Bezugspflege - Normen usw. (57 kb, PDF) - Kantonale ...
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<strong>Bezugspflege</strong> in der stationären<br />
psychiatrischen Pflege der<br />
deutschsprachigen Schweiz:<br />
Empfehlungen zur Terminologie und Qualitätsnormen<br />
Ian Needham<br />
Christoph Abderhalden<br />
S ü d h a l d e - Preis 2000<br />
zur Förderung der psychiatrischen<br />
Krankenpflege in der Schweiz<br />
Die Inhalte dieser Broschüre spiegeln den in einer Delphistudie erzielten<br />
Konsens im Berufsfeld der stationären psychiatrischen Pflege der deutschsprachigen<br />
Schweiz.<br />
Folgende Organisationen befürworten die Anwendung der vorliegenden Empfehlungen<br />
und Qualitätsnormen zur Beschreibung, Gestaltung und Evaluation<br />
der <strong>Bezugspflege</strong>:<br />
♦ Konferenz Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Institutionen KPP<br />
♦ Schweizerische Vereinigung psychiatrischer Chefärzte SVPC<br />
♦ Kommission für die Pflege in der Psychiatrie des Schweizer Berufsverbandes<br />
der Krankenschwestern und Krankenpfleger SBK<br />
♦ Netzwerk Pflegeforschung in der Psychiatrie
2. Auflage, Mai 2001 (1000)<br />
Diese Broschüre steht im <strong>PDF</strong>-Format als Download auf der Webseite des Netzwerks<br />
für Pflegeforschung in der Psychiatrie zur Verfügung (www.pflegeforschungpsy.ch).<br />
Verfasser:<br />
Ian Needham, MNSc<br />
Feldstrasse 29<br />
9500 Wil<br />
Tel 071 912 13 69<br />
Mail needham@bluewin.ch<br />
Christoph Abderhalden, MNSc<br />
Zentralstrasse 69<br />
8003 Zürich<br />
Tel 01 451 85 65<br />
Mail ch.abderhalden@swissonline.ch
Inhalt<br />
1 Einleitung ....................................................................................................... 2<br />
1.1 Zweck und Anwendungsmöglichkeiten..................................................... 3<br />
1.2 Entstehung.................................................................................................. 3<br />
2 Empfehlungen zur Terminologie und zum Begriffsverständnis .................. 5<br />
3 Qualitätsnormen............................................................................................ 7<br />
3.1 Standard ..................................................................................................... 7<br />
3.2 Kriterien ...................................................................................................... 7<br />
3.2.1 Strukturkriterien .................................................................................... 7<br />
3.2.2 Prozesskriterien..................................................................................10<br />
3.2.3 Ergebniskriterien.................................................................................13<br />
4 Literatur........................................................................................................14<br />
5 Anhang.........................................................................................................15<br />
1
1 Einleitung<br />
Der Pflegeberuf hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die Veränderungen<br />
betreffen unter anderem die inhaltliche Definition des Berufs, die<br />
Arbeitsweise und die Arbeitsorganisation. Die Veränderungen bezüglich Arbeitsorganisation<br />
umfassen Bestrebungen, die Pflegepraxis im Sinne von<br />
'Primary Nursing' zu organisieren. Dieses patientInnenorientierte Organisationsprinzip<br />
wurde Ende der 60er-Jahre in den USA entwickelt und sollte<br />
Nachteile überwinden, welche bisherige tätigkeitsorientierte Organisationsformen<br />
(funktionelle Pflege) und Gruppenpflege (Team Nursing) hatten<br />
(Meier, 1975). Verschiedene Autoren postulieren, dass die Organisationsform<br />
Primary Nursing am besten der angestrebten professionelleren Pflege entspreche<br />
