge.<br />

Bis zur Gründung des Dritten Reiches im Jahre 1933 lief der Schulbetrieb ohne besondere<br />

Vorkommnisse. Die Lehrpersonen waren bestrebt, den ihnen anvertrauten<br />

Kindern das höchstmögliche Wissen beizubringen und ihnen damit die Weichen für<br />

ihr späteres Leben zu stellen. Es war die Zeit der autoritären Erziehung – im Einvernehmen<br />

mit der Elternschaft. Jegliche Störungen des Unterrichts wurden, wenn erforderlich,<br />

mit Strenge unterbunden. Es wurden Fleiß, Aufmerksamkeit, Respekt und<br />

Disziplin erwartet. Bei Verstößen besonders der älteren Schüler gegen die bestehende<br />

Ordnung stand den Pädagogen in Ausnahmefällen ein Rohrstock als Hilfsmittel<br />

zur Verfügung. Nach dem Motto „Wer nicht hören will, muß fühlen“, mußten bei dem<br />

einen Störenfried die ausgestreckten Hände und bei dem anderen der strammgezogene<br />

Hosenboden herhalten. Erst durch einen Runderlaß des Kultusministers von<br />

Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 1947 wurde die Anwendung der körperlichen Strafe<br />

bei Mädchen grundsätzlich untersagt; auch in der Knabenerziehung sollte sie<br />

möglichst ausgeschaltet werden. Endgültig wurde die körperliche Züchtigung durch<br />

Beschluß des Landtages vom 5. Juli 1977 in der Schule für allgemein unzulässig erklärt.<br />

Mit der Installierung des nationalsozialistischen Staates kehrten auch in der Schule<br />

wie in vielen anderen Lebensbereichen andere Sitten ein; so berichtet die Schulchronik:<br />

„Im Frühjahr 1934 wurde im Schulbezirk die HJ (Hitlerjugend) ins Leben gerufen, und<br />

im Herbst des gleichen Jahres das Jungvolk und die Jungmädel im B.D.M. (Bund<br />

Deutscher Mädel). Anfangs waren nur wenige Kinder zum Eintritt bereit. Die Eltern<br />

scheuten den Monatsbeitrag von 25 Pfg.; und dann waren sie nicht mit der Führung<br />

durch gleichaltrige Jungen und Mädchen einverstanden. Die Lehrer mußten durch<br />

die Aufklärung bei Eltern und Kindern helfen. Das Ziel der Schule war: Alle Kinder<br />

vom 10. Jahre an müssen zur Jugend des Führers kommen. Wesentlich zur Erreichung<br />

dieses Zieles trug die Einrichtung des Staatsjugendtages bei. Am 1. August<br />

1935 konnte die Schule melden: Unsere Kinder gehören alle den nationalen Jugendverbänden<br />

an.“<br />

Weiterhin wurde 1934 zum ersten Mal das 9. Schuljahr eingerichtet. In diesem sogenannten<br />

Landschuljahr wurden die Schüler und Schülerinnen für die Dauer von neun<br />

Monaten auf einem Bauernhof eingesetzt.<br />

Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges am 1. September 1939 nahm der Schulunterricht<br />

wie gewohnt seinen Lauf.<br />

Doch nach und nach wurden auch die Lehrer und Schulkinder in das Kriegsgeschehen<br />

einbezogen. Die Begeisterung über die Meldungen von anfänglichen Siegeszü-


gen deutscher Soldaten zu Wasser, zu Lande und in der Luft machte auch vor den<br />

Türen der einzelnen Klassen nicht Halt, und die Ereignisse boten für den Unterricht<br />

ein ausgefülltes Programm. Neben dem Unterricht wurden die Kinder mit Sonderaufgaben<br />

betraut. Erwähnt seien hier die Sammlungen von Alteisen oder Heilkräutern;<br />

letztere wurden auf dem großen Dachboden des Schulgebäudes getrocknet.<br />

1940 lag die Schülerzahl nur noch bei 150 Schülern. Aus diesem Grunde wurde die<br />

3. Lehrerstelle wieder aufgehoben und Lehrer Sawatzki nach Bremge versetzt, wo er<br />

bis 1949 unterrichtete.<br />

1941 wurde die katholische Volksschule <strong>Listernohl</strong> unter dem Druck des nationalsozialistischen<br />

