Physiotherapeutische Massnahmen in der ... - Karger
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zungsfl äche mit und ohne Bodenkontakt<br />
<strong>der</strong> Füsse noch gesteigert werden kann.<br />
Die Hippotherapie und die Sporttherapie<br />
führen die oben genannten Pr<strong>in</strong>zipien<br />
weiter.<br />
Funktioneller Stütz<br />
Unter dem «funktionellen Stütz» versteht<br />
man die Übernahme des eigenen Körpergewichtes<br />
auf die Arme. Der technisch korrekte<br />
Stütz ist die Voraussetzung für die<br />
Bewegungsübergänge und alle Transfers.<br />
Das Ziel ist es, den Stütz über die Aktivität<br />
des Musculus serratus, den so genannten<br />
«Serratusstütz», zu erlernen. Der Serratusstütz<br />
nutzt die Bewegung des Schulterblattes<br />
aus, da die Armlänge alle<strong>in</strong> für die benötigte<br />
Höhe nicht ausreicht. Die Funktion<br />
des M. serratus anterior ist die anteriore<br />
Elevation <strong>der</strong> Scapula. Nur so kann e<strong>in</strong> sicherer<br />
und stabiler Stütz mit ausreichen<strong>der</strong><br />
Höhe für die funktionellen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
erarbeitet werden. Mit dem von<br />
nicht querschnittgelähmten Personen automatisch<br />
benutzten «Latissimusstütz»<br />
kann die notwendige Höhe, die Stabilität<br />
und somit die Sicherheit beim Transfer<br />
nicht erreicht werden. Die Funktion des M.<br />
latissimus dorsi ist im Gegensatz zum M.<br />
serratus anterior die posteriore Depression<br />
<strong>der</strong> Scapula.<br />
Wie bereits erwähnt, ist die Höhe neben<br />
ausreichen<strong>der</strong> Muskelkraft und e<strong>in</strong>em guten<br />
Gleichgewicht beim Stütz entscheidend,<br />
um möglichen Komplikationen wie<br />
Hautverletzungen bei den Transfers vorzubeugen<br />
( Abb. 8, 9 ; Tab. 1 ).<br />
Tabelle 1. Vergleich Serratusstütz und Latissimusstütz<br />
Serratusstütz Latissimusstütz<br />
1. Die Skapula macht e<strong>in</strong>e anteriore Elevation<br />
und bleibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewegung mobil<br />
<strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Massnahmen</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rehabilitationsphase<br />
Abb. 7. Spielerisches Erlernen <strong>der</strong> Sitzbalance<br />
im Kurzsitz.<br />
Aufbau <strong>der</strong> Behandlung<br />
Das Stütztra<strong>in</strong><strong>in</strong>g sollte im Langsitz begonnen<br />
werden, da so e<strong>in</strong>e bessere Sitzbalance<br />
gewährleistet ist. E<strong>in</strong>e Steigerung<br />
bieten Höhendifferenzen, die mit Hilfsmitteln<br />
wie «Stützböckli» und Kisten erzielt<br />
werden können. Wechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grösse<br />
(Kurz-/Langsitz) und <strong>der</strong> Beschaffenheit<br />
(stabil: Behandlungsbank; labil: Kreisel)<br />
<strong>der</strong> Unterstützungsfl äche zeigen weite -<br />
re Schwierigkeitsstufen ( Abb. 9 ). Unterschiedliche<br />
Stützniveaus unter Benutzung<br />
verschiedener Geräte komb<strong>in</strong>iert mit e<strong>in</strong>em<br />
Ausdauertra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Stützserien stellen hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
den Patienten.<br />
Der Aufbau des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zum Erlernen<br />
des funktionellen Stützes beim Tetraplegiker<br />
ist gleich. Es müssen jedoch Adaptationen<br />
<strong>in</strong> den Ausgangsstellungen und <strong>in</strong><br />
1. Die Skapula macht e<strong>in</strong>e posteriore<br />
Depression und bleibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stellung<br />
fi x i e r t<br />
2. Es besteht e<strong>in</strong> stabiles Gleichgewicht 2. Es besteht e<strong>in</strong> labiles Gleichgewicht<br />
3. E<strong>in</strong>e Aktivität <strong>der</strong> Bauchmuskulatur ist nicht<br />
notwendig<br />
4. Die Skapulabewegung kann zu Gunsten <strong>der</strong><br />
Stützhöhe als «Armverlängerung» ausgenutzt<br />
werden<br />
3. Die Aktivität <strong>der</strong> Bauchmuskulatur ist<br />
notwendig<br />
4. Die Stützhöhe ist abhängig von <strong>der</strong><br />
Armlänge<br />
5. Flexionsstellung des Oberkörpers 5. Extensionsstellung des Oberkörpers<br />
6. Der Schwerpunkt bleibt <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Unterstützungsfl<br />
äche<br />
6. Der Schwerpunkt gerät sehr leicht<br />
ausserhalb <strong>der</strong> Unterstützungsfl äche<br />
Abb. 8. Erarbeiten des «Serratusstütz».<br />
<strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Geräte gemacht werden. So<br />
können z.B. bei fehlen<strong>der</strong> Handfunktion<br />
ke<strong>in</strong>e «Stützböckli» e<strong>in</strong>gesetzt werden. Die<br />
fehlende aktive Ellenbogenextension wird<br />
über Aussenrotation mit passiver Arretierung<br />
des Ellenbogengelenkes <strong>in</strong> Hyperextension<br />
gewährleistet. Ebenso ist bei fehlen<strong>der</strong><br />
Funktion des M. triceps brachii das<br />
Niveau <strong>der</strong> Stützhöhe realistisch anzupassen.<br />
Für e<strong>in</strong>en Tetraplegiker ohne Trizepsfunktion<br />
ist somit die freie Beweglichkeit<br />
des Ellenbogengelenkes die Garantie für<br />
e<strong>in</strong>e höchstmögliche Selbstständigkeit.<br />
Bewegungsübergänge und Transfers<br />
Sämtliche Bewegungsübergänge und<br />
Transfers fallen unter die Bezeichnung <strong>der</strong><br />
ADL («activity of daily liv<strong>in</strong>g»).<br />
Das ADL-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g be<strong>in</strong>haltet folgende<br />
Bewegungsübergänge:<br />
Das Drehen von Rückenlage <strong>in</strong> Bauchlage<br />
und umgekehrt<br />
Das Drehen von <strong>der</strong> Rückenlage <strong>in</strong> o<strong>der</strong><br />
über die Seitlage <strong>in</strong> die Bauchlage und wie<strong>der</strong><br />
zurück ist für Patienten mit e<strong>in</strong>er Para-<br />
o<strong>der</strong> Tetraplegie für ihre Selbstständigkeit<br />
von grosser Bedeutung.<br />
Grundvoraussetzungen s<strong>in</strong>d, dass die<br />
Wirbelsäule <strong>in</strong> Extension gehalten werden<br />
kann und sich zeitversetzt drehen lässt. Die<br />
Seitlage stellt zudem e<strong>in</strong>e hohe muskulärkoord<strong>in</strong>ative<br />
Anfor<strong>der</strong>ung, bed<strong>in</strong>gt durch<br />
ihre kle<strong>in</strong>e Unterstützungsfl äche, dar. Je<br />
nach Läsionshöhe können Bauch- und<br />
Rückenmuskulatur konzentrisch und exzentrisch<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden und so bei <strong>der</strong><br />
Bewegung o<strong>der</strong> Stabilisierung (Seitlage)<br />
<strong>der</strong> neuen Position helfen. Unter dynamisch-konzentrischer<br />
Kraft versteht man<br />
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