und insbesondere die Anwendung des Pflegeprozesses ermögliche<br />
und fördere (Bowers, 1989; Drummond, 1990). Unter Primary Nursing<br />
(deutsch: <strong>Bezugspflege</strong>, Bezugspersonenpflege, Bezugspersonensystem,<br />
Primärpflege) wird ein Arbeitsorganisationsprinzip verstanden, nach welchem<br />
jedem Patienten/jeder Patientin eine namentlich bezeichnete, ausgebildete<br />
Pflegeperson (eine Primary Nurse, Primärschwester, <strong>Bezugspflege</strong>person)<br />
zugeordnet wird (Anderson, 1994; Weller & Wells, 1990). Das Konzept 'Primary<br />
Nursing' findet auch in der psychiatrischen Pflege in der deutschsprachigen<br />
Schweiz immer grössere Verbreitung: Nach einer Abklärung aus dem<br />
Jahr 1999 deklarieren 266 (85.3%) von 313 Stationen in stationären psychiatrischen<br />
Einrichtungen der deutschsprachigen Schweiz <strong>Bezugspflege</strong> als<br />
praktizierte Arbeitsorganisationsform (Needham & Abderhalden, 1999).<br />
<strong>Bezugspflege</strong> soll neben einem Beitrag zur Professionalisierung auch positive<br />
A<strong>usw</strong>irkungen auf die Qualität der Pflege haben und zu höherer Zufriedenheit<br />
von Pflegenden und der PatientInnen beitragen (Anderson, 1994). Die Frage<br />
nach den Wirkungen der Pflege und ihrer Organisationsform ist besonders<br />
aktuell angesichts der heutigen Finanzierungskrise im Gesundheitswesen<br />
westlicher Industrienationen. Diese Finanzierungskrise führt zum Anspruch,<br />
dass möglichst solche Methoden eingesetzt werden, deren Wirksamkeit und<br />
Qualität hinreichend nachgewiesen ist. In der Schweiz hat die Forderung<br />
nach einer Kontrolle der Wirksamkeit und der Qualität auch Eingang in gesetzliche<br />
Regelungen der Krankenversicherung gefunden (KVG). Damit sollte<br />
auch die Praxis der <strong>Bezugspflege</strong> bezüglich Wirksamkeit und Qualität untersucht<br />
werden können. Dies ist deshalb besonders wünschenswert, weil die<br />
Praxis der <strong>Bezugspflege</strong> vermutlich eine Art „Hebelwirkung“ für verschiedene<br />
weitere Bereiche der Pflegequalität hat. Die Qualität der <strong>Bezugspflege</strong> könnte<br />
geeignet sein als allgemeiner Indikator für die Qualität der psychiatrischen<br />
Pflege.<br />
2
Aus persönlicher Erfahrung und aus der Literatur ist aber bekannt, dass es<br />
eine erhebliche Varianz bezüglich Auffassung und Umsetzung von <strong>Bezugspflege</strong><br />
gibt (Abderhalden 1999, Needham 1999). Voraussetzung für eine systematische<br />
Evaluation der in der Schweizer Psychiatrie praktizierten <strong>Bezugspflege</strong><br />
und für Qualitätsvergleiche ist eine Klärung und operationale Definition<br />
des Konzeptes. Erst wenn klar ist, was unter <strong>Bezugspflege</strong> konkret verstanden<br />
wird, kann deren Qualität und Wirkung untersucht, verglichen und beurteilt<br />
werden.<br />
1.1 Zweck und Anwendungsmöglichkeiten<br />
• Die vorliegenden Empfehlungen und Qualitätsnormen sollen der Klärung<br />
und Vereinheitlichung von Terminologie und Begriffsverständnis dienen;<br />
• Sie können als Orientierung oder Grundlage dienen für die Formulierung<br />
lokaler Konzepte, Standards und Kriterien;<br />
• Sie können als Grundlage verwendet werden für Massnahmen der Qualitätsentwicklung<br />
und –prüfung;<br />
• Sie bilden die Basis für ein einheitliches Qualitätsmessinstrument, welches<br />
Stationsvergleiche ermöglicht;<br />
• Sie können als Grundlagenmaterial in der Ausbildung und Fortbildung<br />
verwendet werden.<br />
Bei der Anwendung dieser Qualitätsnormen muss beachtet werden, dass es<br />
sich um eine Art „Vollmodell“ handelt: Es ist davon auszugehen, dass in der<br />
Praxis keine Institution alle Kriterien vollumfänglich erfüllen will oder kann,<br />