Systems in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt.; hierzu heißt es in<br />

der Schulchronik:<br />

„Durch den Abschluß des Konkordates zwischen dem Hitler-Regime und dem Heiligen<br />

Stuhl in Rom war dem deutschen Volke unter anderem auch die Freiheit der Bekenntnisschule<br />

zugesichert worden. Doch wie so manchen anderen Vertrag hatten<br />

die Nazis auch dieses Abkommen nur als ein Fetzen Papier angesehen. Trotzdem<br />

durch eine Abstimmung das deutsche Volk in einer überwältigenden Mehrheit seinen<br />

Willen zur Erhaltung der Bekenntnisschule bekundet hatte, wurde die Gemeinschaftsschule<br />

eingeführt.“<br />

Erst eine erneute Abstimmung im März – April 1946 bewies von neuem den eindeutigen<br />

Willen der Bevölkerung am Festhalten der Bekenntnisschule. In <strong>Listernohl</strong> wurde<br />

für 159 katholische Kinder zu 100 % die katholische Volksschule gewünscht, die am<br />

17. Juni 1946 eingeführt wurde.<br />

Alle Lehrer sahen sich damals mit einer Reihe von Maßnahmen konfrontiert, die politisch<br />

motivierte Revisionen des Unterrichts nach sich zogen. Der Schwerpunkt mußte<br />

auf eine neue Erziehung in und zu einem sogenannten „deutschen Geist“ gelegt werden.<br />

Die Lehrer waren einem hohen politischen Druck ausgesetzt, unter dem auch er<br />

Beitritt aller <strong>Listernohl</strong>er Lehrpersonen zur NSDAP erfolgte. Es war sogar allgemein<br />

so, daß ein Lehrer nicht ohne Furcht sein konnte, von Kollegen oder Schülern denunziert<br />

zu werden, sofern er sich gegenüber den nationalsozialistischen Vorstellungen<br />

nicht konform verhielt.<br />

Mit dem 12. Mai 1941 wurde den Lehrern auf Anweisung des Regierungspräsidenten<br />

in Arnsberg die Erteilung des Religionsunterrichts untersagt. Aus diesem Grunde war<br />

am Pfarrhause ein Unterrichtssaal eingerichtet worden, in dem der Religionsunterricht<br />

durch Pastor Gabriel und eine Ordensschwester erteilt wurde. Auf Anweisung<br />

des Schulrats in Olpe fiel auch das Gebet vor und nach dem Unterricht mit dem 6.<br />

Dezember 1941 weg. Als nach dem Zusammenbruch 1945 der Unterricht wieder aufgenommen<br />

wurde, durfte auch der Religionsunterricht durch die Lehrer wieder erteilt<br />

werden. Ebenso wurde das Unterrichtsgebet wieder eingeführt.<br />

Am 1. November 1944 wurde Hauptlehrer Heinrich Voß in den Ruhestand versetzt.<br />

Die Schulleitung übernahm vorübergehend Lehrer Theodor Schulte. Die Kurzbiographie<br />

des Hauptlehrers Voß kennzeichnet ihn wie folgt:


„Herr Hauptlehrer Voß wurde am 6. Oktober 1880 in Wennigloh, Krs. Arnsberg geboren.<br />

Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Rüthen absolvierte er seinen Wehrdienst,<br />

ehe er am 1. April 1902 die Lehrerstelle zu Klinke übernahm.<br />

Neben seinen pädagogischen Fähigkeiten besaß er eine ausgeprägt musische Veranlagung,<br />

die ihn als Förderer des Theatervereins, des Turnvereins, des Gesangvereins,<br />

dessen Dirigent er fast 25 Jahre lang war, des Volkstanzes und des Volksliedes<br />

auszeichnete. Außerdem hat Hauptlehrer Voß 40Jahre hindurch Tat für Tag in der<br />

Pfarrkirche <strong>Listernohl</strong> die Orgel gespielt. Seine besondere Liebe und Arbeit galt dem<br />

Kirchenchor, mit dem er die Hochfeste des Kirchenjahres verschönerte.<br />

Soweit es seine Zeit erlaubte, schrieb er Kurzgeschichten und Artikel für Tageszeitungen<br />

und Wochenendbeilagen. Da die Schulmeister zu jener Zeit finanziell nicht<br />

gerade auf Rosen gebettet waren, bedeutete der Erlös aus diesen Arbeiten einen<br />

willkommenen Zuschuß für den Wohnungsneubau auf der Haardt, den Hauptlehrer<br />

