Nippers 2018-2 Ausgabe B

40 Kilo Angst können beißen
auch nach der Vermittlung jederzeit als Ansprechpartner zur
Verfügung.“
Bevor es aber soweit ist, vergeht Zeit. Manchmal viel Zeit. Wie
viel genau, lässt sich nur erahnen, wenn man mit den Hunden
im Tierheim arbeitet. Und genau das machen das Team von Perdita
Lübbe-Scheurmann und Hundetrainer wie ich, die sich für
ihren Modullehrgang Aggression angemeldet haben. Hier gibt sie
ihr Wissen weiter und ermöglicht Trainern einen einmaligen Einblick
in die Arbeit mit aggressiven Hunden.
Es fühlt sich an wie ein Stromschlag, der bis ins Herz vordringt,
als sich der kiloschwere braune Molosser wegduckt, um der winzigen
Berührung meiner Hand zu entgehen. Nur einen Schritt
weiter, warnen mich seine drohenden Augen, und er würde mich
angreifen. „Du kannst ruhig mit ihm sprechen!“, ruft Perdita
mir zu, und das würde ich, wenn nicht meine Stimme mich gerade
im Stich ließe, weil mich die Reaktion des Hundes so berührt.
Ich habe langjährige Erfahrung, keine Angst, bin souverän,
mich haut so leicht nichts um. Aber ich brauche tatsächlich
einen Moment, um mich zu sammeln und dem Hund den notwendigen
Halt und die Führung geben zu können. Ihn nicht mit
seiner erlernten Verhaltensstrategie durchkommen zu lassen
und ihm zu ermöglichen, Vertrauen zu schenken. Eines wird
schnell klar, dies ist kein Lehrgang für Träumer von „Alle Hunde
können resozialisiert werden“. Es ist eine Erfahrungsreise für
diejenigen, denen es ausschließlich um die Hunde geht, die sich
nicht mit Pauschalurteilen zufriedengeben und für alle diejenigen,
die offen dafür sind, ein paar Schrammen auf der Haut
und auf dem Ego zuzulassen. Am Ende der Trainingseinheit
läuft mein Molosser erleichtert zu seiner Betreuungsperson. Ich
muss damit zufrieden sein, dass er meine Berührungen ausgehalten
hat. Und trotzdem könnte ich in diesem Moment nicht
glücklicher sein.
Vertrauen aufbauen und Grenzen setzen
Alle Hunde, mit denen das Team von Perditas Hundeakademie
und auch die Trainer im Aggressionsmodul arbeiten, sind mit
zwei Maulkörben gesichert. „Sicherheit geht vor. Denn unser Konzept
basiert darauf, sie lernen zu lassen, dass sie mit Beißen keine
Reaktion und vor allem keine Kontrolle mehr über den Menschen
erhalten, dessen Verhalten nicht mehr bestimmen können.
Denn diese Erfahrung haben sie gemacht. Die Grenzenlosigkeit
wurde ihnen beigebracht. Menschen können nicht nein sagen
und verkennen die Tiere. Sie behandeln sie nicht tiergerecht“, erklärt
die Darmstädter Hundetrainerin. Mit dem Projekt „Start ins
neue Leben“ hat sie ein ausgesuchtes Auffangnetz für solche
Vierbeiner geschaffen, die sonst wenig Chance hätten auf Verhaltenskorrektur,
Training, soziale Kontakte zu Artgenossen und
vor allem auch auf ein „Für Immer Zuhause“.
Unterstützung
Molosser ist der Oberbegriff für alle doggenähnliche Hunde, zu
denen auch die Bordeauxdogge gehört.
Der Unterhalt und das Training der Hunde im Projekt
sind kostenintensiv. Wer die Arbeit unterstützen
möchte, kann das unter diesem Spendenkonto tun:
RedDogs e.V.
Sparkasse Landsberg-Dießen
IBAN: DE77 7005 2060 0022 0809 15
BIC: BYLADEM1LLD
Verwendungszweck: “Start ins – neue – Leben – Patenschaft”
(Bitte unbedingt angeben)
www.startinsneueleben.eu
Nippers 2/2018 I Region B 21