und dass die Qualitätsziele auf verschiedenen Stationstypen in unterschiedlichem<br />
Ausmass erreichbar sind<br />
In welchem Ausmass die Erfüllung der Kriterien überhaupt möglich ist, wird<br />
sich erst zeigen, wenn Ergebnisse vergleichender Qualitätsüberprüfungen<br />
vorliegen.<br />
1.2 Entstehung<br />
Die vorliegenden Empfehlungen und Qualitätsnormen entsprechen einem<br />
1999 mittels einer Delphistudie erzielten Konsens im Berufsfeld der stationären<br />
psychiatrischen Pflege der deutschsprachigen Schweiz (Abderhalden/Needham<br />
1999) 1 . Es handelte sich um eine modifizierte Delphi-<br />
1 Die vollständige Fassung der Delphistudie steht auf der Webseite des Netzwerks für Pflegeforschung in<br />
der Psychiatrie als im <strong>PDF</strong>-Format als Download zur Verfügung (www.pflegeforschung-psy.ch).<br />
3
Befragung mit drei Befragungsrunden und folgender Fragestellung: 'Inwieweit<br />
gibt es in der psychiatrischen Pflege der deutschsprachigen Schweiz einen<br />
Konsens über die generische, konzeptuelle und operationale Definition von<br />
Primary Nursing im Bereich der stationären psychiatrischen Versorgung?'.<br />
Zur Teilnahme an der Befragung wurden 104 Sachverständige (’ExpertInnen’<br />
und ’PraktikerInnen’) für psychiatrische Pflege eingeladen, wovon in der ersten<br />
Runde 99, in der zweiten Runde 95 und in der dritten Runde 87 Personen<br />
teilnahmen. Bei den ’ExpertInnen’ wurde eine Vollerhebung durchgeführt. Bei<br />
den ’PraktikerInnen’ handelt es sich um eine nach Stationstyp geschichtete<br />
teilrandomisierte Stichprobe. Zur Datenerhebung wurden halbstrukturierte<br />
Fragebögen verwendet, in denen rund 200 Items zur konzeptuellen Definition<br />
und zu Struktur-, Prozess- und Ergebnisdimensionen der <strong>Bezugspflege</strong> zur<br />
Diskussion gestellt wurden. Über eine grosse Zahl von Items konnte ein Konsens<br />
hergestellt werden. Auf der konzeptuellen Ebene kam es zu einer deutliche<br />
Eingrenzung und Präzisierung des Begriffs <strong>Bezugspflege</strong>. Hinsichtlich<br />
der operationalen Ebene ging aus der Studie hervor, dass zur Umsetzung der<br />
<strong>Bezugspflege</strong> klare, explizite Strukturen auf Stationsebene benötigt werden.<br />
Die Hauptverantwortung von Bezugspersonen liegt unbestritten beim Pflegeprozess<br />
und dessen Umsetzung. Von <strong>Bezugspflege</strong> wird eine grosse Zahl<br />
verschiedener vorteilhafter Ergebnisse erwartet. Erhebliche Meinungsunterschiede<br />
zeigten sich hinsichtlich Einzelverantwortung, Autonomie, Führungsstruktur,<br />
Anforderungen an Bezugspersonen und Verhältnis zum Team. Die<br />
entstandene Eingrenzung des Konzeptes <strong>Bezugspflege</strong> erlaubt eine Abgrenzung<br />
gegenüber anderen Pflegesystemen. Weiterer Klärung bedürfen Fragen<br />
nach der beruflichen Autonomie der Bezugspersonen und der psychiatrischen<br />
Pflege als Ganzes.<br />
4
2 Empfehlungen zur Terminologie und zum<br />
Begriffsverständnis<br />
Begrifflichkeit:<br />
Synonyme<br />
Konzeptuelle<br />
Definition<br />
Begrifflichkeit:<br />
Bezeichnung der<br />
Bezugsperson<br />
Hauptmerkmale/<br />
Prinzipen der<br />
<strong>Bezugspflege</strong><br />
• „Bezugspersonenpflege“ und „Bezugspersonensystem“<br />
Empfehlung: Von der Verwendung folgender Begriffen<br />
wird abgeraten, da sie nicht allgemein akzeptiert<br />
und/oder missverständlich sind: Primary Nursing, Primärpflege,<br />
Beziehungspflege, Bezugssystem, <strong>Bezugspflege</strong>system<br />
und Bezugspersonenarbeit.<br />
• <strong>Bezugspflege</strong> ist eine Pflegeorganisationsform<br />
<strong>Bezugspflege</strong> sollte nicht als Pflegemodell, Philosophie,<br />
Pflegekonzept oder Kombination von Pflegeorganisationsform<br />
und Philosophie bezeichnet werden,<br />