Voß mit seiner Frau Elisabeth geborene Boese und 6 Kindern im Jahre 1928 bezog,<br />

nachdem die Familie 16 Jahre lang eine der beiden Dienstwohnungen bewohnt hatte.<br />

Nach seiner Pensionierung am 1. November 1944 lebte er noch ca. 13 Jahre, bis er<br />

am 21. Januar 1958 in Haardt verstarb.<br />

Rückblickend sei erlaubt zu sagen, daß Hauptlehrer Voß eine der profiliertesten Persönlichkeiten<br />

der Volksschule und des Dorfes <strong>Listernohl</strong> war, denen er in Redlichkeit,<br />

Geradlinigkeit und Loyalität 41 Jahre lang gedient hat“. (Schulchronik)<br />

Während der Wirren der letzten Kriegsmonate kam der Schulunterricht ganz zum Erliegen.<br />

Die Klassenräume wurden zweckentfremdet. In einer Klasse war ein Altersheim<br />

aus Jülich untergebracht. Weil notwendige sanitäre Einrichtungen fehlten,<br />

machte sich Ungeziefer breit, welches alsbald vom Kopf der „alten Selma“ auf allen<br />

anderen Köpfe hinüberspurtete. Die Pflegerinnen hatten ihre liebe Not, mit Hilfe von<br />

speziellen Desinfektionsmitteln Herr der Lage zu werden. In einer anderen Klasse<br />

hauste die Feuerwehr aus Jülich, die jedoch in den letzten Kriegswochen der „Organisation<br />

Todt“ Platz machte, bis diese vor den anrückenden Amerikanern am 10.<br />

April 1945 das Weite suchte.<br />

Am 1. September 1945 konnte der Schulbetrieb in <strong>Listernohl</strong> wieder aufgenommen<br />

werden. Mit der Schulleitung wurde der Hauptlehrer Bernhard Petermann aus Dortmund<br />

beauftragt, der mit seiner Familie - Ehefrau und einer Tochter – in die freie<br />

Dienstwohnung zog, die vorübergehend eine aus Köln evakuierte Familie bewohnt<br />

hatte. Herr Petermann übernahm auch den Organistendienst, den er schon lange<br />

Jahre an der Gertrudiskirche in Dortmund versehen hatte. Die <strong>Listernohl</strong>er Lehrpersonen<br />

konnten ihren Dienst erst nach ihrer Entnazifizierung wieder aufnehmen.<br />

Die Folgen des Krieges wurden insbesondere bei der Lebensmittelversorgung und in<br />

der Beschaffung von Brennmaterial spürbar. Ein Bericht der Westfalenpost vom Mai<br />

1947 gibt Aufschluß über die traurige Lage:<br />

„<strong>Listernohl</strong>. Schulkinder ohne Brot!<br />

Die Volksschule in <strong>Listernohl</strong> wird von 183 Schulkindern besucht. Davon erschienen<br />

am 13. Mai 43, am 14. Mai 41 und am 16. Mai 37 Kinder ohne Brot gegessen zu ha-


en oder bei sich zu führen, zum Unterricht. Wegen Fehlens von jeglichem Brot blieben<br />

der Schule fern: Am 14. Mai 18 und am 16. Mai 37 Kinder. Unterdurchschnittlich<br />

ernährt sind von 35 Kindern der Klasse 4 (12-13 Jahre) 20, von 52 Kindern der Klasse<br />

3 (10-11 Jahre) 40, von 44 Kindern der Klasse 2 (8-9 Jahre) 30 und von 52 Kindern<br />

der Klasse 1 (6-7 Jahre) 41. fast täglich brechen Schulkinder infolge mangelnder<br />

Ernährung zusammen. Die Schulspeisung konnte in <strong>Listernohl</strong> noch nicht eingeführt<br />

werden, da die Mittel fehlten.“<br />

Schließlich kam es dann doch zur Genehmigung der Schulspeisung und ihrer erstmaligen<br />

