alltag// Krisengebiete der Welt © shutterstock Krisengebiete dieser Welt: Nord- und Südkorea 14// woodZ Magazin// April 2010 Mit getrennten Brüderstaaten haben wir in Deutschland ja Erfahrung. In Süd- und Nordkorea allerdings ist man noch weit von einer Einigung entfernt: Kilometerlange Grenzwege, tonnenweise Minen und zwei gegensätzliche Ideologien machen ein Zusammenkommen beinahe unmöglich. Doch warum ist das so? Wir geben Antworten.
Von Florian Budnik Wo liegen Nord- und Südkorea? Beide teilen sich die koreanische Halbinsel, die Grenze verläuft entlang des 38. Breitengrades. Südkorea liegt am Japanischen und am Gelben Meer, die gegenüber liegende Küste ist Japan. Nordkorea hat im Gegenzug China und Russland, zwei der größten kommunistischen Länder, im Rücken. Nordkorea ist nur an den Küsten dicht besiedelt, im Landesinneren machen Berge das Überleben schwer. In Südkorea ist die Lage ähnlich. Interessant ist die Tatsache, dass es kaum natürliche Seen auf der Halbinsel gibt. Südkorea hat mit knapp 50 Millionen Einwohnern mehr als doppelt so viele Bewohner wie Nordkorea (21). Die Hauptreligion ist der Buddhismus, obwohl sich das Christentum gerade im südlichen Teil durchsetzen konnte. Was ist passiert? Die Gründung von Korea liegt knapp 2000 Jahre vor Christi Geburt. Abwechselnd beherrschten Mongolen, Chinesen, Japaner und Mandschuren Korea und drückten der Bevölkerung ihren Willen auf. Erst 1919, nachdem Korea lange Zeit japanische Kolonie war, verhalfen Rebellionen und Aufstände dem Land zu einer teilweisen Unabhängigkeit. Japan wechselte die Strategie und versuchte das Land ohne Strenge zu gewinnen. Diese Milde hielt nur bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Korea sollte japanisiert werden - mit aller Macht. Doch als das japanische Kaiserreich um 1945 keine Chance mehr für einen Sieg sah, übergab man die Kontrolle über das Land an die Koreaner. Allerdings hielt es nicht lange: Da die Sowjetunion einmarschierte, einigte man sich mit den Alliierten darauf, dass sich alle Soldaten nördlich des quer durch Korea verlaufenden 38. Breitengrades den Sowjets ergaben. Der Süden fi el an die Alliierten. Und von da an war das Land geteilt. Die rivalisierenden Parteien Nach der Teilung brach am 25. Juni 1950 in dem Land ein sogenannter Stellvertreter-Krieg aus. Es standen sich gegenüber: Südkorea, unterstützt vom Westen und den Alliierten und Nordkorea, das die Sowjetunion und China zu ihren Verbündeten zählte. Damit standen sich die beiden Systeme Kapitalismus und Kommunismus gegenüber. Der Krieg in Korea brach durch einen Angriff der Nordkoreaner aus. Um was wird gekämpft? Um dasselbe wie heute: Macht und Kontrolle. Beide Länder sahen sich im Recht um die Vorherrschaft im Land. Nach dem Kriegsausbruch eroberte Nordkorea recht schnell knapp 90 Prozent des Südens. Erst das Eingreifen der internationalen Truppen verhalf Südkorea zu militärischen Erfolgen. Im November 1950 schafften es die Vereinigten Staaten, die Nordkoreaner fast bis zur Grenze nach China zu drängen. Es sah nach einem Sieg für den Westen aus - bis China eingriff. Das große Reich stellte ein Heer von 400.000 Mann zur Verfügung und schaffte es, die westlichen Alliierten bis weit hinter den 38. Breitengrad zu drücken. Später gelang es wieder, das Gebiet bis zum 38. Breitengrad zu erobern. Nach den grausamen Schlachten, die an die Gemetzel des Ersten Weltkrieges erinnerten, wo zwar viele Menschen ihr Leben verloren, man aber kein Land gewann, einigte man sich auf einen Waffenstillstand. ! INFO Kim Jong-il © Bilder: AP © AP Nordkorea wird von einer Diktatur beherrscht, an deren Spitze Kim Jong-il steht. Sein Vater Kim Il-sung war der erste Staatschef von Nordkorea. Gute Kontakte zu den Sowjets sicherten ihm die Macht. Sein Sohn hat wenig vom Charme und der Ausstrahlung des Vaters geerbt. Der 1941 geborene Militärtyrann ist eine seltsame Figur. So soll er ein Faible für Plateauschuhe haben, ein Filmfan sein - dazu entführte er sogar Schauspieler - und ein aufwändiges Leben führen. Der offenbar herzkranke Führer wird wahrscheinlich seinen Sohn Kim Il-sung als Nachfolger präsentieren. Krisengebiete der Welt //alltag Wer sind die Opfer? Wie immer im Krieg: die Zivilbevölkerung. Drei Millionen Menschen wurden getötet, knapp 40.000 UN-Soldaten, 500.000 koreanische und 400.000 chinesische Soldaten starben im Kampf. Heute sind die Wunden des Kriegs am ehesten noch an der demilitarisierten Zone, der Grenze zwischen den beiden Ländern, zu sehen. Das Gebiet ist von beiden Seiten aus von Soldaten und Kriegsgerät umrandet, knapp eine Million Soldaten sollen sich gegenüberstehen. Doch die wahren Opfer sind heute wohl die Menschen in Nordkorea. Unter der Diktatur von Kim Jong-il (siehe Kasten) hat sich der Staat in ein Entwicklungsland verwandelt. Die Industrie produziert eigentlich nur fürs Militär. Es herrscht eine große Arbeitslosigkeit, die Bevölkerung ist verarmt. Wie betrifft es uns? Nicht direkt, jedenfalls nicht mehr. Beinahe hätte die Bundeswehr, deren Gründung sich teilweise auf den Koreakrieg zurückführen lässt, ihren ersten Einsatz dort gehabt: im Koreakrieg. Ebenfalls sah man den Konfl ikt der beiden Bruderstaaten als möglichen und auch abschreckenden Weg, wie auch die Teilung Deutschlands einen Krieg vom Zaun brechen könnte. Was tut die Welt? Sie hat erst gekämpft und dann lange geschwiegen. Erst 2007 haben sich Nordkorea und Südkorea an einen Friedensvertrag gemacht, der 1953 unterzeichnete Waffenstillstand ist noch immer in Kraft. Auch hat sich Nordkorea einen Namen als Schurkenstaat samt Atomwaffengelüsten gemacht. Südkorea hingegen ist eine moderne, funktionierende Demokratie nach westlichem Vorbild. Allerdings auch erst seit 1990, zuvor war das Land eine moderate Militärdiktatur. Lösungsansätze Ob es je eine Wiedervereinigung geben kann, ist unwahrscheinlich. Aber auch in Deutschland gab es diese Hoffnung ja lange nicht. In Korea werden auf jeden Fall die richtigen Schritte gegangen, man bewegt sich aufeinander zu. Verständnis für den jeweils anderen wird es jedoch erst geben, wenn Nordkorea eine neue Führung hat. woodZ Magazin// April 2010 // 15