da diese Charakterisierungen nicht allgemein akzeptiert<br />
und/oder missverständlich sind.<br />
• Bezugsperson und pflegerische Bezugsperson<br />
Von der Verwendung folgender Bezeichnungen wird<br />
abgeraten: Bezugsschwester/<strong>Bezugspflege</strong>r und Primärschwester/Primärpfleger<br />
• Zuteilung einer einzigen hauptverantwortlichen Bezugsperson<br />
• Zuteilung einer Bezugsperson für alle PatientInnen<br />
• Weitgehende Entscheidungsbefugnis der Bezugsperson<br />
• Einzelverantwortung der Bezugsperson<br />
• Die Bezugsperson begleitet den Patienten/die Patientin<br />
vom Eintritt auf einer Station bis zum Austritt aus<br />
dieser Station bzw. bis zur Verlegung auf eine andere<br />
Station.<br />
• Umfassende Verantwortung für den Pflegeprozess<br />
• PatientInnenorientierung<br />
• Kontinuität der Pflege<br />
• Beziehung zu den PatientInnen<br />
• Kooperation<br />
• Koordination<br />
5
Hauptmerkmale/<br />
Prinzipen der<br />
<strong>Bezugspflege</strong><br />
6<br />
• Reflexion<br />
• Direkte Kommunikation (zum Beispiel mit anderen<br />
Berufsgruppen, Angehörige etc.)<br />
• Wenn zum Angebot der Institution eine Nachbetreuung<br />
durch die Institution selbst gehört, sollte die pflegerische<br />
Bezugsperson an dieser Nachbetreuung beteiligt<br />
sein.<br />
Empfehlungen: Liegt die bezugspflegerische Verantwortung<br />
nicht bei einer, sondern bei zwei oder mehreren<br />
„gleichberechtigten“ Personen oder beim Team,<br />
so sollte diese Organisationsform NICHT als <strong>Bezugspflege</strong><br />
bezeichnet werden. Von <strong>Bezugspflege</strong> kann<br />
hingegen gesprochen werden, wenn der hauptverantwortlichen<br />
Bezugsperson eine feste Stellvertretung<br />
zugeordnet ist. Die Bezeichnung <strong>Bezugspflege</strong> sollte<br />
nicht verwendet werden, wenn nur einzelnen PatientInnen<br />
eine Bezugsperson zugeordnet wird.
3 Qualitätsnormen<br />
3.1 Standard<br />
Jeder Patienten/jede Patientin hat eine pflegerische Bezugsperson, die<br />
für die Einführung auf der Station verantwortlich ist, sowie während<br />
dem ganzen Aufenthalt auf der Station im Rahmen einer unterstützenden<br />
Beziehung für eine zielgerichtete, der individuellen Situation angepasste,<br />
interdisziplinär abgesprochene Pflege der Patientin/des Patienten<br />
und für die Betreuung der Angehörigen auf der Grundlage des Pflegeprozesses<br />
verantwortlich ist.<br />
3.2 Kriterien<br />
3.2.1 Strukturkriterien<br />
Struktur: Konzept<br />
Struktur: Zuteilung<br />
• Es gibt eine klare Beschreibung von Aufgaben, Kompetenzen<br />
und Verantwortlichkeiten der Bezugspersonen<br />
(Konzept, Standard, Stellenbeschreibung oder<br />
ähnliches)<br />
• Es gibt eine stationsspezifische, interdisziplinär ausgehandelte<br />
und akzeptierte Regelung über die Entscheidungsbefugnisse<br />
der Bezugsperson<br />
• Es gibt stationsspezifische Angaben über den Zeitraum,<br />
in dem bestimmte Einzelaufgaben des Pflegeprozesses<br />
(zum Beispiel Einschätzung, erster Pflegeplan,<br />
Evaluation) erledigt werden müssen.<br />
• Spätestens beim Eintritt ist bekannt, wer Bezugsperson<br />
sein wird<br />
• Bei wiedereintretenden PatientInnen übernimmt wenn<br />
möglich und therapeutisch-pflegerisch sinnvoll die ”alte”<br />
Bezugsperson erneut die Rolle als Bezugsperson<br />
7
Struktur: Zuteilun<br />
Struktur:<br />
Anforderungsprofil<br />
an Bezugspersonen:<br />
Voraussetzung<br />
für<br />
die Übernahme<br />
der Rolle als<br />
Bezugsperson<br />
8<br />
• Bei der Bestimmung der Bezugsperson wird folgendes<br />
beachtet 2 :<br />
�welche Pflegeperson in nächster Zeit im Dienst<br />
ist<br />
�ob aus pflegerisch-therapeutischen Gründen das<br />
Geschlecht der Bezugsperson berücksichtigt<br />
werden sollte<br />