Einführung am 4. uni 1947. Das Mittagessen wurde mit viel Liebe und Können<br />

von Schwester Frieda im Theresienstift zubereitet und in großen Aluminiumtöpfen<br />

in die Schule transportiert. Nach der Währungsreform wurde die Schulspeisung<br />

dann eingestellt.<br />

Im Jahre 1949 war die Schülerzahl wieder auf 211 gestiegen. Lehrer Sawatzki kam<br />

aus Bremge zurück und übernahm die neu eingerichtete 4. Lehrerstelle, die jedoch<br />

am 1. Mai 1952 infolge schwankender Schülerzahlen wieder aufgehoben wurde. Herr<br />

Sawatzki mußte <strong>Listernohl</strong> erneut verlassen, um an der Schule in Heringhausen,<br />

Kreis Meschede, seinen Dienst zu verrichten. Doch gab er hier nur ein Gastspiel und<br />

kehrte bereits 1953 nach <strong>Listernohl</strong> zurück. Im Schuljahr 1952/53 betrug die Schülerzahl<br />

162 Kinder.<br />

Auf Grund des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-<br />

Westfalen vom 8. April 1952 wurden in einer Versammlung von Erziehungsberechtigten<br />

am 2. Dezember 1952 zum ersten Mal für die Volksschule <strong>Listernohl</strong> Klassenpflegschaften<br />

gebildet.:<br />

Klasse I, Jahrgang 1 – 4 (Lehrerin Boese)<br />

Heinrich Rath, <strong>Listernohl</strong><br />

Aloysia Strautz, <strong>Listernohl</strong><br />

Klasse II, Jahrgang 5 und 6 (Lehrer Schulte)<br />

Martha Schulte, <strong>Listernohl</strong><br />

Hedwig Hilden, <strong>Listernohl</strong><br />

Klasse III, Jahrgang 7 bis 9 (Hauptlehrer Petermann)<br />

Rosa Spreemann, <strong>Listernohl</strong><br />

Therese Spreemann, <strong>Listernohl</strong><br />

Zweck und Ziel der Schulpflegschaften war und ist es noch heute, die Schule bei der<br />

Durchführung ihrer erzieherischen, religiösen, jugendpflegerischen und wissenschaftlichen<br />

Aufgaben zu unterstützen.<br />

Am 30. Juni 1953 wurde Hauptlehrer Petermann pensioniert und im gleichen Jahre,<br />

am 31. August 1953, trat auch Lehrer Theodor Schulte in den wohlverdienten Ruhestand.<br />

„Theodor Schulte wurde am 3. August 1888 in Werl geboren. Dort besuchte er die<br />

Präparandenanstalt und anschließend das Lehrerseminar, wo er am 24. März 1909<br />

die erste Lehrerprüfung bestand. Nach anschließender Ableistung des Wehrdienstes<br />

berief ihn die Regierung am 1. April 1910 an die Schule in <strong>Listernohl</strong>.


Zunächst logierte er bei Franz Schnüttgen auf der <strong>Neu</strong>en Weuste und dann bei dem<br />

Bauern Josef Bast, dessen Tochter Wilhelmine er 1918 heiratete; aus dieser Ehe<br />

gingen 5 Kinder hervor. Die Familie wohnte bis zur Umsiedlung des Dorfes in der<br />

Schule.<br />

Volle 43 Jahre verbrachte Lehrer Schulte im Dienst der Jugenderziehung und Jugendbildung.<br />

Er war der typische „Pauker“, de es verstand, mit Geduld und Hingabe<br />

seinen Schülern und Schülerinnen das elementare Grundwissen beizubringen, das<br />

sie im Leben brauchten. Die Rechtschreibung und das Einmaleins wurden förmlich in<br />

die Schüler hineingedrillt.<br />

Es lag im Wesen seiner Person, daß er ein energisches Durchsetzungsvermögen<br />

besaß, welches man an der Diszipliniertheit der Klasse messen konnte. Neben seinem<br />

Beruf liebte er Frohsinn, Humor und Geselligkeit. Auch nach seiner Pensionierung<br />

blieb er mit seinen „Ehemaligen“ in Freundschaft verbunden. Und daß er auch<br />

ihre Leistungen gespeichert hatte, zeigt z.B. ein besuch bei seinem ehemaligen<br />

