gie_03_2016
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SPEKTRUM<br />
FOTOS: VOXELJET AG<br />
Die Gussfigur der<br />
Rothschild-Bronzen.<br />
Die Michelangelo-Frage:<br />
Propshop druckt die<br />
Rothschild-Bronzen in 3-D<br />
Propshop hilft einem Expertenteam, die möglicherweise<br />
letzten bekannten erhaltenen Bronzearbeiten von<br />
Michelangelo zu identifizieren.<br />
VON JAMES ENRIGHT, LONDON<br />
Jeder hat schon einmal von Michelangelos<br />
David gehört und weiß, dass der<br />
Bildhauer, Maler und Architekt einige<br />
seiner größten Skulpturen in Marmor geschaffen<br />
hat, doch weniger bekannt ist,<br />
dass er auch viel mit anderen Materialien<br />
wie Bronze gearbeitet hat. Viele der so<br />
entstandenen Werke sind dem Zahn der<br />
Zeit zum Opfer gefallen, während erhaltene<br />
Stücke dem berühmten Künstler der<br />
Renaissance mangels Beweisen oft nicht<br />
zweifelsfrei zugeordnet werden können.<br />
Letzteres war bis vor kurzem auch bei<br />
den Rothschild-Bronzen der Fall, einem<br />
wundervollen Paar in Privatbesitz befindlicher<br />
Skulpturen aus dem sechzehnten<br />
Jahrhundert, die zuletzt im Fitzwilliam-<br />
Museum der Cambridge University ausgestellt<br />
wurden. Die Skulpturen zweier<br />
nackter und betrunkener, auf Panthern<br />
reitender Figuren, die einmal der Familie<br />
Rothschild gehörten, wurden erstmals im<br />
Jahr 1878 als Werke Michelangelos ausgestellt.<br />
Diese Zuordnung war jedoch umstritten<br />
und seither wurden die Bronzen<br />
bei verschiedenen Gelegenheiten versuchsweise<br />
einer ganzen Reihe von Renaissance-Bildhauern<br />
zugeschrieben, darunter<br />
Aspetti, Sansovini, Cellini und zuletzt<br />
Fiammingo.<br />
Doch nachdem Paul Joannide, Professor<br />
emeritus der Kunstgeschichte an der<br />
Cambridge University, in einer Arbeit Details<br />
der Rothschild-Bronzen mit einer<br />
ähnlichen Zeichnung eines Schülers von<br />
Michelangelo in Verbindung brachte, soll<br />
die Frage nun von einem fachübergreifenden<br />
Team geklärt werden, zu dem<br />
Kunsthistoriker aus Cambridge, Ingenieure,<br />
Anatomisten und Bildtechniker der<br />
Warwick University, Konservatoren vom<br />
Rijksmuseum in Amsterdam, der Künstler<br />
und Fachmann für Renaissance-Bronzen<br />
Andrew Lacey sowie Propshop gehören.<br />
Sollten die Rothschild-Bronzen definitiv<br />
Michelangelo zugeschrieben werden, wären<br />
sie die einzigen erhaltenen Bronzearbeiten<br />
des Künstlers.<br />
Im Rahmen einer Untersuchung der<br />
Form<strong>gie</strong>ßverfahren, die es ermöglichen<br />
sollte, die Werke der Zeit Michelangelos<br />
zuzuordnen und nachzuweisen, dass ihre<br />
relativ grobe Oberfläche zu dem passt,<br />
was wir über den Bronzeguss des frühen<br />
sechzehnten Jahrhunderts wissen, wurde<br />
Propshop von Andrew Lacey beauftragt,<br />
anhand eingescannter Daten 3-D-Modelle<br />
sowohl in einem verkleinerten Maßstab<br />
als auch in Originalgröße zu drucken.<br />
„Es war eine große Ehre, um Hilfe gebeten<br />
zu werden“, sagt James Enright,<br />
Managing Director und Asset Producer<br />
von Propshop. „Andrew ist ein außergewöhnlicher<br />
Künstler und weltweit führend<br />
auf seinem Gebiet – ebenso wie der Rest<br />
des Teams. Nachdem wir die eingescannten<br />
Daten hatten, bereiteten wir die Dateien<br />
für den Druck auf. Wir druckten in<br />
einem verkleinerten Maßstab von<br />
200 mm und in der Originalgröße von<br />
750 mm und sendeten das nachbearbeitete<br />
Ergebnis an Andrew.“<br />
Die auf voxeljet-Printern gedruckten<br />
3-D-Modelle von Propshop wurden wegen<br />
ihrer anatomischen und oberflächentechnischen<br />
Genauigkeit von Lacey und seinem<br />
Mitarbeiter Robert von Langh, dem<br />
Leiter der Abteilung für Konservierung<br />
und Restauration des Rijksmuseum, benötigt,<br />
die ihre Arbeiten Anfang dieses<br />
Monats beim Michelangelo Discovery<br />
Symposium in Cambridge präsentierten.<br />
66 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>