�aktuelle Arbeitsbelastung (Anzahl BezugspatientInnen,<br />
Pflegeintensität, zusätzliche Aufgaben<br />
etc.)<br />
�Kompetenz/ Erfahrung der einzelnen BP<br />
• Die Stationsleitung überwacht und koordiniert die Zuteilung<br />
der Bezugspersonen<br />
Es wird davon abgeraten, dass PatientInnen ihre Bezugspersonen<br />
selbst a<strong>usw</strong>ählen können, dass Bezugspersonen<br />
ihre PatientInnen selbst a<strong>usw</strong>ählen<br />
können, dass Sympathie zwischen Bezugspersonen<br />
und PatientInnen eine zentrale Rolle bei der Zuteilung<br />
spielt, oder dass die Zuteilung erst einige Zeit nach<br />
dem Eintritt erfolgt.<br />
• Die Rolle als Bezugsperson kann nicht von Hilfspersonen<br />
übernommen werden.<br />
Mögliche weitere Kriterien, die umstritten sind und allenfalls<br />
lokale Gültigkeit haben können:<br />
�Bei jedem Teammitglied mit Pflegeausbildung wird<br />
individuell festgelegt, ob es die Voraussetzungen<br />
zur Übernahme der Rolle als pflegerische Bezugsperson<br />
erfüllt oder nicht erfüllt.<br />
�Mindestanstellungsgrad von x %<br />
�Die Stationsleitung kann nur die Rolle einer Vertretung<br />
übernehmen<br />
�Einsatz der Lernenden nur als Vertretung 3<br />
�Besondere persönliche Motivation/ persönliches<br />
Engagement<br />
2 Die Schweizerische Vereinigung Psychiatrischer Chefärzte SVPC macht folgende Ergänzung: “ Bei der<br />
Zuteilung muss es unserer Ansicht nach heissen: ‚Im Sinne von Patientenorientierung muss auf Inkompatibilitäten<br />
zwischen PatientIn und Bezugsperson Rücksichtgenommen werden" (Brief vom 12.10.00).<br />
3 Die Konferenz der Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Institutionen KPP macht darauf aufmerksam,<br />
dass beim Einsatz der Lernenden deren Ausbildungsstand berücksichtigt werden muss
Struktur:<br />
Dienstplanung /<br />
Tägliche Arbeitsorganisation<br />
Struktur: Führung<br />
/<br />
Entscheidungs-<br />
prozesse<br />
Struktur:<br />
Unterstützung<br />
• Bei der täglichen Arbeitsplanung/ Arbeitsverteilung<br />
wird die <strong>Bezugspflege</strong> berücksichtigt<br />
• Das Rapportsystem in der Pflege berücksichtigt die<br />
<strong>Bezugspflege</strong><br />
• Die Aufgaben der Bezugsperson richten sich möglichst<br />
weitgehend nach deren dienstlichen Anwesenheit<br />
(zum Beispiel wichtige Termine werden auf einen<br />
Zeitpunkt geplant/verlegt, wenn die Bezugsperson im<br />
Dienst ist).<br />
Mögliche weitere Kriterien, die umstritten sind und allenfalls<br />
lokale Gültigkeit haben können:<br />
�Bezugspersonen sind entlastet von administrativen<br />
und klinischen Routinetätigkeiten<br />
�Die Dienstplanung berücksichtigt die <strong>Bezugspflege</strong><br />
(zum Beispiel: Koordination der Anwesenheit von<br />
Bezugsperson und Vertretung)<br />
• Bezüglich <strong>Bezugspflege</strong> besteht eine wichtige Aufgabe<br />
der Stationsleitung in Koordination und Unterstützung.<br />
• Den Bezugspersonen steht Beratung/Supervision o.<br />
ä. zur Verfügung<br />
• Es gibt ein spezielles Anleitungs- bzw. Ausbildungsprogramm<br />
für Bezugspersonen<br />
9
3.2.2 Prozesskriterien<br />
Die konkrete Gestaltung der Aufgaben und Tätigkeiten der Bezugspersonen<br />
richtet sich nach den institutionsspezifischen Regelungen (Stellenbeschreibungen,<br />
Pflichtenhefte, interdisziplinäre Aufgabenverteilung etc.)<br />
Prozess:<br />
Information<br />
der PatientInnen<br />
Prozess:<br />
Pflegeprozess<br />
Prozess: EinbezugAngehöriger<br />
10<br />
• Die Bezugsperson orientiert die Patientin/den Patienten<br />
über die Art und die Gestaltung der Zusammenarbeit<br />
• Die Bezugsperson führt die Patientin/den Patienten ins<br />
Stationsleben ein<br />
• Die Bezugsperson ist grundsätzlich für den Pflegeprozess<br />
ihrer PatientInnen verantwortlich<br />