Schüler Alfred, dem späteren Zahnarzt Dr. Alfred Kutsch, dem er in dessen Praxis<br />

eine Rechnung bezahlte mit dem Kommentar: „Rechnen konntest Du nie – aber<br />

Rechnungen schreiben, das hast Du gelernt.“ (Schulchronik)<br />

Ende 1964 siedelte Lehrer Schulte mit seiner Familie in ein Eigenheim nach <strong>Neu</strong>-<strong>Listernohl</strong><br />

um, wo er am 7. April 1972 im Alter von 83 Jahren verstarb.<br />

Am 1. November 1953 wurde Lehrer Josef Schulte aus Dreislar als Hauptlehrer nach<br />

<strong>Listernohl</strong> berufen. Er bezog mir Frau und Sohn die von Familie Petermann geräumte<br />

Dienstwohnung.<br />

1958 trat Lehrerin Wilhelmine Boese in den Ruhestand.<br />

„ Ihr Elternhaus stand auf der Haardt, wo sie am 1. Juni 1893 geboren wurde. Das<br />

Studium absolvierte sie in Brakel bei Höxter. Nachdem sie an verschiedenen Schulstellen<br />

hospitiert hatte, wurde sie an der Volksschule <strong>Listernohl</strong> im Jahre 1928 fest<br />

angestellt. Wilhelmine Boese unterrichtete die unteren Jahrgänge und erteilte außerdem<br />

in den höheren Klassen Unterricht in Nadelarbeit und Hauswirtschaft. Die von<br />

ihr vermittelte Ausbildung in diesen Fächern bedeutete für viele Mädchen eine solide<br />

Grundlage für ihr weiteres Leben.<br />

Lehrerin Boese war eine strenge, aber sehr viel Herzlichkeit und Güte ausstrahlende<br />

Lehrerin. Ihr Leben war von einer tiefen Religiösität und Frömmigkeit geprägt, die<br />

eine fruchtbare Grundlage für den von ihr erteilten Religionsunterricht bildeten.<br />

Ihren Lebensabend verbrachte sie bei ihrer Nichte Elisabeth Voß in <strong>Neu</strong>-<strong>Listernohl</strong>,<br />

wo sie am 19. Oktober 1972 starb.“<br />

Zusammen mit Fräulein Boese wurde auch der Lehrer Ambrosius Sawatzki pensioniert.<br />

„Er wurde am 15. November 1892 in Damnitz (Westpreußen) als Sohn eines Landwirtes<br />

geboren. Nah Beendigung seiner Seminaristenzeit unterrichtete er einige Jahre<br />

in Polen, ehe er 1921 nach <strong>Listernohl</strong> kam. Hier fand er Kost und Unterkunft im


Hause des Bauern Hubert Schnütgen auf der Alten Weuste. Dort lernte er auch seine<br />

spätere Frau Theresia geb. Schnütgen kennen; sie war eine Nichte des Domkapitulars<br />

Schnütgen, dessen Haushälterin sie bis zu dessen Tode im Jahre 1918 war.<br />

1928 zog Lehrer Sawatzki mit seiner Frau - die Ehe blieb kinderlos - in die frei gewordene<br />

Dienstwohnung der Schule.<br />

Ambrosius Sawatzki war ein pflichttreuer und gewissenhafter Pädagoge. In den ersten<br />

Jahren seiner Tätigkeit in <strong>Listernohl</strong> wurde ihm der Unterricht durch einige Provokateure<br />

unter den älteren Schülern manchmal sehr schwer gemacht, und er benötigte<br />

viel Geduld und Strenge, um ihrer Herr zu werden. Er hat sich immer bemüht, sein<br />

Bestes zu geben, aus einer Haltung heraus, die seinem persönlichen Berufsethos<br />

und der moralischen Einstellung zu seinem Beruf entsprangen.<br />

Eine seiner herausragendsten menschlichen Tugenden war die Sparsamkeit, der er<br />

bis an sein Lebensende treu blieb. Sicherlich nicht zuletzt auf Grund seines asketischen<br />

Lebensstils erreichte er das beinahe biblische Alter von 98 Jahren.<br />

Er starb als letzter der vier Lehrpersonen, die Generationen hindurch das schulische<br />

Leben von <strong>Listernohl</strong> geprägt hatten, und so wollen wir, die Ehemaligen, in der Rückschau<br />