• Die Bezugsperson führt die pflegerische Einschätzung<br />
(Pflegeanamnese) durch<br />
• Die Bezugsperson formuliert Pflegeprobleme bzw. Pflegediagnosen<br />
• Die Bezugsperson erstellt den Pflegeplan<br />
• Die Bezugsperson koordiniert den Pflegeplan mit anderen<br />
Berufsgruppen<br />
• Die Bezugsperson ist verantwortlich für regelmässige<br />
schriftliche Evaluationen des Pflegeplans (zum Beispiel<br />
Verlauf oder Fortschritte des Patienten/der Patientin)<br />
• Die Bezugsperson ist verantwortlich für die Dokumentation<br />
der Pflege<br />
• Die Bezugsperson führt die Pflegemassnahmen wenn<br />
immer möglich selbst aus<br />
• Die Bezugsperson arbeitet bei allen Schritten des Pflegeprozesses<br />
mit dem Patienten/der Patientin zusammen<br />
• Die Bezugsperson informiert den Patienten/die Patientin<br />
über alle Schritte des Pflegeprozesses (Problem/Diagnose,<br />
Planung, Evaluation)<br />
• Die Bezugsperson tritt - nach Absprache mit der Patientin/dem<br />
Patienten - in Kontakt mit den Angehörigen der<br />
Patientin/ des Patienten
Prozess: Kontakte<br />
nach<br />
aussen und<br />
Austrittsplanung<br />
Prozess:<br />
Kommunikation/Koordination<br />
• Bei Verlegungen von PatientInnen nimmt die Bezugsperson<br />
einen direkten Vorauskontakt auf.<br />
• Die Bezugsperson nimmt, sofern der Patient/die Patientin<br />
damit einverstanden ist, Kontakt auf zu Personen, die<br />
den Patienten/die Patientin vor der Hospitalisation betreut<br />
haben.<br />
• Die Bezugsperson ist verantwortlich für pflegerische Anteile<br />
der interdisziplinären Austritts- bzw. Übertrittsplanung<br />
• Die Bezugsperson ist verantwortlich für den pflegerischen<br />
Anteil von Austritts- bzw. Übertrittsberichten.<br />
• Die Bezugsperson evaluiert beim Austritt die Pflege mit<br />
dem Patienten/mit der Patientin zusammen.<br />
• Die Bezugsperson evaluiert beim Austritt mit dem Patienten/mit<br />
der Patientin zusammen die <strong>Bezugspflege</strong>.<br />
• Mit Einverständnis der Patientin/des Patienten nimmt die<br />
Bezugsperson in Absprache mit dem interdisziplinären<br />
Team im Rahmen der Austrittsvorbereitung Kontakt mit<br />
nachbetreuenden Stellen auf.<br />
• Die Bezugsperson koordiniert die Pflege im interdisziplinären<br />
Team<br />
• Die Bezugsperson koordiniert die Pflege mit dem Pflegeteam<br />
• Die Bezugsperson ist verantwortlich für den Informationsfluss<br />
betreffend ihre BezugspatientInnen<br />
• Die Bezugsperson nimmt teil an pflegerischen und interdisziplinären<br />
Fallbesprechungen, wenn es um ihre BezugspatientInnen<br />
geht<br />
• Die Bezugsperson koordiniert Termine für Gespräche,<br />
Zusammenkünfte etc. zwischen PatientInnen, deren Angehörigen<br />
und anderen Mitgliedern des interdisziplinären<br />
Teams<br />
• Die Bezugsperson ist Ansprechperson für SpezialtherapeutInnen,<br />
SozialarbeiterInnen etc.<br />
(Siehe Fussnote 4 )<br />
4 Auf dringenden Wunsch der Konferenz der Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Institutionen und der<br />
Kommission für die Pflege in der Psychiatrie des SBK wurde das folgende Item aus der Liste der Qualitätskriterien<br />
entfernt: „Die Bezugsperson ist eine ”Informationsdrehscheibe” mit Blick auf ihre BezugspatientInnen“<br />
11
Prozess:<br />
Wechsel<br />
der<br />
Bezugsperson<br />
Prozess:<br />
Beziehung<br />
12<br />
• Für einen ausnahmsweisen Wechsel der Bezugsperson<br />
müssen schwerwiegende therapeutischpflegerische<br />
Gründe vorliegen.<br />
• Ein Wechsel der Bezugsperson erfolgt nur nach eingehender<br />
Reflexion (zum Beispiel im Rahmen von Teamgesprächen,<br />
von Intervision oder Supervision) (Siehe<br />
dazu Fussnote 5 ).<br />
Empfehlung: Ein Wechsel der Bezugsperson soll nicht<br />
vorgenommen werden, weil sich eine positive Beziehung<br />
zwischen einem Patienten/einer Patientin und einer<br />
anderen Pflegeperson anbahnt<br />
• Die Haltung der Bezugsperson in der Zusammenarbeit<br />
mit den PatientInnen ist grundsätzlich partizipativ<br />
• Die Bezugsperson pflegt - wenn sie im Dienst ist - tägliche<br />
Kontakte zu den BezugspatientInnen<br />
• Die Bezugsperson orientiert sich an den Bedürfnissen<br />
des Patienten/der Patientin (Siehe Fussnote 6 )<br />
• Die Bezugsperson reflektiert ihre Rolle gegenüber ihren<br />
BezugspatientInnen<br />
• Die Bezugsperson übernimmt die Initiative für die Gestaltung<br />
der Beziehung zu ihren BezugspatientInnen und<br />
richtet ihr Engagement (aktiv bis eher passiv) in der<br />
Beziehungsgestaltung nach den pflegerisch- therapeutischen<br />
Zielen<br />
• Die Bezugsperson macht die Beziehung zwischen ihr<br />
und dem Patienten/der Patientin in Bezugspersongesprächen<br />
zum Thema.<br />
5 Die Schweizerische Vereinigung Psychiatrischer Chefärzte SVPC kommentiert die Frage des Wechsels<br />
der Bezugsperson folgendermassen: „Auf Ausspielverhalten darf nicht unreflektiert reagiert werden, allenfalls<br />
kann, gezielt als Intervention, therapeutisch agiert werden. Oder: Im Sinne von systemischem Arbeiten<br />
muss Transparenz bestehen bei allen Betroffenen, auch Angehörigen“ (Brief vom 12.10.00)<br />
6 Auf dringenden Wunsch der Konferenz der Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Institutionen und der<br />
Kommission für die Pflege in der Psychiatrie des SBK wurde das folgende Item aus der Liste der Qualitätskriterien<br />
entfernt: „Die Bezugsperson übernimmt eine ”anwaltschaftliche Interessensvertretung” für ihre BezugspatientInnen<br />
(etwa gegenüber dem Pflegeteam oder den ÄrztInnen)“
3.2.3 Ergebniskriterien<br />
Die folgenden Ergebniskriterien beschreiben Bereiche, in denen von <strong>Bezugspflege</strong><br />
positive Wirkungen erwartet werden. „Besser“, „mehr“ etc. meint jeweils<br />
„besser als mir Gruppenpflege“, besser als mit Funktionspflege“ etc.<br />
Ergebnisse bei<br />
PatientInnen<br />
Ergebnisse bei<br />
Angehörigen<br />
Ergebnisse bei<br />
Bezugspersonen<br />
selbst<br />
Ergebnisse<br />
bezüglich<br />
Pflegequalität<br />
Ergebnisse für die<br />
Pflege als Beruf<br />
Ergebnisse in der<br />
interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit<br />
Ergebnisse für<br />
Pflegdienst/<br />
Pflegemanagement<br />
• Ein besserer Informationsstand der PatientInnen<br />
• Eine verbesserte Beziehung zu den PatientInnen<br />
• Mehr Vertrauen von seiten der PatientInnen<br />
• Mehr Zufriedenheit der PatientInnen<br />
• Höhere Autonomie und Selbstversorgungsfähigkeit<br />
der Patientinnen<br />
Mögliche weitere Ergebnisse, die umstritten sind:<br />
Verkürzte durchschnittliche Aufenthaltsdauer; Weniger<br />
Beziehungsschwierigkeiten zwischen Bezugspersonen<br />
und PatientInnen<br />
• Besserer Einbezug in die Pflege<br />
• Höhere Berufszufriedenheit<br />
• Vermehrter Einfluss auf Gesamtbehandlung<br />
• Höhere Autonomie<br />
• Günstigere persönliche Entwicklung<br />
Mögliche weitere Ergebnisse, die umstritten sind:<br />
Weniger Stress; Weniger Burnout<br />
• Verbesserung der Pflegequalität<br />
• Bessere Umsetzung des Pflegeprozesses<br />
• Höherer Berufsstatus<br />
• Die berufliche Identität wird gestärkt<br />
• Verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
Mögliche Ergebnisse, die umstritten sind: Weniger<br />
Absenzen durch Krankheit; Weniger Fluktuation;<br />
Kostensenkung für Pflegeleistungen<br />
13
4 Literatur<br />
1. Abderhalden, C. (1999). Primary Nursing in der psychiatrischen Pflege:<br />
Übersicht über englischsprachige Literatur aus den Jahren 1988 - 1998 .<br />
Unveröffentlichtes Manuskript. Zürich<br />
2. Abderhalden, C., & Needham I. (1999) Das Verständnis von <strong>Bezugspflege</strong><br />