Wert auf die Feststellung legen, daß wir diesen Lehrern sehr vieles zu verdanken<br />

haben.<br />

Ein Gedicht von Erich Kästner charakterisiert zutreffend die Person des idealen Lehrers<br />

so:<br />

Ein Lehrer ist kein Schulwedel und kein lieber Gott.<br />

Er weiß nicht alles, und er kann nicht alles wissen.<br />

Wenn er trotzdem allwissend tut, so seht es ihm nach,<br />

aber glaubt es ihm nicht!<br />

Gibt er hingegen zu, daß er nicht alles weiß,<br />

dann liebt ihn!<br />

Denn dann verdient er eure Liebe.<br />

An Stelle der ausgeschiedenen Lehrpersonen nahmen 1958 Lehrer Johannes Dzierzon<br />

und 1960 Annette Lienemann ihren Dienst an der Schule in <strong>Listernohl</strong> auf. Im<br />

gleichen Jahr begann der lange geplante Bau der Biggetalsperre und damit auch die<br />

Planung für den 3. Schulhausbau im Verlauf von 70 Jahren.<br />

Für Eltern, Lehrer- und Schülerschaft begann damit eine Zeit vieler Schwierigkeiten.<br />

So wohnten 1962 bereits 10 Kinder im <strong>Neu</strong>baugebiet. Sie wurden täglich mit einem<br />

Kleinbus, den der Ruhrtalsperrenverein zur Verfügung stellte, zur Schule nach <strong>Listernohl</strong><br />

gefahren.<br />

Hauptlehrer Josef Schulte wurde 1963 pensioniert; nach langer Krankheit starb er<br />

am 20. September 1965 in Meschede. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof<br />

in Grafschaft.<br />

1964 nahm Lehrerin Magdalene Valenthorn aus Grotewiese ihren Dienst an der<br />

Volksschule <strong>Listernohl</strong> auf; sie wechselte später an die Schule in <strong>Neu</strong>-<strong>Listernohl</strong>, wo<br />

sie 1978 pensioniert wurde.


Im Frühjahr 1964 wohnten bereits 70 % aller Schulkinder in <strong>Neu</strong>-<strong>Listernohl</strong>. Ein Pendelverkehr<br />

mit Bussen wurde notwendig, um den Schulunterricht an der alten Schule<br />

aufrecht zu erhalten. Während die jugendliche Unbekümmertheit vor allem der älteren<br />

Schüler einiges zu überspielen vermochte, und das tägliche Hin und Her fast<br />

Selbstverständlichkeit war, wurde es von den unteren Jahrgängen immer mehr als<br />

mühselige Belastung empfunden. Aus der Not heraus wurde daher ein provisorisches<br />

Schulzimmer im Gerätehaus des neuen noch nicht bezogenen Feuerwehrhauses<br />

mit dem ausrangierten Mobiliar der Schule in Bremge eingerichtet. In diesem<br />

Notschulraum konnten nun – zu Beginn des Schuljahres 1965/66 – 27 Lernanfänger<br />

vom pensionierten Lehrer Dahlke aus Olpe unterrichtet werden.<br />

Am 13. Oktober 1965 wurde die alte Schule in <strong>Listernohl</strong>, die mit ihren grauen Bruchsteinmauern<br />

– einst gebaut für Jahrhunderte – an diesem Tag wie eine einsame Festung<br />

auf ein verlassenes Dorf hinabsah, dem Erdboden gleichgemacht. Es brauchte<br />

erst wiederholter Anstrengungen der Pioniereinheiten, bis die starken Mauern kapitulierten<br />

und dem gewaltigen Druck des Sprengstoffes nachgaben. So manches, was<br />

keine Chronik und keine Geschichte aufzeichnen können, hatten sie unter sich begraben.<br />

Und das war der Abschied von der Schule, dem Dorf <strong>Listernohl</strong>, der Heimat. Es war<br />

ein Abschied für immer, ein Abschied, der so etwas Endgültiges in sich hatte und<br />

darum, besonders für die Älteren, so schwer war. Und die Frage, ob sich Heimat ersetzen<br />

läßt, können darum auch nur die Betroffenen beantworten.<br />

Quelle:<br />

Im Bann des Wassers, Schriftenreihe der Stadt <strong>Attendorn</strong>, Band 1, 1993<br />

Seiten 301 bis 317

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