in der stationären psychiatrischen Pflege der deutschsprachigen<br />
Schweiz: Ergebnisse einer Delphi-Studie. Masters Thesis, Universität<br />
Maastricht (NL), Fakultät der Gesundheitswissenschaften, Fachrichtung<br />
Pflegewissenschaft<br />
3. Anderson, K. (Ed.). (1994). Mosby's Medical, Nursing and Allied Health<br />
Dictionnary (4 ed.). St.Louis: Mosby<br />
4. Baartmans, P.C.M., & Hollands, L. (1998) Evaluation der Pflegequalität.<br />
Unveröffentlichtes Manuskript der Universität Maastricht (NL)<br />
5. Bowers, L. (1989). The sifnificance of primary nursing. Journal of Advanced<br />
Nursing, 14, 13-19.<br />
6. Drummond, J. (1990). The work style of students of mental health nursing<br />
undertaking the Project 2000 schemes of training: a logical analysis.<br />
Journal of Advanced Nursing, 15, 977-984.<br />
7. Lewin, M. (1986). Psychologische Forschung im Umriss. Berlin: Springer<br />
8. LoBiondo-Wood, G., & Haber, J. (1996). Pflegeforschung: Methoden, kritische<br />
Einschätzung und Anwendung. Berlin/Wiesbaden: Ullstein Mosby<br />
9. Meier, M. (1975). Gruppenpflege, 20 Jahre später... Zeitschrift für Krankenpflege<br />
SBK (Bern), 68(4), 102-104.<br />
10. Needham, I. (1999). Rezeption der <strong>Bezugspflege</strong> in der psychiatrischen<br />
Pflege im deutschsprachigen Raum: eine Literaturübersicht. Unveröffentlichtes<br />
Manuskript . Wil/SG<br />
11. Needham, I., & Abderhalden, C. (1999). Wie verbreitet ist Bezugsflege in<br />
den Institutionen der stationären psychiatrischen Versorgung der<br />
deutschsprachigen Schweiz? - Ergebnisse einer Befragung von 33 psychiatrischen<br />
Einrichtungen. Unveröffentlichtes Manuskript . Wil/Zürich.<br />
12. Trede, I. (1997) Von babylonische Sprachverwirrungen. Pflege, 10, 262-<br />
272<br />
13. Walker, L., & Avant, K. (1998). Theoriebildung in der Pflege. Wiesbaden:<br />
Ullstein Medical<br />
14. Weller, B., & Wells, R. (Eds.). (1990). Ballière's Nurses Dictionary (21<br />
ed.). London: Baillière Tindall.<br />
15. Wright, C.C. & Whittington, D. (1992) Quality assurance: An introduction<br />
for health care professionals. Churchill Livingstone, Edinburgh<br />
14
5 Anhang<br />
Die Begriffe Pflegestandard, Kriterien etc. werden folgendermassen verstanden:<br />
Pflegestandards:<br />
Pflegestandards sind innerhalb der Berufsgruppe anerkannte, schriftlich festgelegte<br />
allgemeine Beschreibungen der angestrebten Qualität und/oder<br />
Quantität pflegerischer Leistungen, welche durch detaillierte Kriterien näher<br />
beschrieben sind und als Massstab für die Beurteilung der Pflegequalität dienen.<br />
Pflegestandards haben einen bestimmten Gültigkeitsbereich (z.B. lokal,<br />
national) und sind unterschiedlich verbindlich je nach Kompetenz der Stelle,<br />
welche die Standards festlegt. Pflegestandards beziehen sich auf personelle/materielle/organisatorische<br />
Rahmenbedingungen der Pflege (Struktur),<br />
und/oder auf einzelne Arbeitsabläufe/Tätigkeiten (Prozess) und/oder auf Wirkungen<br />
der Pflege (Ergebnis) (in Anlehnung an Trede 1997).<br />
Kriterien:<br />
Kriterien sind messbare Beschreibungen („obervationelle Sätze“), die den Inhalt<br />
von Pflegestandards in Form von Tätigkeiten, Verhalten, klinischen Zuständen,<br />
Umständen, Merkmalen der Pflegepraxis wiedergeben (in Anlehnung<br />
an Wright/Whittington 1992).<br />
Konzeptuelle Definition<br />
'Eine konzeptuelle Definition gibt (...) die allgemeine Bedeutung eines Konzeptes<br />
wieder' (LoBiondo-Wood & Haber, 1996), Konzepte werden 'definiert<br />
anhand anderer Konzepte, die selbst Teil eines theoretischen Systems sind'<br />
(Lewin, 1986), anhand von Merkmalen, bestimmenden Attributen (Walker &<br />
Avant, 1998)<br />
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